List view for cases

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    "file_number": "19 Qs 49/16",
    "date": "2016-09-13",
    "created_date": "2019-02-10T12:44:31Z",
    "updated_date": "2022-10-18T13:48:12Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten K. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 10.08.2016 - Az. 6 (16) Cs 93 Js 13969/15 - wird</p>\n    <p/>\n    <p style=\"text-align:center\"><strong>als unbegr&#252;ndet verworfen</strong>.</p>\n    <p/>\n    <p>2. Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.</p>\n\n<h2>GrĂ¼nde</h2>\n\n<table><tr><td>&#160;</td><td>    <table width=\"100%\"><tr><td style=\"text-align:center\">I.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>1&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"1\"/>Das Amtsgericht Stuttgart verh&#228;ngte gegen den Beschwerdef&#252;hrer mit Strafbefehl vom 18.02.2015 die Geldstrafe von 60 Tagess&#228;tzen zu 10 EUR wegen Diebstahls. Mit Beschluss vom 31.03.2015 bildete das Amtsgericht Stuttgart hieraus unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 30 Tagess&#228;tzen zu 10 EUR aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Waiblingen vom 09.02.2015 - Az. 5 Cs 93 Js 10079/15 - eine Gesamtgeldstrafe in H&#246;he von 75 Tagess&#228;tzen zu 10 EUR. Die Zustellung des Strafbefehls und des Beschlusses vom 31.03.2015 erfolgte jeweils an die Adresse des Beschwerdef&#252;hrers, &#8230;, einer Unterkunft f&#252;r Asylbewerber. &#220;bersetzungen der Entscheidungen oder der Rechtsmittelbelehrungen in eine dem Beschwerdef&#252;hrer gel&#228;ufigen Sprache waren jeweils nicht beigef&#252;gt. Die Beschuldigtenbelehrung im Verfahren 16 Cs 93 Js 13969/15 war in georgischer Sprache erfolgt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>2&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"2\"/>Seit dem 10.01.2016 befindet sich der Beschwerdef&#252;hrer in der JVA Stuttgart, zun&#228;chst in Untersuchungshaft in anderer Sache. Hiernach wurden Ersatzfreiheitsstrafen aus verschiedenen Strafbefehlen vollstreckt (der Beschwerdef&#252;hrer ist ausweislich des Bundeszentralregisters zwischen Februar und Juli 2015 insgesamt sechs Mal verurteilt worden, f&#252;nf Mal davon wegen Diebstahls) und anschlie&#223;end von 12.02. bis 19.04.2016 die Gesamtgeldstrafe in vorliegender Sache. Die ausstehenden Ersatzfreiheitsstrafen werden nach heutigem Stand am 14.03.2017 vollst&#228;ndig verb&#252;&#223;t sein.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>3&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"3\"/>Mit Schriftsatz seines Anwalts vom 28.06.2016, per Telefax am gleichen Tage beim Amtsgericht Stuttgart eingegangen, erhob der Beschwerdef&#252;hrer Einspruch gegen den Strafbefehl vom 19.02.2015 und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Vers&#228;umung der Beschwerdefrist. Der Beschuldigte trug vor, er spreche ausschlie&#223;lich georgisch. Der Strafbefehl sei an ihn ausschlie&#223;lich in deutscher Sprache zugestellt worden. Nach &#167; 187 Abs. 2 S. 1 GVG sei in der Regel die &#220;bersetzung des Strafbefehls erforderlich. Daher habe die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begonnen. Mit Beschluss vom 10.08.2016 lehnte das Amtsgericht Stuttgart den Wiedereinsetzungsantrag ab und verwarf den Einspruch des Beschwerdef&#252;hrers als unzul&#228;ssig, weil versp&#228;tet. Der Beschwerdef&#252;hrer sei am 22.01.2015 auf frischer Tat betroffen worden, sodass es ihm zu diesem Zeitpunkt schon h&#228;tte klar sein m&#252;ssen, dass er mit Schriftst&#252;cken von Seiten der Strafverfolgungsbeh&#246;rden zu rechnen habe. Der Strafbefehl sei ihm schon am 20.02.2015 zugegangen; darin sei die H&#246;he der Geldstrafe in Zahlen angegeben und per Fettdruck hervorgehoben gewesen. Dennoch habe er keine Schritte unternommen, um den genauen Inhalt des Schriftst&#252;cks in Erfahrung zu bringen. Gleiches gelte f&#252;r den Gesamtstrafenbeschluss. Sp&#228;testens zu Beginn der Haft h&#228;tte sich ihm erschlie&#223;en m&#252;ssen, dass es in der Vergangenheit f&#252;r ihn ung&#252;nstige Beh&#246;rdenpost gegeben haben musste. Weiterhin sei die Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses im Sinne des &#167; 45 StPO nicht eingehalten worden. Schlie&#223;lich habe der Verurteilte nicht glaubhaft gemacht, weshalb er gerade in der Woche vor der Antragstellung Kenntnis von dem gegen ihn ergangenen Strafbefehl erhalten haben wolle.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>4&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"4\"/>Gegen diesen dem Verteidiger am 16.08.2016 zugegangenen Beschluss hat der Betroffene durch Schriftsatz seines Verteidigers, dem Amtsgericht zugegangen am 18.08.2016, sofortige Beschwerde erhoben und zu deren Begr&#252;ndung darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Landgerichts Stuttgart (NStZ-RR 2014, 216) auch Strafbefehle einem sprachunkundigen Angeklagten in seine Muttersprache zu &#252;bersetzen seien. Da dies nicht geschehen sei, sei die Zustellung unwirksam und daher der Lauf der Einspruchsfrist nicht ausgel&#246;st worden.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    <table width=\"100%\"><tr><td style=\"text-align:center\">II.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>5&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"5\"/>Die zul&#228;ssige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde des Verurteilten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kammer teilt nicht die Auffassung, dass eine entgegen &#167; 187 Abs. 2 S. 1 GVG unterbliebene &#220;bersetzung eines Strafbefehls zwingend zur Unwirksamkeit der Zustellung f&#252;hrt. Zudem hat das Amtsgericht in der Folge zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>6&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"6\"/>1. Gem&#228;&#223; &#167; 187 Abs. 2 S. 1 GVG ist zur Aus&#252;bung der strafprozessualen Rechte eines Beschuldigten in der Regel erforderlich, ihm eine schriftliche &#220;bersetzung auch eines gegen ihn ergangenen Strafbefehls zur Verf&#252;gung zu stellen. Dies hat gem&#228;&#223; Satz 3 unverz&#252;glich zu geschehen. Welche formell-rechtlichen Folgen ein - hier unstreitig vorliegender - Versto&#223; gegen diese Vorschrift hat, wird allerdings weder von &#167; 187 GVG noch an anderer Stelle des Gesetzes geregelt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>7&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"7\"/>2. &#167; 37 Abs. 3 StPO schreibt vor, dass ein Urteil zusammen mit einer &#220;bersetzung zuzustellen ist, wenn einem Prozessbeteiligten gem&#228;&#223; &#167; 187 Abs. 1 und 2 GVG eine solche &#220;bersetzung zur Verf&#252;gung zu stellen ist.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>8&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"8\"/>Uneinigkeit besteht dar&#252;ber, ob diese Norm auch auf die Zustellung von Strafbefehlen anzuwenden ist. W&#228;hrend dies vom Landgericht Stuttgart sowie vom Landgericht Gie&#223;en (StraFo 2015, 243) in der Vergangenheit bef&#252;rwortet wurde, ist das Landgericht Ravensburg (NStZ-RR 2015, 219) dem entgegengetreten. Auch in der Kommentierung von Schmitt (Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. (2016), &#167; 37 Rn. 30) wird eine solche Auslegung der Norm verworfen.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>9&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"9\"/>Nach Auffassung der Kammer ist &#167; 37 Abs. 3 StPO nicht auf das Strafbefehlsverfahren anwendbar. Der Strafbefehl ist eine andere Entscheidungsform als das Urteil. Dem Schutzzweck des &#167; 187 GVG und damit auch den Geboten des rechtlichen Geh&#246;rs, Art. 103 Abs. 1 GG, und des fairen Verfahrens, Art. 6 Abs. 1 EMRK, kann in derartigen F&#228;llen auch durch das Wiedereinsetzungsverfahren gem&#228;&#223; &#167;&#167; 44 ff. StPO ausreichend Rechnung getragen werden.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>10&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"10\"/>a. &#167; 37 Abs. 3 StPO verlangt die Zustellung der &#220;bersetzung des Urteils. Den Strafbefehl nennt diese Norm nicht. Dar&#252;ber kann nicht einfach mit dem Hinweis auf &#167; 410 Abs. 3 StPO hinweggegangen werden. Danach steht zwar ein Strafbefehl, gegen den nicht rechtzeitig Einspruch erhoben wurde, einem rechtskr&#228;ftigen Urteil gleich. Diese Formulierung verdeutlicht aber gerade auch, dass ein Strafbefehl im Grundsatz etwas anderes ist als ein Urteil und dass die Gleichstellung beider Entscheidungsformen nur unter bestimmten Bedingungen eintritt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>11&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"11\"/>Ebenso ist &#167; 410 Abs. 3 StPO nicht der treffende systematische Bezugspunkt. Hierzu ist vielmehr auf &#167; 187 GVG zur&#252;ckzugreifen, bei dessen &#196;nderung durch das Gesetz vom 02.07.2013 (BGBl. I, S. 1938) zugleich der dritte Absatz neu in &#167; 37 StPO eingef&#252;gt wurde. Ein Vergleich beider Regelungen zeigt, dass in &#167; 187 Abs. 2 GVG nicht nur von Urteilen oder allgemein von Entscheidungen die Rede ist. Die Norm nennt vielmehr ausdr&#252;cklich freiheitsentziehende Anordnungen, Anklageschriften, Strafbefehle und nicht rechtskr&#228;ftige Urteile. Diese Differenzierung spricht daf&#252;r, die Erw&#228;hnung (lediglich) von Urteilen in &#167; 37 Abs. 3 StPO als eine Begrenzung der dortigen Anordnung auf genau diese Entscheidungsform zu verstehen. Denn Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Gesetzgeber den Begriff des Urteils in &#167; 37 Abs. 3 StPO weitergehend h&#228;tte verstehen wollen als in &#167; 187 GVG, ergeben sich weder aus der Norm selbst noch aus der Gesetzesbegr&#252;ndung. Auch diese (BT-DS 17/12578, S. 14) besch&#228;ftigt sich allein mit Urteils&#252;bersetzungen. Die Regelung in &#167; 37 Abs. 3 StPO wird dort nicht ausdr&#252;cklich mit dem Strafbefehlsverfahren in Verbindung gebracht. Zudem belegt die Gesetzesbegr&#252;ndung auch das schon aus der Systematik des &#167; 37 Abs. 3 StPO erkennbare Abstellen gerade auf Urteile. Satz 2 bezieht sich n&#228;mlich auf die Zustellung an sonstige Prozessbeteiligte. Nach der Gesetzesbegr&#252;ndung dient dies dem Gleichlauf der Rechtsmittelbegr&#252;ndungsfrist f&#252;r s&#228;mtliche Prozessbeteiligte. Eine solche Frist sehen die &#167;&#167; 407 ff. StPO f&#252;r das Strafbefehlsverfahren aber nicht vor.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>12&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"12\"/>b. Weder der Schutzzweck der Norm noch verfassungs- oder europarechtliche Gesichtspunkte erzwingen eine Einbeziehung von Strafbefehlen in den Anwendungsbereich des &#167; 37 Abs. 3 StPO.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>13&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"13\"/>aa. Bereits vor der Neufassung des &#167; 187 GVG und der Einf&#252;gung des &#167; 37 Abs. 3 StPO war verfassungsrechtlich gekl&#228;rt, wie bei der Zustellung von Strafbefehlen an Beschuldigte zu verfahren ist, die der deutschen Sprache nicht oder nicht ausreichend m&#228;chtig sind. Das BVerfG hat hierzu entschieden, dass einem sprachunkundigen Ausl&#228;nder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mit der Begr&#252;ndung versagt werden darf, er habe sich nicht rechtzeitig genug um einen Dolmetscher bem&#252;ht (BVerfGE 40, 95 (100)). Dies bedeutet aber nicht, dass unzureichende Sprachkenntnisse einen Ausl&#228;nder s&#228;mtlicher Sorgfaltspflichten in der Wahrnehmung seiner Rechte entheben. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand greift in die Rechtskraft ein. Das Verfahren dr&#228;ngt deshalb auf Beschleunigung, damit die Ungewissheit &#252;ber die Rechtsbest&#228;ndigkeit der erlassenen Entscheidung m&#246;glichst bald beseitigt wird (BVerfGE 42, 120).</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>14&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"14\"/>Dies gilt sogar noch deutlicher f&#252;r den Fall, dass der Lauf der Einspruchsfrist selbst gar nicht erst ausgel&#246;st werden soll. Der Gesetzesbegr&#252;ndung ist nicht zu entnehmen, dass diese Rechtsprechung zugunsten strengerer Voraussetzungen f&#252;r den Beginn der Einspruchsfrist &#252;berwunden werden sollte. Die L&#246;sung dieses Problems durch das Wiedereinsetzungsverfahren &#252;berzeugt schlie&#223;lich auch deshalb, weil f&#252;r den Fall des ersten Zugangs zum Gericht keine &#252;berspannten Anforderungen an die Darlegungen zu den Wiedereinsetzungsgr&#252;nden gestellt werden d&#252;rfen (st. Rspr., BVerfGE 38, 35).</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>15&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"15\"/>bb. Auch die weiteren hiergegen erhobenen Einw&#228;nde greifen nicht durch.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>16&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"16\"/>(1) Ein Versto&#223; gegen Art. 3 Abs. 3 GG im Hinblick auf das Merkmal &#8222;Sprache&#8220; liegt nicht vor. Denn die Verpflichtung, Verfahrensbeteiligten, die nicht der deutschen Sprache m&#228;chtig sind, Schriftst&#252;cke in einer ihnen verst&#228;ndlichen Sprache zug&#228;nglich zu machen, ist von &#167; 187 Abs. 1 und 2 GVG festgeschrieben. Sie wird von einer am Wortlaut orientierte Auslegung des &#167; 37 Abs. 3 StPO in keiner Weise eingeschr&#228;nkt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>17&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"17\"/>Dadurch, dass vom Beschuldigten verlangt wird, binnen einer Woche nach Kenntnis vom Charakter des ihm zugegangenen Schriftst&#252;cks (und nicht etwa schon nach dessen Erhalt!) m&#246;gliche Rechtsbehelfe einschlie&#223;lich eines Wiedereinsetzungsgesuchs in Anspruch zu nehmen, werden an ihn auch keine &#252;berzogenen Anforderungen gestellt. Weder Art. 19 Abs. 4 noch Art. 103 Abs. 1 GG erfordern dies. Denn diese Rechtsschutzgarantien sch&#252;tzen nicht denjenigen, der der Wahrnehmung seiner Rechte mit vermeidbarer Gleichg&#252;ltigkeit gegen&#252;bersteht (BVerfGE 42, 120 (127)). Wollte man jemanden allein aufgrund fehlender Sprachkenntnisse von dieser Anforderung befreien, so w&#228;re das &#252;berdies unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 3 GG zu problematisieren. Denn darin k&#246;nnte eine verbotene Bevorzugung aufgrund fehlender Deutschkenntnisse liegen.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>18&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"18\"/>(2) Die Richtlinie 2010/64/EU schreibt in Art. 3 Abs. 1 vor, dass verd&#228;chtige oder beschuldigte Personen in angemessener Frist eine &#220;bersetzung s&#228;mtlicher Unterlagen erhalten, die wesentlich sind, um zu gew&#228;hrleisten, dass sie ihre Verteidigungsrechte wahrnehmen k&#246;nnen und um ein faires Verfahren zu sichern. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie konkretisiert dies auf &#8222;jegliche Anordnung einer Freiheitsentziehung, jegliche Anklageschrift und jegliches Urteil&#8220;. Weder in Art. 3 noch an anderer Stelle der Richtlinie findet sich freilich die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, in ihren nationalen Rechtsordnungen zu normieren, dass das Fehlen einer &#220;bersetzung zwingend dazu f&#252;hren m&#252;sste, dass Rechtsbehelfsfristen nicht zu laufen beginnen.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>19&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"19\"/>Der EuGH hat im Urteil vom 15.10.2015 - C-216/14 - (juris, Rz. 41) das Strafbefehlsverfahren als ein &#8222;Verfahren sui generis&#8220; eingestuft. Das zeigt, dass auch mit Blick auf die Richtlinie 2010/54/EU eine Differenzierung zwischen dem gew&#246;hnlichen Erkenntnis- und dem Strafbefehlsverfahren zul&#228;ssig ist. Dar&#252;ber hinaus hat der EuGH im selben Urteil entschieden, dass es die M&#246;glichkeit der Vorbereitung der Verteidigung wie auch die Vermeidung jeglicher Diskriminierung erfordere, dass der Beschuldigte &#252;ber die volle Rechtsmittelfrist verf&#252;ge. Nach der Rechtsauffassung des EuGH ist dies gew&#228;hrleistet, wenn die Einspruchsfrist ab dem Zeitpunkt l&#228;uft, zu dem der Beschuldigte von dem Strafbefehl, der die Unterrichtung &#252;ber den Tatvorwurf enth&#228;lt, tats&#228;chlich Kenntnis hatte (ebd., Rz. 65 f.). Das kann durch das Wiedereinsetzungsverfahren gew&#228;hrleistet werden. Damit besteht aber auch unionsrechtlich kein zwingender Grund daf&#252;r, die Einspruchsm&#246;glichkeit durch eine entsprechende Anwendung des &#167; 37 Abs. 3 StPO theoretisch endlos zu verl&#228;ngern.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>20&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"20\"/>F&#252;r eine Regelungsabsicht des Gesetzgebers, ein &#252;ber die Vorgaben der Richtlinie 2010/64/EU hinausgehendes Schutzniveau zu schaffen, findet sich schlie&#223;lich - wie bereits zuvor erw&#228;hnt - in den Gesetzgebungsmaterialien nichts.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>21&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"21\"/>(3) Schlie&#223;lich besteht kein Widerspruch zu den prozessualen Gew&#228;hrleistungen in Art. 6 Abs. 3 EMRK. Danach hat jede angeklagte Person das Recht, innerhalb m&#246;glichst kurzer Frist in einer ihr verst&#228;ndlichen Sprache in allen Einzelheiten &#252;ber Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden (Buchstabe a) und zudem unentgeltliche Unterst&#252;tzung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht (Buchstabe e). Danach sind Gerichtsentscheidungen, die in Abwesenheit ergangen sind, einer Person, die die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit schriftlicher &#220;bersetzung in einer ihr verst&#228;ndlichen Sprache bekanntzumachen (Schmitt a. a. O., Art. 6 MRK Rn. 27). Dies gilt auch f&#252;r den Strafbefehl (Schmitt, a. a. O., Art. 6 Rn. 18 mit Verweis auf LG M&#252;nchen II in NJW 1972, 405). Auch hier ist aber zu sehen, dass diese Verpflichtung durch &#167; 187 Abs. 1 und 2 GVG Bestandteil des nationalen Rechts ist. Doch weder aus den konkreten Gew&#228;hrleistungen des Art. 6 Abs 3 EMRK noch gar aus dem Gebot des fairen Verfahrens, Art. 6 Abs. 1 EMRK, l&#228;sst sich herleiten, dass diese rechtsstaatlichen Garantien eine Anwendung des &#167; 37 Abs. 3 StPO auf das Strafbefehlsverfahren unerl&#228;sslich machen.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>22&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"22\"/>3. Damit hat vorliegend die Einspruchsfrist mit Zustellung des Strafbefehls am 31.03.2015 - die gem&#228;&#223; &#167; 37 StPO i. V. m. &#167; 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zul&#228;ssiger Weise an den Leiter der Asylbewerberunterkunft erfolgte - zu laufen begonnen. Die Einlegung des Einspruchs am 28.06.2016 war deshalb versp&#228;tet.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>23&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"23\"/>4. Dem Beschwerdef&#252;hrer ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gew&#228;hren. Denn entgegen &#167; 45 Abs. 2 StPO sind keine Tatsachen vorgetragen, die eine schuldlose Vers&#228;umung der Einspruchsfrist belegen k&#246;nnten. Aufgrund des Akteninhalts ist nachzuvollziehen, dass der Beschwerdef&#252;hrer die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, um den Inhalt des ihm zugegangenen Schriftst&#252;cks zu verstehen. Der Schriftsatz des Verteidigers vom 28.06.2016 wie auch der Schriftsatz zur Rechtsmitteleinlegung vom 18.08.2016 enthalten beide freilich keine Angaben dar&#252;ber, wann der Beschwerdef&#252;hrer davon erfahren hat, dass es sich bei dem Schriftst&#252;ck im vorigen Verfahren um einen Strafbefehl gehandelt hat. Nur hierdurch w&#228;re es m&#246;glich, die Einhaltung der Wochenfrist nach &#167; 45 Abs. 1 StPO zu pr&#252;fen. Auf diese Umst&#228;nde wurde der Beschwerdef&#252;hrer in der Begr&#252;ndung des angefochtenen Beschlusses ausdr&#252;cklich hingewiesen. Eine Erg&#228;nzung des Vortrags zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand h&#228;tte auch im Verfahren &#252;ber die sofortige Beschwerde erfolgen k&#246;nnen (Schmitt, a.a.O., &#167; 45 StPO Rn. 5). Damit wurde dem Beschwerdef&#252;hrer gem&#228;&#223; Art. 103 Abs. 1 GG auch zu dieser Frage rechtliches Geh&#246;r gew&#228;hrt.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    <table width=\"100%\"><tr><td style=\"text-align:center\">III.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>24&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"24\"/>Die Kostenentscheidung ergibt sich aus &#167; 473 Abs. 1 StPO.</td></tr></table>\n    <table><tr><td/></tr></table>\n    </td></tr><tr><td valign=\"top\"><table><tr><td>25&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr=\"25\"/>Diese Entscheidung ist unanfechtbar gem&#228;&#223; &#167; 310 Abs. 2 StPO.</td></tr></table>\n</td></tr></table>"
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