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    "file_number": "3 B 30/20",
    "date": "2021-02-09",
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    "updated_date": "2021-03-26T11:06:34Z",
    "type": "Beschluss",
    "ecli": "ECLI:DE:BVerwG:2021:090221B3B30.20.0",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<div>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. August 2020 wird zur&#252;ckgewiesen.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt/>\n            <dd>\n               <p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 10 000 &#8364; festgesetzt.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n      </div>\n   \n<h2>GrĂ¼nde</h2>\n\n<div>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_1\">1</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Der Rechtsstreit betrifft die Vermarktung eines Produkts als \"Perlwein\".</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_2\">2</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>1. Die Kl&#228;gerin vertreibt unter der Marke \"X.\" Erzeugnisse, f&#252;r deren Herstellung sie Wein mit Kohlens&#228;ure versetzt, die aus der Verg&#228;rung von anderem Wein stammt. Nach Auffassung des Beklagten wird damit zur Druckerh&#246;hung kein endogenes Kohlendioxid verwendet, sodass das Erzeugnis nicht als \"Perlwein\", sondern als \"Perlwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure\" bezeichnet werden m&#252;sse. Die Kl&#228;gerin dagegen ist der Meinung, die Verwendung der Bezeichnung \"Perlwein\" setze nur voraus, dass das Kohlendioxid aus der Verg&#228;rung weinbaulicher Erzeugnisse stamme, also kein anderweitiges, insbesondere technisch hergestelltes Kohlendioxid verwendet werde.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_3\">3</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Die von der Kl&#228;gerin erhobene Feststellungsklage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat zur Begr&#252;ndung im Wesentlichen ausgef&#252;hrt, die f&#252;r die Bezeichnung als Perlwein geltende Beschr&#228;nkung auf \"endogenes\" Kohlendioxid setze voraus, dass das gel&#246;ste Kohlendioxid bei der G&#228;rung des Ausgangsprodukts entstehe und der &#220;berdruck hierdurch erzeugt werde. Die ma&#223;gebliche Abgrenzung bestehe darin, ob die Kohlens&#228;ure im jeweiligen Gebinde durch alkoholische G&#228;rung selbst entstehe oder zugesetzt werden m&#252;sse.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_4\">4</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>2. Die gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde der Kl&#228;gerin ist unbegr&#252;ndet, weil die geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt ist (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1, &#167; 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der f&#252;r die Auslegung des Unionsrechts zust&#228;ndige Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union hat die Frage, ob die Vermarktung eines Erzeugnisses als Perlwein voraussetzt, dass das Kohlendioxid aus der Verg&#228;rung des im geschlossenen Beh&#228;ltnis befindlichen Weines stammt, zwar noch nicht ausdr&#252;cklich entschieden. Sie kann aber mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden hinreichend sicher beantwortet werden (vgl. zu diesem Ma&#223;stab BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 &#167; 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Wird bei der Herstellung von Perlwein der Wein mit Kohlens&#228;ure versetzt, die aus der G&#228;rung eines anderen Weines oder Traubenmostes stammt, so darf das Erzeugnis nicht als \"Perlwein\", sondern nur als \"Perlwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure\" vermarktet werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend entschieden. Zur Kl&#228;rung der mit der Beschwerde benannten Frage bedarf es daher weder der Durchf&#252;hrung eines Revisionsverfahrens noch einer Vorlage an den Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_5\">5</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>a) Nach Art. 78 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 &#252;ber eine gemeinsame Marktorganisation f&#252;r landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 347 S. 671), zuletzt ge&#228;ndert durch die Verordnung (EU) 2017/2393 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 (ABl. L 350 S. 15), darf die Begriffsbestimmung, Bezeichnung oder Verkehrsbezeichnung im Sinne des Anhangs VII in der Union nur f&#252;r die Vermarktung eines Erzeugnisses verwendet werden, das den entsprechenden Anforderungen dieses Anhangs gen&#252;gt.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_6\">6</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Der Begriff \"Perlwein\" bezeichnet nach Anhang VII Teil II Nr. 8 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ein Erzeugnis, das u.a. in geschlossenen Beh&#228;ltnissen bei 20 Grad Celsius einen auf endogenes gel&#246;stes Kohlendioxid zur&#252;ckzuf&#252;hrenden &#220;berdruck von mindestens 1 bar und h&#246;chstens 2,5 bar aufweist. \"Perlwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure\" dagegen weist einen auf gel&#246;stes Kohlendioxid, das ganz oder teilweise zugesetzt wurde, zur&#252;ckzuf&#252;hrenden &#220;berdruck auf (Anhang VII Teil II Nr. 9 Buchst. c der Verordnung &lt;EU&gt; Nr. 1308/2013).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_7\">7</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Das Unionsrecht unterscheidet damit zwischen den Erzeugnissen, in denen der &#220;berdruck auf \"endogenes gel&#246;stes Kohlendioxid\" zur&#252;ckzuf&#252;hren ist und denen, in denen \"gel&#246;stes Kohlendioxid, das ganz oder teilweise zugesetzt wurde\", den &#220;berdruck bewirkt. Bereits der systematische Aufbau der ma&#223;geblichen Normen zeigt, dass der Begriff \"endogen\" als Gegensatz zum Begriff \"ganz oder teilweise zugesetzt\" angelegt ist. Auf endogenem Kohlendioxid beruht der &#220;berdruck demnach, wenn es aus den zur Herstellung verwendeten Ausgangserzeugnissen stammt (Boch, in: Zipfel/Rathke &lt;Hrsg.&gt;, Lebensmittelrecht, Stand: M&#228;rz 2020, C 400 WeinG &#167; 2 Rn. 278).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_8\">8</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>b) Diesem Verst&#228;ndnis entspricht der naheliegende Wortsinn. \"Endogen\" ist ein &#220;berdruck danach, wenn er \"von innen\" her entsteht. Wird hierf&#252;r Kohlens&#228;ure \"von au&#223;en\" zugesetzt, wird der &#220;berdruck durch exogene Faktoren bewirkt.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_9\">9</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Entgegen der Beschwerde wird der Begriff \"endogen\" bei dieser Auslegung nicht sinnentleert. Er umschreibt den Gegensatz zu \"zugesetzt\". W&#252;rde man das Wort streichen, w&#228;re eine widerspruchsfreie Zuordnung der Fallgruppen dagegen nicht mehr m&#246;glich.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_10\">10</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Dass die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 f&#252;r Schaumwein ein anderes Gegensatzpaar gew&#228;hlt hat, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. F&#252;r dieses Erzeugnis gelten eigene Besonderheiten (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 14. Juni 2017 - C-422/16, TofuTown [ECLI:EU:C:2017:458] - Rn. 51). Dies wird schon daran deutlich, dass bei Schaumwein auf eine \"erste oder zweite\" alkoholische G&#228;rung verwiesen wird (Anhang VII Teil II Nr. 4 Buchst. a der Verordnung &lt;EU&gt; Nr. 1308/2013). Der Druck im abgef&#252;llten Beh&#228;ltnis kann hier nicht nur durch die alkoholische G&#228;rung des Ausgangserzeugnisses bewirkt werden, sondern auch durch eine zweite, durch den Zusatz von Zucker und Hefe bewirkte alkoholische G&#228;rung (vgl. zu den insoweit geltenden Sonderregelungen Art. 5 i.V.m. Anhang II Teil A Nr. 5 der Delegierten Verordnung &lt;EU&gt; 2019/934 der Kommission vom 12. M&#228;rz 2019, ABl. L 149 S. 1; zur zweiten G&#228;rung von Schaumwein auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. September 2020 - 6 W 95/20 [ECLI:DE:OLGHE:2020:0911.6W95.20.00] - ZLR 2020, 801 Rn. 13). Die Bezugnahme auf \"aus der G&#228;rung stammendem Kohlendioxid\" (Anhang VII Teil II Nr. 4 Buchst. b der Verordnung &lt;EU&gt; Nr. 1308/2013) ist damit den Besonderheiten der Schaumweinherstellung geschuldet. Sie l&#228;sst keinen R&#252;ckschluss auf die f&#252;r Perlwein vorgenommene Abgrenzung zu.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_11\">11</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>c) Auch die Entstehungsgeschichte der Regelungen best&#228;tigt diesen Befund.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_12\">12</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>In Art. 1 Abs. 4 Buchst b zweiter Spiegelstrich i.V.m. Anhang II Nr. 15 dritter Spiegelstrich der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 des Rates vom 5. Februar 1979 &#252;ber die gemeinsame Marktorganisation f&#252;r Wein (ABl. L 54 S. 1) war f&#252;r die Bezeichnung Perlwein noch die Voraussetzung enthalten, dass das Erzeugnis \"nat&#252;rliches Kohlendioxid\" enth&#228;lt. Die Bezugnahme auf \"endogenes gel&#246;stes Kohlendioxid\" findet sich erstmals durch die &#196;nderungen der Verordnung (EWG) Nr. 3082/82 des Rates vom 15. November 1982 (ABl. L 326 S. 1). Ausweislich des Erw&#228;gungsgrunds 3 dieser Verordnung sollten die Definitionen von Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure, Perlwein und Perlwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure, um Betrugsf&#228;llen vorzubeugen, durch die Bestimmung erg&#228;nzt werden, dass der diesen Weinen eigene &#220;berdruck auf gel&#246;stes Kohlendioxid zur&#252;ckzuf&#252;hren sein muss.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_13\">13</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Unmittelbare R&#252;ckschl&#252;sse auf die Bedeutung des f&#252;r Perlwein verwendeten Begriffs \"endogen\" anstelle der bisherigen Formulierung \"nat&#252;rlich\" lassen sich hieraus nicht entnehmen (vgl. zu den Schwierigkeiten der Bestimmung von in der Verordnung &lt;EU&gt; Nr. 1308/2013 enthaltenen Begriffe bereits BVerwG, Beschluss vom 13. M&#228;rz 2020 - 3 B 39.19 [ECLI:DE:BVerwG:2020:130320B3B39.19.0] - RdL 2020, 391 Rn. 9). Das Abstellen auf einen den Weinen \"eigenen\" &#220;berdruck spricht aber daf&#252;r, dass mit der Formulierung \"endogen\" hieran angekn&#252;pft wurde und - in Abgrenzung zu den F&#228;llen zugesetzten Kohlendioxids - ein im Erzeugnis selbst entstehender \"eigener\" &#220;berdruck gemeint ist.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_14\">14</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>Anhaltspunkte daf&#252;r, dass mit der Formulierung \"endogen\" auch das zugesetzte Kohlendioxid erfasst sein sollte, das zwar nicht aus dem im Beh&#228;ltnis selbst g&#228;renden Produkt, aber aus anderem Wein stammt, k&#246;nnen der Entstehungsgeschichte nicht entnommen werden.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_15\">15</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>d) Schlie&#223;lich folgt die vom Berufungsgericht f&#252;r zutreffend befundene Auslegung aus Sinn und Zweck der Abgrenzung von \"Perlwein\" und \"Perlwein mit zugesetzter Kohlens&#228;ure\". Denn nur so kann eine Irref&#252;hrung &#252;ber die Herkunft der Kohlens&#228;ure vermieden werden (vgl. EuGH, Urteil vom 13. M&#228;rz 2008 - C-285/06 - Rn. 28 und 35 sowie BGH, Urteil vom 30. November 1979 - I ZR 148/77 - Rn. 12).</p>\n            </dd>\n         </dl>\n         <dl class=\"RspDL\">\n            <dt>\n               <a name=\"rd_16\">16</a>\n            </dt>\n            <dd>\n               <p>3. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts f&#252;r das Beschwerdeverfahren beruht auf &#167; 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. &#167; 52 Abs. 1 GKG.</p>\n            </dd>\n         </dl>\n      </div>\n   "
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