List view for cases

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    "file_number": "5 RVs 98/14",
    "date": "2014-11-06",
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    "updated_date": "2019-01-17T12:15:02Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OLGHAM:2014:1106.5RVS98.14.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>1.</p>\n<p>Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben (&#167; 349 Abs. 4 StPO).</p>\n<p>2.</p>\n<p>Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine&#160;Strafkammer des Landgerichts Essen zur&#252;ckverwiesen (&#167; 354 Abs. 2 StPO).</p>\n<p>3.</p>\n<p>Die weitergehende Revision wird als offensichtlich unbegr&#252;ndet verworfen (&#167;&#160;349 Abs. 2 StPO).</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">Gr&#252;nde:</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">I.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 11. Dezember 2013 ist der Angeklagte wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe in H&#246;he von 40 Tagess&#228;tzen zu je 20,- &#8364; verurteilt worden; zudem ist ihm die Fahrerlaubnis entzogen, sein F&#252;hrerschein eingezogen und eine Sperrfrist f&#252;r die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 12 Monaten festgesetzt worden (&#167;&#167; 69, 69 a, 69 b StGB).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat die XIII. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen mit Urteil vom 11. Juni 2014 verworfen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die dieser mit Schrifts&#228;tzen seines Verteidigers rechtzeitig eingelegt und begr&#252;ndet hat. Er r&#252;gt mit n&#228;heren Ausf&#252;hrungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Zur Begr&#252;ndung wird insbesondere vorgetragen, das Landgericht habe in Bezug auf die festgestellte Schadensh&#246;he von 1.500,- &#8364; die Aufkl&#228;rungsplicht nach &#167; 244 Abs. 2 StPO verletzt; indem das Landgericht seinen in der Berufungshauptverhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens in Bezug auf die Wahrnehmbarkeit des Ansto&#223;es an das Fahrzeug des Gesch&#228;digten durch Beschluss vom 11. Juni 2014 abgelehnt habe, habe es zudem gegen &#167; 244 Abs. 4 StPO versto&#223;en. Im Rahmen der Sachr&#252;ge beanstandet der Angeklagte die Anwendung der &#167;&#167; 69 Abs. 2 Nr.&#160;3, 69 a, 69 b StGB sowie des &#167; 142 StGB. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Revisionsrechtfertigung vom 04. September 2014 Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat unter dem 25. September 2014 Stellung genommen und beantragt, wie beschlossen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Der Angeklagte hat durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 09. Oktober 2014 dazu mit weiteren Ausf&#252;hrungen, auf die Bezug genommen wird, einen schriftliche Gegenerkl&#228;rung abgegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">II.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">1.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in der dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger bekannten Stellungnahme vom 25. September 2014 u. a. ausgef&#252;hrt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">&#8222;Die rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begr&#252;ndete Revision ist jedenfalls mit der Sachr&#252;ge zul&#228;ssig und - zumindest vorl&#228;ufig - auch teilweise erfolgreich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit der Angeklagte mit der Verfahrensr&#252;ge angreift, der Antrag seines Verteidigers auf Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens zu der Frage der Bemerkbarkeit des Unfalls sei unter Versto&#223; gegen &#167; 244 Abs. 4 StPO zu Unrecht zur&#252;ckgewiesen worden, ist die R&#252;ge unbegr&#252;ndet. Das Landgericht konnte aus den Angaben des Zeugen M, dass der Angeklagte ausgestiegen sei und sich den Schaden an dem besch&#228;digten PKW C angesehen habe, rechtsfehlerfrei darauf schlie&#223;en, dass der Angeklagte sp&#228;testens zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bedingten Vorsatz hinsichtlich seiner Stellung als Unfallbeteiligter hatte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit mit der Aufkl&#228;rungsr&#252;ge weiter angegriffen wird, dass das Gericht unter Verletzung von &#167; 244 Abs. 2 StPO zur Schadensh&#246;he weitere Beweise habe erheben m&#252;ssen, ist die R&#252;ge nicht zul&#228;ssig begr&#252;ndet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Nach &#167; 344 Abs. 2 S. 2 StPO m&#252;ssen bei einer Revision, die mit der Verletzung einer Rechtsnorm &#252;ber das Verfahren begr&#252;ndet wird, die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Diese sind so vollst&#228;ndig und aus sich heraus verst&#228;ndlich vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begr&#252;ndungsschrift pr&#252;fen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, sofern das tats&#228;chliche Vorbringen zutrifft. Blo&#223;e Bezugnahmen und Verweisungen auf das Urteil, die Akten oder sonstige Unterlagen sind unzul&#228;ssig (zu vgl. BGHSt 3, 213; 29, 203; 37, 266; 40, 218 (240); BGH StV 94, 5; Meyer-Go&#223;ner, StPO, 56. Aufl., &#167; 344 Rn. 20-25). Soweit erforderlich sind auch die Tatsachen vorzutragen, die dem Erfolg der R&#252;ge (m&#246;glicherweise) entgegenstehen k&#246;nnten. Der Revisionsf&#252;hrer muss sich auch mit den seiner Behauptung entgegenstehenden Umst&#228;nden auseinandersetzen (zu vgl. BGH NStZ-RR 2003, 71 (72); 2004, 1 ff.; Meyer-Go&#223;ner, a.a.O., &#167; 344 Rn. 24).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Wird die Verletzung der Aufkl&#228;rungspflicht ger&#252;gt, muss die Revision auch darlegen, welcher Beweismittel sich das Gericht h&#228;tte bedienen sollen und welches Ergebnis hiervon zu erwarten gewesen w&#228;re, insbesondere dass die nicht aufgekl&#228;rten Tatsachen sich zu Gunsten des Angeklagten ausgewirkt h&#228;tten (Meyer-Go&#223;ner, a.a.O., &#167;&#160;244 Rn. 81).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Zu diesen Fragen macht die Revision keine Ausf&#252;hrungen, so dass sich die Verfahrensr&#252;ge als unzul&#228;ssig erweist.&#8220;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Diesen zutreffenden Ausf&#252;hrungen schlie&#223;t sich der Senat nach eigener &#220;berpr&#252;fung vollumf&#228;nglich an und macht sie ausdr&#252;cklich zum Gegenstand seiner Entscheidung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit der Angeklagte diesbez&#252;glich in der Gegenerkl&#228;rung seines Verteidigers vom 09. Oktober 2014 - allerdings ohne n&#228;here Begr&#252;ndung - die Auffassung vertritt, die Angabe der Beweismittel, derer sich das Gericht (zur Feststellung der Schadensh&#246;he) h&#228;tte bedienen sollen, sowie die Angabe des davon zu erwartenden Beweisergebnisses seien &#8222;jedenfalls nicht f&#252;r den konkreten Fall&#8220; anzugeben gewesen, ist dies angesichts der eindeutigen h&#246;chstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B.: BGHSt 2, 168-169; BGH, NStZ-RR 2010, 316-317; vgl. auch: Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 24. August 2001 zu 2 Ss 688/01, zitiert nach juris Rn.n 4 m.w.N.) nicht nachvollziehbar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">2.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Allerdings unterliegt das angefochtene Urteil in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang auf die erhobene Sachr&#252;ge der Aufhebung, da die Urteilsfeststellungen zur Schadensh&#246;he an einem Darlegungsmangel leiden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Gegenstand der sachlich-rechtlichen &#220;berpr&#252;fung ist ausschlie&#223;lich die Urteilsurkunde, alle anderen Erkenntnisquellen sind dem Revisionsgericht verschlossen (BGHSt 35, 238, 241; BGH, NJW 1998, 3654). In den Urteilsgr&#252;nden wird indes nicht mitgeteilt, auf welcher (Beweis-)Grundlage das Landgericht die H&#246;he des Schadens mit 1.500,- &#8364; festgestellt hat, worauf gleichfalls bereits die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 25. September 2014 hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist dem Senat daher eine &#220;berpr&#252;fung nicht m&#246;glich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Auf diesem Fehler beruht das angefochtene Urteil im Straf- und im Ma&#223;regelausspruch. Denn die Schadensh&#246;he ist sowohl nach Ma&#223;gabe des &#167; 46 StGB im Rahmen der Strafzumessung als auch im Rahmen des Ma&#223;regelausspruches nach &#167; 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB im Zusammenhang mit der Frage der Entstehung eines &#8222;bedeutenden Schadens&#8220; relevant.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">3.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Aufgrund des aufgezeigten Mangels war das Urteil in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang gem&#228;&#223; &#167; 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache im Umfang ihrer Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen gem&#228;&#223; &#167;&#160;354 Abs. 2 StPO zur&#252;ckzuverweisen, die auch &#252;ber die Kosten der Revision zu befinden hat, da deren Erfolg im Sinne des &#167;&#160;473 StPO nicht feststeht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Mit der Teilaufhebung entf&#228;llt zum einen die Grundlage f&#252;r die gegen den Angeklagten verh&#228;ngten Geldstrafe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Zum anderen k&#246;nnen auch die Ma&#223;regelausspr&#252;che gem&#228;&#223; &#167;&#167; 69, 69 a, 69 b StGB nicht bestehen bleiben, da sie ohne die rechtsfehlerfreie Feststellung eines &#8222;bedeutenden Schadens&#8220; durch die im &#220;brigen aufrechterhaltenden Feststellungen zum objektiven Unfallgeschehen nicht getragen werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">4.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Das Landgericht wird in der neuen (Berufungs-)Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen zur Schadensh&#246;he, insbesondere z.B. auf Grundlage eines Kfz- Sachverst&#228;ndigengutachtens, zu treffen haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Insoweit merkt der Senat erg&#228;nzend noch Folgendes an:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Ob ein &#8222;bedeutender Schaden&#8220; i.S.d. &#167; 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der H&#246;he des Betrages, um den das Verm&#246;gen des Gesch&#228;digten als direkte Folge des Unfalls gemindert wird. Die Grenze ist derzeit bei 1.300,- &#8364; anzusetzen (Beschluss des hiesigen 3. Straf-senats vom 30. September 2010 zu III-3 RVs 72/10, zitiert nach juris Rn. 9; Fischer, StGB, 61. Aufl., &#167; 69 Rn. 29 - jeweils m.w.N.). Unter Ber&#252;cksichtigung des von &#167; 142 StGB gesch&#252;tzten Rechtsgutes (Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Anspr&#252;che bzw. Schutz vor unberechtigten Anspr&#252;chen) d&#252;rfen im Rahmen des zugrundezulegenden wirtschaftlichen Schadensbegriffs bei der Beurteilung eines eingetretenen Fremdschadens i.S.d. &#167; 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nur solche Schadenspositionen herangezogen werden, die zivilrechtlich erstattungsf&#228;hig sind (vgl. dazu: Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 30. September 2010 zu III-3 RVs 72/10, zitiert nach juris Rn. 10 ff. m.w.N.). Die insoweit geltenden Grunds&#228;tze der Schadensberechnung sind demzufolge im Rahmen des &#167; 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu beachten.</p>\n      "
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