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    "date": "2013-12-02",
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    "updated_date": "2020-12-10T14:44:12Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OLGK:2013:1202.7VA2.13.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Auf die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. &#167;&#167; 23 ff. EGGVG auszulegende Beschwerde der Antragstellerin vom 4.6.2013 wird festgestellt, dass die der Staatsanwaltschaft Aachen gew&#228;hrte Einsichtnahme in die Betreuungsakten 72 XVII W 1512 AG Aachen rechtswidrig war, soweit sie &#252;ber die Zug&#228;nglichmachung der fach&#228;rztlichen Gutachten vom 2.10.2007 (dort Bl. 9) und vom 12.10.2010 (dort Bl. 46 ff) sowie das Atttest des Psychiaters Dr. C vom 4.5.2010 (dort Bl. 31 d. A.) hinausging.</p><p>Im &#220;brigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zur&#252;ckgewiesen.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">G r &#252; n d e :</span></p><span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung auszulegende Beschwerde ist zul&#228;ssig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begr&#252;ndet.</p><span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">I.</p><span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag der Antragstellerin, der sich gegen die stattgebende Entscheidung der Antragsgegnerin als Gerichtsvorstand des Amtsgerichts und damit als Organ der Justizverwaltung &#252;ber ein Akteneinsichtsgesuch der Staatsanwaltschaft Aachen richtet, ist nach &#167; 23 Abs. 1 EGGVG statthaft. Der von einer nicht am Verfahren beteiligten Beh&#246;rde gestellte Antrag auf Gew&#228;hrung von Akteneinsicht in ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei der es sich nicht um ein Gericht handelt, stellt sich als Amtshilfeersuchen gem&#228;&#223; Art. 35 Abs. 1 GG dar, &#252;ber das nach allgemeiner Auffassung der Vorstand des Gerichts, also die Justizverwaltung zu befinden hat (vgl. Pr&#252;tting/Helms/Jennissen, FamFG, 2. Aufl., &#167; 13, Rn. 19; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., &#167; 13, Rn. 47 u. 73; Musielak/Borth, Familiengerichtliche Verfahren, 1. und 2. Buch, 3. Aufl., &#167; 13, Rn. 1; BayObLG FamRZ 1998, 438). Bei der Entscheidung &#252;ber das Gesuch durch den Vorstand des Gerichts handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt, der nach den &#167;&#167; 23 ff. EGGVG zur &#220;berpr&#252;fung gestellt werden kann (vgl. Pr&#252;tting/Helms/Jennissen, a.a.O.; Keidel/Sternal, a.a.O.; Musielak/Borth, a.a.O.). Danach ist der gegen die Verf&#252;gung der Antragsgegnerin vom 8.4.2013 gerichtete Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach &#167;&#167; 23 ff. EGGVG statthaft.</p><span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">II.</p><span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag der Staatsanwaltschaft Aachen auf Einsichtnahme in die Akte 72 XVII W 1512 AG Aachen war in der Sache lediglich im Hinblick auf die in den Betreuungsakten enthaltenen fach&#228;rztlichen Gutachten vom 2.10.2007 (dort Bl. 9) und vom 12.10.2010 (dort Bl. 46 ff) sowie das Atttest des Psychiaters Dr. C vom 4.5.2010 (dort Bl. 31 d. A.) begr&#252;ndet; ihm w&#228;re insoweit durch &#220;berlassung von Ablichtungen zu entsprechen gewesen. Dagegen bestand kein Anspruch auf Einsichtnahme in die komplette Akte bzw. die &#220;berlassung der vollst&#228;ndigen Akte zwecks Einsichtnahme.</p><span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Ebenso wie am Verfahren nicht beteiligten Personen, f&#252;r welche &#167; 13 Abs. 2 FamFG gilt, darf auch einer Beh&#246;rde Akteneinsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und schutzw&#252;rdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen oder die Beteiligten einverstanden sind (vgl. Pr&#252;tting/Helms/Jennissen, a.a.O. Rn. 33; OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1467).</p><span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Eine das schutzw&#252;rdige Interesse an der Geheimhaltung des Akteninhalts beseitigende Zustimmung des Betroffenen lag seinerzeit nicht vor und wurde auch im Nachgang zu der angefochtenen Verf&#252;gung seitens der Betreuerin lediglich in Bezug auf das fach&#228;rztliche Gutachten vom 12.10.2010 erteilt.</p><span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Die Gew&#228;hrung von Akteneinsicht nach den Grunds&#228;tzen der Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG) konnte nach der deshalb gebotenen Abw&#228;gung des mit der Akteneinsicht verfolgten Informationsinteresses und dem schutzw&#252;rdigen Interesse des Betroffenen daran, dass die im Betreuungsverfahren erlangten Erkenntnisse &#252;ber seine Person Dritten gegen&#252;ber grunds&#228;tzlich nicht offenbart werden sollen, nur in Bezug auf die oben genannten &#228;rztlichen Stellungnahmen in Betracht kommen; im &#220;brigen &#252;berwog das schutzw&#252;rdige Interesse des Betreuten an der Geheimhaltung der in der Betreuungsakte enthaltenen sonstigen Informationen &#252;ber seine pers&#246;nlichen Verh&#228;ltnisse das mit der Akteneinsicht verfolgte Informationsinteresse der Staatsanwaltschaft.</p><span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Nach dem in &#167; 5 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NW niedergelegten allgemeinen Grundsatz ist die ersuchte Beh&#246;rde insbesondere zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von Ausk&#252;nften nicht verpflichtet, wenn die Vorg&#228;nge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden m&#252;ssen. Die Akten &#252;ber die Einrichtung und Fortf&#252;hrung einer Betreuung unterliegen wie auch familiengerichtliche Akten grunds&#228;tzlich der Geheimhaltung, weil sie in der Regel h&#246;chstpers&#246;nliche Daten sowie &#228;rztliche Stellungnahmen oder Gutachten &#252;ber den Gesundheitszustand und die pers&#246;nlichen Lebensumst&#228;nde des betroffenen Betreuten enthalten, die ihrer Natur nach der Kenntnisnahme durch am Verfahren nicht beteiligte Dritte entzogen sind. Sofern wie im vorliegenden Fall eine Zustimmung des Betreuten zur &#220;bersendung der Betreuungsakte an die ersuchende Beh&#246;rde nicht vorliegt, kommt die Gew&#228;hrung von Akteneinsicht nur in Betracht, wenn eine strenge G&#252;terabw&#228;gung unter strikter Wahrung des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes ein &#252;berwiegendes Allgemeininteresse an der Akteneinsicht ergibt (vgl. OLG Hamm FGPrax 2009, 20; FamRZ 2002, 1126; OLG K&#246;ln NJW 1994, 1075; OLG Celle NJW 1990, 1802; BVerfG NJW 1970, 555). Der Grundsatz der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit verlangt - neben der bereits erw&#228;hnten generellen Abw&#228;gung zwischen dem Schutz der Privatsph&#228;re und dem &#246;ffentlichen Interesse -, dass die Ma&#223;nahme zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich ist und dass der mit ihr verbundene Eingriff seiner Intensit&#228;t nach nicht au&#223;er Verh&#228;ltnis zu dem mit der Akteneinsicht verfolgten Zweck steht (vgl. BVerfG a.a.O.). Das Recht des Betroffenen am Schutz privater Geheimnisse und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung k&#246;nnen einer beantragten Akteneinsicht ganz oder auch nur teilweise entgegenstehen.</p><span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Die Staatsanwaltschaft Aachen hat zur Begr&#252;ndung ihres Akteneinsichtsgesuchs vorgetragen, die Akteneinsicht sei erforderlich, um die Frage der Schuldf&#228;higkeit des Betreuten abzukl&#228;ren, nachdem die Verteidigerin eine psychische Erkrankung geltend gemacht habe.</p><span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Unter Abw&#228;gung des mit der Akteneinsicht verfolgten Zwecks sowie der Art und Intensit&#228;t des Eingriffs in das Pers&#246;nlichkeitsrecht des Betreuten ist die Gew&#228;hrung von Akteneinsicht hinsichtlich der &#228;rztlichen &#196;u&#223;erungen als verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig anzusehen, zumal die Antragstellerin, gleichzeitig Verteidigerin des Betreuten in dem fraglichen Ermittlungsverfahren, mit Schreiben vom 23.4.2013 mitgeteilt hat, dass bez&#252;glich der m&#246;glichen &#220;bermittlung des fach&#228;rztlichen Gutachtens vom 12.10.2010 keine Bedenken bestehen.</p><span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Dar&#252;ber hinaus w&#228;re die begehrte Akteneinsicht in die Betreuungsakte unter Ber&#252;cksichtigung des schutzw&#252;rdigen Interesses des Betreuten daran, dass die im Betreuungsverfahren &#252;ber seine sonstigen pers&#246;nlichen Verh&#228;ltnisse erlangten Informationen Dritten ohne seine Zustimmung nicht offenbart werden, jedoch nach Auffassung des Senats als nicht erforderlich und damit als unzul&#228;ssig zu bewerten gewesen. F&#252;r den erkl&#228;rten Zweck der Akteneinsicht, n&#228;mlich Abkl&#228;rung der Schuldf&#228;higkeit, gen&#252;gte die Zug&#228;nglichmachung der Akteninhalte, die in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dieser Frage standen. Dabei handelte es sich aber lediglich um die entsprechenden &#228;rztlichen Gutachten/Atteste.</p><span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Dagegen kam es hierf&#252;r nicht auf die Kenntnis des weiteren Akteninhalts, insbesondere die Betreuer-Berichte der Antragstellerin an, deren Offenbarung zu Recht als ein die schutzw&#252;rdigen Interessen des Betreuten in einem besonderen Ma&#223;e tangierender Eingriff&#160; bewertet wird. Insoweit ist zu ber&#252;cksichtigen, dass die gerade in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit h&#228;ufig erforderliche Offenlegung h&#246;chstpers&#246;nlicher Daten von Verfahrensbeteiligten oft nur dann erreicht werden kann, wenn diese sich auf die grunds&#228;tzliche Vertraulichkeit ihrer Angaben verlassen k&#246;nnen (vgl. BayOblG FamRZ 2005, 237).</p><span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Nach alledem war die beantragte Feststellung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vorzunehmen (&#167; 28 I EGGVG).</p><span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">III.</p><span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Kostenentscheidung nach &#167; 30 Abs. 2 EGGVG ist nicht veranlasst.</p>\n      "
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