Beschluss vom Amtsgericht Alzey - 1 IK 26/07

Die sofortige Rechtspflegeerinnerung gegen den Beschluss vom 19.02.2009 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Gläubigerinnen A. und N. Fr. (im folgenden Gläubigerinnen) wenden sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Alzey vom 19.02.2009, in dem der zuständige Rechtspfleger es abgelehnt hat, den Widerspruch des Schuldners hinsichtlich der angemeldeten Forderungen 10, 11 zu löschen.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bei den Gläubigerinnen handelt es sich um die geschiedene Ehefrau und die Tochter des Schuldners. In der Sitzung vom 06.05.2000 vor dem Amtsgericht – Familiengericht Sinzig haben die Gläubigerin A. Fr und der Schuldner im Rahmen des Scheidungsverfahren einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass sich der Schuldner unter Ziffer 1 verpflichtete der Gläubigerin A. Fr. ab Rechtskraft des Urteils nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.000,- € monatlich zu zahlen. Ziffer 2 des Vergleichs lautet wörtlich wie folgt:

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„Der Antragsteller (d.h. Schuldner, Anm. d. Unterz.) verpflichtet sich an die Antragsgegnerin für das gemeinsame Kind N. monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 470,- € zu zahlen. Die Parteien gehen aus von einem monatlichen Einkommen des Antragstellers gemäß der Düsseldorfer Tabelle, Gruppe 9, erhöht um eine Gruppe, da nur 2 Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, abzüglich hälftiges Kindergeld.“

4

Wegen der übrigen Punkte des Vergleichs, welche die Grundlage der Einkommensberechnung erläutern, wird auf Bl. 57 d.A. Bezug genommen.

5

Die Gläubigerin A. Fr. hat unter Ziffer 10.1 rückständigen Unterhalt in Höhe von 24.732,14 € angemeldet, die Gläubigerin N. Fr. unter Ziffer 11.1 rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von 13.697,67 €.

6

Mit Schreiben vom 06.11.2008 (Bl. 130 d.A.) hat der Schuldner beide Forderungen dem Grunde nach anerkannt, dem Attribut der vorsätzlich unerlaubten Handlung jedoch widersprochen.

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Die Gläubigerinnen haben durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22.01.2009 die Berichtigung bzw. Ergänzung der Tabellenauszüge dahingehend beantragt, dass der Widerspruch des Schuldners wegen nicht fristgerechter Klageerhebung als nicht erhoben anzusehen sei.

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Der zuständige Rechtspfleger hat den Antrag durch Beschluss vom 19.02.2009 zurück gewiesen.

9

Hiergegen wendet sich das als sofortige Beschwerde bezeichnete Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 18.03.2009. Der zuständige Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

10

Hinsichtlich der weiteren Sachverhaltsdarstellung und Gründe wird Bezug genommen auf den Beschluss vom 19.02.2009 sowie den Schriftsatz vom 01.04.2009.

1.

11

Die form- und fristgerechte sofortige Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers ist zulässig.

12

Es handelt sich um eine Entscheidung des Insolvenzgerichtes, gegen die nach § 6 InsO, mangels ausdrücklicher Regelung, keine sofortige Beschwerde eröffnet ist. Der Beschluss ist daher nur nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 RPflG mit der sofortigen Erinnerung zum Insolvenzgericht anfechtbar. Nachdem der Rechtspfleger seiner Entscheidung nicht abgeholfen hat, hat die zuständige Dezernatsrichterin über die sofortige Erinnerung zu befinden.

2.

13

Die sofortige Erinnerung ist unbegründet.

14

Der Widerspruch des Schuldners ist nicht aus der Insolvenztabelle zu löschen. Die Vorschrift des § 184 Abs. 2 InsO findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da § 184 Abs. 2 InsO insofern restriktiv auszulegen ist.

15

a) § 184 Abs. 2 InsO wurde im Rahmen des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens am 01.07.2007eingeführt. Er besagt, dass in den Fällen, in denen für eine vom Schuldner bestrittene Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt, der Schuldner seinen Widerspruch binnen Monatsfrist verfolgen muss. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, in derartigen Fällen dem Schuldner die Feststellung aufzubürden. Dies ist auch insofern gerechtfertigt, als die betroffenen Gläubiger bereits in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren einen Titel erlangt haben. Diese Interessenlage ähnelt der einer Vollstreckungsgegenklage, bei der es ebenfalls dem Schuldner obliegt, materiell rechtliche Einwendungen geltend zu machen. Gleichzeitig sollte mit der Einführung des § 184 Abs. 2 InsO ein Gleichklang zu § 179 Abs. 2 InsO geschaffen werden (Kübler/Prütting, InsO, § 184 Rz. 3)

16

b) Der von § 184 Abs. 2 InsO vorausgesetzte Fall ist vorliegend aber nicht gegeben. Zwar liegt in Gestalt des Vergleiches vor dem Familiengericht Sinzig vom 06.05.2000 ein vollstreckbarer Titel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor. Der Schuldner bestreitet den titulierten Unterhalt aber nicht dem Grunde nach, sondern lediglich das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

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Aus dem Vergleich vom 06.05.2000 wird lediglich zukünftiger Unterhalt geregelt, so dass hieraus nicht ersichtlich ist, ob eventuell eine strafbare Unterhaltspflichtverletzung bezüglich später fällig gewordenen Forderungen vorgelegen hat.

18

Auf den isolierten Widerspruch bezüglich der Rechtsnatur der zugrunde liegenden Forderung ist aber § 184 Abs. 2 InsO dann nicht anzuwenden, wenn aus dem Titel nicht erkennbar ist, dass dieser auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht (so auch OLG Celle vom 23.02.2009, das dem Schuldner aufgrund der ungeklärten höchstrichterlichen Rechtsprechung gleichwohl Prozesskostenhilfe für eine Feststellungsklage gewährt hat).

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Denn das Attribut „vorsätzliche unerlaubte Handlung“ ist in einem solchen Fall gerade nicht Gegenstand der Titulierung. Die bestrittene Forderung ist in Hinblick darauf vergleichbar mit einer nicht titulierten Forderung.

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Der Gläubiger wird hierdurch auch nicht unangemessen benachteiligt, da seine Forderung zwar dem Grunde nach festgestellt wird. Lediglich die Einordnung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung – die allerdings wegen § 302 Abs. 1InsO erheblichen Einfluss bei der Restschuldbefreiung hat – muss der Gläubiger selbst im Wege der Feststellungsklage erstreiten. Dies erscheint indes nicht unsachgemäß, da § 184 Abs. 2 InsO eine grundsätzliche Vereinfachung des Insolvenzverfahrens, nicht aber die (ungerechtfertigte) Besserstellung desjenigen Gläubigers bezweckt, der sich (zu Unrecht?) auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung beruft. Zudem müsste anderenfalls der Schuldner darlegen und beweisen, dass er eine vorsätzlich unerlaubte Handlung nicht begangen hat (vgl. dazu auch Kübler/Prütting, INsO, § 184 Rz. 34 ff mit weiteren Verweisen). § 184 Abs. 2 InsO ist daher restriktiv dahingehend auszulegen, dass er nicht anzuwenden ist auf titulierte Forderungen, bei denen lediglich der Rechtsgrund bestritten wird. In diesem Fall obliegt es dem Gläubiger, Klage auf Feststellung des Rechtsgrundes zu erheben (vgl. Keller, RPfl 2008, 341).

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