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GET /api/cases/346049/
{ "id": 346049, "slug": "ovgnrw-2022-07-21-7-a-115421", "court": { "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }, "file_number": "7 A 1154/21", "date": "2022-07-21", "created_date": "2022-08-04T10:00:57Z", "updated_date": "2022-10-17T17:55:36Z", "type": "Beschluss", "ecli": "ECLI:DE:OVGNRW:2022:0721.7A1154.21.00", "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.</p>\n<p>Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p>\n<p>Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.510,00 Euro festgesetzt.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><span style=\"text-decoration:underline\">G r ü n d e :</span></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Das fristgemäße Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von jeweils 2.500,00 Euro vorgelegen hätten und zur Begründung im Wesentlichen auf seinen Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - 10 L 1088/18 - (bestätigt durch Senatsbeschluss vom 16.11.2018 - 7 B 1291/18 -) verwiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht verwechsele die Grundverfügungen mit den Zwangsgeldfestsetzungen, mit der Versiegelung des Hauses X.-straße 46a seit dem 4.11.2020 hätten sich die Festsetzungsverfügungen erledigt, die Beugefunktion der angefochtenen Verfügungen sei entfallen, der mit ihnen verfolgte Zweck erreicht, das Zwangsgeld werde zu einer reinen Sanktion, was nach dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 13.8.2015 - 5 K 4117/14 -, juris, unzulässig sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Rüge greift nicht durch. Bei einem Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot kann ein Zwangsgeld auch dann festgesetzt und beigetrieben werden, wenn eine weitere Zuwiderhandlung wegen Fristablaufs oder Erledigung der Verfügung nicht mehr möglich ist. Entscheidend ist allein, dass der Verstoß gegen die vollziehbare Ordnungsverfügung nach der Androhung und während der Zeit, in der das Verbot noch galt, erfolgt ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.9.1992 - 4 A3840/91 -, NVwZ-RR 1993, 671 = juris, m. w. N; Beschluss vom 22.3.2019 - 4 B 71/19 -, juris, m. w. N.; Sadler/Tillmanns in Sadler Tillmanns, VwVG/VwZG, 10. Auflage, 2020, § 13 Rn. 121.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Dies ist hier der Fall. Die Kläger sind der ihnen mit bestandskräftigen Ordnungsverfügungen vom 16./17.1.2014 aufgegebenen Verpflichtung, jegliche Nutzung des Gebäudes X.-straße 46a zu unterlassen, innerhalb der ihnen eingeräumten Frist nicht nachgekommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungsverfügungen hänge von der Auslegung des Begriffs \"Gestattung der gebotenen Handlung\" in § 60 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz VwVG NRW ab. § 60 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz VwVG NRW schränkt den ersten Halbsatz ein und bestimmt, dass ein Zwangsgeld (jedoch) beizutreiben ist, wenn der Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht werden sollte. Mit der Einfügung des zweiten Halbsatzes in § 60 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW sollte klarstellend die schon zuvor bestehende ständige Rechtsprechung bestätigt werden, nach der ein Zwangsgeld auch dann noch festgesetzt und beigetrieben werden konnte, wenn gegen ein Unterlassungsgebot mit Zwangsgeldandrohung verstoßen wurde, ein weiterer Verstoß gegen die Ordnungsverfügung aber nicht mehr möglich war.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.3.2019 - 4 B 71/19 -, juris, m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Der weitere Einwand, das Zwangsgeld sei das falsche Zwangsmittel, dies ergebe sich aus dem Senatsbeschluss vom 2.11.2020 - 7 B 1648/20 -, in dem das Oberverwaltungsgericht ausgeführt habe, der wegen des unzureichenden Brandschutzes bestehenden akuten Gefahr für Leib und Leben der sich in dem Gebäude aufhaltenden Personen könne \"nur durch die Räumung des Gebäudes begegnet werden\", greift ebenso wenig durch. Ein Zwangsgeld ist nicht erst dann geeignet, wenn es mit Sicherheit den Willen des Pflichtigen beugt und ihn dazu bringt, das ihm Aufgegebene zu tun. Erst wenn bei objektiver Betrachtung unter keinen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass es den Betroffenen zu dem verlangten Tun, Dulden oder Unterlassen bewegen wird, ist es ungeeignet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Sadler/Tillmanns in Sadler Tillmanns, VwVG/VwZG, 10. Auflage, 2020, § 9 Rn. 42, m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Dies ist hier nicht der Fall. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zwangsgeldfestsetzungen vom 7.5.2018 durfte die Beklagte (noch) davon ausgehen, dass die Kläger sich durch diese beeindrucken lassen und zukünftig pflichtgemäß verhalten werden. Streitgegenstand des Senatsbeschlusses vom 2.11.2020 war die spätere Festsetzung unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung der Räumlichkeiten und des Austauschs der Schlösser/Schließanlage des Gebäudes X.-straße 46a mit Bescheid der Beklagten vom 22.10.2020, nachdem die Kläger - trotz der hier angefochtenen Festsetzungsverfügungen vom 7.5.2018 - ihrer Verpflichtung aus den Nutzungsuntersagungsverfügungen nicht nachgekommen waren. Das Verwaltungsgericht hat sich mit seinem Urteil deshalb auch nicht von der Rechtsprechung des Senats \"distanziert\".</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Das Vorbringen, die Nutzungsuntersagungsverfügungen seien nicht nur auf die formelle Illegalität gestützt, ihre Durchsetzung sei unverhältnismäßig, es werde auch die genehmigte Nutzung des Gebäudes als Schule untersagt, wegen der durch die Beklagte arglistig erschlichenen Bestandskraft seien die Nutzungsuntersagungsverfügungen zwingend nichtig, das untragbare Verhalten der Beklagten sei stets von einer rechtswidrigen Aneignungsabsicht geleitet gewesen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auf die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügungen kommt es im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht an; Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügungen (vgl. § 44 VwVfG NRW) haben die Kläger nicht im Sinne des Gesetzes dargelegt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen rechtfertigt das Vorbringen der Kläger auch nicht die Annahme, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweise.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Die Kläger haben keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Aus den vorstehenden Gründen ist nicht i. S. d. Gesetzes dargelegt, dass das angegriffene Urteil auf einer Abweichung von den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2.11.2020 - 7 B 1648/20, 7 B 1649/20, 7 B 1650/20, 7 B 1651/20, 7 B 1652/20 sowie 7 B 1653/20 - beruht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Auch die Verfahrensrüge i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO greift nicht durch.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kläger machen geltend, das Verwaltungsgericht sei wegen einer fehlenden Inaugenscheinnahme nicht in der Lage gewesen, anhand der lückenhaften Akte festzustellen, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Gebäude um die mit dem Bauschein (vom 17.7.1958) genehmigte Nähschule handele, mit der Ablehnung des entsprechenden Beweisantrages habe das Verwaltungsgericht den Verfahrensfehler unvollständiger Aufklärung des Sachverhaltes begangen, das Urteil beruhe auch auf diesem Verfahrensfehler, hätte das Verwaltungsgericht die Beweisaufnahme durchgeführt, hätte es erkannt, dass die Durchsetzung der Nutzungsuntersagungen unverhältnismäßig sei. Es bedurfte hier indes keiner Beweiserhebung. Die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügungen ist - wie ausgeführt - nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Ungeachtet dessen ist eine etwa mit Bauschein vom 17.7.1958 genehmigte Nutzung als \"Nähschule mit Wirtschaftsraum\" durch die Wohnnutzung erloschen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Die Ablehnung des Beweisantrages, der darauf gerichtet war, zur Genehmigungsfähigkeit der streitgegenständlichen Nutzung - insbesondere zur Brandsicherheit - ein Sachverständigengutachten einzuholen, begründet ebenfalls keinen Verfahrensfehler. Die materielle Genehmigungsfähigkeit einer Wohnnutzung ist für die streitgegenständlichen Zwangsgeldfestsetzungen aus den vorstehenden Gründen irrelevant.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.</p>\n " }