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GET /api/cases/293599/
{ "id": 293599, "slug": "olgd-2003-03-12-3-wx-36902", "court": { "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }, "file_number": "3 Wx 369/02", "date": "2003-03-12", "created_date": "2019-03-12T10:21:58Z", "updated_date": "2022-10-18T17:15:15Z", "type": "Beschluss", "ecli": "ECLI:DE:OLGD:2003:0312.3WX369.02.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.</p>\n<p></p>\n<p>Der Antragsgegner trägt die in dritter Instanz entstandenen Gerichtskosten sowie die den Antragstellern notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten.</p>\n<p></p>\n<p>Wert: 3.500 EUR.</p>\n<p></p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>G r ü n d e :</u></b></p>\n <span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">I.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragsteller und der Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft L... in Wuppertal; wegen der Einzelheiten der Örtlichkeiten wird auf den überreichten Lageplan (Blatt 52 der Akten) Bezug genommen.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Dem Antragsgegner gehören alle fünf Wohnungen in dem Gebäude Nr. ... </p>\n <span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">In - jedenfalls - einem der zum Sondereigentum des Antragsgegners gehörenden Appartements wird ein Bordellbetrieb unterhalten. </p>\n <span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">In der Versammlung vom 16. August 2000, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage zur Antragsschrift Bezug genommen wird, beschlossen die Antragsteller, ihn insoweit auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Durch Beschluss vom 07.03.2002 hat das Amtsgericht dem Antragsgegner antragsgemäß untersagt, in den zu seinem Sondereigentum gehörenden Räumlichkeiten des Objekts L..., Wuppertal, einen bordellähnlichen Betrieb zu betreiben oder den Betrieb durch einen Dritten zu dulden, und zugleich für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">\nDie dagegen gerichtete Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Der Antragsgegner hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der er sein früheres Vorbringen wiederholt und vertieft. Er macht im wesentlichen geltend: Die in der Teilungserklärung - Fassung vom 09.12.1992 - geregelte getrennte Verwaltung der beiden Häuser sei von den Vorinstanzen rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt worden; ideelle Einwirkungen auf ein Grundstück könnten nicht aufgrund § 1004 BGB untersagt werden, und schließlich sei ein etwaiger Anspruch der Antragsteller verwirkt, da der beanstandete Betrieb bereits 1994 begonnen habe und die Antragsteller bislang nichts dagegen eingewendet hätten.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">II.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, § 27 FGG. </p>\n <span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:</p>\n <span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Aus der getrennten Verwaltung beider Häuser der Wohnungseigentumsanlage folge nicht, dass die Pflichten aller Beteiligten als Wohnungseigentümer gemäß den §§ 14 Nr. 1, Nr. 2 und 15 WEG damit aufgehoben wären. Dies ergäbe sich unter anderem daraus, dass es eine Hoffläche zwischen dem Vorderhaus und dem Hinterhaus gäbe, die gemeinschaftlich betreten und genutzt werde, so dass allein schon darüber die wechselseitigen Pflichten der Wohnungseigentümer zur Rücksichtnahme und ordnungsgemäßen Nutzung fortbestünden. Hierzu habe die Kammer aufgrund Anhörung der Beteiligten und der Vernehmung mehrerer Zeugen umfangreiche Ermittlungen angestellt, die zweifelsfrei ergäben, dass von dem Bordellbetrieb, den Mieter des Antragsgegners in einem Teil der Räume des Hauses L... betrieben, umfangreiche Störungen ausgingen, die die gemeinschaftliche Nutzung der Wohnungseigentumsanlage schwer beeinträchtigten. Alle Beteiligten und Zeugen hätten von durchgehendem Lärm tagsüber und insbesondere nachts berichtet, der die Beteiligten teilweise veranlasst habe, ihr Wohnungseigentum nicht mehr selbst zu nutzen, teilweise hätten die Beteiligten ihre Schlafzimmer verlegt. Soweit dies nicht möglich gewesen sei, hätten die Beteiligten bzw. Zeugen Unannehmlichkeiten tags- und nachtsüber in Kauf nehmen müssen, wenn Freier sich in der Adresse des Bordellbetriebes geirrt und an fremden Schellen geklingelt hätten, wenn Freier an Rollläden geklopft und gezerrt hätten, um sich Einlass zu verschaffen oder in Erfahrung zu bringen, ob in bestimmten Räumen ein Bordellbetrieb stattfinde. Weitere Beeinträchtigungen hätten darin gelegen, dass Zuhälter, die ihre Kampfhunde auf einem gegenüberliegenden Fremdgelände abgerichtet hätten, dann in den Bordellbetrieb unter Mitnahme ihrer Kampfhunde hineingegangen seien. Das Tor zum Hof sei häufig zugestellt gewesen, wenn Freier oder Zuhälter ihre Fahrzeuge falsch geparkt hätten. Die An- und Abfahrt der Gäste des Bordellbetriebs habe sich immer wieder lautstark gestaltet, insbesondere dadurch, dass Taxifahrzeuge tags und nachts vor- und abgefahren seien. Auf dem gemeinschaftseigenen Hofgelände, hätten zeitweise Freier gewartet. Aus dem Gebäude L... seien menschliche Geräusche gedrungen, die eindeutig auf die Durchführung geschlechtsbezogener Handlungen hätten rückschließen lassen. Dazu sei reichlich und lautstark Musik gemacht worden, die vor allen Dingen die Nachtruhe der Antragsteller und der anderen Bewohner schwer gestört habe. Selbst wenn alle Freier und Zuhälter gegangen gewesen seien, hätten die Prostituierten lautstark weitergefeiert. Zwei Beteiligte des Hauses L... hätten ohne Erfolg versucht, ihr Eigentum zu verkaufen, da jeder potentielle Käufer sofort das Interesse verloren habe, wenn er die näheren Umstände erkannt habe. Durch die vom Antragsgegner veranlasste Nutzung seien Sonder- und Gemeinschaftseigentum in übermäßiger und ungebührlicher Weise genutzt worden, was im krassen Widerspruch zur Teilungserklärung stehe, die die schlichte Nutzung als Wohnräume vorsehe. Unter diesen Umständen sei den Antragstellern nicht zuzumuten, den Bordellbetrieb zu dulden, den der Antragsgegner bzw. seine Mieter veranlassten bzw. durchführten. Der Betrieb des Bordells störe das Zusammenleben der Beteiligten auf dem gemeinsamen Grundstück so schwer, dass kein anderes Mittel zur Vermeidung bestehe, als den Bordellbetrieb zu untersagen.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung Stand. Die geschilderten, erheblichen Belästigungen und sonstigen Beeinträchtigungen sind aktenkundig. Sie betreffen sowohl das Gemeinschaftseigentum - die Hoffläche - als auch das Sondereigentum der Wohnungseigentümer des Gebäudes L.... Die in § 9 der Teilungserklärung geregelte getrennte Verwaltung der beiden Häuser ist ohne Einfluss auf das Recht der Antragsteller, gemäß §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB die Unterlassung des gesetz- und teilungserklärungswidrigen Gebrauchs zu verlangen. </p>\n <span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den sogenannten ideellen Einwirkungen (BGHZ 95, 307, 308 ff.) beruft sich der Antragsgegner ohne Erfolg. Der BGH hat sich dort mit Beeinträchtigungen durch einen Bordellbetrieb befasst, dessen Vorgänge von außen \"sinnlich nicht wahrgenommen\" werden konnten und bei dem kein anstößiges oder schamverletzendes Verhalten der Prostituierten \noder ihrer Kunden außerhalb der Wohnung hinzukam. Hier liegt der Fall jedoch gerade anders, wie vom Landgericht ausführlich dargestellt und rechtsfehlerfrei beurteilt. </p>\n <span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Im übrigen folgt der Senat der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs Berlin (WuM 2003, 39), wonach das Grundrecht auf Eigentum es nicht gebietet, den Nachteilsbegriff des § 14 Nr. 1 WEG auf physikalische Einwirkungen wie \nImmissionen zu beschränken; entscheidend sei, dass sich ein Wohnungseigentümer durch einen Betrieb, der trotz gesetzlicher Erlaubtheit mit einem sozialen Unwerturteil breiter Bevölkerungskreise behaftet sei, beeinträchtigt fühlen könne, wobei eine nicht ganz unerhebliche, konkrete und objektive Beeinträchtigung schon daraus folge, dass die beanstandete Nutzung sich durchaus negativ auf den Verkehrswert und den Mietpreis der Eigentumswohnungen auswirken könne. </p>\n <span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Zu Recht hat das Landgericht eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs verneint. Allein der Zeitablauf von sieben Jahren begründet noch keine Verwirkung, da zum Zeitmoment jedenfalls das sogenannte Umstandsmoment hinzukommen muss. Danach muss sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und die verspätete Geltendmachung muss als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen; letzteres wird z.B. bejaht, wenn der Verpflichtete im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechtsvermögensdispositionen getroffen hat (vgl. Palandt-Heinrichs, 61. Auflage, § 242 BGB Rdnrn. 93 ff.). Dazu hat der Antragsgegner erstmals mit der weiteren Beschwerde vorgetragen, er habe kostspielige Aufwendungen gehabt, um sein Eigentum zu sanieren, zu renovieren und zu verschönern. Dieses neue und darüber hinaus pauschale Vorbringen ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht zu berücksichtigen.</p>\n <span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 Satz 1 und 2 WEG. Die Erstattungsanordnung bezüglich der außergerichtlichen Kosten entspricht der Billigkeit; denn angesichts der überzeugenden Entscheidungsgründe des Landgerichts hätte der Antragsgegner die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels erkennen können. </p>\n \n " }