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    "file_number": "11 A 2046/13",
    "date": "2015-06-19",
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    "updated_date": "2020-12-10T14:35:58Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2015:0619.11A2046.13.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Das angefochtene Urteil wird ge&#228;ndert. Die Ziffern 1.&#160;b und 4. der Ordnungsverf&#252;gung der Beklagten vom 20. September 2012 werden aufgehoben.</p>\n<p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens beider Rechtsz&#252;ge.</p>\n<p>Der Beschluss ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kl&#228;ger vor der Vollstreckung in gleicher H&#246;he Sicherheit leistet.</p>\n<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>\n<p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">G r &#252; n d e :</span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der Senat entscheidet &#252;ber die Berufung des Kl&#228;gers nach Anh&#246;rung der Beteiligten durch Beschluss, weil er sie einstimmig f&#252;r begr&#252;ndet und eine m&#252;ndliche Verhandlung nicht f&#252;r erforderlich h&#228;lt (vgl. &#167;&#160;130a VwGO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die zul&#228;ssige Klage ist begr&#252;ndet. Die Ordnungsverf&#252;gung der Beklagten vom 20. September 2012 ist &#8209;&#160;soweit sie streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten (&#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Ziffer 1. b der Ordnungsverf&#252;gung ist zu unbestimmt. Nach &#167; 37 Abs. 1 VwVfG NRW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung im Zusammenhang mit den Gr&#252;nden und sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umst&#228;nden f&#252;r die Beteiligten, insbesondere f&#252;r die Adressaten des Verwaltungsakts, so vollst&#228;ndig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten k&#246;nnen. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Beh&#246;rde die Entscheidung getroffen haben, sondern auf den objektiven Erkl&#228;rungswert und Erkl&#228;rungsinhalt des den Betroffenen als Inhalt des Verwaltungsakts Mitgeteilten, so wie sich dieses den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (&#167; 157 BGB) verstanden werden darf. Unklarheiten gehen zu Lasten der Beh&#246;rde.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, &#167; 37 Rn. 5 ff., m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Danach ist die Regelung in Ziffer 1. b der Ordnungsverf&#252;gung &#8222;K&#252;nftig ist diese rechtswidrige Inanspruchnahme des &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums zu unterlassen&#8220; zu unbestimmt. Aus der Regelung selbst geht nicht hervor, welche Inanspruchnahme des &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums der Kl&#228;ger zu unterlassen hat. Eine klare und unzweideutige Regelung, nach der der Kl&#228;ger sein Verhalten richten k&#246;nnte, ergibt sich auch nicht im Zusammenhang mit der unter Ziffer 1. a getroffenen Regelung und den Ausf&#252;hrungen in der Begr&#252;ndung der Ordnungsverf&#252;gung. Danach ist mit der Formulierung &#8222;diese rechtswidrige Inanspruchnahme&#8220; offensichtlich nicht allein die in Ziffer 1. a benannte Inanspruchnahme des dort n&#228;her bezeichneten &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums durch das &#8222;abgestellte Werbefahrzeug&#8220; des Kl&#228;gers gemeint. Diese Regelung soll sich vielmehr auf eine unbestimmte Anzahl anderer Bereiche des &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums im Stadtgebiet der Beklagten beziehen. Nach den Ausf&#252;hrungen in der Begr&#252;ndung der Ordnungsverf&#252;gung soll sich ein verkehrsfremdes ganz &#252;berwiegend zu Werbezwecken dienendes Abstellen des Fahrzeugs jeweils aus &#8222;Art und Ort seiner Aufstellung&#8220; des Werbefahrzeugs des Kl&#228;gers im &#246;ffentlichen Stra&#223;enraum ergeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">In welcher Art und an welchen Orten dem Kl&#228;ger die Aufstellung seines Anh&#228;ngers im Stadtgebiet der Beklagten grunds&#228;tzlich nicht erlaubt ist, l&#228;sst sich aber aus der diesbez&#252;glich weiter gegebenen Begr&#252;ndung in der Ordnungsverf&#252;gung nicht klar und eindeutig entnehmen. Dort beschreibt die Beklagte das verkehrsfremde Abstellen des Anh&#228;ngers zwar weitergehend, n&#228;mlich als eine Aufstellung des Fahrzeugs in deutlicher Entfernung zu dem Betrieb, f&#252;r den geworben werde, an einer stark frequentierten Stra&#223;e mit hohem Aufmerksamkeitswert, ohne dass ein verkehrlich nachvollziehbarer Grund ersichtlich sei, warum das Fahrzeug gerade dort abgestellt worden sei. Schon die Fragen, ob und wann etwa nur die Merkmale &#8222;Aufstellung in deutlicher Entfernung zu dem Betrieb&#8220; und &#8222;an einer stark frequentierten Stra&#223;e&#8220; im Falle der Inanspruchnahme der &#246;ffentlichen Stra&#223;e durch Abstellen des Anh&#228;ngers des Kl&#228;gers erf&#252;llt sind, lassen sich nicht eindeutig beantworten. So ist fraglich, ob das Merkmal &#8222;Aufstellung in deutlicher Entfernung&#8220; zu dem (fr&#252;heren) Standort der Anwaltskanzlei des Kl&#228;gers (den er zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverf&#252;gung innehatte) bereits bei einem etwaigen Aufstellungsort seines Anh&#228;ngers im Kreuzungsbereich der Stra&#223;e I.----weg zur F.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Stra&#223;e oder erst im Kreuzungsbereich der F.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Stra&#223;e mit der S.------stra&#223;e oder doch erst mit der Bundesstra&#223;e 8 gegeben (gewesen) w&#228;re. Gleiches gilt f&#252;r die Frage, ob es sich bei der F.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Stra&#223;e oder bei der Bundesstra&#223;e 8 um eine stark frequentierte Stra&#223;e im Sinne der die Regelung beschreibenden Begr&#252;ndung der Beklagten handelt. Dar&#252;ber hinaus ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich, wann &#8222;ein verkehrlich nachvollziehbarer Grund&#8220; f&#252;r das Abstellen fehlt. Denn es ist fraglich, ob ein solcher grunds&#228;tzlich dann nicht mehr gegeben ist, wenn der Anh&#228;nger ohne Zugfahrzeug abgestellt wird, oder etwa erst dann, wenn noch eine gewisse Dauer des Abstellens hinzutritt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Der Senat hat zwar in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass der Einsatz von Werbefahrzeugen den Gemeingebrauch &#252;berschreiten und eine stra&#223;enrechtliche Sondernutzung darstellen kann. Den Tatbestand der Sondernutzung hat der Senat aber jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall hergeleitet und zwar entweder:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">-&#160;aus dem konkreten Ort und der Art der Aufstellung eines Werbefahrzeugs,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Juli 2005 - 11 A 4433/02 -, NWVBl. 2006, 58, juris, Rn. 3 und 27 ff.; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2006 - 3 B 145.05 -, juris,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">&#8209;&#160;bzw. dem Erscheinungsbild der Werbefahrzeuge (Personenkraftwagen mit auff&#228;lligen Dachaufbauten),</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 29,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">-&#160;und/oder dem jeweiligen Erscheinungsbild von Werbeanh&#228;ngern und deren Standorten in einem bestimmten Umkreis,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 28 und 31,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">&#8209;&#160;oder dem objektiven Erscheinungsbild und dem Aufstellungsort eines LKW,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 11 A 4656/06 -, juris, Rn. 14 und 15.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Dar&#252;ber hinaus waren in diesen Verfahren jeweils Geb&#252;hrenbescheide Streitgegenstand, die auf konkret stattgefundene Sondernutzungen gerichtet waren und nicht &#8209;&#160;wie in Ziffer 1. b der angefochtenen Ordnungsverf&#252;gung - auf eine unbestimmte Zahl abstrakter Sondernutzungsf&#228;lle in der Zukunft, die nicht ohne weiteres (nach Ort und Art der Aufstellung des Anh&#228;ngers) bestimmbar oder nur eingrenzbar sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Vor dem Hintergrund der Unbestimmtheit und damit Rechtwidrigkeit der Ziffer 1. b der Ordnungsverf&#252;gung ist auch die Androhung eines Zwangsgelds f&#252;r den Fall einer zuk&#252;nftigen rechtswidrigen Nutzung &#246;ffentlicher Verkehrsfl&#228;chen in Ziffer 4. der Ordnungsverf&#252;gung rechtswidrig. Die Voraussetzungen nach den &#167;&#167; 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 VwVG NRW liegen nicht mehr vor, weil es infolge der Aufhebung der Ziffer 1. b der Ordnungsverf&#252;gung an einer vollstreckbaren Grundverf&#252;gung fehlt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;1 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Die Entscheidung zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit beruht auf &#167;&#160;167 VwGO, &#167;&#167;&#160;708 Nr.&#160;10, 711 Satz&#160;1 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des &#167;&#160;132 Abs.&#160;2 VwGO nicht vorliegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167;&#160;47 Abs. 1 und 3, 52 Abs.&#160;2 GKG.</p>\n      "
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