List view for cases

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    "slug": "lg-koln-2019-10-08-33-o-3519",
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        "name": "Landgericht Köln",
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        "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
        "level_of_appeal": "Landgericht"
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    "file_number": "33 O 35/19",
    "date": "2019-10-08",
    "created_date": "2019-10-19T10:01:09Z",
    "updated_date": "2022-10-17T10:43:06Z",
    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:LGK:2019:1008.33O35.19.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<ul class=\"ol\"><li><p>1. &#160;&#160;&#160;&#160; Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und f&#252;r den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer/-innen (Ordnungsgeld im Einzelfall h&#246;chstens 250.000 &#8364;, Ordnungshaft insgesamt h&#246;chstens 2 Jahre)</p>\n</li>\n</ul>\n<p>zu unterlassen,</p>\n<ul class=\"ol\"><li><p>a. gesch&#228;ftlich handelnd, entgeltlich und selbstst&#228;ndig Dritten gegen&#252;ber ohne entsprechende Erlaubnis au&#223;ergerichtlich Rechtsdienstleistungen zu erbringen, anzubieten und/oder zu bewerben, indem sie f&#252;r Dritte durch einen digitalen Rechtsdokumentengenerator auf Grundlage eines Frage-Antwort-Systems aus einer Sammlung alternativer Textbausteine individuelle Rechtsdokumente erstellt, wie geschehen unter <span style=\"text-decoration:underline\">www.T10.de</span> wie aus <span style=\"text-decoration:underline\">Anlage 1</span> ersichtlich;</p>\n</li>\n<li><p>b. im gesch&#228;ftlichen Verkehr in der Werbung f&#252;r ihre Dienstleistungen wie folgt zu formulieren:</p>\n<ul><li><p>&#8222;G&#252;nstiger und schneller als der Anwalt&#8220; und</p>\n</li>\n<li><p>&#8222;Rechtsdokumente in Anwaltsqualit&#228;t&#8220; und</p>\n</li>\n<li><p>&#8222;Individueller und sicherer als jede Vorlage und g&#252;nstiger als ein Anwalt&#8220; und</p>\n</li>\n<li><p>&#8222;Unsere Partner: Top-Anw&#228;lte und Spitzenkanzleien&#8220; und</p>\n</li>\n<li><p>&#8222;Rechtsdokumente in Anwaltsqualit&#228;t &#8211; unser Portfolio umfasst mehr als 190 Rechtsdokumente und Vertr&#228;ge jedes einzelne unserer Dokumente k&#246;nnen Sie mit unserem individuellen Frage-Antwort-Dialog in wenigen Minuten selbst erstellen. All das ganz ohne juristisches Know-how - denn das haben wir: In Zusammenarbeit mit unseren Rechtsexperten - allesamt Profis auf ihren Gebieten - haben wir den Erstellungsprozess so gestaltet, dass er dem Gespr&#228;ch mit dem Rechtsanwalt nachempfunden ist&#8220;,</p>\n</li>\n</ul>\n</li>\n</ul>\n<p>wie geschehen unter <span style=\"text-decoration:underline\">www.T10.de</span> wie aus <span style=\"text-decoration:underline\">Anlage 2</span> ersichtlich.</p>\n<ul class=\"ol\"><li><p>2. &#160;&#160;&#160;&#160; Die Kosten des Rechtsstreits tr&#228;gt die Beklagte.</p>\n</li>\n<li><p>3. &#160;&#160;&#160;&#160; Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die H&#246;he der Sicherheit betr&#228;gt f&#252;r die Vollstreckung aus Ziff. 1.a) 200.000 &#8364;, aus Ziff. 1.b) 50.000&#160;&#8364; und im &#220;brigen 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>\n</li>\n</ul><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><ul class=\"absatzLinks\"><li><strong>Tatbestand</strong></li>\n</ul>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin nimmt die Beklagte wegen eines behaupteten Versto&#223;es gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und wegen geltend gemachter Irref&#252;hrung von Werbeaussagen auf Unterlassung in Anspruch.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin ist die berufsst&#228;ndische Organisation der im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamburg zugelassenen Rechtsanw&#228;lte. Sie hat die Aufgabe, die beruflichen Belange ihrer Kammermitglieder zu wahren und zu f&#246;rdern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist ein in K&#246;ln ans&#228;ssiger Verlag mit T&#228;tigkeitsschwerpunkt in den Bereichen Recht, Wirtschaft und Steuern. Sie ist nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und besitzt auch sonst keine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen. Zu den von ihr vertriebenen Produkten geh&#246;rt das an fachfremdes Publikum gerichtete Produkt &#8222;T10&#8220;. Hierbei handelt es sich um einen elektronischen Generator f&#252;r Rechtsdokumente unterschiedlichster Rechtsgebiete, den die Beklagte als &#8222;digitale Rechtsabteilung f&#252;r Ihr Unternehmen&#8220; anpreist. Sowohl Unternehmen wie auch Verbraucher k&#246;nnen entweder im Rahmen eines Abonnements oder im Wege des Einzelkaufes Rechtsdokumente, insbesondere Vertr&#228;ge zu diversen Rechtsthemen, erwerben. Hierzu wird der Kunde durch einen Fragen-Antwort-Katalog gef&#252;hrt. Der Erstellungsprozess ist dabei laut Bewerbung durch die Beklagte &#8222;dem Gespr&#228;ch mit dem Rechtsanwalt nachempfunden&#8220;. Basierend auf den Angaben des Kunden wird sodann das Dokument inhaltlich individuell erstellt. Hinsichtlich der n&#228;heren Einzelheiten zur Funktionsweise des Vertragsgenerators wird auf die als Anl. K5 und K7, AB, eingereichten Screenshots der Internetdomain <span style=\"text-decoration:underline\">www.T10.de</span> zur exemplarischen Veranschaulichung der Schritte f&#252;r die Erstellung eines Lizenzvertrages f&#252;r Bild/Film bzw. eines Grafikdesignervertrages sowie auf die in Anl. K1, AB, wiedergegebene Produktbeschreibung auf der Internetdomain <span style=\"text-decoration:underline\">www.T10.de</span> Bezug genommen. Im Rahmen der Bewerbung des Produkts &#8222;T10&#8220; im Internet traf bzw. trifft die Beklagte u.a. die folgenden Aussagen:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><ul class=\"absatzLinks\"><li><span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>&#8222;G&#252;nstiger und schneller als der Anwalt&#8220; und</em></p>\n</li>\n<li><span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>&#8222;Rechtsdokumente in Anwaltsqualit&#228;t&#8220;</em></p>\n</li>\n<li><span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>&#8222;Individueller und sicherer als jede Vorlage und g&#252;nstiger als ein Anwalt&#8220;</em></p>\n</li>\n<li><span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>&#8222;Unsere Partner: Top-Anw&#228;lte und Spitzenkanzleien&#8220;</em></p>\n</li>\n<li><span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>&#8222;Rechtsdokumente in Anwaltsqualit&#228;t &#8211; unser Portfolio umfasst mehr als 190 Rechtsdokumente und Vertr&#228;ge jedes einzelne unserer Dokumente k&#246;nnen Sie mit unserem individuellen Frage-Antwort-Dialog in wenigen Minuten selbst erstellen. All das ganz ohne juristisches Know-how - denn das haben wir: In Zusammenarbeit mit unseren Rechtsexperten - allesamt Profis auf ihren Gebieten - haben wir den Erstellungsprozess so gestaltet, dass er dem Gespr&#228;ch mit dem Rechtsanwalt nachempfunden ist&#8220;</em></p>\n</li>\n</ul>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">(vgl. hierzu Anl. K1, AB). Das Impressum der Beklagten enth&#228;lt die Hinweise: <em>&#8222;Bitte beachten Sie, dass wir keine Rechtsberatung leisten d&#252;rfen&#8220;</em> sowie <em>&#8222;Mit dem Angebot auf <span style=\"text-decoration:underline\">www.T10.de</span> bietet die X GmbH keine Rechtsberatung an, sondern ausschlie&#223;lich Verlagsleistungen zu Rechtsthemen&#8220;</em> (vgl. Anl. K9, AB)<em>.</em></p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.09.2018 (vgl. Anl. K10, AB) mahnte die Kl&#228;gerin die Beklagte ab. Diese gab hieraufhin mit Schreiben vom 28.09.2018 eine Teil-Unterlassungserkl&#228;rung hinsichtlich der - vorliegend nicht streitgegenst&#228;ndlichen - Werbeaussage <em>&#8222;Wie bei einem Anwalt erhalten Sie ein f&#252;r Sie optimales Dokument&#8220;</em> ab, verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserkl&#228;rung im &#220;brigen (vgl. Anl. K11, AB).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin ist der Ansicht, die Beklagte versto&#223;e mit dem Angebot &#8222;T10&#8220; gegen &#167;&#167; 2, 3 RDG, weil es sich bei den von ihr hierin erbrachten Dienstleistungen um Rechtsdienstleistungen handele. Die Beklagte sei daher zur Unterlassung dieser Dienstleistungen verpflichtet. Ebenso seien die angegriffenen Werbeaussagen irref&#252;hrend iSd. &#167; 5 UWG, weil der Verkehr &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit des Leistungsangebots get&#228;uscht werde. Zudem vermittelten die Aussagen den Eindruck, die von ihr erbrachten Leistungen entspr&#228;chen qualitativ denen eines Rechtsanwalts.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">wie erkannt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist der Ansicht, das Angebot des Produktes &#8222;T10&#8220; beinhalte keine unzul&#228;ssige Rechtsdienstleistung und die Werbung hierf&#252;r sei nicht irref&#252;hrend. Hierzu tr&#228;gt sie vor, ihre Dienste seien denen der seit &#252;ber 20 Jahren auf dem Markt erh&#228;ltlichen EDV-basierten Steuererkl&#228;rungsprogrammen gleichzusetzen, die aktuell einen h&#246;heren Grad an Komplexit&#228;t aufwiesen als das Produkt &#8222;T10&#8220;. Ein Vertragsgenerator &#252;bertrage das Prinzip der computergest&#252;tzten eigenen Anfertigung der Steuererkl&#228;rung auf eine computergest&#252;tzte eigene Anfertigung von Vertr&#228;gen. Das Produktangebot richtet sich an eine Zielgruppe, die aus Kosten- oder Zeitgr&#252;nden keine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt bzw. -dienstleister erwartet oder nachfragen w&#252;rde, sondern ihre Vertr&#228;ge selbst erstellen m&#246;chte und hierf&#252;r traditionell auf klassische Formulare bzw. Muster zur&#252;ckgegriffen h&#228;tte. Sie ist der Ansicht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der &#167;&#167; 2 Abs. 1, 3 RDG nicht erf&#252;llt seien, da diese stets die T&#228;tigkeit eines Menschen voraussetzten. Zudem liege zum Zeitpunkt der Konzeption und Programmierung der relevanten Software noch keine &#8222;konkrete&#8220; fremde Angelegenheit vor, w&#228;hrend im Zeitpunkt des Einsatzes der Software nur der Nutzer selbst in eigenen Angelegenheiten t&#228;tig werde. Hierbei werde dieser nur durch allgemein-abstrakte Hinweise des Programms unterst&#252;tzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die &#252;berreichten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen und das Protokoll der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 17.09.2019 Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Entscheidungsgr&#252;nde</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die zul&#228;ssige Klage hat in der Sache Erfolg.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>I.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kl&#228;gerin steht der gem. Ziff. 1a) tenorierte Unterlassungsanspruch aus &#167;&#167;&#160;3, 3a, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG iVm. &#167; 3 RDG zu.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">1.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;gerin ist als berufsst&#228;ndische Vertretung der Rechtsanw&#228;lte ein Verband zur F&#246;rderung selbst&#228;ndiger beruflicher Interessen iSd. &#167; 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und damit klagebefugt (vgl. BGH, GRUR 2012, 215 &#8211; &#8222;Zertifizierter Testamentsvollstrecker&#8220;; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2013, 171 &#8211; &#8222;Spezialist f&#252;r Familienrecht&#8220;; <em>K&#246;hler/Feddersen</em>, in: K&#246;hler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. [2019], &#167; 8 Rn. 3.33; <em>Hohlweck</em>, in: B&#252;scher, UWG, 1. Aufl. [2019], &#167; 8 Rn. 298). Zu den Aufgaben des Vorstandes z&#228;hlt es u.a., die Belange der Rechtsanwaltskammer zu wahren und zu f&#246;rdern, &#167; 73 Abs.&#160;1 S. 3 BRAO. Hierzu z&#228;hlt die Wahrung der Gesamtinteressen der in der Kammer zusammengeschlossenen Berufsangeh&#246;rigen und damit auch die Befugnis, die notwendigen Ma&#223;nahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zust&#228;nde zu treffen und Wettbewerbsverst&#246;&#223;e zu verfolgen. Dabei ist die Rechtsanwaltskammer nicht auf die Verfolgung von Wettbewerbsverst&#246;&#223;en von Mitgliedern beschr&#228;nkt. Die Rechtsanwaltskammer kann vielmehr auch gegen von Au&#223;enstehenden begangene Wettbewerbsverst&#246;&#223;e vorgehen, soweit die Verst&#246;&#223;e den Wettbewerb ihrer Mitglieder ber&#252;hren (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3765/3766; BGH, GRUR 2006, 598/599 &#8211; &#8222;Zahnarztbriefbogen&#8220;; <em>Hohlweck</em>, a.a.O. mwN.). Dies ist der Fall, soweit &#8211; wie im Streitfall &#8211; die Unterlassung der Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch Unbefugte verfolgt wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">2.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Ein den Unterlassungsanspruch begr&#252;ndender Rechtsbruch iSd. &#167;&#160;3a UWG ist wegen einer Zuwiderhandlung der Beklagten gegen &#167; 3 RDG vorliegend gegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">a)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Gem&#228;&#223; &#167;&#160;3 RDG ist die selbstst&#228;ndige Erbringung au&#223;ergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zul&#228;ssig, in dem sie durch Gesetz erlaubt wird. Die Bestimmung ist anerkannterma&#223;en eine Marktverhaltensregelung iSd. &#167; 3a UWG (vgl. BGH, GRUR 2016, 820/821 &#8211; &#8222;Schadensregulierung durch Versicherungsmakler&#8220;; <em>K&#246;hler</em>, in: K&#246;hler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., &#167; 3a Rn. 1.118 ff.; <em>Hohlweck</em>, in: B&#252;scher, a.a.O., &#167; 3a Rn. 529), bei deren Verletzung auch von der n&#246;tigen Sp&#252;rbarkeit auszugehen ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 886/889 &#8211; &#8222;Erbenermittler&#8220;; <em>K&#246;hler</em>, a.a.O.). &#220;ber den Wortlaut des &#167; 3 RDG hinaus erf&#252;llt bereits das Angebot einer solchen Rechtsdienstleistung den Rechtsbruchtatbestand, da schon das Erbieten zur Rechtsdienstleistung ohne entsprechende Erlaubnis die Gefahr begr&#252;ndet, der Empf&#228;nger des Angebots werde sich an einen nicht ausreichend qualifizierten Rechtsdienstleister wenden (vgl. <em>Hohlweck,</em> a.a.O., &#167;&#160;3a Rn. 533).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">b)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte erbringt im Zusammenhang mit dem entgeltlichen Anbieten eines EDV-gest&#252;tzten Generators zur Erstellung von Rechtsdokumenten eine gem&#228;&#223; &#167;&#160;3 RDG erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung iSv. &#167;&#160;2 Abs. 1 RDG ohne die hierf&#252;r erforderliche Erlaubnis zu besitzen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">aa)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">&#167; 2 Abs. 1 RDG bestimmt, dass als Rechtsdienstleistung jede T&#228;tigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten zu verstehen ist, sobald sie eine rechtliche Pr&#252;fung des Einzelfalls erfordert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">In diesem Zusammenhang ist allgemein anerkannt, dass die blo&#223;e &#220;berlassung bzw. Ver&#246;ffentlichung von standardisierten Vertragsmustern keine Rechtsdienstleistung darstellt, da hiermit regelm&#228;&#223;ig keine juristische Pr&#252;fung im Einzelfall verbunden ist (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 119/120; <em>Deckenbrock/Henssler,</em> RDG, 4. Aufl. [2015], &#167; 2 Rn. 54; <em>Krenzler,</em> in: Krenzler, RDG, 2. Aufl. [2017], &#167; 2 Rn. 43). Auch die (menschliche) Hilfeleistung bei dem Ausf&#252;llen eines solchen standardisierten Vertragsformulars kann noch erlaubnisfrei sein, wenn diese sich auf das Erfragen der erforderlichen Angaben und das Einsetzen in das Dokument beschr&#228;nkt (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 119/120). Andererseits ist die (menschliche) Anfertigung von individualisierten Vertragsentw&#252;rfen ohne weiteres als Rechtsdienstleistung zu bewerten (vgl. BGH, NJW 1978, 322; <em>Deckenbrock/Henssler,</em> RDG, 4. Aufl. [2015], &#167;&#160;2 Rn. 53).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">bb)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">&#220;ber die Frage, ob eine Rechtsdienstleistung iSd. &#167; 2 Abs. 1 RDG tatbestandlich &#252;berhaupt in Betracht kommt in F&#228;llen von Dienstleistungen, die unter Einsatz vollst&#228;ndig automatisierter Systeme erfolgen (sog. &#8222;Legal Tech&#8220;), und welche Anforderungen ggf. hieran zu stellen sind, ist &#8211; soweit ersichtlich &#8211; in der Rechtsprechung bislang nur vereinzelt entschieden worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">In einer Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 26.07.2018 (Az. 67 S 157/18), die einen im Internet betriebenen &#8222;Mietpreisrechner&#8220; zum Gegenstand hatte, der die Miete auf Grundlage einer detaillierten Dateneingabe des jeweiligen Nutzers (Mieters) ermittelte, stufte das Landgericht Berlin das dort streitige Gesch&#228;ftsmodell als Rechtsdienstleistung ein, weil der Betreiber des &#8222;Mietpreisrechners&#8221; &#252;ber diesen die auf einer detaillierten Dateneingabe des jeweiligen Mieters beruhende Miete ermittele und benenne. Dass es sich dabei um eine Rechtsdienstleistung iSd. &#167; 2 Abs. 1 RDG handele, auch wenn die Dienstleistung im Wege des so genannten Legal Tech erbracht werde, entspreche &#8211; so das Landgericht Berlin &#8211; dem unmissverst&#228;ndlichen Willen des Gesetzgebers. Denn dieser wolle nur T&#228;tigkeiten, die sich lediglich an die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis richten, nicht von &#167; 2 RDG erfasst sehen. Dies treffe nicht auf sachverhaltsbezogene Rechtsfragen einer bestimmten, Rat suchenden Person zu (vgl. LG Berlin, NJW 2018, 2901/2902).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Im Schrifttum wird die Frage, ob Dienstleistungen im Bereich des Legal Tech in den Anwendungsbereich von &#167; 2 Abs. 1 RDG fallen, unterschiedlich bewertet. Ein Teil der Literatur lehnt dies ab, weil hiermit keine menschliche T&#228;tigkeit verbunden sei und es damit an einem &#8222;Dienstleistenden&#8220; fehle. Zudem komme es nicht zu einem rechtlichen Subsumtionsvorgang; vielmehr liefere der Computer ein &#8222;mathematisch zwingend durch logische Entscheidungsb&#228;ume determiniertes Ergebnis&#8220; (vgl. etwa <em>Weberstaedt,</em> AnwBl. 2016, Bl. 535 ff. = Anl. B5, Bl. 177 ff. d.A.; <em>Deckenbrock/Henssler,</em> a.a.O., &#167; 2 Rn.&#160;46; anders aber <em>dies.,</em> &#167; 6 Rn. 54). Nach der derzeit wohl &#252;berwiegenden Auffassung in der Literatur kann dagegen auch die mittels Legal Tech automatisierte Dienstleistung eine Rechtsdienstleistung iSd. &#167; 2 Abs. 1 RDG darstellen (vgl. <em>Schmidt,</em> in: Krenzler, a.a.O., &#167; 6 Rn. 38 mwN.; <em>Krenzler,</em> in: Krenzler, a.a.O., &#167; 2 Rn. 44; <em>Wettlaufer,</em> MMR 2018, 55 ff.; <em>Degen/Krahmer</em>, GRUR-Prax 2016, 363 ff.; <em>Fries,</em> ZRP 2018, 161 ff.; <em>Remmertz</em>, BRAK-Mitteilungen 2/2017, 55 ff. = Bl. 216 ff. d.A.). Auch der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Legal Tech der Fr&#252;hjahrskonferenz der Justizministerinen und Justizminister vom 5./6. Juni 2019 (vgl. Anl. K18, Bl. 107 ff. d.A.) gelangt zu einem solchen Ergebnis.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">cc)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">Gemessen an den tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 2 Abs. 1 RDG und unter Ber&#252;cksichtigung des vorerw&#228;hnten Diskussionsstandes zur rechtlichen Einordnung von Legal Tech-Angeboten ist vorliegend der sachliche und pers&#246;nliche Anwendungsbereich des &#167; 2 Abs. 1 RDG er&#246;ffnet. Das Angebot des streitgegenst&#228;ndlichen Produkts &#8222;T10&#8220; durch die Beklagte ist dabei als eine relevante Rechtsdienstleistung zu qualifizieren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Dem steht nicht bereits der Umstand entgegen, dass vorliegend die Beratungsleistung zum Zeitpunkt der konkreten Benutzung des Produkts allein EDV-basiert und damit ohne menschliche Interaktion erfolgt. Eine relevante &#8222;T&#228;tigkeit&#8220; des Anbieters der Software ist hiermit gleichwohl verbunden (so auch <em>Krenzler,</em> in: Krenzler, a.a.O., &#167; 2 Rn. 44). Nach der Gesetzesbegr&#252;ndung zum RDG ist es n&#228;mlich grunds&#228;tzlich unerheblich, mit welchen technischen Hilfsmitteln die Rechtsdienstleistung erbracht wird (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 47 f.; so auch <em>Deckenbrock/Henssler</em>, a.a.O., &#167; 2 Rn. 45). Ausdr&#252;cklich hei&#223;t es hierzu in den Gesetzesmaterialien, dass <em>&#8222;das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung nicht etwa deshalb ausgeschlossen</em> [sei]<em>, weil der Rechtsuchende keinen pers&#246;nlichen Kontakt zu dem Dienstleistenden aufnimmt, sondern etwa &#252;ber eine Telefon-Hotline oder ein Internetforum seine konkreten Rechtsfragen pr&#252;fen lassen will.&#8220;</em> Vielmehr sei bei der Pr&#252;fung, ob die Beratung als Rechtsdienstleistung einzustufen ist, auf den Inhalt des Beratungsangebots abzustellen (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 48).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Beratungsleistung im Rahmen des Angebots &#8222;T10&#8220; ist zudem auf einen konkreten Sachverhalt gerichtet. Entscheidend ist hierbei, ob es sich um eine nicht fingierte, sondern wirkliche, sachverhaltsbezogene Rechtsfrage einer bestimmten, Rat suchenden Person handelt (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 48). Auch dies ist &#8211; wie bereits das LG Berlin in Bezug auf einen &#8222;Mietpreisrechner&#8220; entschieden hat &#8211; vorliegend zu bejahen. Zwar werden die Software und die von ihr verwendeten Textbausteine zum Zeitpunkt ihrer Programmierung f&#252;r eine Vielzahl verschiedener abstrakter F&#228;lle entwickelt. Im Zeitpunkt der Anwendung durch den Nutzer aber erh&#228;lt dieser ein konkret auf den von ihm im Rahmen des Fragen-Antwort-Katalogs geschilderten Sachverhalt zugeschnittenes Produkt. Entscheidende Bedeutung erlangt hierbei nach Daf&#252;rhalten der Kammer, dass die &#8222;T10&#8220;-Produkte &#8211; wie sich aus dem in den Anl.&#160;K5 und K7 exemplarisch aufgezeigten Erstellungsprozess ergibt &#8211; einen hohen Grad der Individualisierung aufweisen. Die vom Nutzer abgefragten Angaben ersch&#246;pfen sich nicht in allgemeinen Daten (wie etwa Adressdaten oder Angaben zur Verg&#252;tungsh&#246;he), sondern betreffen spezifische Fragen zum Gegenstand und zur Reichweite des zu erstellenden Vertrages. Der Fragenkatalog f&#252;r einen Lizenzvertrag Bild/Film umfasst etwa knapp 30 Fragen, jener f&#252;r einen Grafikdesignervertrag knapp 40 Fragen. Dies geht &#252;ber das Format eines klassischen Formularhandbuchs erheblich hinaus und kann auch nicht nur als weiterentwickelte digitale Formularsammlung begriffen werden. Das Formularhandbuch beinhaltet n&#228;mlich eine rein abstrakte Behandlung von Rechtsfragen mit unterschiedlichen L&#246;sungsvorschl&#228;gen. Der Nutzer eines Formularhandbuchs ist dabei gehalten, anhand der in dem Formularhandbuch enthaltenen allgemeinen Hinweise einen f&#252;r sich passenden Vertragstext zusammenzustellen. Er ist derjenige, der die abstrakten Informationen selbst in ein konkretes Dokument transferiert. Hinsichtlich der Auswahl des konkreten Produktes folgt er dabei gerade nicht einer fremden Empfehlung. Anders ist dies hingegen bei den Produkten des hier streitgegenst&#228;ndlichen Vertragsgenerators. Aufgrund der Vielzahl der im Erstellungsprozess gestellten Fragen entsteht n&#228;mlich ein individuelles Bild von dem konkreten Fall des Betroffenen und dieser erh&#228;lt ein unmittelbar zur Anwendung geeignetes (&#8222;unterschriftsreifes&#8220;) Produkt. Die Entscheidung, welche Formularbausteine im konkreten Fall f&#252;r ihn passend sind, wird dem Rechtssuchenden durch den Vertragsgenerator abgenommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">F&#252;r die Annahme einer &#8222;konkreten&#8220; Angelegenheit spricht ferner, dass auch bei menschlicher Beratungsleistung im Rahmen einer Vertragsgestaltung die Grenze zur Rechtsdienstleistung dann &#252;berschritten wird, wenn der Dienstleister auf Wunsch des Kunden die im Formular vorgegebenen rechtlichen Regelungen &#252;berpr&#252;ft und Alternativen vorschl&#228;gt (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2011, 119/120). W&#252;rden die von der Beklagten angebotenen Rechtsdokumente im Rahmen einer Telefon-Hotline angeboten, bei denen die Callcenter-Mitarbeiter den im Erstellprozess der &#8222;T10&#8220;-Produkte herangezogenen Fragen-Antwort-Katalog mit den Kunden zun&#228;chst durchgingen und dann (bspw. unter Verwendung des Vertragsgenerators) das Endprodukt erstellten und dem Nutzer zum Verkauf anb&#246;ten, erschiene wenig zweifelhaft, dass eine solche Dienstleistung auf eine konkrete Rechtsangelegenheit bezogen ist. Die Tatsache, dass das Dazwischensschalten eines menschlichen Verkaufsagenten im Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten technisch entbehrlich geworden ist, kann kein tragf&#228;higes Argument daf&#252;r sein, das Tatbestandsmerkmal der &#8222;konkreten Angelegenheit&#8220; in Frage zu stellen. Gleiches gilt f&#252;r den Umstand, dass der Rechtssuchende unter Umst&#228;nden anonym bleibt (wof&#252;r es beim Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten im &#220;brigen keinen Anhaltspunkt gibt, da eine vertragliche Beziehung zweifellos mit dem Nutzer eingegangen und von diesem im &#220;brigen verg&#252;tet wird). Der in &#167;&#160;1 Abs. 1 S. 2 RDG statuierte Zweck des RDG, &#8222;die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu sch&#252;tzen&#8220; spricht vielmehr daf&#252;r, individualisierte Legal Tech-Dienstleistungen nicht anders zu behandeln, als Dienstleistungen menschlicher Berater. Denn der nach dem RDG verfolgte Kontrollzweck kann nicht durch eine einengende Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung erreicht werden (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2016, 820/825 &#8211; &#8222;Schadensregulierung durch Versicherungsmakler&#8220;).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Beratungsleistung erfolgt auch im Interesse des Nutzers und damit in &#8211; f&#252;r die Beklagte &#8211; fremden Angelegenheiten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das mit dem Vertragsgenerator verbundene Angebot erfordert auch eine rechtliche Pr&#252;fung iSv. &#167; 2 Abs. 1 RDG. Die Vorschrift erfasst mit diesem Erfordernis jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die ma&#223;geblichen rechtlichen Bestimmungen, die &#252;ber eine blo&#223; schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Pr&#252;fung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich (vgl. BGH, GRUR 2016, 820/824 &#8211; &#8222;Schadensregulierung durch Versicherungsmakler&#8220;; <em>K&#246;hler,</em> a.a.O., &#167; 3a Rn.&#160;1.119; <em>Hohlweck</em>, &#167; 3a Rn. 537).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Schon in objektiver Hinsicht erreichen die von der Beklagten mit dem Produkt &#8222;T10&#8220; angebotenen Rechtsdokumente eine Komplexit&#228;t, die erkennbar &#252;ber eine blo&#223; schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht. Da es wie bereits er&#246;rtert auf die konkret verwendeten technischen Hilfsmittel nicht ankommt (vgl. unter I.2.b)cc)(1)), ist auch nicht entscheidend, dass die Computersoftware das konkret angebotene Produkt zum Zeitpunkt der Anwendung auf Basis eines vorprogrammierten Entscheidungsbaums zusammenstellt. Den notwendigen Subsumtionsvorgang schlie&#223;t die standardisierte Fallanalyse nicht aus. Dem angebotenen Produkt liegt n&#228;mlich gleichwohl eine rechtliche Pr&#252;fung bei der Programmierung der Software dahingehend zugrunde, wie anhand eines nach bestimmten Kriterien zu entwickelnden Fragenkatalogs der ma&#223;gebliche Kundenwunsch zu ermitteln und hierauf basierend ein individueller Vertragsentwurf gefertigt werden kann und in welchen F&#228;llen die Aufnahme bestimmter Vertragsklauseln in Betracht kommt. Insoweit unterscheidet sich die Vorgehensweise nicht grundlegend von dem Vorgehen eines Rechtsanwalts, sondern erfolgt lediglich zeitlich vorgelagert und aufgrund der Standardisierung in einem mehrfach reproduzierbaren Format.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit der rechtlichen Pr&#252;fung ist zudem nicht rein objektiv zu bestimmen. Vielmehr ist im Rahmen der rechtlichen Pr&#252;fung zus&#228;tzlich die Verkehrsanschauung und erkennbare Erwartung des Rechtssuchenden zu ber&#252;cksichtigen (vgl. <em>Deckenbrock/Henssler</em>, a.a.O., &#167; 2 Rn. 35 ff. mwN.). Entsprechend sah der urspr&#252;ngliche Gesetzentwurf zun&#228;chst vor, als &#8222;Rechtsdienstleistung&#8220; jede T&#228;tigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten zu definieren, sobald sie <em>&#8222;nach der Verkehrsanschauung oder der erkennbaren Erwartung des Rechtsuchenden&#8220;</em> eine besondere rechtliche Pr&#252;fung des Einzelfalls erfordert. Dieser Einschub wurde sp&#228;ter zwar durch den Rechtsausschuss gestrichen, dies geschah aber aus Gr&#252;nden der Straffung der Norm ohne hiermit eine inhaltliche &#196;nderung zu beabsichtigen (vgl. BT-Drs. 16/6634, S. 51). Die Einbeziehung der Verkehrsanschauung erweitert daher den Anwendungsbereich des RDG im Interesse und zugunsten der Rechtsuchenden in den F&#228;llen, in denen bei einer typisierenden, objektiven Betrachtung eine besondere rechtliche Pr&#252;fung nicht erforderlich und &#252;blich w&#228;re. So ist die Grenze zur Rechtsdienstleistung iSd. &#167;&#8201;2 Abs. 1 RDG jedenfalls dann &#252;berschritten, wenn der Anbieter nicht deutlich zu erkennen gibt, dass mit seinem Angebot gerade keine rechtliche Pr&#252;fung des konkreten Falles des jeweiligen Nutzers verbunden ist (so auch <em>Krenzler,</em> in: Krenzler, a.a.O., &#167; 2 Rn. 44). Diese Grenze ist nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht mehr gewahrt. Die bewusst von der Beklagten geweckte Verkehrserwartung spricht daf&#252;r, ihre &#8222;T10&#8220;-Angebote als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren. Zu dem angesprochenen Verkehrskreisen z&#228;hlt fachfremdes Publikum, darunter auch Verbraucher. Der angesprochene Verkehr erwartet angesichts der Pr&#228;sentation des Produkts &#8222;T10&#8220; mehr als eine blo&#223;e Hilfestellung beim eigenst&#228;ndigen Erstellen und Ausf&#252;llen eines Vertragsformulars. Derart eingeschr&#228;nkend wird das Produkt von der Beklagten n&#228;mlich nicht beworben, sondern vielmehr gezielt als Alternative zum Rechtsanwalt positioniert. Bei Rechtssuchenden wecken Werbeaussagen wie &#8222;ganz ohne juristisches Know-how &#8211; denn das haben wir&#8220;, &#8222;Rechtsdokumente in Anwaltsqualit&#228;t&#8220; sowie &#8222;individueller und sicherer als jede Vorlage und g&#252;nstiger als ein Anwalt&#8220; daher die Erwartung, dass er f&#252;r das zu leistende Entgelt ein auf seine konkreten Bed&#252;rfnisse zugeschnittenes Rechtsdokument erhalten werde und damit die eingekaufte Dienstleistung &#252;ber die schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht. Auch wenn dem Verbraucher bewusst ist, dass am Ende des Erstellungsprozesses keine abschlie&#223;ende Pr&#252;fung durch einen menschlichen Berater erfolgt, wird zumindest ein relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs davon ausgehen, dass die standardisierte (dem Anwaltsgespr&#228;ch nachempfundene) Sachverhaltspr&#252;fung so konzipiert ist, dass sie eine individuelle Fallpr&#252;fung gew&#228;hrleistet (&#8222;[wir haben] <em>den Erstellungsprozess so gestaltet, dass er dem Gespr&#228;ch mit dem Rechtsanwalt nachempfunden ist</em>&#8220;). Der von der Beklagten vorgenommene Hinweis, der den (potentiellen) Nutzer auf der Internetseite darauf aufmerksam machen soll, dass die Beklagte keine Rechtsberatung anbiete, steht einer solchen Verkehrserwartung nicht entgegen, zumal der Disclaimer lediglich an wenig prominenter Stelle im Impressum erfolgt und daher im Gesamtkontext des Internetauftritts untergeht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">Schlie&#223;lich verf&#228;ngt der von der Beklagten bem&#252;hte Vergleich ihres Produktes mit der im Markt erh&#228;ltlichen Software zur Abgabe von Steuererkl&#228;rungen nicht. Schon im Ausgangspunkt tr&#228;gt die Beklagte zu der genauen Funktionsweise solcher Steuererkl&#228;rungssoftware nichts Konkretes vor. Insoweit wird auch der Vortrag, Steuererkl&#228;rungsprogramme wiesen einen h&#246;heren Grad der Komplexit&#228;t auf, nicht durch Tatsachen belegt. Nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer besteht jedoch deren Nutzen in erster Linie darin, dem Anwender zu erl&#228;utern, an welchen Stellen im Steuerformular welche Daten einzugeben sind. Sie ist daher als nutzerfreundliche EDV-basierte Eingabehilfe zu werten, die keine relevante steuerberatende T&#228;tigkeit entfaltet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">c)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">Schlie&#223;lich ist die rechtsberatende T&#228;tigkeit der Beklagten nicht nach &#167; 2 Abs.&#160;3 RDG freigestellt. Ebenso ist hierin keine nach &#167; 5 RDG erlaubte Nebenleistung verbunden. Auch eine Erlaubnis nach &#167;&#167; 6-8 bzw. 10 RDG kommt nicht in Betracht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>II.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">52</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kl&#228;ger hat ferner einen Anspruch aus &#167;&#167; 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 8 Abs. 1 und Abs.&#160;3 Nr. 2 UWG auf Unterlassung der angegriffenen Werbeaussagen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">53</span><p class=\"absatzLinks\">Die Werbeaussagen sind insgesamt irref&#252;hrend. Dabei kann offen bleiben, ob sich eine Irref&#252;hrung daraus ergibt, dass die Beklagte mit den angegriffenen Werbeaussagen den unzutreffenden Eindruck vermittelt, die von ihr erbrachten Leistungen entspr&#228;chen qualitativ denen eines Rechtsanwalts. Unlauter ist n&#228;mlich bereits die Werbung f&#252;r die selbstst&#228;ndige Erbringung von Dienstleistungen, wenn es sich &#8211; wie vorliegend &#8211; um unerlaubte Rechtsdienstleistungen handelt. Es liegt insoweit eine Irref&#252;hrung iSv. &#167; 5 UWG vor, weil die Beklagte gegen&#252;ber dem angesprochenen Verkehrskreis &#8211; hier u.a. Verbrauchern &#8211; mit einer Leistung wirbt, deren Erbringung ihr aus Rechtsgr&#252;nden verwehrt ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 1077/1080 &#8211; &#8222;Finanz-Sanierung&#8220;; Deckenbrock/Henssler/<em>Seichter</em>, a.a.O., &#167; 3 Rn. 62).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">54</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte hat zwar auf ihrer Homepage einen Hinweis (&#8222;Disclaimer&#8220;) vorgenommen, wonach sie keine Rechtsberatung anbietet. Dieser Hinweis steht indes in Widerspruch zu der tats&#228;chlich von ihr erbrachten Beratungsleistung. Er ist nicht geeignet, aus der Irref&#252;hrung des angesprochenen Verkehrs herausf&#252;hren. Denn die relevante Irref&#252;hrung des Verkehrs besteht nicht hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte allgemein berechtigt ist, Rechtsdienstleistungen erbringen zu d&#252;rfen bzw. beabsichtigt, derartige Leistungen zu erbringen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte wegen des aufgezeigten Versto&#223;es gegen das RDG nicht zur Erbringung der beworbenen Leistungen berechtigt ist und der Verkehr hier&#252;ber get&#228;uscht wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">55</span><p class=\"absatzLinks\">Der Umstand, dass nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten aktuell nicht mehr s&#228;mtliche der angegriffenen Werbeaussagen auf der Internetseite der Beklagten verwendet werden, l&#228;sst die Wiederholungsgefahr nicht entfallen (vgl. BGH, GRUR 1998, 1045/1046 &#8211; &#8222;Brennwertkessel&#8220;; <em>Hohlweck</em>, a.a.O., &#167; 8 Rn. 14).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">56</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>III.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">57</span><p class=\"absatzLinks\">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus &#167;&#167; 91, 709&#160;ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">58</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">Streitwert</span>:&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 250.000&#160;&#8364;</p>\n      "
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