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GET /api/cases/340968/
{ "id": 340968, "slug": "ovgnrw-2021-10-08-13-b-115321", "court": { "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }, "file_number": "13 B 1153/21", "date": "2021-10-08", "created_date": "2021-10-17T10:01:03Z", "updated_date": "2022-10-17T17:50:50Z", "type": "Beschluss", "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2021:1008.13B1153.21.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Juni 2021 geändert.</p>\n<p>Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Widerrufsbescheid des Antragsgegners vom 9. Juni 2021 wird wiederhergestellt.</p>\n<p>Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.</p>\n<p>Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<h1><span style=\"text-decoration:underline\">Gründe:</span></h1>\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">Die nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässige Beschwerde ist begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">die aufschiebende Wirkung ihres gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. Juni 2021 (Az. 25.16.01/KGW 240/55/N8) erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Abwägung zwischen dem Aussetzungs- und dem Vollziehungsinteresse falle zulasten der Antragstellerin aus, weil nach summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden. Der Bescheid des Antragsgegners vom 9. Juni 2021 erweise sich auf Grundlage des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW als rechtmäßig. Nach Erlass der Genehmigungen seien Tatsachen eingetreten, die den Antragsgegner berechtigt hätten, diese nicht zu erlassen, und ohne den Widerruf würde das öffentliche Interesse gefährdet. Unter Bezugnahme auf die Gründe seiner Eilbeschlüsse vom 18. Juni 2021 (18 L 1003/21, 18 L 1109/21 und 18 L 1110/21) über die Versagung der von der Antragstellerin beantragten einstweiligen Erlaubnisse führt das Verwaltungsgericht an, dass ein Versagungsgrund nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG vorliege. Denn die Antragstellerin könne die streitgegenständlichen Linien infolge der Kündigungen des Einnahmenaufteilungsvertrags vom 11. März 2003 und des Kooperationsvertrags vom 17. April 2000 durch die Verkehrsverbund S. -T. (S. ) GmbH ab dem 1. Juli 2021 nicht eigenwirtschaftlich bedienen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsgegner das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Er habe insbesondere die schwerwiegenden Folgen des Widerrufs für das Unternehmen der Antragstellerin rechtsfehlerfrei in die Abwägung eingestellt und auch alternative Entscheidungsoptionen in Erwägung gezogen. Schließlich liege auch das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor. Dem stehe nicht entgegen, dass die widerrufenen Genehmigungen aufgrund der gegen sie erhobenen, noch anhängigen Drittanfechtungsklagen nicht bestandskräftig seien und deswegen gegenwärtig ohnehin nicht genutzt werden könnten. Denn auch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigungen könnten etwa in Gestalt der sog. Vorwirkung grundsätzlich Rechtswirkungen entfalten, an deren Beseitigung ein öffentliches Interesse bestehe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Das Beschwerdevorbringen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) bietet Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen. Der Senat lässt dahinstehen, ob der Widerrufsbescheid vom 9. Juni 2021 für sich genommen im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig ergangen ist (1.). Denn der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist jedenfalls deshalb begründet, weil kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs besteht (2.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">1. a) Es kann zum einen offen bleiben, ob der Einwand der Antragstellerin durchgreift, die Voraussetzungen des Widerrufs auf der Grundlage des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW lägen nicht vor, weil nachträglich kein zwingender Versagungsgrund eingetreten sei. Insofern kann dahinstehen, ob im Zeitpunkt des Widerrufs konkrete, den Widerruf rechtfertigende Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Antragstellerin die streitgegenständlichen Linienverkehre wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft eigenwirtschaftlich betreiben kann.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">b) Jedenfalls sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsgrundes nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW erfüllt, weil die Antragstellerin eine mit der widerrufenen Genehmigung verbundene Auflage nicht erfüllt hat. Die Antragstellerin greift das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Widerrufsgrundes mit der Beschwerde nicht an. Die ihr im November 2016 für die drei streitgegenständlichen Linien erteilten Genehmigungen waren jeweils mit der Auflage verbunden, den Fahrplan, die Beförderungsentgelte und die Beförderungsbedingungen, denen die Genehmigungsbehörde zugestimmt hat, einzuhalten. Dem konnte die Antragstellerin ab dem 1. Juli 2021, dem Zeitpunkt, zu dem der Widerruf Geltung beansprucht, nicht mehr genügen. Denn infolge der von der S. GmbH zum 1. Juli 2021 ausgesprochenen Kündigungen ist sie nicht mehr in der Lage, den S. -Gemeinschaftstarif anzubieten und kann damit ihre Beförderungsleistungen nicht für die Beförderungsentgelte, denen die Genehmigungsbehörde zugestimmt hat, erbringen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Dass die Wirksamkeit der Kündigungen durch die S. GmbH zivilgerichtlich noch nicht rechtskräftig geklärt war (und weiterhin nicht geklärt ist), ändert nichts am Vorliegen dieser tatbestandlichen Widerrufsvoraussetzung. Der insoweit von der Beschwerde gerügte Verstoß gegen die behördliche Amtsermittlungspflicht aus § 24 VwVfG NRW liegt nicht vor. Nach dessen Absatz 2 hat die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Dem hat der Antragsgegner entsprochen. Die von ihm zutreffend ermittelte und dem Widerruf zugrunde gelegte Tatsache liegt darin, dass die Antragstellerin zum Wirksamwerden der Widerrufsentscheidung nicht in der Lage war, den VRS-Gemeinschaftstarif anzuwenden. Solange zivilgerichtlich nichts Gegenteiliges festgestellt war, hat die Antragstellerin die Auflage, den S. -Gemeinschaftstarif für die fraglichen Linienverkehre anzuwenden, nicht erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Ebenso wenig ist der Senat zu einer eigenständigen (Inzident-)Prüfung der Wirksamkeit der von der S. GmbH ausgesprochenen Kündigungen berufen. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit zwar unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Dies bedeutet nach allgemeinem Verständnis, dass das Gericht des zulässigen Rechtswegs auch rechtswegfremde, entscheidungserhebliche Vorfragen prüft und über sie entscheidet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2010 - 1 BvR 1634/04 -, NVwZ 2010, 1482 = juris, Rn. 51; siehe auch die Gesetzesbegr. in BT-Drs. 11/7030, S. 37.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Gemessen daran dürfen im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gleichwohl die Kündigungen durch die S. GmbH der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Entscheidungserheblich ist insofern nach dem oben Gesagten, ob die Antragstellerin den S. -Gemeinschaftstarif anbieten kann. Dies ist nicht der Fall. Die Antragstellerin ist – gerade mit Blick auf die vom Antragsgegner eingeleiteten Verwaltungsverfahren – vor dem Landgericht gegen die Kündigungen durch die an dem Verwaltungsrechtsstreit nicht beteiligte S. GmbH vorgegangen, um die gekündigten Verträge fortsetzen zu können. Ihr dortiger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedoch erfolglos geblieben. Die Verwaltungsgerichte vermögen an der rechtstatsächlichen Wirkung der Kündigungen durch die S. GmbH nichts zu ändern. Selbst wenn die S. GmbH im Wege der (einfachen) Beiladung Beteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wäre, wäre eine verwaltungsgerichtliche Prüfung und Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigungen gegenüber der S. GmbH unverbindlich und versetzte die Antragstellerin nicht in die Lage, den S. -Gemeinschaftstarif anbieten zu können.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. allgemein im Zusammenhang mit der Rechtskraftwirkung von Urteilen: BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2018 - 6 B 56.18 -, DVBl. 2019, 711 = juris, Rn. 14, m. w. N., und Urteil vom 10. Mai 1994 - 9 C 501.93 -, BVerwGE 96, 24 = juris, Rn. 10.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Durch die Berücksichtigung der privatrechtlichen Kündigungen wird auch nicht (mittelbar) die Entscheidungsbefugnis über die Genehmigungserteilung entgegen Art. 33 Abs. 4 GG von der öffentlichen in private Hand gegeben. Nach dieser Verfassungsnorm ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Dieser sog. beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt ist hier nicht ansatzweise berührt. Die Entscheidung über den Widerruf der Linienverkehrsgenehmigungen hat die zuständige Genehmigungsbehörde, die Bezirksregierung L. , getroffen. Dass sie dabei sämtliche entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt, mithin auch jedenfalls nicht offensichtlich rechtsmissbräuchliche Kündigungen durch eine juristische Person des Privatrechts, liegt in der Natur des Verwaltungsverfahrens.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Ob der Antragstellerin trotz der ausgesprochenen Kündigungen durch die S. GmbH ermöglicht werden muss, den S. -Gemeinschaftstarif weiterhin anzuwenden, ist nicht streitgegenständlich. Dies ist hier weder beantragt noch würde eine Rechtsgrundlage dafür bestehen, den von der Antragstellerin auf der Grundlage des Kartellrechts wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung geltend gemachten Kontrahierungszwang der S. GmbH im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen. § 8 Abs. 3b Satz 3 und 4 PBefG stellt klar, dass die Aufsicht von Vereinigungen von Verkehrsunternehmen im Hinblick auf missbräuchliches Verhalten den Kartellbehörden obliegt. Rechtsschutz im Verhältnis zur S. GmbH wäre insoweit gemäß § 87 GWB vor dem Landgericht zu suchen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Fielitz/Grätz, PBefG, Stand: Dezember 2020, § 8 Rn. 25; Knauff, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2019, Band 1, VII. Abschnitt. Verkehrswettbewerbsrecht, Rn. 93.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Gleichfalls unerheblich ist deshalb im vorliegenden Zusammenhang die von der Antragstellerin gerügte Ungleichbehandlung durch die S. GmbH im Vergleich zur Verkehrsbetriebe I. GmbH. Abgesehen davon, dass die Sachverhalte wesentlich verschieden gelagert sein dürften, müsste die Antragstellerin auch diese Rüge vor den Kartellbehörden bzw. den ordentlichen Gerichten erheben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Vor diesem Hintergrund genügt es nicht, dass die Antragstellerin nunmehr ihrerseits zusichert, den S. -Gemeinschaftstarif anzuwenden, wenn sie – in den Parallelverfahren – eine einstweilige Erlaubnis erhielte. Allein aus ihrer einseitig gebliebenen Bereitschaft, einen neuen Vertrag mit der S. GmbH zu schließen, folgt kein Vertragsschluss, kraft dessen sie den S. -Gemeinschaftstarif tatsächlich anwenden könnte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">c) Zum anderen bedarf im vorliegenden Eilverfahren ebenfalls keiner Entscheidung, ob die Rüge der Antragstellerin durchgreift, es liege ein Ermessensfehlgebrauch des Antragsgegners vor, weil er die Wirksamkeit der Kündigungen nicht geprüft und weitere Umstände in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt habe. Insofern dürfte allerdings – anders als bei der Frage, ob tatbestandlich ein Widerrufsgrund vorliegt – von der Genehmigungsbehörde zumindest gesondert zu würdigen sein, dass die Antragstellerin gegen die Kündigungen durch die S. GmbH zivilgerichtlich vorgeht. Der Antragsgegner hat in der Begründung des Widerrufsbescheids vom 9. Juni 2021 zunächst ausgeführt, dass ein von der Antragstellerin in Aussicht gestelltes zivilrechtliches Klageverfahren gegen die Kündigungen durch die S. GmbH keine aufschiebende Wirkung entfalte, sodass die Kündigungen zum 1. Juli 2021 wirksam würden und damit die Antragstellerin ihre Rechte aus den Verbundverträgen, wie z. B. die Anwendung des S. -Tarifs sowie das Partizipieren aus dem Einnahmenaufteilungsvertrag, verliere (Widerrufsbescheid vom 9. Juni 2021, Seite 5, letzter Absatz, und Seite 6, erster Absatz). Im Rahmen seiner Ermessenserwägungen hat er darauf abgestellt, dass die Antragstellerin die Kündigungen selbst zu verantworten habe, weil sie die obergerichtlichen Urteile nicht anerkennen wolle und den Einigungsvertrag trotz der ihr bekannten Folgen nicht habe unterzeichnen wollen (Widerrufsbescheid vom 9. Juni 2021, Seite 11, zweiter Absatz). Mit Blick auf das noch anhängige Widerspruchsverfahren und die Möglichkeit, im Rahmen eines etwaigen Widerspruchsbescheids Ermessenserwägungen zu ergänzen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 8 TG 721/04 -, DÖV 2004, 625 = juris, Rn. 42,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">lässt der Senat vorliegend dahinstehen, ob diese Ermessenserwägungen hinreichend sind oder der Antragsgegner zumindest den Ausgang des von der Antragstellerin gegen die Kündigungen durch die S. GmbH parallel angestrengten erstinstanzlichen Eilverfahrens vor dem Landgericht mit Beschluss vom 25. Juni 2021 hätte abwarten müssen, bevor er einen auf diese Kündigungen gestützten Widerruf erlässt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">2. Unabhängig von der abschließenden Beantwortung der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Widerrufs (in Gestalt eines etwaig noch zu erlassenden Widerspruchsbescheids) besteht derzeit aber jedenfalls kein öffentliches Interesse im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO an seiner sofortigen Vollziehung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts ist ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2021- 13 B 1403/20 -, juris, Rn. 5 f., m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Zwar lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall bestimmen, wann der Rechtsschutzanspruch des Einzelnen ausnahmsweise hinter die öffentlichen Belange zurücktreten muss und wann es der Exekutive durch Art. 19 Abs. 4 GG verwehrt ist, der gerichtlichen Prüfung ihrer Maßnahmen vorzugreifen. Aus dem Zweck der Rechtsschutzgarantie und dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich aber wenigstens so viel: Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73 -, BVerfGE 35, 382 = juris, Rn. 55; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 1979 - 1 BvR 699/77 -, BVerfGE 51, 268 = juris, Rn. 53, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2021 - 13 B 1403/20 -, juris, Rn. 14.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Gemessen daran bestehen in der vorliegenden Konstellation keine öffentlichen Interessen, die es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch der Antragstellerin dahinter zurücktreten zu lassen. Das von dem Antragsgegner angeführte öffentliche Interesse an der Durchführung der Verkehre auf den Linien 2.., 2.. und N. ist auch dann gewahrt, wenn der Widerruf der entsprechenden Linienverkehrsgenehmigungen der Antragstellerin nicht sofort vollziehbar ist. Der öffentliche Personennahverkehr auf den genannten Linien müsste gleichwohl nicht ruhen. Vielmehr kann er – wie geschehen – durch Erteilung einstweiliger Erlaubnisse an die X. GmbH und die Regionalverkehr L. GmbH (S.1 GmbH) sichergestellt werden. Der sofortigen Vollziehung des Widerrufs bedarf es auch nicht, um die zugunsten der Antragstellerin aus den erteilten, aber nicht bestandskräftigen Linienverkehrsgenehmigungen erwachsende sog. Vorwirkung zu beseitigen. Denn die Erteilung einstweiliger Erlaubnisse für die fraglichen Linien kann an die vorgenannten Verkehrsunternehmen erfolgen, weil eine etwaige Vorwirkung der der Antragstellerin erteilten Genehmigungen aufgrund einer Änderung der Sachlage nicht durchgreifen würde (vgl. die Senatsbeschlüsse gleichen Rubrums vom heutigen Tage in den Parallelverfahren 13 B 1229/21, 13 B 1230/21 und 13 B 1231/21).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Demgegenüber überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des Widerrufs. Ihr Interesse, die Möglichkeit zur Fortsetzung der von ihr in der Vergangenheit betriebenen Linienverkehre offen zu halten, wird von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Nur durch die Aussetzung der Vollziehung, die gemäß § 80b Abs. 1 VwGO grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids andauert und insbesondere nicht schon mit Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid endet,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 2. April 2007- 7 TG 501/07 -, juris, Rn. 11; Puttler, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80b Rn. 4, m. w. N.,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">lässt sich verlässlich verhindern, dass (möglicherweise) unabänderliche Fakten zum Nachteil der Antragstellerin geschaffen werden. Denn es wäre andernfalls denkbar, dass der Antragsgegner im Anschluss an den Erlass des sofort vollziehbaren Widerrufs den Konkurrenten der Antragstellerin Linienverkehrsgenehmigungen erteilt, obwohl die Wirksamkeit der Kündigungen durch die S. GmbH zivilgerichtlich noch nicht rechtskräftig geklärt ist. Solange der Widerruf der der Antragstellerin erteilten Genehmigung nicht sofort vollziehbar ist, dürfte wegen des aus § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG ableitbaren sog. Mehrfachgenehmigungsverbots die Erteilung einer weiteren Genehmigung an einen Konkurrenten hingegen nicht in Betracht kommen. Zur zwischenzeitlichen Erfüllung des öffentlichen Verkehrsinteresses ist es wiederum ausreichend, dem derzeit bestehenden Schwebezustand über die Erteilung einstweiliger Erlaubnisse zu begegnen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2008 - 13 B 929/08 -, juris, Rn. 6 f., m. w. N.,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">die gemäß § 20 Abs. 3 Satz 3 PBefG keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung begründen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p>\n " }