List view for cases

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    "file_number": "11 A 166/13",
    "date": "2014-07-03",
    "created_date": "2019-01-31T12:31:08Z",
    "updated_date": "2020-12-10T14:38:59Z",
    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2014:0703.11A166.13.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Das angefochtene Urteil wird ge&#228;ndert.</p>\n<p>Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 12.&#160;M&#228;rz 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 7. April 2011 verpflichtet, dem Kl&#228;ger einen Aufnahmebescheid zu erteilen.</p>\n<p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.</p>\n<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kl&#228;ger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher H&#246;he leistet.</p>\n<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">Tatbestand:</span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der am 8. Februar 1978 in der ehemaligen Sowjetunion (heute: Russische F&#246;deration) geborene Kl&#228;ger ist der Sohn des 1949 geborenen B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und der 1954 geborenen O.&#160;&#160;&#160; I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , geborene L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; . Der Vater des Kl&#228;gers ist in der am 15. M&#228;rz 1978 ausgestellten Geburtsurkunde des Kl&#228;gers mit deutscher und die Mutter mit russischer Nationalit&#228;t eingetragen. Die Geburtsurkunde ist mit einem Vermerk &#252;ber die Ausstellung eines Inlandspasses am 28. Juli 1995 mit der Seriennummer &#8222;X&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; versehen. In der Geburtsurkunde des Vaters des Kl&#228;gers sind dessen Eltern mit deutscher Nationalit&#228;t vermerkt. Die Eltern des Kl&#228;gers sind seit 1983 geschieden. In seinem am 1. April 2004 ausgestellten Inlandspass ist kein Nationalit&#228;tseintrag enthalten. Der Kl&#228;ger h&#228;lt sich mit seiner Ehefrau und seinem zweij&#228;hrigen Kind seit M&#228;rz oder April 2014 beruflich in U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; auf.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Am 25. Oktober 2006 beantragte der Kl&#228;ger die Erteilung eines Aufnahmebescheids nach dem Bundesvertriebenengesetz. Der Antrag war nicht unterzeichnet; ihm lag eine Herrn Q.&#160;&#160;&#160;&#160; T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , wohnhaft in G.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , erteilte Vollmacht bei. Der Kl&#228;ger legte eine Bescheinigung des F&#246;deralen Migrationsdienstes in Russland vom 10. Februar 2006 vor, wonach er in seinem ersten Inlandspass mit deutscher Nationalit&#228;t gef&#252;hrt worden sei. Im Antragsformular wurde zum beruflichen Werdegang u. a. vermerkt, der Kl&#228;ger habe von 1996 bis 1998 Milit&#228;rdienst im &#8222;Fern osten&#8220; geleistet. Nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsamt unterzeichnete der Bevollm&#228;chtigte des Kl&#228;gers unter dem 21. Februar 2007 den Aufnahmeantrag.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">In dem bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau durchgef&#252;hrten Sprachtest wurde festgestellt, dass mit dem Kl&#228;ger ein Gespr&#228;ch in deutscher Sprache trotz einiger M&#228;ngel m&#246;glich sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Durch Bescheid vom 12. M&#228;rz 2009 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 7. April 2011 zur&#252;ck. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte es im Wesentlichen aus: Ein durchgehendes Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum habe der Kl&#228;ger nicht nachgewiesen. Weder sein am 1. April 2004 ausgestellter Inlandspass noch der am 12. November 2007 &#8222;neu&#8220; ausgestellte Milit&#228;rpass enthielten einen Nationalit&#228;tseintrag. Gerade der Umstand, dass er im November 2007 ohne ersichtlichen Grund einen neuen Milit&#228;rausweis ohne Hinweis auf seine Nationalit&#228;t habe anfertigen lassen, indiziere ein nichtdeutsches Nationalit&#228;tsbekenntnis in seinem ersten Milit&#228;rpass und somit auch in seinem ersten Inlandspass. Die von dem Kl&#228;ger beigebrachte Bescheinigung des F&#246;deralen Migrationsdienstes in Russland vom 10. Februar 2006 mit der allgemeinen Aussage, er sei in seinem Inlandspass mit deutscher Nationalit&#228;t gef&#252;hrt worden, sei nicht als Nachweis f&#252;r sein Bekenntnis zum deutschen Volkstum zu betrachten. Dieses Schriftst&#252;ck sei schon deshalb kein tragf&#228;higes Beweismittel, weil sich der Inhalt nicht ausdr&#252;cklich mit Angabe der Seriennummer des betreffenden Dokuments auf den ersten Inlandspass des Kl&#228;gers beziehe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Am 19.&#160;April 2011 hat der Kl&#228;ger Klage erhoben. Er hat im Laufe des Klageverfahrens eine weitere Bescheinigung des F&#246;deralen Migrationsdienstes vom 16. August 2011 vorgelegt. In dieser hei&#223;t es, dass der Kl&#228;ger mit einem &#8222;Pass X&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;, ausgestellt am 28.07.1995&#8220; von der Verwaltung dokumentiert sei und er bei der Antragstellung die Nationalit&#228;t &#8222;Deutscher&#8220; auf der Grundlage der Geburtsurkunde gew&#228;hlt habe. Ferner hat er eine eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vorgelegt, wonach diese den ersten Inlandspass mit deutschem Nationalit&#228;tseintrag gesehen habe. Zur Begr&#252;ndung seiner Klage hat der Kl&#228;ger ausgef&#252;hrt, er habe sich stets zum deutschen Volkstum bekannt. Im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist er nicht erschienen. Der Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers, die w&#228;hrend einer Unterbrechung des Verhandlungstermins Kontakt mit dem Kl&#228;ger aufgenommen hat, hat der Kl&#228;ger fernm&#252;ndlich mitgeteilt: Der im Jahr 2007 ausgestellte Milit&#228;rpass sei tats&#228;chlich sein erster Milit&#228;rpass gewesen. Er habe eine Strafe zahlen m&#252;ssen, da er bis dahin ohne Milit&#228;rpass herumgelaufen sei. Er habe mit 18 Jahren einen Milit&#228;rpass beantragt, aber keinen erhalten. Es stimme auch nicht, dass er Milit&#228;rdienst geleistet habe. Die Angaben im Formular des Aufnahmeantrags seien insoweit falsch. Dies habe sein fr&#252;herer Bevollm&#228;chtigter, Herr T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , dort so eingetragen. Er selbst habe den Antrag nicht unterschrieben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger hat beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 12. M&#228;rz 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 7. April 2011 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid gem&#228;&#223; &#167;&#160;27 Abs.&#160;1 BVFG zu erteilen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">hilfsweise, f&#252;r den Fall der Klageabweisung, zum Beweis der Tatsache, dass er keinen Milit&#228;rdienst geleistet habe, ihn (pers&#246;nlich) anzuh&#246;ren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte hat beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und erg&#228;nzend ausgef&#252;hrt: Nach Recherchen im Internet werde die in der vorgelegten Bescheinigung aufgef&#252;hrte angebliche stellvertretende Leiterin der ausstellenden Beh&#246;rde (Frau A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ) dort nicht benannt. Im &#220;brigen sei weiterhin nicht ersichtlich, weshalb sich der Kl&#228;ger 2007 einen neuen Milit&#228;rpass habe ausstellen lassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 12.&#160;Dezember 2012 abgewiesen und zur Begr&#252;ndung im Wesentlichen ausgef&#252;hrt: Es best&#252;nden zun&#228;chst erhebliche Zweifel, ob sich der Kl&#228;ger durchg&#228;ngig nur zum deutschen Volkstum bekannt habe. Unabh&#228;ngig von der Frage des Bekenntnisses scheitere die Klage an der fehlenden famili&#228;ren Vermittlung der deutschen Sprache. Das Gericht habe nicht die &#220;berzeugung gewinnen k&#246;nnen, dass die vom Kl&#228;ger bei seiner Anh&#246;rung am 3. Januar 2007 gezeigten Deutschkenntnisse in der famili&#228;ren Vermittlung begr&#252;ndet seien.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Die vom Senat zugelassene Berufung begr&#252;ndet der Kl&#228;ger im Wesentlichen damit: Die Tatsache, dass er sich bereits in seinem ersten Inlandspass mit deutscher Nationalit&#228;t habe eintragen lassen, werde durch die Bescheinigung des F&#246;deralen Migrationsdienstes in Russland vom 16. August 2011 belegt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;ger beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">das angefochtene Urteil zu &#228;ndern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 12. M&#228;rz 2009 und seines Widerspruchsbescheides vom 7. April 2011 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">hilfsweise, Beweis zu erheben &#252;ber die Echtheit der Bescheinigungen vom 10. Februar 2006 und 16. August 2011 durch Anordnung der Apostillierung oder Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt die Beklagte aus: Sie habe nach wie vor Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der vom Kl&#228;ger vorgelegten Bescheinigung des F&#246;deralen Migrationsdienstes Russlands vom 16. August 2011 und damit am Nationalit&#228;tseintrag &#8222;Deutsch&#8220; im erstausgestellten Inlandspasses des Kl&#228;gers. Sie bestreite, dass der Kl&#228;ger seinen Wohnsitz in der Russischen F&#246;deration habe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorg&#228;nge der Beklagten Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">E n t s c h e i d u n g s g r &#252; n d e :</span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die zul&#228;ssige Berufung ist begr&#252;ndet. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 12. M&#228;rz 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kl&#228;ger in seinen Rechten (&#167;&#160;113 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 VwGO). Der Kl&#228;ger hat einen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Rechtsgrundlage f&#252;r die Erteilung des Aufnahmebescheids sind die &#167;&#167;&#160;26 und 27 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ma&#223;geblichen Fassung des am 14.&#160;September 2013 in Kraft getretenen Zehnten BVFG-&#196;nderungsgesetzes (BGBl. I S.&#160;3554).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. zur f&#252;r die Entscheidung ma&#223;geblichen Rechtslage BVerwG, Urteil vom 13.&#160;September 2007 &#8209;&#160;5&#160;C&#160;38.06&#160;&#8209;, BVerwGE 129, 265 (266), m.&#160;w. N., und Beschluss vom 27.&#160;November 2007 &#8209;&#160;5&#160;B&#160;83.06&#160;&#8209;, juris, Rdnr.&#160;4.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Sp&#228;taussiedler aus dem hier in Rede stehenden Aussiedlungsgebiet der ehemaligen Sowjetunion kann nach &#167;&#160;4 Abs.&#160;1 BVFG nur sein, wer deutscher Volkszugeh&#246;riger ist, die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat und zuvor zu bestimmten Zeiten, die hier nicht im Streit stehen, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte. Deutscher Volkszugeh&#246;riger ist nach &#167;&#160;6 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 BVFG, wer von einem deutschen Staatsangeh&#246;rigen oder deutschen Volkszugeh&#246;rigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalit&#228;tenerkl&#228;rung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalit&#228;t geh&#246;rt hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B&#160;1 des Gemeinsamen Europ&#228;ischen Referenzrahmens f&#252;r Sprachen oder durch den Nachweis famili&#228;r vermittelter Deutschkenntnisse er-bracht werden (&#167;&#160;6 Abs.&#160;2 Satz&#160;2 BVFG). Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss best&#228;tigt werden durch den Nachweis der F&#228;higkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbeh&#246;rdlichen Entscheidung &#252;ber den Aufnahmeantrag zumindest ein einfaches Gespr&#228;ch auf Deutsch f&#252;hren zu k&#246;nnen (&#167;&#160;6 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 BVFG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Voraussetzungen erf&#252;llt der Kl&#228;ger.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">1.&#160;Der Kl&#228;ger hat entgegen der von der Beklagten im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung vertretenen Auffassung zum gegenw&#228;rtigen Zeitpunkt einen Wohnsitz im Rechtssinn in den Aussiedlungsgebieten. Er hat diesen Wohnsitz nicht dadurch aufgegeben, dass er sich seit M&#228;rz oder April 2014 mit seiner Familie in U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; aufh&#228;lt und dort einer (selbstst&#228;ndigen) Arbeit nachgeht. Nach &#167; 7 Abs. 3 BGB wird der Wohnsitz aufgegeben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben. Allein das Bestehen etwa eines zeitlich befristeten Arbeitsvertrags mit Verl&#228;ngerungsoption erlaubt keinen verallgemeinerungsf&#228;higen R&#252;ckschluss auf das Vorliegen des Aufgabenwillens.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 - 5 B 87.12 -, juris, wonach der Begriff &#8222;Wohnsitz&#8220; im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes demjenigen des &#167; 7 BGB entspricht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">So verh&#228;lt es sich beim Kl&#228;ger. Allein aus seinem Aufenthalt aus beruflichen Gr&#252;nden seit ca. drei Monaten in U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; kann nicht geschlossen werden, er wolle seinen Wohnsitz in der Russischen F&#246;deration aufgeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">2.&#160;Der Kl&#228;ger ist auch deutscher Volkszugeh&#246;riger.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">a.&#160;Der Kl&#228;ger stammt von einem deutschen Volkszugeh&#246;rigen ab. In der im Jahr 1978 ausgestellten Geburtsurkunde des Kl&#228;gers ist sein Vater mit deutscher Nationalit&#228;t und in der Geburtsurkunde des Vaters aus dem Jahr 1949 sind dessen beide Elternteile mit deutscher Nationalit&#228;t eingetragen. Nach dem Ergebnis des am 3. Januar 2007 durchgef&#252;hrten Sprachtests kann der Kl&#228;ger trotz einiger M&#228;ngel ein einfaches Gespr&#228;ch auf Deutsch f&#252;hren. Diese Voraussetzungen des &#167; 6 Abs. 2 BVFG sind zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung vor dem Senat nur noch das Bekenntnis des Kl&#228;gers zum deutschen Volkstum bestritten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">b.&#160;Der Kl&#228;ger hat zur &#220;berzeugung des Senats (vgl. &#167; 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nachgewiesen, dass er ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum durch eine entsprechende Nationalit&#228;tenerkl&#228;rung abgegeben hat. Er war in seinem ersten, am 28. Juli 1995 ausgestellten Inlandspass mit der Seriennummer X&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit deutscher Nationalit&#228;t eingetragen. Diese Eintragung hat er durch die vorlegte Bescheinigung des &#8222;F&#246;rderalen Migrationsdienst Russlands Verwaltung des F&#246;deralen Migrationsdienstes Russlands in der Region L1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8220; vom 16. August 2011 und die Bescheinigung vom 10. Februar 2006 nachgewiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">An der Echtheit dieser Bescheinigungen bestehen keine Zweifel. Nach &#167; 98 VwGO i. V. m. &#167; 438 Abs. 1 ZPO hat das Gericht nach den Umst&#228;nden des Falles zu ermessen, ob eine Urkunde, die sich als von einer ausl&#228;ndischen Beh&#246;rde oder von einer mit &#246;ffentlichem Glauben versehenen Person des Auslandes errichtet darstellt, ohne n&#228;heren Nachweis als echt anzusehen ist. Nach den Umst&#228;nden des Einzelfalls spricht nichts gegen die fehlende Echtheit der vom Kl&#228;ger vorgelegten Bescheinigungen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Amtliche Ausk&#252;nfte sind zul&#228;ssige und selbstst&#228;ndige Beweismittel, die ohne f&#246;rmliches Beweisverfahren im Wege des Freibeweises verwertet werden k&#246;nnen und die das Gericht frei zu w&#252;rdigen hat. Ausl&#228;ndischen &#246;ffentlichen Urkunden kommt im Falle ihrer Echtheit dieselbe Beweiskraft (vgl. &#167;&#167;&#160;415, 418 ZPO) wie deutschen &#246;ffentlichen Urkunden zu.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. speziell f&#252;r das Vertriebenenrecht BVerwG, Beschluss vom 28.&#160;Juni 2010 -&#160;&#160;5&#160;B&#160;49.09&#160;-, NVwZ 2010, 1162 (1164).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">Vorgelegte Urkunden sind nur dann nicht beweisgeeignet, wenn konkrete Anhaltspunkte gegen die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit sprechen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.&#160;Juli 2010 &#8209;&#160;12&#160;A&#160;2971/08&#160;&#8209;, juris, Rdnr.&#160;8.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">Allerdings ist in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion die Beschaffung gef&#228;lschter oder inhaltlich unrichtiger Urkunden ohne weiteres m&#246;glich und h&#228;ufig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.&#160;Juli 2005 &#8209;&#160;2&#160;B&#160;51/05&#160;&#8209;, juris, Rdnr. 10, und vom 30.&#160;November 2009 &#8209;&#160;12&#160;A&#160;995/08&#160;&#8209;, juris, Rdnr.&#160;7.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben fehlt den vom Kl&#228;ger vorgelegten Bescheinigungen nicht die Beweiseignung. Denn Anhaltspunkte, die gegen die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit dieser Urkunden sprechen, gibt es nicht. Die Bescheinigung vom 16. August 2011 enth&#228;lt Angaben zur Seriennummer und zum Ausstellungsdatum des ersten Inlandspasses des Kl&#228;gers, die mit denen auf seiner vorgelegten Geburtsurkunde &#252;ber die Erteilung seines ersten Inlandspasses vermerkten Angaben identisch sind. Insofern mag dahinstehen, ob die Bescheinigung vom 10. Februar 2006, so wie die Beklagte meint, tats&#228;chlich &#8222;kein tragf&#228;higes Beweismittel&#8220; ist, weil sich aus dieser keine Angabe bez&#252;glich der Seriennummer des ersten Inlandspasses ergebe. Jedenfalls bestehen aber entgegen der Auffassung der Beklagten keine Zweifel hinsichtlich der Echtheit dieser Bescheinigungen vom 16. August 2011 und vom 10. Februar 2006.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">In der Russischen F&#246;deration sind seit 2006 der F&#246;derale Migrationsdienst bzw. dessen territoriale Abteilungen zust&#228;ndig f&#252;r die Ausstellung von Inlandsp&#228;ssen. Alle in Russland wohnhaften russischen B&#252;rger sind verpflichtet, ab dem 14. Lebensjahr einen Inlandspass zu besitzen. Er ist bis zum 20. und bis zum 45. Lebensjahr des Inhabers g&#252;ltig, muss also zweimal ersetzt werden. Ab dem 45. Lebensjahr bleibt er unbeschr&#228;nkt g&#252;ltig. Seit 1. Juli 2011 stellen die Beh&#246;rden ein neues Modell des Inlandspasses aus. Die &#228;lteren Modelle sind nach wie vor g&#252;ltig. Der Sowjetpass galt in Russland noch bis Juli 2004 als g&#252;ltiges Identit&#228;tspapier. Ein neuer Inlandspass wird erst ausgestellt, wenn der Inhaber das 20. bzw. 45 Lebensjahr erreicht, den Namen &#228;ndert oder wenn das Dokument abgenutzt oder abhanden gekommen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgen&#246;ssisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Bundesamt f&#252;r Migration BFM, Bern Wabern vom 6. Februar 2012, Focus Russland, Ausweise und Ausreise, S. 6 f. und 9, <span style=\"text-decoration:underline\">www.ejpd.admin.ch</span>.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\">Die im Antrag auf Ausstellung eines Passes (Formular 1 P) gemachten Angaben geh&#246;ren zu den pers&#246;nlichen Daten. Gem&#228;&#223; Art. 21 Ziffer des F&#246;deralen Gesetzes Nr. 152-FS &#8222;&#220;ber pers&#246;nliche Daten&#8220; vom 27. Juli 2006 werden Antr&#228;ge auf das Ausstellen eines Passes f&#252;r die Geltungsdauer des Passes aufbewahrt, &#8222;wonach sie vernichtet werden&#8220;.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Auskunft des Ministeriums f&#252;r Ausw&#228;rtige Angelegenheiten der Russischen F&#246;deration Nr. 42498/kd an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 4. Oktober 2010.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Ausgehend hiervon bestehen keine Zweifel an der Echtheit der dem Kl&#228;ger ausgestellten Bescheinigungen. Die Bescheinigungen sind jeweils vom F&#246;deralen Migrationsdienst bzw. dessen Abteilung in der Stadt L1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ausgestellt worden, also von der f&#252;r den dort wohnhaften Kl&#228;ger zust&#228;ndigen Passbeh&#246;rde. Der Umstand, dass die Antragsunterlagen nach dem F&#246;deralen Gesetz vom 27. Juli 2006 nach Ablauf der Geltungsdauer des Inlandspasses vernichtet werden, spricht nicht gegen die Echtheit der Bescheinigungen. Dem Kl&#228;ger ist am 1. April 2004 ein neuer Inlandspass ausgestellt worden. Dieser Pass ist, da der Kl&#228;ger das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und es keine Anhaltspunkte f&#252;r eine zwischenzeitliche Neuausstellung gibt, immer noch g&#252;ltig. Eine Vernichtung seiner Passantragsunterlagen kann deshalb noch nicht, jedenfalls nicht auf der Grundlage des F&#246;deralen Gesetzes vom 27. Juli 2006, erfolgt sein. Denn danach werden die Antragsunterlagen f&#252;r die Geltungsdauer des Passes aufbewahrt und erst danach bei Neuausstellung eines Inlandspasses vernichtet. Als sein Inlandspass im Jahr 2004 ausgestellt wurde, galt dieses Gesetz noch nicht, sodass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Inlandspasses keine Veranlassung zur Vernichtung seiner Antragsunterlagen aus dem Jahr 1995 bestand. Deshalb ist auch plausibel, dass die zust&#228;ndige Passbeh&#246;rde immer noch die Eintragungen in seinen Antragsunterlagen betreffend seinen ersten Inlandspass best&#228;tigen kann.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">Auch ansonsten ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte, die gegen die Echtheit der Bescheinigungen sprechen. Der von der Beklagten behauptete Umstand, nach ihren Recherchen im Internet werde die in der Bescheinigung vom 16. August 2011 aufgef&#252;hrte stellvertretende Leiterin der ausstellenden Beh&#246;rde dort nicht benannt, ist jedenfalls kein ausreichendes Indiz, die Echtheit dieser Bescheinigung in Frage zu stellen. Schlie&#223;lich ist nicht auszuschlie&#223;en, dass die benannte stellvertretende Leiterin zum Zeitpunkt der Internetrecherche des Vertreters der Beklagten nicht mehr bei der Beh&#246;rde besch&#228;ftigt war. Abgesehen davon kann die Recherche mangels Beleg &#252;ber ihr Ergebnis nicht &#252;berpr&#252;ft werden. Insofern und mit Blick darauf, dass es aus Sicht des Senats keine F&#228;lschungsmerkmale in Bezug auf diese Bescheinigung oder die Bescheinigung vom 10. Februar 2006 gibt, sieht sich der Senat nicht veranlasst, diesbez&#252;glich weitere Ermittlungen anzustellen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">Auch die Tatsache, dass sich der Kl&#228;ger im Jahr 2007 einen neuen Milit&#228;rpass (ohne Nationalit&#228;tseintrag) hat ausstellen lassen, ist kein Indiz f&#252;r die fehlende Echtheit der Bescheinigungen. Anhaltspunkte f&#252;r eine F&#228;lschung dieser ausl&#228;ndischen Urkunde im Sinne des &#167; 438 ZPO gibt es nicht und sind auch von der Beklagten nicht benannt. Den Widerspruch zwischen den Angaben des Kl&#228;gers im Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids, wonach er von 1996 bis 1998 Milit&#228;rdienst im &#8222;Fern osten&#8220; geleistet habe, und den Angaben im Milit&#228;rausweis, er habe nicht gedient, hat er durch die Erkl&#228;rung ausger&#228;umt, sein Bevollm&#228;chtigter, der in Deutschland wohnt, habe die Angaben im Antrag gemacht hat, er selbst habe diesen Antrag aber nicht unterschrieben. Abgesehen davon enth&#228;lt auch das im Verwaltungsverfahren vorgelegte Arbeitsbuch des Kl&#228;gers keinen Hinweis darauf, dass er in der Zeit von 1996 bis 1998 Milit&#228;rdienst geleistet hat. Aber selbst wenn der Kl&#228;ger die unzutreffenden Angaben &#252;ber seinen Milit&#228;rdienst gekannt oder gar selbst veranlasst haben sollte, kann daraus entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Schluss gezogen werden, die vom Kl&#228;ger vorgelegten Bescheinigungen seien gef&#228;lscht. Ma&#223;gebend f&#252;r die W&#252;rdigung dieser ausl&#228;ndischen Urkunden sind alle Umst&#228;nde des Einzelfalls, die hier - wie oben angef&#252;hrt - nicht gegen deren Echtheit sprechen, und nicht etwa die Ber&#252;cksichtigung des der Beklagten offenbar vorschwebenden sprichw&#246;rtlichen Grundsatzes &#8222;Wer einmal l&#252;gt, dem glaubt man nicht&#8220;, der im &#220;brigen im Prozessrecht auch keine St&#252;tze findet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#160;154 Abs.&#160;1 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">Der Ausspruch &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den &#167;&#167;&#160;167 VwGO, 708 Nr.&#160;10, 711 Satz&#160;1 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des &#167;&#160;132 Abs.&#160;2 VwGO nicht vorliegen.</p>\n      "
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