Urteil vom Amtsgericht Aachen - 110 C 176/13
Tenor
Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 237,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 18.06.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht als Vermieter Ansprüche auf Zahlung abgerechneter Mietnebenkosten aus einem beendeten Wohnraummietverhältnis geltend.
3Die Beklagte hatte von dem Kläger die Wohnung Q-straße xx, 1. Obergeschoß rechts, in B-Stadt angemietet. Das Mietverhältnis endete am 30.04.2012. Aufgrund seiner Abrechnung für den Zeitraum 01.10.2011 bis 30.04.2012 begehrt der Kläger abgerechnete anteilige Heiz- und sonstige Mietnebenkosten, und zwar als Nachforderung in Höhe von 865,20 Euro.
4Vorgerichtlich stritten die Parteien über eine von der Beklagten gewünschte Einsicht in die Belege der Abrechnung, die von dem Kläger nur in der Form einer Einsicht im Büro der Prozessbevollmächtigten in C-Stadt angeboten worden war. Da der von der Beklagten zur Belegeinsicht gewünschte Termin, wegen der Berufstätigkeit der Beklagten, an einem Samstag von den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gewährt werden konnte, kam es vorgerichtlich nicht zu einer Belegeinsicht durch die Beklagte. Eine solche Belegeinsicht erfolgte im vorliegenden Rechtsstreit auf Drängen des Gerichts in der Form der Übersendung von Belegen gegen Auslagenerstattung. Der Kläger war im vorliegenden Rechtsstreit zunächst auch nicht in der Lage, die streitgegenständliche Mietnebenkostenabrechnung vorzulegen, so dass das Gericht auf Antrag des Klägers die Beklagte veranlassen musste, die entsprechende Abrechnung vorzulegen, was auch erfolgte.
5Hinsichtlich der von der Beklagten, insbesondere nach Belegkopie-Übersendung vorgenommenen Einwendungen gegen die Abrechnung wird auf den Akteninhalt verwiesen, ebenfalls hinsichtlich der Stellungnahmen des Klägers dazu. Der Kläger vertritt die Auffassung, das Bestreiten der Richtigkeit der in der Abrechnung zugrunde gelegten Ablesewerte hinsichtlich Wasser, Strom und Heizverbrauchskosten sei treuwidrig und deshalb unzulässig, weil die Beklagte in dem Termin der Rückgabe der Wohnung durch die Beklagte an den Kläger eine gemeinsame Ablesung der Zähler verweigert habe und die Wohnung verlassen habe. Ferner vertritt der Kläger die Auffassung, die Beklagte könne sich nicht auf eine angebliche fehlende Nachvollziehbarkeit der Nebenkostenabrechnung deshalb berufen, weil die Beklagte in den Jahren zuvor die Abrechnungen für die Jahre 2009/2010 und 2010/2011 erhalten habe, ohne die Abrechnungen jeweils zu beanstanden oder Nachfragen dazu vorzunehmen. Neben dem Nachforderungsbetrag aus der streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnung macht der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auch einen Anspruch auf Erstattung ihm vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von 120,67 Euro geltend.
6Der Kläger beantragt,
71.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 865,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
82. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 120,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB wegen der außergerichtlichen Kosten zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die Klage ist nur teilweise begründet.
14Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 237,61 Euro aus der streitgegenständlichen Mietnebenkostenabrechnung vom 03.12.2012 für den Zeitraum 01.10.2011 bis 30.04.2012.
15Dieser Zahlungsanspruch ergibt sich aus dem schriftlichen Mietvertrag der Parteien in Verbindung mit §§ 535 Abs. 2, 556 BGB. Danach ist die Beklagte mietvertraglich verpflichtet, von dem Kläger jeweils jährlich abzurechnende Mietnebenkosten anteilig zu tragen. Aus der streitgegenständlichen Abrechnung steht dem Kläger ein Anspruch nur in Höhe von 237,61 Euro zu. Denn die Abrechnung ist bzgl. einiger Positionen unwirksam und führt bei diesen Positionen nicht zu berechtigten Nachforderungen. Unter Berücksichtigung von berechtigten Ansätzen anteiliger Nebenkosten ergibt sich eine berechtigte Umlage von anteiligen Nebenkosten zu Lasten der Beklagten von 1.217,61 Euro, wovon die unstreitigen Vorauszahlungen von 980,00 Euro abzuziehen sind, so dass eine offene Restforderung aus dieser Abrechnung in Höhe von 237,61 Euro verbleibt, die zuzusprechen war.
161.
17Bei den Abrechnungspositionen Kaltwasser, Kanal, Abrechnungsgebühren, Versicherungen, Winterdienst und Müllgebühren ist die von dem Kläger vorgelegte Abrechnung formell unwirksam. Die formelle Unwirksamkeit besteht deshalb, weil insoweit in der Abrechnung zu verteilende Gesamtbeträge aufgeführt werden, die in Form einer nicht offengelegten vorherigen Umrechnung von Beträgen aus verschiedenen Rechnungen ermittelt wurden, also für die Beklagte als Mieterin mangels näherer Erläuterung, welche Umrechnungen der Kläger vorher vorgenommen hat, weder verständlich noch nachvollziehbar noch rekonstruierbar sind. Auch durch Vorlage der entsprechenden Belege ist es einem Mieter und damit auch der Beklagten im vorliegenden Fall nicht möglich, die Abrechnung insoweit nachzuvollziehen und insbesondere zu überprüfen. Erst die Kenntnis der von dem Kläger in der Abrechnung nicht mitgeteilten Rechenvorgänge, die zu den in die Abrechnung eingestellten Werten führen, kann einem Mieter und damit auch der Beklagten die notwendige Nachvollziehbarkeit ermöglichen. Fehlt es aber an einer derartigen Überprüfbarkeit wegen mangelnder Nachvollziehbarkeit, so ist die Abrechnung formell unwirksam. Dies ist ähnlich wie bei einem nicht mitgeteilten Vorwegabzug von nicht umlagefähigen Kosten, was ebenfalls zur formellen Unwirksamkeit der Abrechnung führt.
18Der Kläger verweist zu Unrecht insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Ansatz von Gesamtkosten in einer Mietnebenkostenabrechnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NZM 2010, 315 ff.) ist der Vermieter bei den von ihm abgerechneten Gesamtkosten nicht gehalten, jeden einzelnen Rechnungsbetrag anzugeben. Es genügt vielmehr grundsätzlich, dass der Vermieter hierbei nach den Kostenarten differenziert und diese nach ihrem Entstehungsgrund gleichartigen Kosten summenmäßig zusammenfasst (BGH a.a.O.). Diese Auffassung teilt auch das erkennende Gericht. Geht man von dieser Auffassung aus, ist es für den Mieter problemlos möglich, anhand der Belege die summenmäßige Zusammenfassung mehrerer Rechnungen nachzuvollziehen. Für einen Mieter ist es nämlich auch ohne entsprechende Erläuterung durch den Vermieter problemlos erkennbar und möglich, zwei oder mehrere Rechnungen, die dieselbe Ausgabenpositionen betreffen, hinsichtlich der Rechnungsbeträge zusammen zu ziehen, also eine reine Addition der Rechnungsbeträge vorzunehmen.
19Darum geht es hier aber gerade nicht.
20In der Nebenkostenabrechnung des Klägers werden heimlich, weil nicht offengelegt und nicht erläutert, Rechnungsbeträge aus den verschiedenen Jahren betreffend dieselbe Ausgabenposition umgerechnet, also die Rechnung für das Jahr 2011 umgerechnet auf die abgerechneten drei Monate, so dass sich ein anderer Rechnungsbetrag ergibt, der dann wieder addiert wurde mit dem umgerechneten Rechnungsbetrag aus der Rechnung für das Folgejahr, wo wiederum eine Umrechnung auf 9 Monate stattfand und sich ein von in der Rechnung ausgewiesenen Betrag abweichender Betrag ergeben hat. Diese Darstellung ist in der Abrechnung nicht enthalten und auch der Beklagten zu keinem Zeitpunkt etwa vorgerichtlich oder aber in früheren Abrechnungen mitgeteilt worden.
21Deshalb kommt es nicht auf den Vortrag des Klägers an, die Beklagte habe ja in den Vorjahren gleichartige Rechnungen mit entsprechenden Rechenschritten erhalten, ohne dies zu beanstanden. Daraus kann der Kläger nicht herleiten sein Recht bei der streitgegenständlichen Rechnung zu nicht offengelegten Rechenschritten zur Bildung des zu verteilenden Gesamtbetrages, ohne dass insoweit lediglich eine summenmäßige Zusammenrechnung von mehreren Rechnungen erfolgte, als korrekte, insbesondere formell korrekte Abrechnung anzusehen. Insoweit liegt vielmehr ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz vor, dass eine Mietnebenkostenabrechnung aus sich heraus verständlich sein muss und der Mieter auch ohne Rechtskenntnis in der Lage sein muss, anhand der Belege die Rechnung zu überprüfen. Dies ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der vorgenannten Positionen nicht möglich, da die angegebenen Gesamtbeträge, die anteilig zu verteilen waren, auf nicht offengelegten Rechenoperationen beruhten, die nicht lediglich Additionen von mehreren Rechnungsbeträgen waren.
22Die vorgenannten Positionen, die somit nicht zu Lasten der Beklagten in der Abrechnung angesetzt werden können, führen zu nicht zu berücksichtigenden anteiligen Belastungen hinsichtlich Kaltwasser in Höhe von 173,42 Euro, hinsichtlich Kanal 233,39 Euro, hinsichtlich Abrechnungsgebühren von 17,02 Euro, hinsichtlich der Versicherungen in Höhe von 66,61 Euro, hinsichtlich Regenwasser in Höhe von 43,23 Euro, hinsichtlich Winterdienst in Höhe von 7,22 Euro und hinsichtlich der Müllgebühren in Höhe von 86,70 Euro. In der Summe handelt es sich somit um einen Abzug von 627,59 Euro, so dass nur der Rest von 1.217,61 Euro berechtigte anteilige Kosten sind, die auf die Beklagte umgelegt werden konnten.
23Die dagegen von der Beklagten erhobenen Einwendungen sind nicht erfolgreich. Hinsichtlich der Verbrauchswerte bzw. Ablesewerte hat der Kläger auf Veranlassung des Gerichts die entsprechenden schriftlichen Dokumentationen über die Ablesewerte vorgelegt, ohne dass die Beklagte dies danach noch extra beanstandet hat. Aus diesem Grund kommt es auf das vorherige pauschale Bestreiten der Beklagten nicht mehr an. Zu den übrigen Positionen wie Schornsteinfegerkosten, Brennerwartung, Heizung, Strom und Kosten der Verbrauchserfassung hat der Kläger entsprechende Belege nachgelegt oder aber eine plausible, vernünftige Erklärung für den jeweiligen Ansatz der Kosten vorgenommen, was aus Sicht des Gerichts ausreichend ist. Das Gericht hält es auch für zulässig hinsichtlich der Heiz- und Stromkosten 5 % der Allgemeinstromkosten anzusetzen pauschal, wenn insoweit keine Verbrauchserfassung vorgelegten hat mangels eines Zwischenzählers. Der Einwand der Beklagten hinsichtlich der Gaskosten, dass sich dies auf ein anderes Objekt bezieht, ist ebenfalls von dem Kläger plausibel widerlegt worden mit der Erklärung, dass insoweit die Gasrechnung versehentlich eine falsche Haus-Nr. aufweist.
24Die Zinszahlungsverpflichtung der Beklagten ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
25Ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht. Denn die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Beauftragung der Rechtsanwälte des Klägers bzgl. der Bezahlung der Forderung des Klägers aus der Nebenkostenabrechnung nicht in Verzug. Der Beklagten stand auch hinsichtlich des berechtigten Teils der Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil der Kläger in treuwidriger Weise der Beklagten die Möglichkeit der Belegeinsicht vorgerichtlich versagt hatte. Die Beklagte hatte vorgerichtlich eine Belegeinsicht in B-Stadt verlangt, wobei dieses Verlangen berechtigt war, da sowohl der Vermieter als auch die Mieterin in B-Stadt wohnen. Ohne rechtfertigenden Grund verlangter der Kläger, dass eine derartige Einsicht im Anwaltsbüro der Prozessbevollmächtigten des Klägers stattzufinden habe, wobei die Kanzlei der Rechtsanwälte sich in C-Stadt befindet. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Rechtsgrund und aus welchem sachlichen Grund der Beklagten abverlangt werden konnte, die Einsicht in dem Anwaltsbüro vorzunehmen, zumal dies auch nur möglich war zu den üblichen Büroöffnungszeiten, die gerade von der Beklagten nicht wahrgenommen werden konnten, wie sie nachvollziehbar dargelegt hat. Es ist von Klägerseite nicht ansatzweise dargelegt worden, dass etwa eine Belegeinsicht in B-Stadt bei dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei. Allein der Umstand, dass der Kläger offensichtlich verärgert war darüber, dass bei der Rückgabe der Mietwohnung durch die Beklagte an den Kläger diese sich an der Ablesung der Zählerwerte nicht beteiligt hat, reicht insoweit nicht aus. Deshalb ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, die geltend gemachten Anwaltskosten, soweit sie sich denn von dem berechtigten Streitwert her ergeben könnten, als Verzugsschaden oder als Schadensersatz auszugleichen.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
27Streitwert: 865,20 Euro
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
30a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
31b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
32Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
33Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.
34Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
35Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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