Urteil vom Amtsgericht Aachen - 112 C 293/15
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 428,17 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 164,96 € seit dem 26.09.2012 und aus 263,21 € seit dem 19.03.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
2Entscheidungsgründe:
3Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
4Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verjährung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche berufen. Denn die Klage vom 28.12.2015 ist per Fax am 30.12.2015 bei dem Amtsgericht Aachen eingegangen. Nach Übersendung der Kostenrechnung vom 04.01.2016 wurden die Kosten am 05.01.2016 durch die Klägerin eingezahlt.
5Hinsichtlich der grundsätzlich erforderlichen Mietwagenkosten beruht die Berechnung der Klägerin mit der Klageschrift vom 28.12.2015 auf der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (vergleiche Urteil vom 01.08.2013 - 15 U 9/12; Urteil vom 30.07.2013 - 15 U 112/12, jeweils zitiert nach juris) sowie der aktuellen Rechtsprechung der Berufungsgerichte des Landgerichts Aachen. Im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO sieht das Gericht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Insoweit wird auf die in den genannten Urteilen des Oberlandesgerichts Köln im einzelnen dargelegten Gründe für die Berechnung unter Verwendung einerseits der Schwacke- Liste und andererseits der Fraunhofer Tabelle Bezug genommen. Im übrigen liegt auch eine Berechnung allein aufgrund der Schwacke- Liste nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( vergleiche Urteil vom 02.02.2010 - VI ZR 7/09 - , zitiert nach juris ) grundsätzlich im Rahmen desjenigen Ermessensspielraums, der dem Tatrichter im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO eingeräumt wird.
6Die von dem Beklagten dargelegten Internetangebote der Firmen Europcar, Avis und Sixt sind nicht geeignet, die Berechnungen unter Berücksichtigung einerseits der maßgeblichen Schwacke- Liste und andererseits der maßgeblichen Fraunhofer Tabelle infrage zu stellen. Denn die von dem Beklagten dargelegten Angebote betreffen nicht die hier maßgeblichen Mietzeiten. Im übrigen beinhalten die Screenshots der Angebote der Firmen Europcar und Avis keine Angaben zu den konkreten Zusatzkosten betreffend die Haftpflichtversicherung, die Vollkaskoversicherung sowie die Bring- und Abhollkosten. Das Angebot der Firma Avis umfasst insoweit gar keine Informationen. Alle drei Angebote enthalten keine Informationen in Bezug auf Zusatzkosten für den Einsatz einer Kreditkarte. Soweit die Beklagte ihre diesbezüglichen Behauptungen betreffend die Ortsüblichkeit von Mietwagenkosten unter Beweis stellt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, handelt es sich um ein untaugliches Beweisangebot. Denn dem Gericht ist aus einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Aachen, bei dem ein entsprechendes Sachverständigengutachten auf der Grundlage von entsprechenden Umfragen bei Mietwagenunternehmen eingeholt wurde, bekannt, dass ein solches Gutachten mangels geringer Beteiligung der durch den Sachverständigen angeschriebenen Unternehmen zu keinem verlässlichen Ergebnis führt. Im übrigen obliegt es der jeweiligen Versicherung, ihre diesbezüglichen Behauptungen durch Vorlage aktueller, den entsprechenden Mietzeitraum betreffend, und vollständiger schriftlicher Angebote entsprechender ortsnaher Mietwagenunternehmen zu belegen.
7Außerdem ist der Geschädigte auch im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB nicht verpflichtet, im Rahmen der Anmietung eines Mietwagens Sicherheitsleistungen in Form einer Kreditkarte oder einer Barkaution zu erbringen, wenn er die Möglichkeit hat, im Rahmen einer kostenfreien Abtretung der entsprechenden Forderungen gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung derartige Aufwendungen zu vermeiden.
8In Bezug auf die Zusatzkosten für die Winterbereifung, das Bringen und Abholen des Fahrzeuges, die Vereinbarung einer Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung unter 500 € sowie die Ausstattung mit einem Navigationsgerät ist das Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen unerheblich. Denn die Klägerin hat die diesbezüglichen Kosten ausdrücklich als Zusatzkosten in ihren Rechnungen ausgewiesen. Seitens der Beklagten sind auch keine Gründe vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass die Klägerin in Bezug auf die entsprechende Ausrüstung der Mietwagen wahrheitswidrig vorgetragen hätte. Dass diese Ausrüstung nicht zur üblichen Ausstattung eines Mietwagens gehört, ergibt sich sowohl aus der Schwacke- Liste als auch der Fraunhofer Tabelle sowie im übrigen auch aus den von dem Beklagten vorgelegten Internetangeboten. Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag des Beklagten, „dass Fahrzeuge, für welche eine Winterbereifung benötigt wird, unmittelbar mit Winterreifen statt Sommerreifen gekauft werden“. Denn dies würde bedeuten, dass ein Mietwagenunternehmen spezielle Fahrzeuge nur für die Nutzung in den Wintermonaten, also für einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten, einkauft und den Kunden zur Verfügung stellt. Dass dies unter ökonomischen Gesichtspunkten realitätsfern ist, liegt auf der Hand. Im übrigen ist allgemein bekannt, dass durch die Anschaffung von Winterreifen nebst Felgen sowie die jeweilige wechselnde Montage von Sommer-und Winterreifen zusätzliche Kosten verursacht werden, die selbstverständlich im Rahmen einer Vermietung des Fahrzeuges in den entsprechenden Wintermonaten seitens des vermietenden Unternehmens berechnet werden können.
9Soweit der Beklagte bestreitet, dass seitens der Geschädigten ein Fahrzeug der Gruppe 8 gemietet wurde, ist sein Vorbringen unerheblich. Denn der Geschädigte hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei der Anmietung eines Mietwagens entsprechend seinem eigenen Fahrzeug anfallen würden, auch wenn er tatsächlich ein Fahrzeug einer preiswerteren Gruppe angemietet hat. Soweit der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass in den Fahrzeugen der Geschädigten ein Navigationssystem eingebaut war, ist ihr Vorbringen ebenfalls unerheblich, denn bei beiden Fahrzeugen der Geschädigten handelt es sich um hochpreisige PKWs, die grundsätzlich über ein eingebautes Navigationsgerät verfügen. Im übrigen ist davon auszugehen, dass dem Beklagten ein Sachverständigengutachten betreffend der Ausstattung der jeweiligen Fahrzeuge und der unfallbedingten Schäden vorliegt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht möglich ist. Ob der Geschädigte für die Zeit der Nutzung des Mietfahrzeuges auf das Navigationssystem angewiesen ist, spielt keine Rolle. Allein maßgeblich ist insoweit, ob sein eigenes Fahrzeug ebenfalls mit einem Navigationsgerät ausgestattet ist.
10Auch die von der Klägerin bei ihrer Berechnung in Ansatz gebrachte Eigenersparnis des Geschädigten in Höhe von 4 % ist völlig ausreichend. Zum einen wird in der aktuellen Rechtsprechung zwischenzeitlich nur eine Eigenersparnis in einer Höhe von 3-5 % angenommen. Im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ist das Gericht der Auffassung, dass die in Ansatz gebrachten ersparten Eigenkosten angemessen sind. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die in einem Zeitraum von 3 bzw. 6 Tagen nach wie vor anfallenden laufenden Kosten für das unfallgeschädigte Fahrzeug in Form von Steuern und Versicherungen auch während dieses Zeitraums anfallen und der Zeitraum auch für die Berechnung des altersmäßigen Wertverlustes maßgeblich ist. Die Treibstoffkosten spielen keine Rolle, weil sie auch für einen Mietwagen entstehen. Insoweit verbleiben als Eigenersparnis für den Geschädigten lediglich die ersparten Kosten in Bezug auf nicht erfolgte Abnutzungserscheinungen an dem unfallgeschädigten Fahrzeug für die Dauer der Anmietung des Mietwagens. Diese übersteigen aber für einen Zeitraum von drei Tagen bzw. sechs Tagen offensichtlich nicht die in Abzug gebrachte Eigenersparnis von 4 %.
11In Bezug auf die geltend gemachten Zinsansprüche ist die Klage unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den §§ 286, 288 BGB begründet.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
13Der Streitwert wird auf 428,17 EUR festgesetzt.
14Rechtsbehelfsbelehrung:
15A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
161. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
172. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
18Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
19Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.
20Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
21Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
22B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Aachen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
23Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Referenzen
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