List view for cases

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    "file_number": "S 27 KR 920/16 ER",
    "date": "2016-10-07",
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    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an einem Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin, aufgegeben, es zu unterlassen, vertragsärztlich verordneten SSB der Antragstellerin gegenüber mit dem Hinweis nicht oder nicht vollständig zu bezahlen, die verordneten Produkte seien nicht zu einem marktüblichen Preis geliefert worden. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu je ½.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">Gründe:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Zwischen den Beteiligten sind im einstweiligen Rechtsschutz die Kürzung von vertragsärztlichem Sprechstundenbedarf (SSB) sowie das Recht zu Äußerungen der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Abrechnung von SSB umstritten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragstellerin ist ein Großhändler von Medizinprodukten und vom Apothekenzwang befreiter Arzneimittel mit Sitz in M. Sie beliefert unter anderem im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) Vertragsärzte, Gemeinschaftspraxen und medizinische Versorgungszentren mit SSB. Die Letztgenannten verordnen den SSB auch auf sog. \"Muster 16-Rezepten\", soweit der SSB für Anspruchsberechtigte (einiger) gesetzlicher Krankenkassen anfällt; die Verordnung erfolgt dann zu Lasten der Antragsgegnerin, einer gesetzlichen Krankenkasse. Soweit eine solche Verordnung vorliegt, rechnet die Antragstellerin den SSB über einen Abrechnungsdienstleister mit der Antragsgegnerin ab. Das zuvor beschriebene Procedere findet seine Grundlage in der Vereinbarung zwischen der KVWL und der Antragsgegnerin, dem BKK-Landesverband Nordwest, der IKK Classic, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen NRW, der Knappschaft sowie einiger Ersatzkassen über die ärztliche Verordnung von SSB (SSB-Vereinbarung). Nach § 1 SSB-Vereinbarung ist der SSB für Anspruchsberechtigte der dort genannten Krankenkassen zu Lasten der Antragsgegnerin zu verordnen. § 6 der SSB-Vereinbarung regelt die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise. Nach Absatz 1 ist bei der Verordnung und Verwendung von SSB der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Nach Absatz 2 gilt beim Ersatz von einem Mittel größerer Mengen, dass preisgünstige Groß-, Klinik- oder Bündelpackungen zu verordnen sind. Für von der Apothekenpflicht ausgenommene Arzneimittel etc. normiert § 6 Abs. 3 der SSB-Vereinbarung, dass sie unter Beachtung wirtschaftlicher Mengen so preisgünstig wie möglich, vorzugsweise direkt vom Hersteller oder Großhandel, bezogen werden. Wird SSB aus anderen Quellen bezogen, so ist die Rechnung des Lieferanten nach § 6 Abs. 4 Satz 1 der SSB-Vereinbarung mit der Verordnung des Arztes der Antragsgegnerin einzureichen. Die Antragsgegnerin erstattet nach Satz 3 der Regelung die vom Vertragsarzt entsprechend Absatz 3 gezahlte Summe auf Anforderung; sie kann die Rechnung auch direkt an den Lieferanten begleichen. § 6 Abs. 5 SSB-Vereinbarung sieht die Möglichkeit vor, dass die Vertragspartner im Anhang für SSB-Artikel einvernehmlich Orientierungspreise ausweisen und die Vertragsärzte hierüber in geeigneter Weise (§ 76 Abs. 8 Fünftes Sozialgesetzbuch – SGB V) informieren. Ein Bezug gilt dann als wirtschaftlich (§ 6 Abs. 6 SSB-Vereinbarung). Schließlich regelt § 7 SSB-Vereinbarung die Prüfung des SSB. Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Verordnungsfähigkeit von SSB gilt die Gemeinsame Prüfvereinbarung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">In der Vergangenheit beglich die Antragsgegnerin zunächst die von der Antragstellerin über den Abrechnungsdienstleister eingereichten SSB-Rechnungen vollständig. Später ging sie dazu über, einzelne Rechnungspositionen mit der Bemerkung, dass die Preise nicht marktüblich sind, auf das ihrer Auffassung nach marktübliche Niveau zu kürzen. Seit kurzem begleicht sie die Rechnungspositionen mit nach ihrer Auffassung marktunüblichen Preisen gar nicht mehr, was sie wiederum dem Abrechnungsdienstleister, mit dem die Antragstellerin zusammen arbeitet, entsprechend mitteilt. Das erfolgte z.B. hinsichtlich der vom Abrechnungsdienstleister unter dem 27.05.2016 über insgesamt 12.343,44 EUR eingereichten Rechnung; diese kürzte die Antragsgegnerin auf 9.304,02 EUR und teilte dem Abrechnungsdienstleister unter dem 15.06.2016 als Begründung mit, die Rezepte seien nicht zu marktüblichen Preisen abgerechnet worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Abrechnungspraxis nahm die Antragstellerin zum Anlass, zunächst von der Antragsgegnerin eine entsprechende Unterlassungserklärung zu erwirken.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Am 08.07.2016 hat sie beim Sozialgericht (SG) Dortmund die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu beantragen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Sie ist der Auffassung, die Antragsgegnerin habe es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, die Antragstellerin würde im einzelnen benannten SSB nicht zu marktüblichen Preisen liefern. Eine solche Äußerung stelle einen Eingriff in den Wettbewerb dar, die Antragstellerin müsse so auf die Verordner zur Durchsetzung des vereinbarten Kaufpreises zugehen. Außerdem sei die Aussage der Antragsgegnerin unwahr, da sich die Preise an der sog. Lauer-Taxe orientieren, ihre Preise seien marktüblich. Ein Äußerungsrecht der Antragsgegnerin bestehe auch nicht nach § 6 Abs. 5 SSB-Vereinbarung i.V.m. § 73 Abs. 8 SGB V, weil sich diese Bestimmungen nur auf Orientierungspreise bezögen, die die Beteiligten nicht festgelegt hätten. Abgesehen vom fehlenden Äußerungsrecht habe die Antragsgegnerin auch kein Recht auf Beanstandung. Sie müsse als reine Abrechnungsstelle vielmehr den verordneten SSB nach § 6 Abs. 4 SSB-Vereinbarung vollständig bezahlen. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit erfolge allein nach § 7 SSB-Vereinbarung i.V.m. der \"Gemeinsamen Prüfvereinbarung\", also v.a. durch die Prüfstelle. Wegen der Eilbedürftigkeit verweist sie auf Nachteile gegenüber Wettbewerbern, die entstünden, wenn sie auf eine Abrechnung mit den verordnenden Ärzte verwiesen würde, Wettbewerber aber weiterhin direkt mit der Antragsgegnerin abrechnen könnten. Außerdem würde sie bei Kenntnisnahme der Vertragsärzte von der z.T. fehlenden \"Marktüblichkeit\" diese als Kunden dauerhaft verlieren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">1. die Antragsgegnerin habe es zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes von 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem Vorstandsmitglied, zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, die Antragstellerin würde a) Leukosild 9,2m*2,5cm 12 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 65,55 EUR beträgt b) Venofix Safety Braunüle G21 und G23 jeweils 2 Packungen a 50 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 80,92 EUR beträgt, c) Krepppapierbinden 4m*6cm 20 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 16,17 EUR beträgt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">d) Krepppapierbinden 4m*10cm 20 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 18,96 EUR beträgt, e) Zelleten Tupfer 4x5cm 2* 2 Packungen a 500 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 25,24 EUR beträgt, f) Vasofix Safety 20G und 22 G pro Packung a 50 Stück zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 89,25 EUR beträgt, g) Infudrop Rückstromsprerre 21P 180 BCV AP 100m eine Packung zu einem nicht marktüblichen Preis liefern, sofern der Preis 129,71 EUR beträgt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">2. durch Vertragsärzte unterzeichnete und abgestempelte Verordnungen von SSB mit dem Hinweis nicht vollständig zu bezahlen, die verordneten Produkte seien nicht zu einem marktüblichen Preis geliefert worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">den Antrag abzulehnen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Sie ist der Auffassung, die Antragstellerin habe zunächst keinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der von ihr gerügten Äußerungen gegenüber Dritten. Sie habe lediglich den Abrechnungsdienstleister auf die Marktunüblichkeit der Preise hingewiesen. Dieser sei aber kein Dritter, sondern für die Antragstellerin tätig. Auch die Vertragsärzte seien keine Dritten, denn der Erstattungsanspruch stehe nach § 6 Abs. 4 SSB-Vereinbarung nur dem Vertragsarzt zu, dieser Anspruch können lediglich dem Lieferanten – hier der Antragstellerin – gegenüber erfüllt werden, was aber nichts daran ändere, dass es sich um einen Anspruch des Vertragsarztes handele. Die Vertragsärzte und die Antragstellerin stünden in diesem Abrechnungsgeschehen im selben Lager. Außerdem könne sie die Rechnungen nicht ohne Begründung kürzen. Schließlich habe sie das Recht, die Ärzte jederzeit über Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit zu informieren und diese würden auch bei einer Prüfung nach der Gemeinsamen Prüfvereinbarung von der der Unwirtschaftlichkeit erfahren. Im Übrigen habe sie die Äußerung gegenüber keinem weiteren Dritten getätigt. Zum Antrag zu 2) ist sie der Auffassung, ein eigenes Prüfungsrecht zu haben. Dieses resultiere zum Einen aus der Verpflichtung zur Schadensminderung, ferner aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Zum Anderen bestehe dieses Rechnungsprüfungsrecht aus § 69 Abs. 2 SGB IV. Schließlich sei der Antrag zu 2) zu weit gefasst, da er nicht auf entsprechend verordneten SSB der Antragstellerin beschränkt sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Das SG Dortmund hat den Rechtsstreit durch eine Kammer, die für Angelegenheit der Krankenversicherung zuständig ist, mit Beschluss vom 18.08.2016 an das SG Düsseldorf verwiesen. In der Begründung heißt es, das SG Düsseldorf sei örtlich zuständig, weil die Antragstellerin ihren Sitz in M habe. Es liege auch keine vertragsärztliche Angelegenheit vor, für die das SG Dortmund zuständig wäre. Der vorliegende Rechtsstreit resultiere nicht aus der SSB-Vereinbarung. Diese Vereinbarung enthalte keine Regelung zur konkreten Preishöhe, aus welcher sich die geltend gemachten Anträge ergeben könnten. Auch sei keine entsprechende Ergänzungsvereinbarung zur SSB-Vereinbarung geschlossen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Gründe:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag ist zunächst zulässig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit es um die Rechtsbeziehungen zwischen Vertragsärzten/-zahnärzten einerseits und gesetzlichen Krankenkassen oder Kassenärztlichen/Kassenzahnärztlichen Vereinigungen andererseits geht, selbst wenn durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Von einer solchen Angelegenheit ist auszugehen, wenn Maßnahmen betroffen sind, die nach Maßgabe des SGB V zu beurteilen sind, insbesondere wenn es um die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben nach dem SGB V geht. Das gilt grundsätzlich auch für wettbewerbsrechtliche Ansprüche. Diese gehören nur dann in die ordentliche Gerichtsbarkeit, wenn der wettbewerbsrechtliche Anspruch nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des SGB V gestützt wird, sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt (BGH, Urteil vom 09.11.2006 – I ZB 28/06; Beschluss vom 15.01.1998 – I ZB 20/97; OLG Celle, Urteil vom 09.09.2010 – 13 U 173/09; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2002 – L 16 KR 57/01). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Verstoß wird nicht ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen gestützt, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt. Vielmehr geht es primär um die Beachtung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, nämlich der SSB-Vereinbarung. Dieser Vertrag gilt nur für die Vertragspartner, er betrifft ferner Regelungen des SGB V.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Das SG Düsseldorf ist auch in örtlicher und sachlicher Hinsicht zuständig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die örtliche Zuständigkeit des SG Düsseldorf folgt aus dem Verweisungsbeschluss des SG Dortmund vom 18.08.2016. Ein Verweisungsbeschluss bindet das Gericht, an das verweisen wurde, soweit der Verweisungsbeschluss nicht willkürlich ergangen ist (BSG, Beschluss vom 07.11.2006 – B 12 SF 5/06 S). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Gerichtet erachtet den Verweisungsbeschluss des SG Dortmund zwar als rechtswidrig. Das SG Dortmund war zur Verweisung nicht befugt, weil es nach § 57a Abs. SGG zuständig ist. Danach ist in anderen Vertragsarztangelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung das SG zuständig, in dessen Bezirk die Kassenärztliche Vereinigung oder die Kassenzahnärztliche Vereinigung ihren Sitz hat. Diese Voraussetzungen sind gegeben, weil die Antragsgegnerin ihren Sitz im Gerichtsbezirk des SG Dortmund hat und eine Streitigkeit des Vertragsarztrechts gegeben ist. Nach der Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG erfasst der Begriff des Vertragsarztrechts alle Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten und ihren Vereinigungen und Verbänden. Eine solche Streitigkeit kann auch vorliegen, wenn ein Beteiligter nicht zu den genannten Leistungserbringern zählt. \"Aufgrund\" der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten kann eine Streitigkeit auch entstehen, wenn nicht an dieser Rechtsbeziehungen beteiligte Dritte behaupten, durch eine zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten getroffene Regelung in ihren Rechten unmittelbar oder mittelbar berührt zu sein (Landessozialgericht – LSG – Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER; Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 10 Rn. 1c). So liegt es hier. Der Rechtsstreit resultiert aus der zwischen der KVWL und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen als Teil der Gesamtverträge getroffenen SSB-Vereinbarung, im Kern geht es um die Reichweite der Prüfkompetenz der Antragsgegnerin im Rahmen der Wirtschaftlichkeit (§§ 6f. SSB-Vereinbarung). Die Antragstellerin (als Dritte) behauptet auch, hierdurch in ihren Rechten unmittelbar berührt zu sein. Gleichwohl bindet der Verweisungsbeschluss das SG Düsseldorf, da er nicht willkürlich ergangen ist. Der Beschluss enthält eine Begründung, warum es sich nicht um eine vertragärztliche Angelegenheit handeln soll.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Aus dieser Begründung folgt zugleich die Zuständigkeit der nach dem hiesigen GVP bestimmten Kammer, die nur für Angelegenheiten der Krankenversicherung und nicht für vertragsärztliche Streitigkeiten zuständig ist. Denn ein Verweisungsbeschluss ist nicht nur hinsichtlich derjenigen Zuständigkeitsfrage bindend, deretwegen verwiesen worden ist, sondern auch hinsichtlich sonstiger Zuständigkeitsfragen, soweit das verweisende Gericht die Zuständigkeit auch in dieser Hinsicht geprüft und bejaht hat. Soweit das verweisende Sozialgericht in sachlicher Hinsicht eine Beurteilung als Angelegenheit der Sozialversicherung vorgenommen hat, ist das Gericht, an das verwiesen wurde, hieran gebunden und eine (Weiter-)Verweisung wegen einer anderen Beurteilung der Kammerzuständigkeit ist nicht zulässig (BSG, a.a.O., Rn. 5 bei Juris). Eine solche Beurteilung liegt dem Verweisungsbeschluss zu Grunde.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig, er ist insbesondere nach § 86b Abs. 2 SGG statthaft.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag ist ferner in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Diese Ansprüche stehen in einer Wechselbeziehung, wobei der Anordnungsanspruch den materiell-rechtlichen Anspruch und der Anordnungsgrund die Eilbedürftigkeit meint (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rn. 29ff.). Ferner darf im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht die Hauptsache vorweggenommen werden. Dies ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint, weil bei einem Abwarten des voraussichtlich erfolgreichen Hauptsacheverfahrens unzumutbare, irreparable Nachteile drohen (u.a. LSG Thüringen, Beschluss vom 19.05.2011 – L 6 KR 7/11 B).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht hier der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Unterlassungsanspruch.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Unterlassungsanspruch ergibt sich aus einer entsprechenden Heranziehung der allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts, vornehmlich besteht nach § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein Anspruch auf Unterlassung von nach § 3 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlungen. Der Heranziehung der allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts steht § 69 SGB V nicht entgegen. Aus dieser Vorschrift folgt keine Anwendungssperre für allgemeine zivilrechtliche Regelungen und Grundsätze. Vielmehr gebietet das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes, dass in dem Fall rechtswidriger Schädigungen ein Mindestmaß an Primär- und/oder Sekundärrechtsschutz zuerkannt wird, d.h. Möglichkeiten der Abwehr und/oder eines Schadensersatzes bestehen (BSG, Urteil vom 23.03.2011 – B 6 KA 11/10 R, Rn. 42 bei Juris).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Der zu unterlassende Verstoß folgt aus der in § 7 SSB-Vereinbarung getroffenen Regelung. Denn danach haben die Vertragsparteien der SSB-Vereinbarung ausdrücklich vereinbart, dass für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Verordnungsfähigkeit von SSB die Gemeinsame Prüfvereinbarung gilt. Diese Prüfvereinbarung regelt nach § 1 Abs. 1 Inhalt und Durchfu&776;hrung der Wirtschaftlichkeitspru&776;fung der gesamten vertragsa&776;rztlichen Ta&776;tigkeit nach § 106 SGB V gemeinsam und einheitlich fu&776;r den Bereich der Prima&776;r- und Ersatzkassen; sie gilt nach Abs. 2 der Vorschrift ausdrücklich fu&776;r die Pru&776;fung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise aller an der vertragsa&776;rztlichen/vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden A&776;rztinnen und A&776;rzte sowie von erma&776;chtigten a&776;rztlich geleiteten Einrichtungen und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren. Für die Durchführung der Prüfung nennt § 3 der Prüfvereinbarung die nach § 106 SGG berufenen Gremien als zuständig, also die gemeinsame Pru&776;fungsstelle und den gemeinsamen Beschwerdeausschuss. Die Entscheidung wird also durch Gremien der Selbstverwaltung getroffen. Zudem enthält die Gemeinsame Prüfvereinbarung in § 8 Abs. 7 eine Bagatellgrenze für den SSB, § 9 Abs. 2 schreibt Jahreswert für statistische Abweichungen beim SBB vor</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Ausgehend hiervon obliegt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung und des Bezuges von SSB zunächst allein der gemeinsame Prüfstelle und nicht der Antragsgegnerin. Die letztgenannte ist als Abrechnungsstelle nicht befugt, bei der Abrechnung verordneten SSB eine Rechnungskürzung mit der Begründung fehlender Wirtschaftlichkeit vorzunehmen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist – wie ausgeführt – nach § 7 SSB-Vereinbarung i.V.m. § 106 SGB V allein den paritätisch besetzten Gremien der Selbstverwaltung in Form der Prüfstelle und des Beschwerdeausschusses vorbehalten. Soweit aber eine Prüffrage durch Übertragung Gegenstand dieser speziellen Vorschriften ist, sind diese auch zu beachten, anderen Institutionen fehlt dann die Kompetenz, einen entsprechenden Regress festzusetzen (s.a. BSG, Urteil vom 20.10.2004 – B 6 KA 41/03 R; Urteil vom 20.03.2013 – B 6 KA 18/12 R) oder im Vorfeld hierzu Rechnungen zu kürzen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht aus den sonstigen Bestimmungen der SSB-Vereinbarung, insbesondere nicht aus § 6. Dort finden sich nur allgemeine Regelungen zur Wirtschaftlichkeit, nicht aber eine Berechtigung zur Kürzung von Rechnungen verordneten SSB wegen Unwirtschaftlichkeit. Vielmehr ordnet § 6 Abs. 4 Satz 3 der SSB-Vereinbarung ausdrücklich an, dass die Antragsgegnerin die vom Vertragsarzt entsprechend Absatz 3 gezahlte Summe auf Anforderung erstattet; sie kann die Rechnung auch direkt an den Lieferanten – hier die Antragstellerin – begleichen. Ein Prüfrecht besteht hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Erstattung der vom Vertragsarzt \"entsprechend § 6 Abs. 3 gezahlten Summe\" erfolgt. Denn hiermit ist nur gemeint, dass der Vertragsarzt die dort normierten Produkte bezieht, nicht aber, dass die Erstattung die Einhaltung der Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit zur Voraussetzung hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragsgegnerin kann die Rechnungskürzung wegen Unwirtschaftlichkeit auch nicht auf eine Verpflichtung zur Schadensminimierung stützen. Es steht gerade noch nicht fest, dass ein Schaden entsteht, weil die zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit allein berufenen Gremien noch keine Unwirtschaftlichkeit festgestellt haben. Ebenso sieht § 69 Abs. 2 SGB V kein solches Recht für die Antragsgegnerin vor. Danach erfolgt lediglich eine wettbewerbsrechtliche Kontrolle von Einzelvertragsabschlüssen der Krankenkassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Schließlich kann die Antragstellerin als Lieferantin von SSB die Einhaltung des Prüfverfahrens beanspruchen, weil § 6 Abs. 4 Satz 3 SSB-Vereinbarung ausdrücklich vorsieht, dass die Antragsgegnerin die Erstattung des vom Vertragsarzt bezogenen SSB direkt an den Lieferanten vornimmt; hierbei hat die Antragsgegnerin im Verhältnis zu anderen Lieferanten den Grundsatz der Gleichbehandlung zu wahren, sie kann die Antragstellerin nicht als einzigen Lieferanten darauf verweisen, dass die Vertragsärzte an ihrer Stelle den SSB abrechnen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Neben dem Anordnungsanspruch besteht auch der für eine einstweilige Anordnung erforderliche Anordnungsgrund. Das besondere Eilbedürfnis resultiert hier aus den von der Antragstellerin glaubhaft gemachten, durch Hauptsacheverfahren nicht mehr wieder rückgängig zu machenden Wettbewerbsnachteilen, v.a. durch dauerhaften Verlust von SSB-Kunden. Ohnehin sind an den Anordnungsgrund nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen, wenn – wie hier – der Anordnungsanspruch offensichtlich besteht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag war allerdings im Übrigen als unbegründet abzulehnen. Das Gericht sieht für die im Weiteren begehrte Unterlassung von Äußerungen keinen Anspruch, nachdem die Antragsgegnerin die Unwirtschaftlichkeit lediglich gegenüber dem Abrechnungsdienstleister der Antragstellerin als Begründung für die Kürzung angeführt hat und dieser \"im Lager\" der Antragstellerin steht; die Antragstellerin könnte auch ohne Einschaltung des Dienstleisters direkt mit der Antragsgegnerin abrechnen. Zu diesen Kürzungen wird es ferner wegen des Erfolgs des Antrags im Übrigen nicht mehr kommen. Insoweit ist auch kein Eilbedürfnis ersichtlich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in entsprechender Anwendung.</p>\n      "
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