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GET /api/cases/120813/
{ "id": 120813, "slug": "vg-aachen-2016-10-13-1-k-193515", "court": { "id": 840, "name": "Verwaltungsgericht Aachen", "slug": "vg-aachen", "city": 380, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }, "file_number": "1 K 1935/15", "date": "2016-10-13", "created_date": "2018-12-27T20:07:00Z", "updated_date": "2020-05-05T05:37:31Z", "type": "Urteil", "ecli": "ECLI:DE:VGAC:2016:1013.1K1935.15.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>\n<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>\n<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">T a t b e s t a n d :</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner Versorgungsbezüge.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Der 1960 geborene Kläger stand zuletzt als Stabshauptmann im Dienst der Beklagten und wurde mit Ablauf des 31. August 2015 vorzeitig in den Ruhestand versetzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Nachdem die Ehe des Klägers mit Urteil des Amtsgerichts Mayen im August 2002 geschieden worden war, teilte die Wehrbereichsverwaltung West ihm unter dem 27. September 2002 mit, dass seine Versorgungsbezüge mit Beginn des Ruhestandes gekürzt würden. Der Kläger wandte sich im März 2015 mit Blick auf seinen anstehenden Ruhestand an die Beklagte und beantragte die Anpassung des Versorgungsausgleichs. Unter dem 3. August 2015 erging der Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz (SKPersStruktAnpG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Mit weiterem Bescheid vom 5. August 2015 wurden die Versorgungsbezüge ab dem 1. September 2015 um monatlich 566,86 Euro gemäß § 55 c SVG gekürzt. Der Kläger legte Widerspruch ein und gab an, nach dem Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr (BwAttraktStG) vom Mai 2015 sei § 55 c SVG geändert worden; für bestimmte Soldatengruppen werde die Kürzung der Versorgungsbezüge bis zum Erreichen der Altersgrenze für Polizeibeamte ausgesetzt. Aus Gleichbehandlungsgründen müsse die Aussetzung auch für ihn gelten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Die Bundesfinanzdirektion Südwest ordnete die sofortige Vollziehung des Kürzungsbescheides an und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2015 zurück. Die Neuregelung des § 55 c Abs. 1 Satz 3 SVG betreffe Soldaten, die wegen Überschreitens der für sie geltenden besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden seien; nur bei diesen sei die Aussetzung der Kürzung vorgesehen. Der Kläger sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SKPersStruktAnpG ohne Überschreitung seiner besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden und unterfalle deshalb nicht dieser Ausnahmeregelung. Da er freiwillig in den Ruhestand getreten sei, liege auch kein Fall einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat am 22. Oktober 2015 Klage erhoben und ausgeführt, die maßgeblichen Regelungen verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Er habe keinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt, sondern lediglich eine Interessenkundgebung abgegeben. Auf die Auswirkungen des SKPersStruktAnpG auf seine Versorgungsbezüge sei er zu keinem Zeitpunkt hingewiesen worden. Zudem könne die unterschiedliche Handhabung der Vorschriften nur einen Abzug der Versorgungsbezüge bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze rechtfertigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Bundesfinanzdirektion Südwest vom 5. August 2015 und deren Widerspruchsbescheides vom 23. September 2015 zu verpflichten, ihm Versorgungsbezüge ohne Kürzung bis zum Erreichen der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit (§ 5 Bundespolizeibeamtengesetz) zu gewähren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Sie bezieht sich umfänglich auf die angefochtenen Bescheide und ergänzt, der Kläger sei nach dem SKPersStruktAnpG in den Ruhestand versetzt worden und falle nicht unter die Neuregelung von § 55 c Abs. 1 Satz 3 SVG. Der Gesetzgeber sei nicht gehalten, die Aussetzung der Kürzung von Versorgungsbezügen als Wohltat auch den Soldaten zukommen zu lassen, die sich freiwillig für einen Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze entschieden hätten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die zulässige Klage ist unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung ungekürzter Versorgungsbezüge. Der Bescheid vom 9. August 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 23. September 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil es der Begründung der Bescheide folgt, vgl. § 117 Abs. 5 VwGO. In diesen ist das Begehren des Klägers umfassend gewürdigt und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt worden, dass die Kürzung seiner Versorgungsbezüge gesetzeskonform erfolgt ist und keine Anhaltspunkte für eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den Soldaten vorlägen, die nach dem BwAttraktStG wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Ergänzend bleibt festzuhalten, dass gegen die Anwendung der Kürzungsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die für Beamte geltende, mit der Norm des § 55 c SVG vergleichbare Vorschrift des § 57 BeamtVG ist sowohl unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als auch hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Grundrechten (u.a. Art 6 Abs. 1 GG) sowie hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes mehrfach verfassungsgerichtlich überprüft worden. Danach ist der Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten, der in dem sofortigen und endgültigen Vollzug des Versorgungsausgleichs bei Eintritt des ausgleichspflichtigen Beamten in den Ruhestand liegt, durch Art 6 Abs. 1 GG und Art 3 Abs. 2 GG legitimiert und insgesamt verfassungsrechtlich unbedenklich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u. a. -, BVerfGE 53, 257, und Beschluss vom 9. November 1995 - 2 BvR 1762/92 -, DÖV 1996, 247; BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 C 48/13 -, NVwZ-RR 2016, 467.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Das Bundesverfassungsgericht hat dabei unter ausdrücklicher Billigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass der sachliche Grund für die durchzuführende Kürzung des Ruhegehalts nach Eintritt des Beamten in den Ruhestand darin bestehe, dass der Dienstherr durch die Ehescheidung des Beamten bezüglich der gesamten Versorgungsaufwendungen nicht höher belastet werden solle, als wenn der Beamte sich nicht hätte scheiden lassen, wozu es jedoch ohne die Kürzung kommen könne, da die Aufwendungen, die dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Folge der Begründung einer Rentenanwartschaft entstehen, von dem zuständigen Träger der Versorgungslast zu erstatten seien. Zum Ausgleich dieser Belastung diene im Innenverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten die nach beamtenrechtlichen Grundsätzen vorzunehmende Kürzung der Versorgungsbezüge nach Maßgabe des § 57 BeamtVG (hier § 55 c SVG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">§ 55 c SVG regelt die Kürzung der Versorgungsbezüge allein nach objektiven Voraussetzungen. Auf subjektive Umstände wie Kenntnis oder Verschulden kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Kürzung der Versorgungsbezüge ist zwingend durchzuführen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ist auch nicht darin zu sehen, dass für Soldaten, die aufgrund Überschreitung der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand treten, eine durch Art. 10 Nr. 8 BwAttraktStG eingeführte Sonderregelung gilt und die Kürzung bis zum Ende des Monats, in dem sie die Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit erreichen, ausgesetzt wird. Bei dieser Rechtsänderung handelt es sich um eine zulässige Regelung, auf die sich der Kläger nicht berufen kann. Dem steht Art. 3 Abs. 1 GG nicht entgegen, weil der Kläger zur Gruppe der Berufssoldaten gehört, die freiwillig auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt worden sind, während § 55 c Abs. 1 Satz 3 SVG die Gruppe der Soldaten betrifft, die einseitig durch Entscheidung des Dienstherrn wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze (vgl. §§ 44, 45 des Soldatengesetzes) in den Ruhestand versetzt worden sind. Dass der Kläger freiwillig in den Ruhestand getreten ist, folgt bereits aus § 2 Abs. 1 SKPersStruktAnpG. Die Vorschrift verlangt die Zustimmung des betreffenden Soldaten mit seiner Versetzung in den Ruhestand.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.</p>\n " }