List view for cases

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    "file_number": "3 Wx 8/19",
    "date": "2019-02-21",
    "created_date": "2019-04-02T12:18:46Z",
    "updated_date": "2022-10-17T06:23:35Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:OLGD:2019:0221.3WX8.19.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Das Rechtsmittel wird zur&#252;ckgewiesen.</p>\n<p>Gesch&#228;ftswert: 5.000 &#8364;</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">G r &#252; n d e :</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>I.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Auf Antrag des B&#252;rger-und Ordnungsamtes der Stadt A&#8230; ist Nachlasspflegschaft f&#252;r die unbekannten Erben der Erblasserin angeordnet worden. Mit Beschluss vom 27. M&#228;rz 2018 ist der Beteiligte zu 1. zum Nachlasspfleger mit den Wirkungskreisen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der Erben bestellt worden. Der Beteiligte zu 2. ist mit weiterem nachlassgerichtlichen Beschluss vom selben Tage zum Verfahrenspfleger bestellt worden zur Vertretung der unbekannten Erben und zur Wahrnehmung ihrer Interessen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Die Ermittlungen des Beteiligten zu 1. ergaben, dass der Aktivnachlass zum Todestag bestand aus (Kontenst&#228;nde gerundet) einem Girokonto (10.700 &#8364;), einem Sparkonto (20.000 &#8364;) und einem Depot (25.200 &#8364;; Sparkasse A&#8230;, Depot 585986), in dem Anleihen gehalten werden, die ihr Kapital in Renten anlegen; bei diesen handelt es sich nicht um eine m&#252;ndelsichere Anlage.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beteiligte zu 1. beabsichtigt, das genannte Depot aufzul&#246;sen, das Aufl&#246;sungsguthaben zun&#228;chst einem Treuhandkonto zuzuf&#252;hren und alsdann m&#252;ndelsicher anzulegen. Hierzu hat er die gerichtliche Erm&#228;chtigung zur Depotaufl&#246;sung und zur &#220;berweisung des Aufl&#246;sungsguthabens auf das Treuhandkonto beantragt. Dem ist der Beteiligte zu 2. entgegengetreten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Den Erm&#228;chtigungsantrag hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung zur&#252;ckgewiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen diesen ihm am 23. Oktober 2018 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seinem am 6. November 2018 bei Gericht eingegangen Rechtsmittel, das der Beteiligte zu 2. zur&#252;ckgewiesen wissen m&#246;chte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>II.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Sache ist infolge der mit weiterem Beschluss des Nachlassgerichts vom 28. Dezember 2018 ordnungsgem&#228;&#223; erkl&#228;rten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen (&#167; 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. ist als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zul&#228;ssig, &#167;&#167; 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">In der Sache erweist es sich jedoch als unbegr&#252;ndet. Das Amtsgericht hat die beantragte nachlassgerichtliche Genehmigung zu Recht versagt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Das Nachlassgericht ist von &#167;&#167; 1960 Abs. 2 (letzter Fall); 1915 Abs. 1 Satz 1; 1812 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2; 1813; 1962 BGB und damit &#8211; wie von den Beteiligten auch nicht bezweifelt &#8211; von den zutreffenden rechtlichen Ans&#228;tzen ausgegangen. Mithin geht es allein um die Frage, ob die vom Beteiligten zu 1. beabsichtigte Verm&#246;gensumschichtung durch Depotaufl&#246;sung und &#220;berweisung zum Zwecke sp&#228;terer m&#252;ndelsicherer Anlage zu genehmigen ist. Das h&#228;ngt, da hier eine Verpflichtung des Nachlasses zur Vornahme der Rechtsgesch&#228;fte nicht in Rede steht, davon ab, ob die Umschichtung dem pflichtgem&#228;&#223;en Ermessen des Beteiligten zu 1. als Nachlasspfleger entspricht (vgl. MK &#8211; Kroll-Ludwigs, BGB, 7. Aufl. 2017, &#167; 1812 Rdnr. 40). Dies l&#228;sst sich nach den antragsbegr&#252;ndenden Darlegungen &#8211; mithin derzeit &#8211; nicht feststellen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">a)Wie der Regelungszusammenhang der Abs&#228;tze 1 und 2 des &#167; 1960 BGB zeigt, ist es Kernaufgabe eines Nachlasspflegers mit den im gegebenen Fall angeordneten Wirkungskreisen, die Verm&#246;gensinteressen der noch festzustellenden Erben auch dadurch wahrzunehmen, dass er den Nachlass erh&#228;lt; denn das Nachlassgericht hat im Anwendungsbereich des &#167; 1960 BGB &#8222;f&#252;r die Sicherung des Nachlasses zu sorgen&#8220;, und zur Erf&#252;llung dieser staatlichen F&#252;rsorgepflicht bedient es sich des Pflegers (BGH NJW 1983, 226 f). Schon aus diesem Grund hat die Sicherung des Nachlasses Vorrang vor seiner Vermehrung (so Zimmermann, Die Nachlasspflegschaft, 3. Aufl. 2013, Rdnr. 366). Die Erhaltung kann, den typischen Interessen unbekannter Erben entsprechend, jedenfalls regelm&#228;&#223;ig nicht gegenst&#228;ndlich, sondern muss wertbezogen verstanden und beurteilt werden. Dann aber ist der Nachlass nicht nur in seiner Aktualit&#228;t &#8211; dem gegenw&#228;rtig tats&#228;chlich vorhandenen Bestande &#8211;, sondern auch in seiner Potenzialit&#228;t, n&#228;mlich seinen Wertentwicklungen, soweit hinreichend zu beurteilen, zu ber&#252;cksichtigen; anderenfalls n&#228;hme man den festzustellenden Erben diejenigen Chancen, die der Nachlass aufgrund seiner Verm&#246;gensstruktur zur Zeit des Erbfalls enthielt und die deshalb unter dem Gesichtspunkt der Potenzialit&#228;t gleichfalls dessen &#8222;Bestandteil&#8220; waren (plastisch Zimmermann a.a.O.), w&#228;hrend es keinen Grund gibt, die Erben von denjenigen Risiken zu entlasten, die sie, bildlich gesprochen, gleichfalls vom Erblasser geerbt haben. Auf der anderen Seite gebietet es die Aufgabe der Erhaltung, Wertverschlechterungen nach dem Erbfall effektiv, das hei&#223;t m&#246;glichst fr&#252;hzeitig zu begegnen, mit anderen Worten bereits dann, wenn der Nachlasspfleger nach pflichtgem&#228;&#223;em Ermessen zu der Einsch&#228;tzung gelangt, es liege ein durch konkrete Umst&#228;nde begr&#252;ndeter Verdacht einer absehbaren Verschlechterung vor (im Ergebnis wie hier: Schulz, Handbuch Nachlasspflegschaft, 2. Aufl. 2017, &#167; 3 Rdnr. 60-63; wohl auch Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, 5. Aufl. 2014, Rdnr. 463 und 478).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Mit W&#252;nschen des Erblassers, wie er zu Lebzeiten sein Verm&#246;gen zusammengesetzt wissen wollte, und einer Obliegenheit des Pflegers zu deren Beachtung hat das alles nichts zu tun (so aber Zimmermann a.a.O.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Der hier eingenommene Standpunkt begegnet keinen grunds&#228;tzlichen praktischen Bedenken, sei es bez&#252;glich der Durchf&#252;hrung, sei es hinsichtlich des Haftungsrisikos des Nachlasspflegers (&#167; 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB). In Zweifelsf&#228;llen von Gewicht kann dieser eine Risikobewertung durch ein Kreditinstitut, etwa der &#8222;Hausbank&#8220; des Erblassers, vornehmen lassen: Ebenso spricht aus Sicht des Senats viel f&#252;r den Vorschlag, der Nachlasspfleger k&#246;nne bei besonders problematischen Positionen in Anlehnung an die in der Anlageberatung gel&#228;ufige Stop-Loss-Order eine vorsorgliche Stop-Loss-Genehmigung des Nachlassgerichts &#8211; f&#252;r den Fall der Unterschreitung eines bestimmten Kurses &#8211; einholen (zu Vorstehendem: Schulz a.a.O., Rdnr. 61 und 63).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">b)Aus diesen allgemeinen Erw&#228;gungen folgt f&#252;r &#8222;freie&#8220;, das hei&#223;t nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten ben&#246;tigte Kapitalanlagen:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Eine generelle Pflicht zur Umschichtung von nicht m&#252;ndelsicheren Kapitalanlagen in m&#252;ndelsichere besteht nicht. Zudem sind die Erw&#228;gungen des Kammergerichts (NJW 1968, 1836 f) nach wie vor &#252;berzeugend, die in &#167; 1807 Abs. 1 BGB angeordnete Anlegung von M&#252;ndelgeld beziehe sich gem&#228;&#223; dem dortigen Verweis auf &#167; 1806 BGB nur auf vorgefundenes oder sp&#228;ter angefallenes bares Geld des M&#252;ndels, nicht auf vorgefundene Kapitalanlagen, und diese Beschr&#228;nkung sei nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes auch beabsichtigt gewesen; &#252;berdies habe im Hinblick auf die Selbst&#228;ndigkeit (hier:) des Nachlasspflegers bei der F&#252;hrung der Pflegschaft das Gericht Fragen der Zweckm&#228;&#223;igkeit nicht zu beurteilen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Feste Regeln lassen sich weder in zeitlicher &#8211; prognostische (?) Fortdauer der Nachlasspflegschaft, so der Beteiligte zu 2. &#8211;, noch in quotaler Hinsicht aufstellen. Insbesondere ist es Frage des Einzelfalles und nur unter W&#252;rdigung aller Verm&#246;genspositionen zu beantworten, ob im Nachlass nach Kapitalanlagekriterien (der &#8222;effektiven Verm&#246;gensverwaltung&#8220;) ein nicht mehr hinnehmbares &#8222;Klumpenrisiko&#8220; vorhanden ist; im &#252;brigen d&#252;rfte die gebotene Ma&#223;nahme bei dessen Bejahung die Reduzierung auf das vertretbare Ma&#223;, nicht aber der &#8211; vom Beteiligten zu 1. zumindest in erster Linie gewollte &#8211; g&#228;nzliche Ausstieg aus dem Investment sein (es sei denn, dieses berge als solches zu hohe Risiken).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Wohl hingegen gibt es Anlageformen, die aus sich heraus mit einer &#8211; auf die Mitwirkung des Nachlassgerichts angewiesenen und daher notwendigerweise in gewissem Ma&#223;e zeitlich unflexiblen &#8211; Verwaltung durch einen Nachlasspfleger unvereinbar und deshalb umzuschichten sind: falls n&#228;mlich deren Volatilit&#228;t so hoch ist, dass der Zeitfaktor, faktisch mithin die M&#246;glichkeit sofortigen, mindestens taggleichen Reagierens, geradezu ausschlaggebend f&#252;r den Anlageerfolg ist, etwa bei Termin- und Optionsgesch&#228;ften oder Derivaten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">c)Hier stehen nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1. als Basiswerte Rentenpapiere in Rede, das Investment selbst erfolgt in Anleihen; f&#252;r eine auch nur Aktien gleichkommende Volatilit&#228;t ist nichts vorgetragen, noch weniger f&#252;r besondere Schwankungen in k&#252;rzester Zeit. Angesichts der vorhandenen weiteren Anlagen in Giro- und Sparkonten h&#228;tte es n&#228;herer Angaben dazu bedurft, weshalb bei der in Rede stehenden Position ein Anteil am Nachlass von rund 45 % unvertretbar, von 33 % hingegen, wie der Beteiligte zu 1. meint, noch akzeptabel sein sollte (abgesehen von der Frage der Reduzierung anstelle der Aufl&#246;sung der Position). Sonstige Umst&#228;nde, die f&#252;r die Ermessensentscheidung des Nachlasspflegers leitend sein k&#246;nnten, werden vom Beteiligten zu 1. nicht aufgezeigt und sind den Akten auch nicht zu entnehmen, namentlich keine Anhaltspunkte f&#252;r eine spezielle Unsicherheit gerade der vorhandenen Anleihen oder f&#252;r einen Verschlechterungsverdacht im oben dargestellten Sinne.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>III.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Dass der Beteiligte zu 1. die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz (&#167;&#167; 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Entgegen dem Regelfall (&#167; 84 FamFG) ist hier von der Anordnung der Erstattung au&#223;ergerichtlicher Kosten abzusehen, da sich die Beteiligten nicht in einem auf den Lebenssachverhalt des Erbfalls bezogenen Sinne entgegengesetzt gegen&#252;berstehen, sondern beide lediglich Befugnisse wahrnehmen, die, m&#246;gen sie auch letztlich nachlassbezogen sein, in den ihnen staatlich &#252;bertragenen &#196;mtern begr&#252;ndet sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Die Voraussetzungen f&#252;r eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (&#167; 70 Abs. 2 Satz 1 Nr.2, 2. Fall FamFG) geboten, weil der Senat mit seinen entscheidungstragenden Erw&#228;gungen &#8211; soweit ersichtlich &#8211; weder von vorhandener ober- oder h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, noch solche aus j&#252;ngerer Zeit &#252;berhaupt vorliegt. Dar&#252;ber hinaus hat die vorliegende Sache keine grunds&#228;tzliche Bedeutung (Nr. 1 a.a.O.) und erfordert auch keine Fortbildung des Rechts (Nr. 2, 1. Fall a.a.O.); denn die Frage der Verm&#246;gensumschichtung durch einen Nachlasspfleger gibt &#8211; wie gezeigt &#8211; nach Ansicht des Senats gerade keinen Anlass, anhand allgemeiner strikter Vorgaben beantwortet zu werden oder abschlie&#223;ende Leits&#228;tze f&#252;r die Auslegung und Anwendung materiellen oder formellen Rechts zu entwickeln, sondern ist nach den Umst&#228;nden des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in &#167;&#167; 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG, weil das &#8211; nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Senats ausschlaggebende &#8211; mit dem Rechtsmittel verfolgte Interesse des Beteiligten zu 1. am Vollzug der Umschichtung nach Aktenlage nicht tragf&#228;hig gesch&#228;tzt werden kann.</p>\n      "
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