List view for cases

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    "slug": "olgd-2002-03-21-i-8-u-4801",
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    "file_number": "I-8 U 48/01",
    "date": "2002-03-21",
    "created_date": "2019-03-12T15:02:50Z",
    "updated_date": "2020-12-10T12:59:13Z",
    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:OLGD:2002:0321.I8U48.01.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts D&#252;sseldorf auf die m&#252;ndliche Verhand-lung vom 4. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht S. und die Richterin am Oberlandesgericht S.-B.</p>\n<p></p>\n<p>f&#252;r   R e c h t    erkannt:</p>\n<p></p>\n<p>Auf die Berufung der Kl&#228;gerin wird das am 30. Januar 2001 verk&#252;ndete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abge&#228;ndert und wie folgt neu gefasst:</p>\n<p></p>\n<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Kl&#228;gerin ein Schmerzensgeld in H&#246;he von 50.000 EUR zu zahlen.</p>\n<p></p>\n<p>Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kl&#228;gerin s&#228;mtliche materiellen und k&#252;nftigen immateriellen Sch&#228;den, die aufgrund ihres Selbst-t&#246;tungsversuches am 6. Juni 1998 entstehen, zu ersetzen, soweit die Anspr&#252;-che nicht auf Sozialversicherungstr&#228;ger oder sonstige Dritte &#252;bergegangen sind.</p>\n<p></p>\n<p>Die Kosten des Rechtsstreites - beider Instanzen - hat die Beklagte zu tra-gen.</p>\n<p></p>\n<p>Das Urteil ist vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p>\n<p></p>\n<p>Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kl&#228;gerin durch Sicherheits-leistung in H&#246;he von 60.000 EUR abwenden, wenn nicht die Kl&#228;gerin zuvor in gleicher H&#246;he Sicherheit leistet.</p>\n<p></p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die am 4. Juni 1966 geborene Kl&#228;gerin leidet seit 1996 an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, in deren Folge sich bei ihr suizidale Gedanken und W&#252;nsche entwickelten. Seit M&#228;rz 1996 kam es zu station&#228;ren Aufenthalten in der Nervenklinik der Beklagten:</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">- 1.3.1996 - 23.4.1996, nachdem die Kl&#228;gerin in Selbstt&#246;tungsabsicht von einer</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Br&#252;cke gesprungen war;</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">- 18.1.1997 - 18.3.1997, nachdem die Kl&#228;gerin versucht hatte, sich im Bett </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">anzuz&#252;nden;</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">- 16.6.1997 - 18.8.1997, nachdem die Kl&#228;gerin erneut Suizidabsichten ge&#228;u&#223;ert</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">hatte; </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">- 17.4.1998 - 15.5.1998, nachdem die Kl&#228;gerin unter starken Depressionen litt</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">und die Einnahme von Medikamenten verweigerte.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Am 2.6.1998 wurde die Kl&#228;gerin notfallm&#228;&#223;ig in die Klinik der Beklagten eingeliefert, nachdem sie am Vorabend mit dem Pkw in den Wald gefahren war und dort - angeblich in Selbstt&#246;tungsabsicht - eine Flasche Rum getrunken hatte. Die Kl&#228;gerin wurde auf der geschlossenen Station untergebracht und mit den Neuroleptika \"Lyogen 10 mg\" und \"Truxal 120 mg\" t&#228;glich behandelt. Die Kl&#228;gerin war - auch wegen des voherigen hohen Alkoholkonsums - zun&#228;chst m&#252;de und schlief &#252;berwiegend. Ausweislich der Behandlungsdokumentation hatte sie sich am 5.6. von - noch am 3.6. ge&#228;u&#223;erten - Suizidgedanken distanziert und weitere Behandlungsperspektiven entwickelt. Ihr war daher eine Verlegung auf die offene Station zum 8.6.1998 in Aussicht gestellt worden.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Am Morgen des 6.6.1998 bat die Kl&#228;gerin mit der Begr&#252;ndung, sie habe sich bei der Pedik&#252;re am Zeh verletzt, um ein Pflaster. Tats&#228;chlich hatte die Kl&#228;gerin eine Verletzung am Handgelenk, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wie gro&#223; die Verletzung war und ob die Kl&#228;gerin sie sich in Selbstt&#246;tungsabsicht zugef&#252;gt hatte.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Im Laufe des Vormittags des 6.6.1998 entdeckte der Pfleger B. zuf&#228;llig, wie die Kl&#228;gerin in dem zu ihrem Krankenzimmer geh&#246;rigen Bad mit einem von ihr ersichtlich nicht ben&#246;tigten Gurt hantierte. B. erkannte suizidale Absichten, lie&#223; sich den Gurt aush&#228;ndigen, durchsuchte das Zimmer nach weiteren m&#246;glichen gef&#228;hrlichen Gegenst&#228;nden und ging danach mit ihr &#252;ber den Flur in Richtung des Stationszimmers. Er betrat das Zimmer allein und informierte den zust&#228;ndigen Arzt und den Bezugspfleger der Kl&#228;gerin &#252;ber den Vorfall. Als der Bezugspfleger P. nach der Kl&#228;gerin sehen wollte, war sie weder auf dem Flur noch in dem Aufenthaltsraum oder im Raucherzimmer anzutreffen. Er fand sie schlie&#223;lich im Bad ihres Krankenzimmers, wo sie sich mittels eines am Fensterrahmen befestigten Trageriemens aufgeh&#228;ngt hatte. Die Kl&#228;gerin konnte zwar reanimiert werden, hat jedoch irreparable Hirnsch&#228;den davon getragen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin macht das Personal der Klinik der Beklagten daf&#252;r verantwortlich, ihren Selbstt&#246;tungsversuch nicht verhindert zu haben. Sie hat behauptet, ihre medikament&#246;se Versorgung sei nicht ausreichend gewesen, um sie ruhig zu stellen; bereits am Morgen des 6.6.1998 h&#228;tten weitere Sicherungsma&#223;nahmen erfolgen m&#252;ssen, weil ihr Verlangen nach einem Pflaster ein deutlicher Hinweis auf eine erfolgte Selbstverletzung war. Sp&#228;testens zu dem Zeitpunkt, als der Pfleger B. ihr Hantieren mit einem Gurt feststellte, w&#228;re ihre sofortige Fixierung erforderlich gewesen. Keinesfalls h&#228;tte er sie jetzt - wie geschehen - alleine lassen d&#252;rfen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin, die neben der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verlangt, hat beantragt,</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">1. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen H&#246;he ausdr&#252;cklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">2.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr s&#228;mtliche materiellen und immaterielle Sch&#228;den, die aus dem Schadenvorfall vom 6. Juni 1998 </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">\nentstehen, zu ersetzen, soweit die Anspr&#252;che nicht auf Sozialversicherungstr&#228;ger oder sonstige Dritte &#252;bergegangen sind.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte hat beantragt,</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">die Klage abzuweisen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte hat Fehler in der Behandlung und Beaufsichtigung der Kl&#228;gerin bestritten; sie hat vorgetragen: Dem Personal der Klinik sei die erh&#246;hte Suizidgefahr der Kl&#228;gerin bekannt gewesen; unter Beachtung dieses Umstandes sei die Kl&#228;gerin angemessen medikament&#246;s behandelt worden. Am 5.6.1998 seien die suizidalen Absichten allerdings abgeklungen gewesen; die Kl&#228;gerin habe ge&#228;u&#223;ert, sie wolle behandelt werden. Hinweise auf einen Suizidversuch nach der station&#228;ren Aufnahme und vor dem 6. Juni 1998 habe es nicht gegeben. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Pfleger B. die Kl&#228;gerin am 6.6. trotz des Vorfalles mit dem Gurt auf dem Stationsflur kurz alleine gelassen habe. Die Kl&#228;gerin habe sich zu diesem Zeitpunkt wieder kooperativ gezeigt, so dass Anlass zu der Annahme, sie k&#246;nne unmittelbar einen (weiteren) Suizidversuch begehen, nicht bestanden habe.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens des damaligen Direktors der Klinik f&#252;r Psychiatrie und Psychotherapie der R.-W. T. H. A. Prof. Dr. S. und die Klage sodann durch Urteil vom 30.1.2001 abgewiesen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen die Entscheidung wendet sich die Kl&#228;gerin mit der Berufung.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Unter Bezugnahme auf die Ausf&#252;hrungen des Sachverst&#228;ndigen Prof. Dr. S. wiederholt die Kl&#228;gerin ihren Vorwurf, es sei objektiv fehlerhaft und entgegen der Beurteilung des Landgerichts auch subjektiv vorwerfbar gewesen, dass der Pfleger B. sie am 6.6.1998 unbeaufsichtigt gelassen habe. Im &#252;brigen beanstandet sie, dass der Sachverst&#228;ndige bei seiner Stellungnahme zu der Frage der ausreichenden Medikation die M&#246;glichkeit eines bereits am 5.6. begangenen Suizidversuches durch Aufschneiden der Pulsadern nicht ber&#252;cksichtigt habe. Die Kl&#228;gerin verweist auf einen angeblichen Zwischenfall am 4.6.1998, wo sie leblos aufgefunden worden sei. Sie bestreitet, am 5.6.1998 ihre suizidalen Gedanken aufgegeben zu haben.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">in Ab&#228;nderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Schlussantr&#228;gen zu erkennen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\" style=\"margin-left:35px\">die Berufung der Kl&#228;gerin zur&#252;ckzuweisen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Der Senat hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung am 4. Februar 2002 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A. P., V. B. und B. N. sowie durch Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen Prof. Dr. H. S.. Wegen des Beweisergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk vom 5. Februar 2002 (GA 294-315) Bezug genommen. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schrifts&#228;tze sowie die beigezogenen Behandlungsunterlagen verwiesen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r &#252; n d e</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\"><u>A.</u></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Die zul&#228;ssige Berufung ist begr&#252;ndet. Die Beklagte ist als Tr&#228;gerin der Nervenklinik der S. T. f&#252;r eine den dortigen Mitarbeitern zur Last fallende, zu dem Selbstt&#246;tungsversuch der Kl&#228;gerin f&#252;hrende Verletzung von Schutzpflichten verantwortlich. Sie ist daher nach &#167;&#167; 823, 831, 847 BGB zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verpflichtet; ferner hat sie f&#252;r den der Kl&#228;gerin entstandenen materiellen Schaden haftungsrechtlich einzustehen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>I.</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Es ist in der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Bediensteten einer Nervenklinik die Pflicht haben, ihre Patienten vor Selbstsch&#228;digungen zu bewahren, die ihnen durch einen Suizidversuch drohen k&#246;nnen (BGH VersR 1994, 50, 51). Diese Verpflichtung besteht - aus der Sicht ex ante - allerdings nur in den Grenzen des Erforderlichen und des f&#252;r das Krankenhauspersonal und den Patienten Zumutbaren (BGH a.a.O.) und muss dar&#252;ber hinaus dem eigentlichen Ziel einer erfolgversprechenden Behandlung Rechnung tragen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">Unter Ber&#252;cksichtigung dieser Grunds&#228;tze sind dem Personal der Nervenklinik der S. T. schwerwiegende Vers&#228;umnisse vorzuwerfen, die den Selbstt&#246;tungsversuch der Kl&#228;gerin am 6. Juni 1998 erm&#246;glicht haben: Die vor dem Senat durchgef&#252;hrte Beweisaufnahme hat - entgegen der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten - ergeben, dass die Kl&#228;gerin am Vormittag dieses Tages nach einem bereits unmittelbar in Angriff genommenen aber entdeckten Selbstt&#246;tungsversuch ersichtlich hochgradig suizidgef&#228;hrdet war und in keinem Fall - wie geschehen - vor&#252;bergehend alleine gelassen werden durfte.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\"><u>1.)</u></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">Aufgrund der Bekundungen der in der Klinik seinerzeit als Pfleger t&#228;tigen Zeugen A. P. und V. B. sowie des damaligen Stationsarztes B. N. ist von folgendem Geschehensablauf am Vormittag des 6. Juni 1998 auszugehen:</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">Der Zeuge B. bemerkte zuf&#228;llig, dass die Kl&#228;gerin in dem zu ihrem damaligen Zimmer geh&#246;renden Waschraum im Begriff war, sich mittels eines Trageriemens zu erh&#228;ngen; sie hatte - so der Zeuge B. - bereits einen Stuhl geholt, stand schon etwas h&#246;her und suchte - den Riemen in der Hand - nach einer M&#246;glichkeit, um sich zu erh&#228;ngen. Der Pfleger B. konnte den Suizid durch sein Eingreifen verhindern; er nahm der Kl&#228;gerin den Tr&#228;ger ab, suchte nach weiteren gef&#228;hrlichen </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">\nGegenst&#228;nden und begleitete sie sodann &#252;ber den Stationsflur bis zu dem dort gelegenen Mitarbeiterraum, in dem sich die Zeugen P. und N. aufhielten, die Herr B. &#252;ber den Vorfall unterrichten wollte. Ohne mit der nach Darstellung des Zeugen B. im Anschluss an den entdeckten Suizidversuch hoch erregten Kl&#228;gerin, die auf ihn einen schockierten und gebrochenen Eindruck machte, ein Gespr&#228;ch aufzunehmen, betrat Herr B. das Mitarbeiterzimmer und lie&#223; die Kl&#228;gerin - ohne Absprache, was sie in seiner Abwesenheit machen sollte - zur&#252;ck. Herr B. berichtete dem Bezugspfleger der Kl&#228;gerin P. und dem Stationsarzt N. von dem Vorfall und verlie&#223; daraufhin das Mitarbeiterzimmer, wobei er die Kl&#228;gerin auf dem Flur nicht mehr antraf. Die Zeugen P. und N., die ihrer Darstellung zufolge davon ausgingen, dass keine akute Gef&#228;hrdung der Kl&#228;gerin bestand, weil der Pfleger B. ihr m&#246;glicherweise gef&#228;hrliche Gegenst&#228;nde weggenommen hatte und sie freiwillig mit ihm auf den Stationsflur gegangen war, hielten die weitere &#220;berwachung der Kl&#228;gerin nicht f&#252;r besonders eilbed&#252;rftig und unterhielten sich zun&#228;chst &#252;ber ihre bisherige gesundheitliche Entwicklung und die Frage des weiteren Vorgehens im Hinblick auf den von dem Pfleger B. geschilderten Vorfall. Sodann verlie&#223; der Zeuge P. das Zimmer, der nunmehr absprachegem&#228;&#223; nach der Kl&#228;gerin sehen sollte. Er konnte sie allerdings trotz entsprechender Suche zun&#228;chst nicht entdecken und fand sie schlie&#223;lich aufgeh&#228;ngt im Waschraum ihres Zimmers vor.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\"><u>2.)</u></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">Aufgrund dieser auf den glaubhaften Angaben der Zeugen B., P. und N. beruhenden Tatsachenfeststellungen ist dem Klinikpersonal vorzuwerfen, die nach dem von dem Pfleger B. entdeckten Suizidversuch bei der Kl&#228;gerin weiter bestehende akute Selbstmordgef&#228;hrdung verkannt und nicht die in jedem Falle erforderlichen Sicherungsma&#223;nahmen, die den weiteren Suizidversuch zweifelsohne verhindert h&#228;tten, ergriffen zu haben.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Prof. Dr. S., der als bisheriger Direktor einer Klinik f&#252;r Psychiatrie und Psychotherapie &#252;ber umfassende wissenschaftliche und praktische Erfahrung </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">\nverf&#252;gt, hat keinen Zweifel daran gelassen, dass der von dem Zeugen B. entdeckte ernsthafte (harte) Suizidversuch der Kl&#228;gerin und ihr danach andauernder hocherregter Zustand, der keinerlei Zeichen f&#252;r eine erneute Kooperationsbe-reitschaft erkennen lie&#223;, ein h&#246;chst dringliches Alarmsignal f&#252;r eine weitere akut andauernde Suizidgefahr war, in der die Patientin keinesfalls auch nur vor&#252;ber-gehend h&#228;tte alleine gelassen werden d&#252;rfen. Danach w&#228;re es in jedem Falle erforderlich gewesen, dass die Zeugen P. oder N. unmittelbar nach Kenntniserlangung von dem Vorfall durch den Zeugen B. sich sogleich um die Kl&#228;gerin gek&#252;mmert h&#228;tten, und zwar nach Darstellung des Sachverst&#228;ndigen zun&#228;chst im Gespr&#228;ch, um die Notwendigkeit des weiteren Vorgehens angesichts der abzukl&#228;renden Frage der Suizidalit&#228;t entscheiden zu k&#246;nnen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">Diesem aufgrund des Zustandes der Kl&#228;gerin ohne weiteres erkennbaren Erfordernis von Sicherungsma&#223;nahmen wurde nachhaltig zuwidergehandelt, indem der Pfleger P. erst nach einer weiteren Unterhaltung mit dem Stationsarzt N. nach der Kl&#228;gerin sah. S&#228;mtliche Zeugen haben beschrieben, dass seinerzeit keine Eile an den Tag gelegt wurde. Der Zeuge B. hat ausgesagt, dass von dem Zeitpunkt, als er die Kl&#228;gerin auf dem Flur zur&#252;cklie&#223; bis zu der Entdeckung ihres zweiten Selbstt&#246;tungsversuches - er h&#246;rte einen Mitarbeiter laut schreien - rund 10 Minuten vergangen sein d&#252;rften. Jedenfalls war es ein so gro&#223;er Zeitraum, dass er nach seiner R&#252;ckkehr von den Zeugen P. und N. noch die Mittagsmedizin f&#252;r die Patienten bereitstellen konnte. Damit war die Kl&#228;gerin &#252;ber einen Zeitraum unbeobachtet, welcher unter Ber&#252;cksichtigung der von dem Sachverst&#228;ndigen Prof. Dr. S. beschriebenen akuten Gef&#228;hrdung als unakzeptabel anzusehen ist.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">Dabei kommt es nicht darauf an, ob die dringend erforderliche &#220;berwachung der Kl&#228;gerin deshalb nicht stattgefunden hat, weil die Zeugen P. und N. eine akute Suizidgef&#228;hrdung wegen einer zwischenzeitlich angenommenen Besserung ihres Zustandes als eher fernliegend ansahen - der Zeuge P. hat hierzu bekundet, er habe sich gegen&#252;ber Herrn N. </p>\n            <span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">\n&#252;berrascht &#252;ber ein solches Verhalten der Kl&#228;gerin gezeigt, weil sie sich nach dem Bericht der Stations&#228;rztin von suizidalen Gedanken gel&#246;st haben sollte und er sie selbst an diesem Tag als unauff&#228;llig empfunden habe; der Zeuge N. hat ausgesagt, er habe eine Notwendigkeit, schnell handeln zu m&#252;ssen auch deshalb als unwahrscheinlich angesehen, weil man nicht davon ausging, die Kl&#228;gerin werde in der Klinik einen ernsthaften Suizidversuch unternehmen - oder ob der Zeuge B. die sich nach seiner Darstellung eindeutig abzeichnende Gefahrenlage bei seiner Schilderung gegen&#252;ber dem Zeugen P. und N. nicht ausreichend deutlich gemacht hat. Beide wollen ihrer Darstellung zufolge davon ausgegangen sein, dass eine akute Gefahrenlage der Kl&#228;gerin auch deshalb nicht vorlag, weil der Pfleger B. ihr Gegenst&#228;nde, die gef&#228;hrlich h&#228;tten sein k&#246;nnen weggenommen und mit ihr gesprochen hatte.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\">Jedenfalls muss sich die Beklagte als Krankenhaustr&#228;ger das als erheblich zu bezeichnende Fehlverhalten ihres Personals zurechnen lassen, unabh&#228;ngig davon ob dies in einer unzureichenden Weiterleitung von relevanten Informationen oder in einer falschen Einsch&#228;tzung in der Gefahrenlage zu sehen ist.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">52</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>II.</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">53</span><p class=\"absatzLinks\">Es bestehen keinerlei Zweifel daran, dass das den Klinikmitarbeitern zur Last fallende Fehlverhalten f&#252;r den zu der Sch&#228;digung der Kl&#228;gerin f&#252;hrenden Selbstt&#246;tungsversuch verantwortlich war. H&#228;tte der Pfleger B. die Kl&#228;gerin nicht alleine auf dem Stationsflur zur&#252;ckgelassen oder h&#228;tten der Kl&#228;ger P. oder der Stationsarzt N. unverz&#252;glich nach Kenntnis von dem Geschehen gehandelt und die Kl&#228;gerin in ihre Obhut genommen, w&#228;ren weitere Sch&#228;digungshandlungen unterblieben. Denn der von dem Pfleger B. beschriebene Zustand der Kl&#228;gerin h&#228;tte bei sachgerechter Einsch&#228;tzung und folgerichtigem Handeln weitergehende Sicherungsma&#223;nahmen oder jedenfalls eine pflegerische Beobachtung der Kl&#228;gerin zwingend erforderlich gemacht.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">54</span><p class=\"absatzLinks\">\n</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">55</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>III.</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">56</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin hat gegen die Beklagte nach &#167; 847 BGB Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, das der Senat angesichts der Folgen des von der Beklagten haftungsrechtlich zu vertretenen Suizidversuchs mit 50.000 EUR als angemessen bewertet. Dabei ist in erster Linie zu ber&#252;cksichtigen, dass die Kl&#228;gerin ausweislich des f&#252;r das Amtsgericht Wuppertal gefertigten nerven&#228;rztlichen Gutachtens der Nervenklinik der S. T. vom 20. Dezember 1999 infolge des Strangulationsversuches einen hypoxischen Hirnschaden mit der Folge einer leicht linksbetonten spastischen Tetraparese mit Bewegungsst&#246;rungen sowie unterschiedlich ausgepr&#228;gter Harn- und Stuhlinkontinenz erlitten hat. Die Kl&#228;gerin ben&#246;tigt aufgrund der eingetretenen Behinderung bei allen Verrichtungen des t&#228;glichen Lebens pflegerische Hilfe. Dabei ist aufgrund der Ausf&#252;hrungen von Prof. Dr. S. in seinem schriftlichen Gutachten davon auszugehen, dass die psychischen und k&#246;rperlichen Beeintr&#228;chtigungen sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr grundlegend bzw. in alltagsrelevantem Ausma&#223; zur&#252;ckbilden werden und es als extrem unwahrscheinlich anzusehen ist, dass die Kl&#228;gerin jemals wieder ein unabh&#228;ngiges Lebens wird f&#252;hren k&#246;nnen.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">57</span><p class=\"absatzLinks\">Unter Abw&#228;gung dieser Gesamtumst&#228;nde erscheint der Betrag von 50.000 EUR angemessen aber auch erforderlich, um einen finanziellen Ausgleich f&#252;r die von der Kl&#228;gerin erlittenen immateriellen Sch&#228;den zu gew&#228;hrleisten.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">58</span><p class=\"absatzLinks\"><b><u>IV.</u></b></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">59</span><p class=\"absatzLinks\">Das Feststellungsbegehren der Kl&#228;gerin ist, soweit es sich auf die Entstehung materieller und - so legt der Senat das Klagebegehren der Kl&#228;gerin aus - zuk&#252;nftiger immaterieller Sch&#228;den erstreckt, gerechtfertigt. Angesichts des dargestellten Schadenbildes kann die Entstehung auch k&#252;nftiger, weiterer Beeintr&#228;chtigungen nicht ausgeschlossen werden.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">60</span><p class=\"absatzLinks\"><u>B.</u></p>\n            <span class=\"absatzRechts\">61</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 91 ZPO; die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus den &#167;&#167; 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">62</span><p class=\"absatzLinks\">Die gesetzlichen Voraussetzungen f&#252;r die Zulassung der Revision liegen nicht vor.</p>\n            <span class=\"absatzRechts\">63</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwer der Beklagten liegt &#252;ber 20.000 EUR.</p>\n                <span class=\"absatzRechts\">64</span><ol class=\"absatzLinks\" type=\"a\"><li><b>\t\tS. \t\t\tS.-B.</b></li></ol>\n        \n      "
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