List view for cases

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    "slug": "lg-detmold-2016-08-11-9-o-5116",
    "court": {
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    "file_number": "9 O 51/16",
    "date": "2016-08-11",
    "created_date": "2018-12-27T20:20:44Z",
    "updated_date": "2020-12-10T14:06:51Z",
    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:LGDT:2016:0811.9O51.16.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>1.</p>\n<p>Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 836-V #####/#### verpflichtet ist, die Kosten der au&#223;ergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gew&#228;hrleistungsanspr&#252;che des Kl&#228;gers gegen&#252;ber dem B GmbH &amp; Co. KG und hinsichtlich der Schadensersatzanspr&#252;che gegen&#252;ber der W AG zu tragen, die auf dem Kauf eines Fahrzeugs durch die Kl&#228;gerpartei am 26.07.2012 beruhen.</p>\n<p>2.</p>\n<p>Die Beklagte wird verurteilt, den Kl&#228;ger von den Kosten freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bez&#252;glich des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer 836-V #####/#### hinsichtlich der Gew&#228;hrleistungsanspr&#252;che des Kl&#228;gers gegen&#252;ber dem B GmbH &amp; Co. KG und hinsichtlich der Schadensersatzanspr&#252;che gegen&#252;ber der W AG durch die Dr. T2 und T mbH entstanden sind.</p>\n<p>3.</p>\n<p>Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kl&#228;ger alle Sch&#228;den zu ersetzen, die ihm aus der unberechtigten Deckungsablehnung bez&#252;glich des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer 836-V #####/#### hinsichtlich der Gew&#228;hrleistungsanspr&#252;che des Kl&#228;gers gegen&#252;ber dem B GmbH &amp; Co. KG und hinsichtlich der Schadensersatzanspr&#252;che gegen&#252;ber der W AG entstanden sind oder noch entstehen werden.</p>\n<p>Die Kosten des Rechtsstreits tr&#228;gt die Beklagte.</p>\n<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><table class=\"absatzLinks\" cellpadding=\"0\" cellspacing=\"0\"><tbody><tr><td></td>\n<td></td>\n<td></td>\n</tr>\n</tbody>\n</table>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger nimmt die Beklagte, seine Rechtschutzversicherung, auf Gew&#228;hrung von Deckungsschutz in Anspruch.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger erwarb im Jahre 2012 von der Firma B einen Pkw, der von dem sogenannten Abgasskandal betroffen ist. Der Kl&#228;ger beabsichtigt M&#228;ngelgew&#228;hrleistungsanspr&#252;che gegen&#252;ber dem H&#228;ndler, in erster Linie R&#252;cktritt vom Vertrag bzw. Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger T&#228;uschung, sowie Schadensersatzanspr&#252;che gegen den Hersteller, die W2 AG, geltend zu machen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Schreiben vom 03.02.2016 (Anlage K5) lehnte die Beklagte Deckungsschutz gegen&#252;ber einer Klage gegen den H&#228;ndler teilweise ab. Es hei&#223;t dort unter anderem: &#8222;Es besteht jedoch kein Rechtsschutz f&#252;r die beabsichtigte Geltendmachung der Nacherf&#252;llung in Form der Lieferung eines m&#228;ngelfreien Fahrzeuges, die Anfechtung des Vertrages bzw. Durchsetzung der R&#252;ckabwicklung.&#8220; Als Ablehnungsgrund wurde Mutwilligkeit im Sinne des &#167; 1 ARB genannt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die jetzigen Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers erstellten daraufhin einen Stichentscheid vom 08.02.2016 (Anlage K6). Diesen Stichentscheid wies die Beklagte mit Email vom 16.02.2016 (Anlage K7) wegen erheblicher Abweichung von der wirklichen Sach- und Rechtslage als nicht bindend zur&#252;ck.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger tr&#228;gt vor, die Beklagte sei an den Stichentscheid vom 08.02.2016 gebunden. Es sei unzutreffend, dass es sich bei der manipulativen Software um einen geringf&#252;gigen Mangel handele, der im Rahmen einer R&#252;ckrufaktion und eines Softwareupdates ohne nennenswerte Kosten behoben werden k&#246;nne.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; wie erkannt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Sie tr&#228;gt vor, die beabsichtigte Vorgehensweise gegen&#252;ber dem H&#228;ndler sei mutwillig, weil der dem Kl&#228;ger daraus erwachsene Nutzen in keinem Verh&#228;ltnis zu den zu erwartenden Prozesskosten st&#228;nde. Eine Behebung des Mangels sei durch ein Softwareupdate oder den Einbau eines zus&#228;tzlichen Teiles mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand m&#246;glich. Sollte sich sp&#228;ter herausstellen, dass diese Nachbesserung nicht zum Erfolg gef&#252;hrt habe, k&#246;nnten immer noch weitere rechtliche Schritte erwogen werden. Die Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers seien auch keine neutralen Schiedsgutachter, weil sie offenbar in einer Vielzahl von F&#228;llen &#228;hnliche Prozesse f&#252;hren wollten. Deckungsschutz f&#252;r Anspr&#252;che gegen&#252;ber der W2 AG seien schon deswegen nicht zu gew&#228;hren, weil das Fahrzeug schon beim Ankauf bzw. bei der &#220;bergabe an den Kl&#228;ger mangelbehaftet gewesen sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten f&#252;r den Stichentscheid bestehe nicht, weil die Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers darauf verzichtet h&#228;tten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">Entscheidungsgr&#252;nde:</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage ist begr&#252;ndet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kl&#228;ger f&#252;r die beabsichtigte Rechtsverfolgung aufgrund der abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz zu gew&#228;hren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist an den Stichentscheid vom 08.02.2016 gebunden. Dieser Stichentscheid konnte auch von den mit der beabsichtigten Prozessf&#252;hrung beauftragten Anw&#228;lten des Kl&#228;gers erstellt werden. Hinweise auf ein rechtsmissbr&#228;uchliches Verhalten der Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers sind nicht vorhanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Bindungswirkung entf&#228;llt nicht nach &#167; 18 Abs. 2 S. 3 ARB. Es ist nicht zu erkennen, dass die Entscheidung offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht. Hinsichtlich einer eventuellen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung, auf die sich die Beklagte in erster Linie st&#252;tzt, enth&#228;lt der Stichentscheid nachvollziehbare Ausf&#252;hrungen, die zumindest gut vertretbar sind. Dass der Mangel im Rahmen einer R&#252;ckrufaktion durch ein Softwareupdate oder &#228;hnliche geringf&#252;gige Eingriffe endg&#252;ltig behoben werden kann, ist nicht sicher. Dies r&#228;umt auch die Beklagte im Ergebnis ein. Dabei kann es auch dahinstehen, ob die Nachbesserungskosten nur den am Fahrzeug vorzunehmenden Nachbesserungsaufwand umfassen oder auch die vorangegangene Entwicklung einer neuen Software. Es ist jedenfalls offen, ob die von der W2 AG geplanten Ma&#223;nahmen ausreichen, um das Fahrzeug in einen ordnungsgem&#228;&#223;en Zustand zu versetzen. Zwar mag es sein, dass durch die ge&#228;nderte Software oder &#228;hnliche Eingriffe der manipulative Charakter der bisherigen Software beseitigt wird. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass damit andere Nachteile verbunden sind, wie zum Beispiel st&#228;ndig &#252;berh&#246;hte Abgaswerte, Leistungsverlust, Mehrverbrauch oder erh&#246;hter Verschlei&#223;. Daneben kann es sein, dass betroffene Fahrzeuge auch nach der R&#252;ckrufaktion in den Augen der Marktteilnehmer einen Makel behalten und damit zum Beispiel beim Verkauf im Wert gemindert sind. Die von der Beklagten angef&#252;hrten gegenteiligen Pressever&#246;ffentlichungen k&#246;nnen diese Risiken nicht entfallen lassen. Es erscheint dem Kl&#228;ger auch nicht zumutbar, die schon zeitlich sowieso weitr&#228;umig geplanten R&#252;ckrufaktionen abzuwarten und zu sehen, ob er danach &#252;ber ein ordnungsgem&#228;&#223;es Fahrzeug verf&#252;gt. Dabei ist auch zu ber&#252;cksichtigen, dass es sich nicht nur um einen einfachen Herstellungsfehler handelt, sondern um eine bewusst auf Manipulation ausgerichtete und programmierte Software, die Abgaswerte vort&#228;uschen sollte, die tats&#228;chlich nicht zu erreichen waren. Auch von daher erscheint es bedenklich, dem Kl&#228;ger als Kunden das zeitliche wie technische Risiko der beabsichtigten Nachbesserung aufzub&#252;rden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die vorstehenden Erw&#228;gungen gelten auch f&#252;r eventuelle Anspr&#252;che aus unerlaubter Handlung gegen&#252;ber dem Herstellerwerk. Der Vortrag der Beklagten, der Rechtsschutzfall sei schon vor dem Erwerb des Fahrzeuges durch den Kl&#228;ger eingetreten gewesen und falle deswegen nicht unter die Versicherung, ist nicht nachzuvollziehen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist auch verpflichtet, die Kosten f&#252;r den Stichentscheid zu tragen. Dass die Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers auf die Einforderung dieser Anspr&#252;che verzichtet h&#228;tten, l&#228;sst sich nicht feststellen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Der Feststellungsantrag zu Ziffer 3 ist zul&#228;ssig und begr&#252;ndet. Es ist m&#246;glich, dass dem Kl&#228;ger durch die Deckungsablehnung weitere Nachteile oder Sch&#228;den entstanden sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Nebenentscheidungen: &#167;&#167; 91, 709 ZPO.</p>\n      "
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