List view for cases

GET /api/cases/160174/
HTTP 200 OK
Allow: GET, PUT, PATCH, DELETE, HEAD, OPTIONS
Content-Type: application/json
Vary: Accept

{
    "id": 160174,
    "slug": "olgd-2015-10-14-i-3-wx-16815",
    "court": {
        "id": 820,
        "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf",
        "slug": "olgd",
        "city": null,
        "state": 12,
        "jurisdiction": null,
        "level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
    },
    "file_number": "I-3 Wx 168/15",
    "date": "2015-10-14",
    "created_date": "2019-01-10T11:51:47Z",
    "updated_date": "2022-10-18T13:42:55Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OLGD:2015:1014.I3WX168.15.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverf&#252;gung des Amtsgerichts Nettetal aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, &#252;ber die Eintragungsantr&#228;ge der Beteiligten nach Ma&#223;gabe der Gr&#252;nde dieses Beschlusses erneut zu entscheiden.</p>\n<p>Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">G r &#252; n d e :</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>I.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Im Grundbuch sind als Eigent&#252;mer des in Rede stehenden Grundbesitzes eingetragen die Beteiligte zu 4) und ihr verstorbener Ehemann zu je &#189;.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Der Ehemann ist beerbt worden von der Beteiligten zu 4) und dem Beteiligten zu 3) &#8211; dem gemeinsamen Sohn &#8211; zu je &#189;. Die Ehefrau des Beteiligten zu 3), die Beteiligte zu 2), ist dessen gesetzliche Betreuerin.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Mit notariellem Vertrag vom 26.01.2015 &#252;bertrugen die Beteiligten zu 3) und 4) &#8211; zu &#189; Anteil als Erbengemeinschaft, die Beteiligte zu 4) dar&#252;ber hinaus zu &#189; Anteil als Miteigent&#252;merin &#8211; den Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Beteiligte zu 1).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter der Beteiligten zu 2) und 3) und die Enkelin der Beteiligten zu 4).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligte zu 1) r&#228;umte den Beteiligten zu 3) und 4) jeweils ein lebenslanges Wohnungsrecht an einer Wohnung im Hause ein. Sie verpflichtete sich ferner gegen&#252;ber der Beteiligten zu 2), ihr nach dem Tode des Beteiligten zu 3) das lebenslange Wohnungsrecht an den von dessen Wohnungsrecht umfassten R&#228;umen einzur&#228;umen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligten erkl&#228;rten die Auflassung und bewilligten und beantragten&#160; die Eintragung der Beteiligten zu 1) als Eigent&#252;merin im Grundbuch, zugleich vereinbarten und bewilligten sie die Eintragung der Wohnungsrechte der Beteiligten zu 3) und 4) sowie die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung ihres bedingten Anspruchs auf Einr&#228;umung des Wohnungsrechts f&#252;r die Beteiligte zu 2).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligte zu 2) vertrat den Beteiligten zu 3) bei Abschluss des notariellen Vertrages; das Betreuungsgericht genehmigte deren Erkl&#228;rungen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Mit notariellem Schreiben vom&#160; 29.05.2015 haben die Beteiligten die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1), die Eintragung der Wohnungsrechte f&#252;r die Beteiligten zu 3) und 4) und die Eintragung der Vormerkung f&#252;r die Beteiligte zu 2) beantragt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Zwischenverf&#252;gung vom 12.06.2015 hat das Grundbuchamt ausgef&#252;hrt, die Beteiligte zu 2) sei von der Vertretung des Beteiligten zu 3) ausgeschlossen. Sie werde einerseits als dessen Vertreterin, andererseits im eigenen Namen t&#228;tig (Bestellung der Vormerkung zur Einr&#228;umung des Wohnungsrechts). Die Beteiligte zu 2) k&#246;nne kein Rechtsgesch&#228;ft im Namen des Beteiligten zu 3) und zugleich im eigenen Namen vornehmen. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Anspruch auf Einr&#228;umung des Wohnungsrechts erst nach dem Tode des Beteiligten zu 3) entstehe und von der Beteiligten zu 1) zu erf&#252;llen sei. Es sei das Rechtsgesch&#228;ft insgesamt zu betrachten. Es m&#252;sse daher &#8211; sofern der Beteiligte zu 3) nicht selber das Rechtsgesch&#228;ft genehmigen k&#246;nne - vom Betreuungsgericht ein Erg&#228;nzungsbetreuer bestellt werden, der den Vertrag genehmigen m&#252;sse. Dessen Erkl&#228;rungen seien dann vom Betreuungsgericht zu genehmigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Dagegen beschweren sich die Beteiligten. Die Einr&#228;umung des Wohnrechts betreffe nur die Beteiligte zu 1) als Erwerberin und die Beteiligte zu 2) als m&#246;gliche Beg&#252;nstigte. &#167; 181 BGB sei darauf nicht anwendbar. Ein Interessenkonflikt sei nicht gegeben, da die Interessen des Beteiligten zu 3) nicht ber&#252;hrt w&#252;rden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 23.07.2015 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Als Begr&#252;ndung hat es ausgef&#252;hrt, es sei nicht m&#246;glich, den Gesamtvertrag in einzelne Segmente aufzuspalten. Der Interessenkonflikt ergebe sich daraus, dass die Beteiligte zu 2) eine Leistung erhalte, obwohl sie nicht Miteigent&#252;merin des Grundst&#252;cks sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>II.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">1.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Das Rechtsmittel ist gem&#228;&#223; &#167;&#167; 71, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO als Beschwerde zul&#228;ssig und nach der vom Grundbuchamt erkl&#228;rten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, &#167; 75 GBO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">2.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Es hat auch in der Sache Erfolg. Die Zwischenverf&#252;gung ist rechtsfehlerhaft.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Entgegen der Ansicht des Grundbuchamtes ist eine Genehmigung der Erkl&#228;rungen der Beteiligten zu 2) f&#252;r den Beteiligten zu 3) nicht geboten. Denn die Voraussetzungen des &#167; 181 BGB liegen nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">F&#252;r ein Insichgesch&#228;ft im Sinne des &#167; 181 BGB gen&#252;gt es nicht, wenn der Vertreter auf ein und derselben Seite des Rechtsgesch&#228;fts im eigenen und im fremden Namen auftritt (M&#252;Ko/Schubert, BGB, 7. Aufl., &#167; 181, 22 m.N.). Der Senat hat bereits fr&#252;her (NJW 1985, 390) im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 50, 8, 11) entschieden, dass &#167; 181 BGB im Interesse der Klarheit und der Sicherheit des Rechtsverkehrs als eine formale Ordnungsvorschrift aufzufassen ist, bei der der Interessengegensatz zwar das gesetzgeberische Motiv, aber zur Tatbestandserf&#252;llung grunds&#228;tzlich weder erforderlich noch ausreichend ist. &#167; 181 BGB greift regelm&#228;&#223;ig nur dann ein, wenn dieselbe Person auf beiden Seiten eines Rechtsgesch&#228;fts auftritt oder wenn der Vertreter ein einseitiges Rechtsgesch&#228;ft sich selbst gegen&#252;ber als Erkl&#228;rungsempf&#228;nger vornimmt. Hieran h&#228;lt der Senat nach &#220;berpr&#252;fung fest.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Auch der Bundesgerichtshof hat mehrfach bekr&#228;ftigt (zuletzt NJW 1991, 982, 983), &#167; 181 BGB regele nicht den materiellen Interessenkonflikt, sondern lediglich die unzul&#228;ssige formale Beteiligung derselben Person auf beiden Seiten bei einem Vertragsschluss.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Gerade daran aber fehlt es hier.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligte zu 2) hat hier einerseits die f&#252;r die Ver&#228;u&#223;erung des Grundbesitzes erforderlichen Willenserkl&#228;rungen f&#252;r den Beteiligten zu 3) gegen&#252;ber der Beteiligten zu 1) abgegeben und andererseits &#8211; in Bezug auf die Einr&#228;umung des Wohnungsrechts, das sie nach dem Tode des Beteiligten zu 3) erhalten soll &#8211; gegen&#252;ber der Beteiligten zu 1) f&#252;r sich im eigenen Namen gehandelt. Sie ist mithin nicht zugleich auf beiden Seiten eines Rechtsgesch&#228;fts aufgetreten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von &#167; 181 BGB in dem Sinne, dass der Ausschluss der Vertretungsmacht deshalb auf Rechtsgesch&#228;fte erstreckt werden soll, die sich formal nicht zwischen Vertreter und Vertretenem abspielen, weil materiell die Gefahr eines Interessenwiderstreits best&#252;nde (offengelassen von BGHZ 50, 8), kommt nicht in Betracht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Erweiterung des Verbots von Insichgesch&#228;ften durch Analogie kann nur erfolgen, wenn es sich um einen Interessenkonflikt handelt, der abstrakt-generell beschrieben werden kann und nicht nur eine Bewertung des Einzelfalls darstellt. &#167; 181 BGB erfasst das Insichgesch&#228;ft als typisierbare Fallgruppe. Es widerspr&#228;che daher bereits der Struktur der Regelung, wollte man sie allgemein auf Interessenkonflikte anwenden. (M&#252;Ko/Schubert, a.a.O., Rdnr. 40 m.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Erweiterung des &#167; 181 BGB durch Auslegung oder Analogie erfolgt allenfalls in zwei Bereichen. Zum einen bei Sachverhalten, bei denen keine Stellvertretung vorliegt, aber ein vergleichbares Auftreten einer Person f&#252;r einen anderen, den letztlich die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen treffen. Insofern bedarf es eines vergleichbaren Schutzes vor Interessenkonflikten. Zum anderen bedarf es einer weiten Auslegung oder analogen Anwendung des &#167; 181 BGB, wenn zwar formal keine Personenidentit&#228;t auf beiden Seiten des Rechtsgesch&#228;fts im Sinne eines Selbstkontrahierens oder einer Mehrfachvertretung vorliegt, materiell betrachtet aber eine Personenidentit&#228;t besteht, die lediglich nach au&#223;en verdeckt ist. (M&#252;Ko/Schubert, a.a.O., Rdnr. 41).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">In anderen F&#228;llen von m&#246;glichen materiellen Interessenkonflikten kommt eine Anwendung von &#167; 181 BGB nicht in Betracht. Zwar mag das Eigeninteresse des Vertreters am Vertretergesch&#228;ft ggf. einen Interessenkonflikt begr&#252;nden; er ist aber nach herrschender Meinung nicht in gleicher Weise typisierbar, so dass &#167; 181 BGB nicht eingreift (M&#252;Ko/Schubert, a.a.O., Rdnr. 42 m.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Nach alledem besteht das vom Amtsgericht angenommene Eintragungshindernis nicht. Die Zwischenverf&#252;gung ist somit aufzuheben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, &#167;&#167; 22 Abs.1, 25 Abs. 1 GNotKG.</p>\n      "
}