List view for cases

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    "file_number": "4 StR 608/19",
    "date": "2020-01-28",
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    "updated_date": "2022-10-18T15:12:52Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:BGH:2020:280120B4STR608.19.0",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<div>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p>Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. April 2019 wird als unzul&#228;ssig verworfen.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p>Der Beschwerdef&#252;hrer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenkl&#228;gerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n      </div>\n   \n<h2>GrĂ¼nde</h2>\n\n<div>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_1\">1</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der sexuellen N&#246;tigung gem&#228;&#223; &#167; 177 Abs. 1 und 5 Nr. 1 und 3 StGB in Tateinheit mit vors&#228;tzlicher K&#246;rperverletzung gem&#228;&#223; &#167; 223 Abs. 1 StGB freigesprochen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete, auf die R&#252;ge der Verletzung materiellen Rechts gest&#252;tzte Revision des Angeklagten ist unzul&#228;ssig.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_2\">2</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>1. Der Angeklagte ist durch das freisprechende Urteil nicht beschwert. Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung muss sich die unmittelbare Beeintr&#228;chtigung der Rechte des Rechtsmittelf&#252;hrers aus dem Tenor selbst und nicht nur aus den Entscheidungsgr&#252;nden ergeben (BGH, Urteile vom 18. Januar 1955 &#8210; 5 StR 499/54, BGHSt 7, 153 und vom 26. M&#228;rz 1959 - 2 StR 566/58, BGHSt 13, 75, 77 f&#252;r den auch hier vorliegenden Fall eines Freispruchs nach dem Grundsatz in dubio pro reo; Beschl&#252;sse vom 24. November 1961 &#8210; 1 StR 140/61, BGHSt 16, 374, 376 ff. f&#252;r einen Freispruch aus rechtlichen Gr&#252;nden; vom 12. Juli 2016 - KRB 16/15 f&#252;r das Kartellordnungswidrigkeitenverfahren; Quentin in M&#252;Ko-StPO, &#167; 322 Rn. 2 f&#252;r die Berufung; Knauer/Kudlich in M&#252;Ko-StPO, &#167; 333 Rn. 10 f&#252;r die Revision und allgemein Allgayer in M&#252;Ko-StPO, &#167; 296 Rn. 44 ff.; vgl. auch BGH, Beschl&#252;sse vom 9. Mai 2012 - 4 StR 649/11; vom 18. Juli 2018 - 4 StR 259/18). Ein ihm g&#252;nstigeres Ergebnis als die Freisprechung kann der Angeklagte nicht erzielen. Sonstige Rechts- und Interessenverletzungen durch die Gr&#252;nde der Entscheidung, die nur die &#8222;Unterlagen des Urteils&#8220; bilden (vgl. RGSt 4, 355, 359), sind der &#220;berpr&#252;fung durch ein Rechtsmittelgericht demgegen&#252;ber grunds&#228;tzlich entzogen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2015 &#8210; 3 StR 304/15, NStZ-RR 2016, 137).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_3\">3</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>a) Aus verfassungsrechtlichen Vorgaben, die in besonders gelagerten Ausnahmef&#228;llen zu einer Durchbrechung dieser Grunds&#228;tze f&#252;hren k&#246;nnen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 &#8210; 1 StR 56/15, NJW 2016, 728, 730), ergibt sich vorliegend nichts anderes. Zwar kann in seltenen Ausnahmef&#228;llen auch ein freisprechendes Urteil durch die Art seiner Begr&#252;ndung Grundrechte verletzen (vgl. BVerfGE 6, 7, 9; 28, 151, 160; 140, 42; Beschluss vom 21. April 2004 - 2 BvR 581/04). So kann in einzelnen Ausf&#252;hrungen eine Grundrechtsverletzung dann erblickt werden, wenn sie &#8210; f&#252;r sich genommen &#8210; den Angeklagten so schwer belasten, dass eine erhebliche, ihm nicht zumutbare Beeintr&#228;chtigung eines grundrechtlich gesch&#252;tzten Bereichs festzustellen ist, die durch den Freispruch nicht aufgewogen wird. Das ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die Entscheidungsgr&#252;nde einzelne, den Beschwerdef&#252;hrer belastende, unangenehme oder f&#252;r ihn &#8222;unbequeme&#8220; Ausf&#252;hrungen enthalten (vgl. BVerfGE 28, 151, 161; BGH, aaO).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_4\">4</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Unter Anwendung dieser Ma&#223;st&#228;be liegt ein Ausnahmefall, der zum Zwecke der Wahrung der verfassungsm&#228;&#223;igen Rechte des Angeklagten einfach-rechtlich die Zul&#228;ssigkeit seiner Revision zur Folge haben muss, nicht vor. Aus welchen Feststellungen oder Wertungen genau sich eine schlechthin unertr&#228;gliche Beschwer f&#252;r den Angeklagten ergeben soll, legt die Revision nicht dar; solches ist auch nicht ersichtlich. F&#252;r den Angeklagten schlicht unangenehme Aussagen reichen nicht aus.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_5\">5</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>b) Die Rechtsprechung des Europ&#228;ischen Gerichtshofs f&#252;r Menschenrechte gibt gleichfalls keinen Anlass, in dem hier zu entscheidenden Fall von dem Erfordernis der Tenorbeschwer f&#252;r die Zul&#228;ssigkeit der strafprozessualen Revision abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die durch Art. 6 Abs. 2 MRK garantierte Unschuldsvermutung auch durch ein freisprechendes Urteil verletzt werden. Es soll daf&#252;r nicht nur auf den Tenor der freisprechenden Entscheidung, sondern auch auf die Urteilsbegr&#252;ndung ankommen. Ein Konventionsversto&#223; kann etwa zu bejahen sein, wenn das nationale Gericht im Falle des Freispruchs in den Urteilsgr&#252;nden zum Ausdruck bringt, es sei von der Schuld des Angeklagten tats&#228;chlich &#252;berzeugt (EGMR, Urteil vom 15. Januar 2015 &#8210; 48144/09 &#8210; Cleve/Deutschland, NJW 2016, 3225). Der dem Europ&#228;ischen Gerichtshofs f&#252;r Menschenrechte vorgelegte Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass sich das erkennende nationale Gericht nach Abschluss der Beweisaufnahme keine &#220;berzeugung von der Schuld des Angeklagten verschafft und diesen aus tats&#228;chlichen Gr&#252;nden freigesprochen hatte. Die schriftlichen Urteilsgr&#252;nde standen hierzu aber in Widerspruch; denn sie enthielten &#196;u&#223;erungen, aus denen hervorging, der Angeklagte habe die ihm vorgeworfenen Handlungen tats&#228;chlich begangen, lediglich fehle wegen einer unzureichenden Zeugenaussage die hinreichende Gewissheit hinsichtlich eines bestimmten, f&#252;r die Verurteilung erforderlichen Tathergangs (vgl. EGMR, Urteil vom 15. Januar 2015 aaO Nr. 21, 57 f., 86, 91, 94: &#8222;... dass es tats&#228;chlich zu sexuellen &#220;bergriffen des Angeklagten zu Lasten seiner Tochter ... gekommen ist.&#8220;).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_6\">6</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>So liegt es hier indes nicht. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tats&#228;chlichen Gr&#252;nden freigesprochen, weil es zum eigentlichen Tatgeschehen &#252;berhaupt keine Feststellungen treffen konnte. Der Vortrag der Revision, die Wortwahl der Strafkammer komme einem Schuldspruch gleich, verf&#228;ngt nicht. Vielmehr hat das Landgericht den Angeklagten - ausgehend von seiner tatrichterlichen W&#252;rdigung des Inbegriffs der Hauptverhandlung (&#167; 261 StPO) - nach dem Grundsatz in dubio pro reo &#8222;trotz gegen ihn sprechender gewichtiger Indizien&#8220; (UA 18) freigesprochen.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_7\">7</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>2. Die Revision des Angeklagten war daher nach &#167; 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_8\">8</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <table class=\"Rsp\">\n                  <tr>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">Sost-Scheible&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">Roggenbuck&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">Cierniak</p>\n                     </td>\n                  </tr>\n                  <tr>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">Quentin&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">Feilcke&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                     <td colspan=\"1\" rowspan=\"1\" valign=\"top\">\n                        <p style=\"text-align:left\">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p>\n                     </td>\n                  </tr>\n               </table>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p/>\n            </dd>\n         </dl>\n      </div>\n   "
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