List view for cases

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    "file_number": "12 B 1020/12",
    "date": "2012-09-11",
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    "updated_date": "2022-10-18T14:43:49Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2012:0911.12B1020.12.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Beschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p>\n<p></p>\n<p>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.</p>\n<p></p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\"><u>Gr&#252;nde:</u></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerde hat keinen Erfolg.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Auch im Lichte des Beschwerdevorbringens, auf das &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO die Pr&#252;fung durch den Senat beschr&#228;nkt, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht das Begehren der Antragstellerin mit Haupt- und Hilfsantrag als unbegr&#252;ndet abgelehnt hat, weil sich die Fortdauer der angegriffenen Inobhutnahme noch als rechtm&#228;&#223;ig darstellt.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Entgegen der Annahme der Antragstellerin dauert die Krisensituation n&#228;mlich an, in der dem Jugendamt zur Wahrung des Kindeswohls als Notma&#223;nahme auch ohne Einverst&#228;ndnis des Personensorgeberechtigten eine Inobhutnahme erlaubt und die Installation einer - vom Antrag des Personensorgeberechtigten abh&#228;ngigen - Anschlusshilfe noch nicht tunlich ist.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die vorliegende Konstellation weist die Besonderheit auf, dass schon weit vor der Inobhutnahme des Kindes am 14. Juni 2012 beim Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; unter dem Aktenzeichen    F        ein sorgerechtliches Verfahren anh&#228;ngig war, das ma&#223;geblich die derzeitige Erziehungsf&#228;higkeit der Antragstellerin und deren Erlangbarkeit zum Gegenstand hat und in denen mit Beweisbeschluss vom 26.&#160;Januar 2012 die Anfertigung sowohl eines familienpsychologischen Sachverst&#228;ndigengutachtens als auch eines psychiatrischen Gutachtens in Auftrag gegeben worden ist. Zu diesem sorgerechtlichen Verfahren hat das Jugendamt der Beklagten die Zuspitzung der Familiensituation, die - wohl zurecht - als Anlass f&#252;r die Inobhutnahme und ihre Fortdauer gesehen worden ist, mit Schreiben vom 18. Juni 2012 zeitnah berichtet und mitgeteilt, dass die Kindesmutter mit der Unterbringung    - anders als der Kindesvater - nicht einverstanden sei. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Es spricht alles daf&#252;r, dass die Antragsgegnerin mit dieser Sachstandsmitteilung vom 18. Juni 2012 bereits einen ersten Schritt zur Erf&#252;llung ihrer Verpflichtungen getan hat, die sich aus &#167; 42 Abs. 3 SGB VIII ergeben und die Dauer einer Inobhutnahme bestimmen k&#246;nnen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">Vgl. auch zu Folgendem: OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 12 A 2844/10 -, juris.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Nach &#167;&#160;42 Abs.&#160;3 Satz&#160;2 Nr.&#160;2 SGB VIII hat das Jugendamt &#8211;&#160;widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme&#160;&#8211; unverz&#252;glich eine Entscheidung des Familiengerichts &#252;ber die erforderlichen Ma&#223;nahmen zum Wohle des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuf&#252;hren. Aufgabe des Familiengerichtes ist es dann nicht, die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Inobhutnahme zu &#252;berpr&#252;fen oder lediglich ihre Fortdauer anzuordnen. Das Familiengericht hat vielmehr die notwendigen sorgerechtlichen Ma&#223;nahmen im Anschluss an die Eilma&#223;nahme der Inobhutnahme zu treffen. Kann es keine solche endg&#252;ltige Entscheidung zu einem Eingriff in das Sorgerecht der Eltern zur Durchsetzung einer Anschlusshilfe treffen und h&#228;lt es dennoch bis zur weiteren Aufkl&#228;rung des Sachverhaltes einen Verbleib des Kindes und Jugendlichen in fremder Obhut f&#252;r erforderlich, hat es den Eltern zur Erm&#246;glichung einer Anschlusshilfe vorl&#228;ufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und regelm&#228;&#223;ig das Recht zur Beantragung von Leistungen zur Hilfen zur Erziehung oder der Eingliederungshilfe nach &#167;&#167;&#160;27 ff. bzw. &#167;&#160;35a SGB VIII zu entziehen. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">Vgl. DIJuF Rechtsgutachten vom 31.&#160;M&#228;rz 2008 </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">&#8211;&#160;J&#160;6.200&#160;Ad&#160;&#8211; JAmt 2008, 250 (251/252) m.w.N.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Zu einer solchen Entscheidung sah das Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  indes keine Veranlassung, sondern hat den Antrag der Antragstellerin auf Herausgabe des Kindes durch Beschluss vom 4. Juli 2012 im Verfahren    F        mit dem Hinweis darauf zur&#252;ckgewiesen, dass die Vorenthaltung des Kindes weiter durch die Inobhutnahme nach &#167; 42 SGB VIII bis zu deren erfolgreichen &#220;berpr&#252;fung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gerechtfertigt sei. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Zwar steht es nicht zur Dispositionsbefugnis des Jugendamtes, wann das Amtsgericht-Familiengericht eine Entscheidung im Sinne von &#167; 42 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII trifft.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">Vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. August 2011 - 12 ZB 10.974 -, juris, mit Hinweis auf Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, &#167; 42 Rdnr. 48.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kindesmutter ihre zwischenzeitliche Zustimmung zur Inobhutnahme ihres Sohnes K.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur&#252;ckgezogen haben soll, begr&#252;ndete die genannte Vorschrift jedoch eine Verpflichtung des Jugendamtes, eine vorl&#228;ufige Entscheidung des Familiengerichtes im Hinblick auf erforderliche Folgema&#223;nahmen zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen erneut anzuregen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">Vgl. zur Pflicht anzuregen auch: OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 12 A 2844/10 -, </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">a. a. O.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Dies ist letztlich auch dem Umstand geschuldet, dass der Zweck der Inobhutnahme nicht auf eine akute Notversorgung beschr&#228;nkt ist, sondern ihr auch eine Clearing-Funktion im Hinblick auf die geeignete und notwendige Anschlusshilfe zukommt.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:85px\">Vgl. etwa Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, &#167;&#160;42 Rdnr.&#160;40 m.w.N.; Trenczek in: SK-SGB VIII, 6.&#160;Auf-lage 2009, &#167;&#160;42 Rdnr.&#160;27 m.w.N.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Der beschriebenen Verpflichtung hat die Antragsgegnerin hier &#8211; anders als es die Antragstellerin in der Beschwerdebegr&#252;ndung annimmt &#8211; mit ihrer Erg&#228;nzung vom 23. Juli 2012 zur Sachstandsmitteilung vom 18. Juni 2012 ausreichend Folge geleistet. In dem Schreiben an das Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  zum Verfahren      F        hei&#223;t es unmissverst&#228;ndlich, dass die Kindesmutter auf Grund ihrer derzeitigen psychischen Verfassung nicht in der Lage sei, ihre elterliche Sorge umfassend wahrzunehmen, und noch vor Fertigstellung der angeordneten Gutachten (August/September) um Einrichtung einer Erg&#228;nzungspflegschaft f&#252;r die Bereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht, gesundheitliche F&#252;rsorge, Antragsrecht auf Hilfen zur Erziehung gebeten werde. Insgesamt gesehen hat die Antragsgegnerin damit bisher alles Erforderliche getan, um unverz&#252;glich eine Entscheidung des Familiengerichts &#252;ber die erforderlichen Ma&#223;nahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuf&#252;hren. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Solange das Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  noch keine vorl&#228;ufige Entscheidung getroffen hat, die eine kindgerechte Folgema&#223;nahme - und sei es die Zur&#252;ckf&#252;hrung in die alleinige Obhut der Mutter - erm&#246;glicht bzw. zur Folge hat, beh&#228;lt die Inobhutnahme den Charakter der zur Wahrung des Kindeswohls erforderlichen \"ultima ratio\". Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass es Folgema&#223;nahmen gebe, mit denen die Antragstellerin einverstanden sei, namentlich eine gemeinsame Unterbringung in einer Mutter-Kind-Einrichtung (&#167; 19 SGB VIII) oder eine intensive Sozialp&#228;dagogische Familienhilfe (&#167; 31 SGB VIII). Die Antragsgegnerin hat bereits mit ihrer erg&#228;nzenden Antragserwiderung vom 19. Juli 2012 darauf hingewiesen, dass eine Zusammenf&#252;hrung von Mutter und Kind auch in betreuter Form bzw. unter Aufsicht von der Problemeinsicht der Antragstellerin und ihrem Willen, an der bestehenden Situation etwas zu &#228;ndern, abh&#228;ngig ist und dies wiederum eine hinreichend stabile psychische Verfassung der Antragstellerin verlangt. Ob letztere - trotz der deutlichen Ausf&#228;lle in der Vergangenheit - in einer dem Kindeswohl gen&#252;genden Weise gew&#228;hrleistet ist, l&#228;sst sich allein anhand der mit der Beschwerdebegr&#252;ndung wiederholten Beteuerungen der Antragstellerin, an sich arbeiten zu wollen, und der von ihr zwischenzeitlich ergriffenen Ma&#223;nahmen nicht hinreichend sicher feststellen, sondern kl&#228;rt sich einigerma&#223;en verl&#228;sslich erst mit den vom Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  in Auftrag gegebenen Gutachten.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Unter dem Gesichtspunkt, dass die fortdauernde Inobhutnahme massiv in das           -&#160;durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK gesch&#252;tzte - elterliche Sorgerecht eingreift, braucht sich die Antragstellerin aber nicht unbegrenzt auf noch ausstehende Gutachten als Grundlage f&#252;r eine Entscheidung von Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  und Jugendhilfetr&#228;ger verweisen lassen. Zwar gibt es keine feste zeitliche Grenze, bis zu der eine Inobhutnahme in eine Folgema&#223;nahme &#252;bergehen oder das Kind wieder allein dem Sorgeberechtigten &#252;berlassen werden muss. Unter dem Gesichtspunkt der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit d&#252;rfte ein Jugendhilfetr&#228;ger aber bei den gegebenen Umst&#228;nden nach Ablauf von ca. 3 Monaten seit Inobhutnahme verpflichtet sein, nunmehr eine alsbaldige vorl&#228;ufige Entscheidung des Amtsgerichts-Familiengerichts nach &#167; 42 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII durch f&#246;rmliche Beantragung zu erzwingen. Dies gilt -&#160;zumal nach Auskunft der Antragsgegnerin jedenfalls das fachpsychiatrische Gutachten vorliegen soll und lediglich das familienpsychologische Gutachten wegen einer nachgeschobenen Zusatzfrage noch auf sich warten lasse &#8211; in naher Zukunft auch im vorliegenden Fall, in dem die Inobhutnahme bereits am 14.&#160;Juni 2012 erfolgte. Solange das Amtsgericht-Familiengericht- C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;  &#252;ber den deshalb innerhalb der n&#228;chsten 14 Tage zu stellenden Antrag der Antragsgegnerin noch nicht in angemessener Zeit entschieden hat, bleibt die Inobhutnahme allerdings rechtm&#228;&#223;ig.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167;&#160;154 Abs.&#160;2, 188 Satz&#160;2 Halbsatz&#160;1 VwGO. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO unanfechtbar. </p>\n            \n        \n      "
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