Case Instance
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GET /api/cases/327193/
{ "id": 327193, "slug": "ovgnrw-2020-03-29-6-b-4520", "court": { "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }, "file_number": "6 B 45/20", "date": "2020-03-29", "created_date": "2020-04-10T10:01:14Z", "updated_date": "2022-10-18T05:59:09Z", "type": "Beschluss", "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2020:0329.6B45.20.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>\n<p>Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.</p>\n<p>Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festgesetzt.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">G r ü n d e :</span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerde ist unbegründet. Aus der Antragsbegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag zu Unrecht stattgegeben hat, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Beigeladenen in dem mit Erlass des Ministeriums des Inneren des Landes NRW vom 25. September 2019 - 403-26.09.03-23 - eingeleiteten Beförderungsverfahren in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 zu befördern bzw. ihm einen solchen Beförderungsdienstposten zu übertragen, ehe über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dem Antragsteller stehe ein Anordnungsgrund sowie ein Anordnungsanspruch zur Seite. Der Anordnungsanspruch sei gegeben, weil der Antragsgegner den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt habe, indem er seiner Auswahlentscheidung eine rechtswidrige Beurteilung des Antragstellers zu Grunde gelegt habe. Die über den Antragsteller erstellte Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2017 sei jedenfalls aus dem im Urteil des Gerichts vom 23. Mai 2019 bezeichneten Grund rechtswidrig, dass es an der erforderlichen Begründung des Gesamturteils im Hinblick auf den besseren Beurteilungsbeitrag fehle. In dem Urteil wiederum ist ausgeführt, aus der Beurteilung sei nicht erkennbar, warum mit Blick auf den besseren Beurteilungsbeitrag keine Bewertung mit 4 Punkten in Betracht gekommen sei. Eine Begründung fehle insoweit - sowohl mit Blick auf die Einzelmerkmale als auch mit Blick auf das Gesamturteil - vollständig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Darlegungen sind insoweit tragfähig als das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass der Antragsgegner hätte begründen müssen, aus welchen Gründen mit Blick auf den Beurteilungsbeitrag keine bessere Beurteilung der Einzelmerkmale in Betracht kam. Dem hat der Antragsgegner mit der Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antragsteller hat in seiner dienstlichen Beurteilung vom 24. August 2017 sowohl im Gesamturteil als auch in sämtlichen sieben Einzelmerkmalen eine Bewertung mit 3 Punkten erhalten. Allerdings war ihm für den Zeitraum 2. Juni 2014 bis 4. Oktober 2015 (ein Jahr und vier Monate) ein Beurteilungsbeitrag erteilt worden, in dem das Gesamturteil ebenfalls auf 3 Punkte lautete, drei Einzelmerkmale - nämlich die Merkmale Arbeitsorganisation, Arbeitseinsatz und Leistungsgüte - jedoch mit 4 Punkten bewertet waren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Es entspricht gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, dass diese Abweichung der dienstlichen Beurteilung von dem Beurteilungsbeitrag hätte begründet werden müssen. Danach müssen Beurteilungsbeiträge, die einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassen, grundsätzlich mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Das schließt nicht aus, dass der Beurteiler</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">- im Folgenden wird allein aus Gründen der leichteren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">sich weitere Erkenntnisse über den Beurteilten für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass er die tatsächliche Entwicklung - insbesondere bestimmte Vorkommnisse - außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet, und auch nicht, dass er zu einer abweichenden Bewertung gelangt. Wie der Antragsgegner zu Recht geltend macht, ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Das gilt auch dann, wenn der Beurteilungsbeitrag einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckt. Denn im System der Regelbeurteilung können sich Bewertungsunterschiede zwischen einem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung selbst etwa daraus ergeben, dass der Beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte Vergleichsgruppe erfassenden Beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit- im Gegensatz zu der Beurteilung - nicht auf einem Quervergleich mit den übrigen zur Organisationseinheit gehörenden Beamten desselben Statusamtes beruht. Der Beurteiler übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen von den in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Tatsachen oder Wertungen nachvollziehbar begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, BVerwGE 161, 240 = juris Rn. 33, vom 21. Dezember 2016 - 2 VR 1.16 -, BVerwGE 157, 168 = juris Rn. 36, vom 28. Januar 2016 - 2 A 1.14 -, IÖD 2016, 110 = juris Rn. 23, vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, BVerwGE 150, 359 = juris Rn. 24, und vom 26. September 2012 - 2 A 2.10 -, DÖD 2013, 88 = juris Rn. 12, 16; OVG S.‑A., Beschluss vom 9. Januar 2020 - 1 M 127/19 -, juris Rn. 18; OVG NRW, etwa Beschlüsse vom 1. Februar 2018- 6 B 1355/17 -, NWVBl. 2018, 287 = juris Rn. 18, und vom 17. Februar 2015 - 6 A 180/14 -, jurisRn. 8 ff, jeweils m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Diesen Maßgaben hat der Antragsgegner hier weder in der Beurteilung noch im gerichtlichen Verfahren,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, a. a. O. Rn. 32 f.,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">genügt. Er macht vielmehr mit der Beschwerde im Widerspruch zu der oben wiedergegebenen Rechtsprechung (weiterhin) geltend, es sei nicht erforderlich, Abweichungen von Einzelbewertungen des Beurteilungsbeitrags zu begründen. Eine Erläuterung dazu, warum die günstigeren Einzelbewertungen im Beurteilungsbeitrag nicht übernommen worden sind, ist dementsprechend nicht erfolgt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Dabei kann der Senat auch nicht zugrunde legen, dass der Beurteiler sich die Bewertungen des Beurteilungsbeitrags für den Zeitraum, auf den sich der Beitrag bezieht, zu eigen gemacht hat. Zwar bedürfte es in diesem Fall keiner Begründung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -,a. a. O. Rn. 33, und vom 17. März 2016 - 2 A 4.15 -, NVwZ 2016, 1648 = juris Rn. 27.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antragsgegner hat indes nicht vorgetragen, dass er in dieser Weise den Beurteilungsbeitrag berücksichtigt, sich aber aufgrund der Erkenntnisse für den nicht vom Beurteilungsbeitrag abgedeckten Zeitraum für eine Bewertung der Einzelmerkmale mit 3 Punkten entschieden habe. Dass er - wie erwähnt - statt dessen betont hat, der Beurteiler sei an den Beitrag nicht gebunden, spricht vielmehr dagegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Das Beschwerdevorbringen, der Antragsteller habe \"nicht tiefergehend belegt\", dass der Beurteilungsbeitrag nicht berücksichtigt worden sei, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Offenkundig - und bereits rechtsfehlerhaft - ist es, dass drei Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung schlechter ausgefallen sind, als es in dem Beurteilungsbeitrag der Fall ist, ohne dass dies begründet worden ist. In dieser Situation trifft den Beamten schon deshalb keine Pflicht, seine Beanstandung der fehlenden Begründung der Abweichung vom Beurteilungsbeitrag zu vertiefen, weil nicht ersichtlich ist, wie ihm dies möglich sein sollte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. auch OVG S.‑A., Beschluss vom 9. Januar 2020 - 1 M 127/19 -, a. a. O. Rn. 18.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Die potentielle Kausalität des festgestellten Rechtsfehlers ist ebenfalls zu bejahen. Es erscheint, wenn auch nicht wahrscheinlich, so doch jedenfalls möglich, dass der Antragsteller bei dessen Vermeidung gegenüber dem Beigeladenen den Vorzug erhielte. Denn unterstellt, die Beachtung des Erfordernisses, die Abweichung vom Beurteilungsbeitrag zu begründen, führte dazu, dass die Beurteilung ebenso ausfällt wie der Beurteilungsbeitrag, so verfügten sowohl der Beigeladene als auch der Antragsteller über eine dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil von 3 Punkten und Hervorhebungen auf 4 Punkte in jeweils drei Einzelmerkmalen. Nach den im Auswahlvermerk niedergelegten Vorgaben des Antragsgegners wäre in dieser Situation des Qualifikationsgleichstands für die Besetzung der Beförderungsstelle das Datum der erstmaligen Übertragung des Amtes der Besoldungsgruppe A 9 als erstes Hilfskriterium heranzuziehen. Dies war bei dem Antragsteller bereits 1997, bei dem Beigeladenen erst 2006 der Fall.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten sei auf Folgendes hingewiesen: Zum Erfolg des Eilantrages auf Untersagung der Stellenbesetzung kann es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht führen, dass das Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen unzureichend begründet ist. Selbst wenn das angenommen wird, wäre die potentielle Kausalität dieses Rechtsfehlers zu verneinen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Zu diesem Kriterium etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2019 - 6 B 708/19 -, Schütz BeamtR ES/D I 2 Nr. 153 = juris Rn. 18 m. w. N., und OVG Bremen, Beschluss vom 12. November 2018 - 2 B 167/18 -, juris Rn. 19.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Denn angesichts der Bewertungen der Einzelmerkmale in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen mit ausschließlich 3 oder 4 Punkten käme bei jeglicher Gewichtung der einzelnen Merkmale als Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung plausiblerweise lediglich 3 oder 4 Punkte in Betracht. Ein Gesamturteil von 3 Punkten hat der Beigeladene tatsächlich erhalten. Ein Gesamturteil von 4 Punkten würde seinen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller lediglich vergrößern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Angemerkt sei ferner, dass eine Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers dann nicht geboten ist, wenn es unter Beachtung des oben dargelegten Begründungserfordernisses bei der Bewertung sämtlicher Einzelmerkmale mit 3 Punkten verbleibt; denn dann drängt sich das Gesamturteil von gleichfalls 3 Punkten - und zwar bei jeder denkbaren Gewichtung der einzelnen Merkmale - offensichtlich auf.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).</p>\n " }