List view for cases

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    "file_number": "1 AGH 18/21",
    "date": "2022-02-10",
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    "updated_date": "2022-10-17T11:06:41Z",
    "type": "Urteil",
    "ecli": "ECLI:DE:AWGHNRW:2022:0210.1AGH18.21.00",
    "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<ul class=\"ol\"><li> 1. <p>Die Klage wird abgewiesen.</p>\n</li>\n<li> 2. <p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>\n</li>\n<li> 3. <p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>\n</li>\n<li> 4. <p>Der Streitwert wird auf 12.500,00 € festgesetzt.</p>\n</li>\n</ul><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Tatbestand</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der im Jahre 1940 geborene Kläger ist seit 1972 als Rechtsanwalt zugelassen. Spätestens ab dem Jahr 2005 ist er berechtigt, die Bezeichnung Fachanwalt für Steuerrecht zu führen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">In den Folgejahren reichte der Kläger die Fortbildungsnachweise stets verspätet, meist Anfang Januar des Folgejahres, ein. Aufgrund dessen wurde er jedes Jahr von der Beklagten daran erinnert, die Nachweise bis spätestens 31.12. des jeweiligen Jahres vorzulegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Im Jahre 2018 wurde der Kläger darüber hinaus aufgrund eines Erinnerungsschreibens der Beklagten vom 09.02.2018 daran erinnert, dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 05.04.2014 (AnwZ (BrfG) 76/13) festgestellt hat, dass bei einem Unterbleiben der kalenderjährlichen Fortbildung nach § 15 FAO diese nicht im Folgejahr nachgeholt werden kann.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Schreiben vom 28.01.2021 erinnerte die Beklagte den Kläger an die Einreichung der Fortbildungsnachweise für das Jahr 2020 und setzte insoweit eine Frist bis zum 28.02.2021. Mit weiterem Schreiben vom 01.03.2021 setzte die Beklagte eine erneute Frist bis zum 15.03.2021 und wies darauf hin, dass nach Ablauf dieser Frist von der Möglichkeit des Widerrufs der ihm erteilen Befugnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung Gebrauch gemacht wird. Dieses Schreiben ist dem Kläger elektronisch übermittelt worden und am 01.03.2021 um 11:23 Uhr zugegangen. Der Kläger reichte keine Fortbildungsnachweise ein.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Bescheid vom 19.04.2021 widerrief die Beklagte die dem Kläger erteilte Berechtigung zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung im Steuerrecht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Hiergegen erhob der Kläger Klage mit Schreiben vom 03.05.2021, das den Eingangsstempel des Gerichts per 07.05.2021 trägt. Er beantragt sinngemäß,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">          den Bescheid der Beklagten vom 19.04.2021 aufzuheben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Dazu trägt er vor, dass er aufgrund seines kritischen Alters davon Abstand genommen hat, an der sonst für ihn üblichen Präsenzveranstaltung, dem Bielefelder Fachlehrgang Steuerrecht, der auch im November 2020 als Hybrid-Veranstaltung angeboten wurde, teilzunehmen. Er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass wegen der Corona-Pandemie eine Verschiebung des Fachlehrgangs 2020 in das nächste Jahr 2021 als selbstverständlich akzeptiert werde.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Anhörungsschreiben vom 28.01.2021 und 01.03.2021 habe er nicht erhalten. Dies offenbar, weil er der Verpflichtung zur Erstregistrierung des elektronischen Postfaches nicht nachgekommen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">          die Klage abzuweisen und die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Sie hält den Widerruf der Berechtigung zur Führung des Titels Fachanwalt für Steuerrecht für rechtmäßig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.09.2021 erklärt der Kläger, dass er Fortbildungen im Sinne des § 15 FAO im Zeitumfang von 30 noch zu absolvierenden Zeitstunden bis zum 31.12.2021 (eingehend bei der Beklagten) nachweist. Die Beklagte verpflichtet sich hinsichtlich des bei ihr eingehenden Konvolutes bis zum 31.01.2022 darüber zu entscheiden, ob sie den angefochtenen Bescheid aufrechterhält. Beide Parteien erklären sich sodann mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">In einem Übersendungszettel vom 27.11.2021 überreichte der Kläger der Beklagten drei Fortbildungsnachweise und zwar über 15 Zeitstunden bei den Bielefelder Fachlehrgängen, die von der Beklagten akzeptiert werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Des Weiteren übersandte er eine Buchungsbestätigung und Rechnung der A GmbH vom 10.11.2021, wonach er sich zu einem Seminar am 10.11.2021 des Steuerberater-Arbeitskreises in Bielefeld angemeldet hat. Dieserhalb übersandte er das Deckblatt von Tagungsunterlagen der A, die den handschriftlichen Hinweis enthält, RA B 10.11.2021 v. 15:30 – 19:00 h Teilnahme bestätigt C, StB. Das Ganze ist nur mit einem nichtlesbaren Handzeichen versehen. Letztendlich übersandte er eine Teilnehmerbestätigung der D Steuerberatungsgesellschaft vom 15.11.2021, die dem Kläger bestätigen, dass er in den Kanzleiräumen in dieser Kanzlei in 2021 an insgesamt 7 Online-Seminaren Steuerupdate des Steuerberaterverbandes Niedersachsen (Referent: C) mit einer Gesamtdauer von 12,5 Stunden teilgenommen hat. Auf Nachfrage der Beklagten führt der Kläger aus, dass er an sieben Online-Seminaren in der Weise teilgenommen hat, dass er in den Räumen der Steuerberatungsgesellschaft D gespeicherte Live-Seminare zusammen mit dem Steuerberater E angeschaut hat, der in diesem Zusammenhang auch sein Ansprechpartner war und begleitende Fragen beantwortet hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte erklärt darauf hin, dass Sie den erteilten Widerrufsbescheid nicht abändern werde, wobei es dahinstehen könne, ob über die 3,25 Zeitstunden ein ausreichender Fortbildungsnachweis geführt sei, da jedenfalls über die weiteren ausstehenden Zeitstunden ein Fortbildungsnachweis nicht vorliege.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Entscheidungsgründe</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Die zulässige Klage ist unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage ist zulässig, da der Kläger als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes klagebefugt ist und die Klagefrist eingehalten hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage ist aber unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§§ 113 Abs. 1 VwGO, 112 c Abs. 1 BRAO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Der angefochtene Bescheid ist formell ordnungsgemäß ergangen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist die für den Kläger zuständige Rechtsanwaltskammer und damit für den Widerruf einer Fachanwaltsbezeichnung zuständig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger ist auch vor Erlass des Verwaltungsaktes angehört worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Die Anhörungsschreiben sind ihm zugegangen. Die Zustellungszertifikate nach beA liegen vor. Ob der Kläger von diesen Schreiben tatsächliche Kenntnis genommen hat oder ob er das nicht konnte, weil er seiner Verpflichtung zur Erstregistrierung des beA-Postfaches nicht nachgekommen ist, spielt dabei keine Rolle.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Nach § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO kann die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Nach § 15 Abs. 1 FAO muss derjenige, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, sich kalenderjährlich auf diesem Gebiet fortbilden, entweder hörend oder dozierend. Die hörende Teilnahme setzt eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre Veranstaltung voraus. Die Gesamtdauer der Fortbildung darf je Fachgebiet 15 Zeitstunden nicht unterschreiten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Bei Fortbildungsveranstaltung, die nicht in Präsenzform durchgeführt werden, müssen die Möglichkeiten der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmern sowie der Teilnehmer untereinander während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung sichergestellt und ein Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden (§ 15 Abs. 2 FAO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Voraussetzungen liegen im Fall der 12,5 Zeitstunden nicht vor, da der Kläger nur abgespeicherte Videos von Fortbildungsveranstaltungen sich angeschaut hat und demzufolge es keine Interaktion mehr, weder mit Referenten, noch den anderen Teilnehmern möglich war. Dass der zusammen mit ihm das Video anschauende Steuerberater E ihm begleitende Fragen beantwortet hat, erfüllt nicht die Voraussetzung des § 15 Abs. 2 FAO, da der Steuerberater E nicht der Referent der Veranstaltung war und die Möglichkeit der Interaktion mit den übrigen Teilnehmern auch dadurch nicht ermöglicht wurde.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Damit hat der Beklagte den Nachweis der 30 Zeitstunden als Fortbildung im Sinne des§ 15 FAO nicht erbracht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c BRAO, 154 VwGO und §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 7011 ZPO. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112 c BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht. Weder weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, noch hat die Rechtssache grundsätzlich Bedeutung (§§ 124 a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO); die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt. Ein Falle der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben, weil das Urteil des Senats in den tragenden Gründen nicht von der Rechtsprechung anderer Anwaltsgerichtshöfe, des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts abweicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Rechtsmittelbelehrung</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist beim Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf diese Abweichung beruht oder</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts vorliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf den die Entscheidung beruhen kann.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">Die Festsetzung des Streitwertes ist unanfechtbar.</p>\n      "
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