List view for cases

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    "date": "2014-03-18",
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    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:SGAC:2014:0318.S13EG2.14BG.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird zugelassen.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">Tatbestand:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Streitig ist ein Anspruch auf Betreuungsgeld für das am 26.08.2011 geborene Kind der Klägerin in Höhe von monatlich 300,00 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 bis 25.08.2014.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die 0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Kindern. Diese sind am 16.01.2003, 04.06.2004, 21.12.2007 und 26.08.2011 geboren. Die Klägerin lebt mit den vier Kindern im streitigen Anspruchszeitraum in einem Haushalt und erzieht sie. Die Eltern nehmen keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung (Kindertageseinrichtung, Tagesmutter oder –vater) in Anspruch. Sie haben auch keinen Anspruch auf eine dem Elterngeld oder dem Betreuungsgeld vergleichbare Leistung. Das Gesamteinkommen der Klägerin und ihres Ehemannes hat im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes, für das Betreuungsgeld begehrt wird, also im Jahre 2010 den Betrag von 500.000,00 EUR nicht überschritten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Am 28.10.2013 beantragte die Klägerin Betreuungsgeld für den 15. bis 36. Lebensmonat des am 26.08.2011 geborenen (vierten) Kindes.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 29.10.2013 ab mit der Begründung, Betreuungsgeld werde nicht für vor dem 01.08.2012 geborene Kinder gewährt; das zu betreuende Kind sei aber bereits am 26.08.2011 geboren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Dagegen legte die Klägerin am 05.11.2013 Widerspruch ein. Sie beantragte, ihr ein monatliches Betreuungsgeld von 300,00 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Betreuungsgeldgesetzes) bis zum 25.08.2014 (Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes) zu zahlen. Sie vertrat die Auffassung, die Übergangsregelung in § 27 Abs. 3 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) verstoße ebenso gegen die Verfassung wie die in § 4b BEEG bestimmte Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR bzw. von 100,00 EUR gem. § 27 Abs. 3 Satz 2 BEEG für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 13.01.2014 Klage erhoben. Sie meint, die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG); die Ungleichbehandlung von Eltern, deren Kinder vor dem 01.08.2012 geboren sind, gegenüber denjenigen, deren Kinder nach diesem Stichtag geboren sind, sei sachlich nicht gerechtfertigt und unvertretbar. Desweiteren ist die Klägerin der Auffassung, die Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR pro Monat stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten, die ein öffentlich geförderter Betreuungsplatz verursache; der Betreuungsgeldbetrag bleibe in eklatanter Weise hinter der Förderung bei Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung zurück. Zwischen \"selbst- und fremdbetreuenden Eltern\" – gemeint ist wohl: \"zwischen Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, und Eltern, die ihr Kind von Fremden betreuen lassen\" – bestünden keine derart gewichtigen Unterschiede, die diese Diskrepanz rechtfertigen könnten; dies sei ein Verstoß gegen Artikel 3 GG. Die Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR sei im Verhältnis zum Arbeitsaufwand und -einsatz, den die Betreuung und Erziehung eines Kindes erforderten, viel zu gering, um eine angemessene oder irgendwie spürbare Familienförderung zu gewährleisten. Die Klägerin stellt die These auf: \"Niemand betreut sein Kind zuhause, um das Betreuungsgeld zu realisieren.\" Sie folgert daraus, dass dem Betreuungsgeld insoweit keine Lenkungsfunktion zukomme. Die familiäre Wertentscheidung, sein Kind zuhause zu betreuen, verdiene letztlich dieselbe Würdigung und Förderung wie die Entscheidung, sein Kind fremd betreuen zu lassen; daher verstoße die Höhe des Betreuungsgeldes auch gegen Artikel 6 GG. In verfassungskonformer Auslegung des § 4b BEEG müsse – entsprechend der Höhe des Mindestelterngeldes – das Betreuungsgeld mindestens 300,00 EUR pro Monat betragen. Deshalb – so die Klägerin – verstoße die Regelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG, wonach für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014 das Betreuungsgeld nur 100,00 EUR pro Monat betrage, erst recht gegen die Artikel 3 und 6 GG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin beantragt dem Sinne ihres schriftsätzlichen Vorbringens nach,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.10.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.08.2013 bis 25.08.2014 für die Betreuung ihres am 26.08.2011 geborenen Kindes Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR zu zahlen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, ob § 4b, § 27 Abs. 3 Satz 1 und/oder § 27 Abs. 3 Satz 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung des Artikel 1 Nr. 3 und Nr. 17 Buchstabe b) des Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254) gegen das Grundgesetz verstoßen und verfassungswidrig sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Er teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht. Er meint, das Betreuungsgeld honoriere die Leistung der Eltern, die für ihr Kind keine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch nähmen; dagegen handele es sich beim Elterngeld um eine Lohnersatzleistung; Betreuungsgeld und Elterngeld seien daher nicht vergleichbar. Ebenso sei ein Vergleich zwischen der Höhe des Betreuungsgeldes und der Höhe der Aufwendungen für öffentliche Kindertagesbetreuung nicht sachgerecht; das Betreuungsgeld werde aus Bundesmitteln gezahlt, die Aufwendungen für öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung aus Landesmitteln, Trägermitteln, Jugendhilfemitteln und Beiträgen der Eltern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Entscheidungsgründe:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Betreuungsgeld nach dem Zweiten Abschnitt des BEEG in Höhe von monatlich 300,00 EUR, da das Kind, von dem sie den Anspruch herleitet, vor dem 01.08.2012 – nämlich bereits am 26.08.2011 – geboren ist (und im Übrigen die Höhe des Betreuungsgeldes für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014 auf monatlich 100,00 EUR, ab 01.08.2014 auf monatlich 150,00 EUR begrenzt ist).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">I.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">§ 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG, eingefügt durch Artikel 1 Nr. 17 Buchstabe b) des \"Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes\" (Betreuungsgeldgesetz) vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254), bestimmt, dass Betreuungsgeld nicht für vor dem 01.08.2012 geborene Kinder gezahlt wird. Diese Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG, dass das Gesetz für den Anspruch auf Betreuungsgeld an den Zeitpunkt der Geburt des Kindes anknüpft (so bereits für das Erziehungsgeld: BVerfG, Beschluss vom 10.12.1987 – 1 BvR 1233/87 – und für das Elterngeld: BVerfG, Beschluss vom 20.04.2011 – 1 BvR 1811/08). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist es dem Gesetzgeber durch Artikel 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfG, Beschluss vom 08.11.1977 – 1 BvL 6/75 = BVerfGE 46, 299 m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt und die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat; die gefundene Lösung muss sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lassen und darf nicht als willkürlich im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 GG erscheinen (BVerfG, Beschluss vom 08.12.1976 – 1 BvR 810/70, 1 BvR 57/73, 1 BvR 147/76 = BVerfGE 44,1 m.w.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist die von der Klägerin angegriffene Regelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die zeitliche Anknüpfung des gesetzlichen Leistungsanspruchs an den Tag der Geburt eines Kindes erscheint durchaus sachlich vertretbar. Der Tag der Geburt stellt ein objektives Kriterium dar, dessen Anwendung generell die Betroffenen gleich behandelt, mag es auch im Einzelfall ausnahmsweise einmal einer zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen. Bereits im Jahre 2008 war durch Artikel 1 Nr. 2 des Kinderförderungsgesetzes vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403) in § 16 des Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) folgender Absatz 4 (der später Absatz 5 wurde) eingefügt worden: \"Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden.\" Bei der konkreten Ausgestaltung sollte der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei sein (so die Begründung zu § 16 Abs. 4 SGB VIII; BT-Drucksache 16/9299, S. 14). Mit dem Betreuungsgeldgesetz vom 15.02.2013, das am 01.08.2013 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber den sich selbst gegebenen gesetzlichen Auftrag umgesetzt. Nach § 4d Abs. 1 BEEG kann Betreuungsgeld grundsätzlich vom ersten Tag des 15. Lebensmonats bezogen werden (Satz 1). In bestimmten in Satz 2 genannten Fällen kann es auch schon davor gewährt werden, jedoch nicht vor Vollendung des ersten Lebensjahres. Denn gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 2 BEEG kann Betreuungsgeld nur für ein Kind beansprucht werden, für das keine Leistungen nach § 24 Abs. 2 SGB VIII in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege in Anspruch genommen wird. Diese Leistungen nach § 24 Abs. 2 SGB VIII stehen aber erst für Kinder zu, die das erste Lebensjahr vollendet haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Der erklärte gesetzgeberische Zweck der Stichtagsregelung, wonach die neue Leistung nur für Kinder gezahlt wird, die nach dem 31.07.2012 geboren sind, ist zum Einen die Vermeidung der Unterbrechung des Bezugs von Elterngeld und Betreuungsgeld sowie eines erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwandes, der durch erhöhte Fallzahlen bei der neu eingeführten Leistung entstehen würde (BT-Drucksache 17/9917 S. 14), zum Anderen, dass \"Betreuungsgeld im ersten Jahr nach der Einführung nur für Kinder, die sich im zweiten Lebensjahr, gezahlt\" wird (BT-Drucksache 17/11404 S. 15). Dieser Zweck würde verfehlt, wenn für Kinder, die vor dem 01.08.2012 geboren sind, im ersten Jahr nach Einführung des Gesetzes, d.h. im Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.07.2014, Betreuungsgeld gewährt würde. Denn bei diesen Kindern ist nicht gewährleistet, dass das Betreuungsgeld als Anschlussleistung unmittelbar an das Ende des Bezugs vom Elterngeld in Anspruch genommen werden kann, wie es der Gesetzgeber beabsichtigt hat (vgl. BT-Drucksache 17/9917, S. 7 und 11). Im Fall der Klägerin läge zwischen dem Ende eines Elterngeldanspruchs für das am 26.08.2011 geborenen Kindes und dem Beginn des behaupteten Betreuungsgeldanspruchs eine Lücke von mehr als neun Monaten. Desweiteren kämen Kinder, die vor dem 01.08.2012 geboren wurden, schon vor Ablauf des ersten Jahres nach der Einführung des Betreuungsgeldes ins 3. Lebensjahr, konkret das Kind der Klägerin am 26.11.2013. Schließlich ist auch die Vermeidung eines zusätzlichen Verwaltungsaufwandes, der durch erhöhte Fallzahlen entstünde, ein legitimer Grund für die Einführung der Stichtagsregelung. Insofern stellt die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG eine durch sachliche Gründe getragene sozial- und fiskalpolitische Entscheidung des Gesetzgebers dar, die sich zulässig im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums bewegt und deshalb, wenn dadurch ältere vor dem 01.08.2012 geborene Kinder – wie das der Klägerin – vom Betreuungsgeld ausgeschlossen werden, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Aus den gleichen Erwägungen steht die angegriffene Regelung auch nicht im Widerspruch zu den Schutzgeboten aus Artikel 6 GG. Das Sozialstaatsgebot (Artikel 20 Abs. 3 GG) wird ebenfalls nicht verletzt. Dieser Verfassungsgrundsatz darf nicht dahin ausgelegt werden, dass mit seiner Hilfe jede Einzelregelung modifiziert werden müsste, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.07.1984 – 1 BvR 24/83 = BVerfGE 67, 231 m.w.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">II.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Käme allerdings das BVerfG ist diesem oder einem anderen Verfahren (nach Vorlage eines Gerichtes gem. Artikel 100 GG oder auf die Verfassungsbeschwerde eines Klägers oder einer Klägerin gegen eine letztinstanzliche Entscheidung) zum Ergebnis, § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG sei verfassungswidrig und das Betreuungsgeld sei auch für ältere vor dem 01.08.2012 geborene Kinder – wie für das am 26.08.2011 geborene Kind der Klägerin – zu gewähren, so könnte die Klägerin allenfalls Betreuungsgeld für die Zeit ab dem Inkrafttreten des Gesetzes, das heißt ab 01.08.2013 bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes (vgl. § 4d Abs. 1 Satz 1 BEEG), das heißt bis zum 25.08.2014 erhalten. Die Höhe des Betreuungsgeldes bestimmte sich dann nach § 4b BEEG i.V.m. § 27 Abs. 3 Satz 2 BEEG. Für Lebensmonate, in die der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes fällt, bzw. für Lebensmonate, die sowohl im Juli 2014 als auch im August 2014 liegen, würde eine taggenaue Berechnung erfolgen (vgl. Bundestags-Drucksache 17/11404, S. 15 unter Hinweis auf § 40 SGB I). Für den 24. Lebensmonat des Kindes (26.07. bis 25.08.2013) ergäbe sich für die Zeit vom 01. bis 25.08.2013 ein Betreuungsgeldbetrag von 80,65 EUR (100,00 EUR dividiert durch 31 multipliziert mit 25); für den 25. bis 35. Lebensmonat (26.08.2013 bis 25.07.2014) ergäbe sich ein monatliches Betreuungsgeld von 100,00 EUR, für elf Monate also 1.100,00 EUR; für den 36. Lebensmonat (26.07. bis 25.08.214) wäre anteilig für Juli 2014 (100,00 EUR dividiert durch 31 multipliziert mit 6) 19,35 EUR und für August 2014 (150,00 EUR dividiert durch 31 multipliziert mit 25) 120,97 EUR zu zahlen; insgesamt errechnete sich für den streitigen Zeitraum ein Betreuungsgeld in Höhe von 1.320,97 EUR.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit die Klägerin auch die der Höhe des Betreuungsgeldes zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 4b und 27 Abs. 3 Satz 2 BEEG für verfassungswidrig hält, teilt die Kammer diese Auffassung ebenfalls nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">§§ 4b und 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG sind mit Artikel 3 Abs. 1 GG und Artikel 6 Abs. 1 GG vereinbar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">a) Der Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG verbietet es, wesentlich Gleiches ohne zureichende sachliche Gründe ungleich, wesentlich Ungleiches ohne solche Gründe gleich zu behandeln. Damit enthält Artikel 3 Abs. 1 GG über ein Willkürverbot hinaus die an Gesetzgeber und Rechtsprechung gerichtete Verpflichtung, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten nicht anders zu behandeln, falls zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (BVerfGE 55, 72, 88; ständige Rechtsprechung). Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt (vgl. BVerfGE 4, 31, 42; 86, 81, 87; 90, 226, 239). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt seine Präzisierung auch jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (BVerfGE 75, 108, 157; 90, 226, 239). Nach diesen Grundsätzen verstoßen die Vorschriften der §§ 4b, 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin stellt einen Vergleich zwischen Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, und Eltern, die ihr Kind in öffentlich geförderten Betreuungsplätzen (Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege) betreuen lassen, an. Sodann vergleicht sie die Kosten, die für öffentlich geförderte Betreuungsplätze anfallen, mit der Höhe des Betreuungsgeldes. Für die ungleiche Behandlung dieser verschiedenen Normadressaten und Lebenssachverhalte gibt es jedoch beachtliche sachliche Gründe, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen und nicht willkürlich erscheinen lassen. Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, haben einen anderen Betreuungs- und Erziehungsanspruch und unter Umständen auch andere Betreuungsmöglichkeiten als Eltern, die ihr Kind in einer öffentlich geförderten Einrichtung betreuen lassen. Sodann ist die mit der Selbstbetreuung verbundene öffentliche Leistung \"Betreuungsgeld\" mit der öffentlichen Leistung \"Betreuung in einer Kindertageseinrichtung/Kindertagespflege\" und deren Kosten nicht vergleichbar, weil es sich um gänzlich andersartige Leistungen handelt. Dies wird schon ohne weiteres aus der unterschiedlichen Höhe der Leistung deutlich. Das Betreuungsgeld beträgt monatlich 150,00 EUR (bzw. im ersten Jahr nach der Einführung der Leistung 100,00 EUR), während für die öffentliche Förderung in Tageseinrichtungen – unabhängig von den Kostenbeiträgen der Eltern – jährliche Bruttobetriebskosten von 12.000,00 EUR (monatlich 1.000,00 EUR), für einen Platz in der Kindertagespflege 9.450,00 EUR (monatlich 787,50 EUR) in Ansatz gebracht werden (vgl. die Begründung zum Betreuungsgeldgesetz, BT-Drucksache 17/9917, S. 7). Mit dem Betreuungsgeld sollen deshalb auch nicht die Kosten und der Wert einer Betreuung durch die Eltern selbst, die sicherlich deutlich über 100,00 EUR/150,00 EUR pro Monat liegen, abgegolten werden. Vielmehr ist das Betreuungsgeld – anders als die öffentlich geförderte Betreuungsleistung – durch den Zweck der \"Anerkennung und Unterstützung der Erziehungsleistung\" von Eltern mit Kleinkindern gekennzeichnet (BT-Drucksache 17/9917, S. 7). Weder nach seiner gesetzgeberischen Intention noch nach seiner Höhe hat das Betreuungsgeld den Anspruch, die Kosten einer Selbstbetreuung eines Kindes durch die Eltern zu decken. Dass der Gesetzgeber die Entscheidung von Eltern, ihr Kind selbst zu betreuen, \"nur\" mit monatlich 150,00 EUR honoriert, mag man als zu gering empfinden; willkürlich und gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstoßend ist sie jedoch nicht. Dies gilt auch im Hinblick auf die Begrenzung des Betreuungsgeldes auf monatlich 100,00 EUR im ersten Jahr nach Einführung der Leistung, also begrenzt auf die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">b) Nach der Entscheidung des BVerfG vom 20.04.2011 (1 BvR 1811/08) garantiert Artikel 6 Abs. 1 GG \"als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216, 231). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Artikel 6 Abs. 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 99, 216, 234). Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f.). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1, 35 f.; 103, 242, 260).\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Diesen Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber mit der Schaffung von öffentlich geförderten Kinderbetreuungsplätzen in Tageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch das Kinderförderungsgesetz vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403) einerseits und die Einführung eines Betreuungsgeldes durch das entsprechende Gesetz vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254) andererseits in verfassungsgemäßer Weise genutzt. Dies gilt auch und gerade in Bezug auf Art und Höhe dieser unterschiedlicher Leistungen. In der Einleitung zum Betreuungsgeld heißt es (BT-Drucksache 17/9917 S. 1): \"Es ist Aufgabe staatlicher Familienförderung, Wahlfreiheit für Eltern bei der Kleinkindbetreuung zu gewährleisten, Barrieren abzubauen und Übergänge zu ermöglichen. Auf die Frage nach dem richtigen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot gibt es keine einheitliche Antwort für jedes Kind. Ob externe oder familieninterne Betreuung, ob Tageseinrichtung, Kindertagespflege, Elterninitiative, Betreuung bei Vater oder Mutter, durch Großeltern oder Au-pair, ob Ganztagsangebot oder stundenweise Inanspruchnahme; alle diese Optionen sollen sich im Interesse von Vielfalt und Wahlfreiheit idealer Weise ergänzen.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kammer hat die Sprungrevision zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).</p>\n      "
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