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GET /api/cases/296322/
{ "id": 296322, "slug": "olgd-2002-09-05-10-u-6602", "court": { "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }, "file_number": "10 U 66/02", "date": "2002-09-05", "created_date": "2019-03-12T14:00:05Z", "updated_date": "2020-12-10T12:55:56Z", "type": "Urteil", "ecli": "ECLI:DE:OLGD:2002:0905.10U66.02.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. März 2002 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.\nDie Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.</p>\n\n<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>\n\n<p>Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10 % über dem zu vollstreckenden Betrag abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorab in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline;\"><b>T a t b e s t a n d</b></span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger nimmt die Beklagten auf Räumung und Herausgabe des im\nErdgeschoss des Gebäudes B. 68 in D. gelegenen, von dem Beklagten\nzu 1) mit Vertrag vom 29.05.1998 angemieteten Ladenlokals nebst\nHallenfläche in Anspruch. Wegen der näheren Einzelheiten des\nerstinstanzlichen beiderseitigen Vorbringens und der gestellten\nAnträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl.\n239-241 GA) verwiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Das Landgericht hat die Beklagten mit dem angefochtenen Urteil,\nauf dessen Gründe ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 241-243 GA),\nantragsgemäß verurteilt. Das Mietobjekt ist zwischenzeitlich im\nWege der Zwangsvollstreckung geräumt und an den Kläger\nübergeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen die Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten,\nmit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag\nweiterverfolgen. Sie wiederholen und vertiefen ihr\nerstinstanzliches Vorbringen und führen ergänzend und korrigierend\naus: Die auf § 57a ZVG gestützte Kündigung des Klägers vom\n14.04.1999 (Bl. 24 f. GA) als Ersteher des Grundstücks B. 68 sei\nmit Blick auf den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Düsseldorf\nvom 26.03.1999 (65 a K 78/98; Bl. 22 f. GA) verspätet. Am 28. oder\n29.03.1999 habe sich der Kläger dem Beklagten zu 1) nicht nur als\nneuer Eigentümer vorgestellt, ihm sei - entgegen dem\nerstinstanzlichen Vortrag der Beklagten - auch eine Kopie des\nMietvertrages überlassen worden. Zudem sei er von dem Beklagten zu\n1) auf die Undichtigkeit des Flachdaches und die deshalb um 70 %\ngeminderte Mietzinszahlung hingewiesen worden. Überdies habe der\nVerwalter des Grundstücks B. 68, der Zeuge K., am 06.04.1999 mit\ndem Kläger eingehend \"das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1)\neinschließlich der Mietkürzungen\" besprochen. Der schriftliche\nMietvertrag sei dem Kläger von dem Verwalter ohnehin erst nach dem\n14.04.1999 überlassen worden. Eine auf das Sonderkündigungsrecht\ngestützte Kündigung hätte daher spätestens am 06.04.1999 erfolgen\nmüssen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung. Er hebt\nnochmals hervor, dass der Verwalter K. in der Karwoche\n(29.03.1999-05.04.1999 = Ostermontag) nicht erreichbar gewesen sei,\nwas unstreitig ist. Erst nachfolgend habe er von dem Verwalter die\naktuelle Mieterliste nebst dazugehörenden Mietverträgen und\nUnterlagen erhalten. Noch am 06.04.1999 habe er alsdann einen\nBesprechungstermin mit seinen erstinstanzlichen\nProzessbevollmächtigten auf den 13.04.1999 vereinbart. Als Folge\nder Beratung habe er das Sonderkündigungsrecht am 14.04.1999\nausgeübt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird\nauf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten\nSchriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten\ngereichten Unterlagen Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"h2 absatzLinks\">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">I.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt,\ndass die Beklagten gemäß §§ 556 Abs. 1, 3, 985 BGB mit Ablauf des\n31.12.1999 zur Räumung und Herausgabe des Ladenlokals B. 68 in D.\nverpflichtet sind. Denn das Mietverhältnis des Beklagten zu 1) mit\nder Voreigentümerin, in das der Kläger mit Zuschlag gemäß § 57 ZVG\ni.V.m. § 571 BGB eingetreten ist, war aufgrund der Kündigung des\nKlägers vom 14.04.1999 gemäß §§ 57a Satz 1 ZVG, 565 Abs. 1a BGB am\n31.12.1999 beendet. Damit ist auch das Besitzrecht des Beklagten zu\n2) entfallen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">1. Die Bestimmung des § 57a Satz 2 ZVG, wonach die Kündigung\nausgeschlossen ist, wenn sie nicht für den ersten zulässigen Termin\nerfolgt, steht der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung\nnicht entgegen. Zwar hätte der Kläger gemäß § 565 Abs. 1a BGB\ntheoretisch schon zum 3. Werktag im April 1999 (06.04.1999) das\nSonderkündigungsrecht ausüben können. Die bloße theoretische\nMöglichkeit bestimmt jedoch nicht den ersten zulässigen Termin für\ndie Ausübung des Sonderkündigungsrechts. Maßgebend ist vielmehr, ob\ndem Kläger die Ausübung des Rechts unter Beobachtung der\nerforderlichen Sorgfalt bis zum 06.04.1999 tatsächlich möglich war\n(vgl. Zeller/Stöber, ZVG, 16. Aufl. § 57a Rdnr. 5.2; Böttcher, ZVG,\n3. Aufl., §§ 57-57d, Rdnr. 12; jeweils m.w.N.). Dabei muss dem\nErsteher grundsätzlich Gelegenheit eingeräumt werden, die Sach- und\nRechtslage zu überprüfen, sich über Umstände zu informieren, die\nfür oder gegen ein Verbleiben des Mieters sprechen, und die interne\nWillensbildung im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes\ndurchzuführen (Senat Urteil vom 26.06.1986, Rechtspfleger 1987,\n513). Das gilt insbesondere dann, wenn der Zuschlag - wie hier\n(26.03.1999) - unmittelbar vor dem Beginn des rechnerisch ersten\nzulässigen Termins für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts\nerfolgt. Der Begriff des ersten zulässigen Termins darf daher nicht\nzu überspannten Anforderungen führen. Es ist vielmehr nach den\nUmständen des Einzelfalls derjenige Termin, für den die Kündigung\ndem Ersteher ohne vorwerfbares Zögern möglich ist (vgl. RGZ 98,\n273, 275; Zeller/Stöber, a.a.O.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Bei Beachtung dieser Grundsätze stellt sich die auf § 57a ZVG\ngestützte Kündigung des Klägers vom 14.04.1999 nicht als verspätet\ndar. Selbst nach dem Vorbringen der Beklagten hatte der Verwalter\ndes erstandenen Hausgrundstücks den Kläger erst am 06.04.1999 über\ndas Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1) einschließlich der\nMietkürzungen informiert. In diesem Besprechungstermin soll - nach\nDarstellung der Beklagten - nicht einmal der schriftliche\nMietvertrag mit den Zusatzvereinbarungen übergeben worden sein. Es\nkann dahinstehen, ob und wann der schriftliche Mietvertrag dem\nKläger nachfolgend von dem Verwalter übergeben wurde. Denn nach dem\nbeiderseitigen Vorbringen war dies jedenfalls nicht vor dem\n06.04.1999 der Fall. In diesem Zusammenhang kann ebenfalls offen\nbleiben, ob der Beklagte zu 1), wie die Beklagten nunmehr geltend\nmachen, dem Kläger bereits am 28. oder 29.03.1999 eine Kopie des in\nseinem Besitz befindlichen Mietvertragsexemplars übergeben hat.\nMaßgebend für den Entscheidungsprozess des Erstehers, ob er von dem\nSonderkündigungsrecht Gebrauch machen will, sind zuverlässige\nInformationen über den Vermietungsstand des ersteigerten\nGrundstücks. Verlässliche Informationen wird der Ersteher aber in\nder Regel nur von dem Voreigentümer oder - wie hier - dessen\nVerwalter erlangen können. Auf Auskünfte der Mieter oder ihm von\ndiesen überlassenen Unterlagen, die als Kopien ohnehin\nmanipulierbar sind, muss er sich nicht verweisen lassen. Die danach\nmaßgebenden Informationen durch den Verwalter hat der Kläger\nfrühestens am 06.04.1999 erhalten. Eine Entscheidung über die\nAusübung des außerordentlichen Kündigungsrechts noch am gleichen\nTage konnte von ihm angesichts der unklaren Sach- und Rechtslage\nnicht erwartet werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gestaltete sich schon\ndeshalb als schwierig, weil der Beklagte zu 1) in der\nZusatzvereinbarung zu § 21 des Mietvertrages die Verpflichtung\nübernommen hatte, den ihm bekannten \"Renovierungs- und\nReparaturstau\" im Bereich der hinteren Halle des Mietobjekts auf\neigene Rechnung zu beseitigen (Bl. 11 GA), er die Undichtigkeit des\nFlachdachs der Halle indes in der Folge gleichwohl zum Anlass nahm,\ndie Miete von 6.300 DM auf 1.590 DM monatlich zu mindern. Ob dies\ngerechtfertigt oder der Beklagte zu 1) nur leistungsunwillig war,\nkonnte der Kläger nach den Unterlagen - soweit sie ihm überhaupt\nvollständig überlassen wurden - nicht ohne weiteres beurteilen.\nDenn eine weitere Vereinbarung vom 29.05.1998 zwischen der\nVoreigentümerin und dem Beklagten zu 1) (Bl. 16 GA) enthält unter\nden Unterschriften den Zusatz, dass der Vermieter das Flachdach der\nHalle abdichten werde. Hiervon ausgehend kann es dem Kläger\njedenfalls nicht zum Nachteil gereichen, wenn er vor der\nEntschließung über die Ausübung des Sonderkündigungsrechts die\nAbsprachen aufklären und vor allem rechtskundigen Rat einholen\nwollte. Dass dies abschließend nicht am 06.04.1999 durchführbar\nwar, liegt auf der Hand.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">2. Der erste zulässige Termin im Sinne des § 57a ZVG für die\naußerordentliche Kündigung nach § 565 Abs. 1a BGB war folglich der\n3. Werktag im Juli 1999. Dieser Termin ist mit der Kündigung vom\n14.04.1999 gewahrt. Die zu frühe Angabe des Endtermins (30.06.1999)\nist unschädlich. Wird ein zu früher Endtermin angegeben, endet das\nMietverhältnis regelmäßig zu dem gesetzlich vorgesehenen Termin,\nhier gemäß § 565 Abs. 1a BGB also dem 31.12.1999. Anhaltspunkte\ndafür, der spätere Termin sei für den Kläger als Ersteher ohne\nInteresse, sind nicht vorgetragen (vgl. hierzu: BGH NJW-RR 1996,\n144).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">3. Der Anspruch des Klägers ist nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB\ndurch Erfüllung untergegangen. Denn die Räumung und Herausgabe des\nGrundstücks an den Kläger erfolgte im Wege der Zwangsvollstreckung.\nBei einer Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren\nUrteil tritt indes ohne Hinzutreten weiterer - hier nicht\nvorliegender - Umstände keine Erfüllung ein (vgl.\nPalandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 362 Rdnr. 12 m.w.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">II.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr.\n10, 711 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der\nRevision liegen nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Streitwert für das Berufungsverfahren: 38.653,67 EUR (= 75.600\nDM).</p>\n " }