Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinerlei Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises in Höhe von 154,00 EUR aus §§ 326 Abs. 1 und Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte gem. Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB stattdessen vorerst einen Gutschein übergeben durfte.
Im Grundsatz hat die Beklagte zwar das vom Kläger Geleistete gem. §§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zurück zu gewähren, weil dessen Gegenleistung nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB nicht geschuldet war. Die Beklagte wurde gem. § 275 Abs. 1 BGB von ihrer Leistungspflicht frei, da ihr die Durchführung der Konzertveranstaltung am 10.04.2020 aus rechtlichen Gründen unmöglich war. Denn diese wäre mit den zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie getroffene öffentlich-rechtlichen Maßnahmen unvereinbar gewesen. Gleichwohl erfüllte der Kläger die Gegenleistung, indem er am 25.02.2020 den Ticketpreis beglich (§ 326 Abs. 4 BGB).
Mit der Einführung des Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB durch das COWeranstG hat der Gesetzgeber aber von diesem Grundsatz eine Ausnahme geschaffen und Veranstaltern von Freizeitveranstaltungen eine Ersetzungsbefugnis zugebilligt (Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl. 2021, EGBGB § 240 § 5 Rn. 1, 3). Danach sind diese berechtigt, anstelle der Rückerstattung des Ticketpreises einen Gutschein zu übergeben, wenn die Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt werden musste. Dabei lebt der Rückerstattungsanspruch bei Nichteinlösung des Gutscheins am 01.01.2022 wieder auf.
Die Voraussetzungen des Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB liegen vor.
Der sachliche Anwendungsbereich der Norm ist eröffnet, weil es sich bei der für den 10.04.2020 vorgesehenen Veranstaltung „Das ist Wahnsinn! Das Musical mit den Hits von Wolfgang Petry“ um eine Musikveranstaltung handelt, die wegen der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Ebenso verhält es sich in zeitlicher Hinsicht, weil der Kläger die Eintrittskarten vor dem 08.03.2020, nämlich am 22.02.2020, erwarb. Dass der Gutschein nicht den Anforderungen des Art. 240 § 5 Abs. 3 und Abs. 4 EGBGB entspräche, hat der Kläger nicht dargetan. Umstände, die die Unzumutbarkeit des Verweises auf einen Gutschein für den Kläger begründen (Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EBGBG), ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag nicht. Weitere Voraussetzungen, wie beispielsweise das Einverständnis des Ticketerwerbers, hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Das Gericht hat das Verfahren nicht gem. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt, weil es Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB nicht für verfassungswidrig hält. Maßstab ist insoweit die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit; bloße Zweifel oder Bedenken hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit genügen - im Umkehrschluss zu Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG - nicht (BVerfGE 1, 184, 189). Das Gericht ist nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Art. 240 § 5 EGBGB die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG verletzt. Der persönlich und der sachliche Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG sind eröffnet. Der Kläger ist in persönlicher Hinsicht Träger des Grundrechts, weil es sich bei Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG um ein „Jedermann“-Grundrecht handelt. Der im Grunde bestehende Rückzahlungsanspruch des Klägers fällt in den sachlichen Schutzbereich des Grundrechtes, denn dieser umfasst alle vermögenswerten Rechte, die die Rechtsordnung dem Berechtigten so zuordnet, dass dieser darüber privatnützig verfügen kann (BVerfGE 83, 201, 208 f.). Dazu gehören neben dem Sacheigentum auch sonstige vermögenswerte Rechte, die von gleicher funktionaler Bedeutung sind. Davon sind insbesondere auch private Forderungen umfasst (vgl. Maunz/Dürig/Papier/Shirvani, Grundgesetz, 93. EL 2020, Art. 14 Rn. 322).
Bei der Regelung des Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit in Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Eine solche liegt vor, wenn der Gesetzgeber Rechte und Pflichten des Eigentümers generell-abstrakt festlegt (BVerfGE 52, 1, 27). Art. 240 § 5 EGBGB führt zu einer Stundung eines im Grundsatz bestehenden Rückzahlungsanspruchs. Damit ordnet der Gesetzgeber Rechte und Pflichten aus einem Vertragsverhältnis neu. Der Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Art. 240 § 5 EGBGB die Institutsgarantie des Eigentums verletzt hätte, denn hierdurch wird der Mindestgehalt eines Kembereichs privater Verfügungsbefugnis nicht unterschritten. Der Eingriff in die Eigentumsgarantie ist auch verhältnismäßig. Mit der Einführung der „Gutscheinlösung“ verfolgt der Gesetzgeber einen legitimen Zweck. Die Stundung des Rückzahlungsanspruchs dient dazu, Konzertveranstalter als Angehörige eines durch die COVID-19-Pandemie besonders stark betroffenen Wirtschaftszweigs vor existenzbedrohenden Liquiditätsabflüssen und damit vor Insolvenzen zu schützen (vgl. BT-Drs. 19/18697, S. 5). Zur Erreichung dieses Ziels ist Art. 240 § 5 EGBGB auch geeignet. Ein Mittel ist geeignet, wenn es die Erreichung des legitimen Ziels zumindest fördern kann. Mit dem Recht, Ticketerwerbern zunächst Gutscheine anzubieten, gewährt der Gesetzgeber den Konzertveranstaltern die Möglichkeit, den weitreichenden Abfluss liquider Mittel aufgrund zahlreicher gleichzeitig fälliger Rückzahlungsansprüche, denen die Veranstalter durch Veranstaltungsabsagen ausgesetzt sind, für eine Übergangsphase zu verhindern.
Die „Gutscheinlösung“ ist auch erforderlich, denn ein anderes, gleich wirksames, das Eigentum aber weniger einschränkendes Mittel (BVerfG NJW 2017, 217 Rn. 289) ist nicht ersichtlich. Insoweit werden die Alternativen einer staatlichen Absicherung (statt der Absicherung durch das von den Konzertbesuchern zugeflossene Kapital) oder einer freiwilligen (statt einer einseitig bestimmten) „Gutscheinlösung“ diskutiert (vgl. AG Frankfurt/Main, Beschluss vom 28.09.2020, Az. 31 C 2036/20).
Zwar würden staatliche Hilfszahlungen aus Steuermitteln an die Veranstalter oder staatliche Garantien für die Werthaltigkeit von Rückzahlungsanprüchen die Last der übergangsweisen finanziellen Sicherung der Konzertveranstalter von deren Vertragspartnern auf den Fiskus verschieben und Erstere damit weniger belasten. Allerdings sind diese Mittel nicht gleich geeignet. Denn durch die zahlreichen Rückzahlungsverpflichtungen der Veranstalter gerade für die (Übergangs-)Zeit, in denen aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie keine Konzerte stattfinden dürfen und damit für die Veranstalter keine Einnahmemöglichkeiten bestehen, gingen zunächst große und bereits vorhandene Liquiditätsmengen verloren, bevor auf dieser Grundlage Hilfszahlungen erfolgen könnten. Gerade in diesem massenweisen Liquiditätsabfluss liegt aber die Existenzbedrohung (vgl. Bömer/Nedelcu, NJOZ 2020, 1217). Hinzu kommt, dass dem Gesetzgeber hinsichtlich der Bewertung, wem er die Last der finanziellen Sicherung zuweist, eine Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. AG Essen, Urteil vom 13.01.2021, Az. 13 C 278/20).
Auch eine „Gutscheinlösung auf Freiwilligkeitsbasis“ wäre nicht im gleichen Maße geeignet, denn der Mittelabfluss würde dabei nicht in dem Maße verhindert wie bei der einseitig durch den Veranstalter bestimmbaren Gutscheinlösung (vgl. AG Essen, a.a.O.). Schließlich ist Art. 240 § 5 EGBGB auch verhältnismäßig im engeren Sinne, weil die Schwere des Eingriffs nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründen steht. Zunächst ist der Eingriff in die Eigentumsfreiheit des Ticketerwerbers als geringfügig einzustufen. Seine Belastung liegt in einer zinslosen Stundung des Ticketpreises für eine Dauer von weniger als zwei Jahren, die der Veranstalter einseitig, das heißt ohne weitere Vereinbarung mit dem Konzertbesucher, herbeiführen kann. Indessen bleibt es den Ticketerwerber überlassen, hiervon Gebrauch zu machen oder seinen ursprünglichen Rückzahlungsanspruch bei dessen Wiederaufleben ab dem 01.01.2022 geltend zu machen (Weller/Schwemmer, NJW 2020, 2985, 2987.)
Dem stehen die wirtschaftlichen Interessen der Konzertveranstalter sowie das Interesse der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG) an einem funktionierenden Kulturbetrieb (Art. 5 Abs. 3 GG) gegenüber. Insoweit wiegt die Existenzbedrohung gerade durch die massenhafte Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen schwer. Hinzu kommt, dass die Regelung des Art. 240 § 5 EGBGB nicht ausschließlich dem Interesse der Veranstalter dient, denen die Interessen der Verbraucher gegenüberstünden. Vielmehr dient die „Gutscheinlösung“ mittelbar auch den Interessen der Ticketerwerber, denn deren Rückzahlungsansprüche wären gerade bei einer Insolvenz des Veranstalters aufgrund einer sofortigen massenhaften Geltendmachung wirtschaftlich wertlos. Bei einer zwischenzeitlichen Erholung der Veranstaltungsbranche bis zum 01.01.2022 besteht hingegen eine größere Wahrscheinlichkeit, dass die Veranstalter die noch bestehenden Rückzahlungsansprüche auch befriedigen können. Die Stundung trägt also dazu bei, dass am Ende mehr Verbraucher ihr Geld wieder erhalten (vgl. AG Essen, a.a.O.). Insoweit ist auch das Argument der Verlagerung des Insolvenzrisikos der Veranstalter auf die Ticketerwerber nicht tragfähig, tragen die Erwerber das Risiko in gewisser Weise doch von vornherein. Der Eingriff wird zudem durch die Härtefallregelung in Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB abgemildert, bei der gerade im Wege der verfassungskonformen Auslegung im Einzelfall überwiegend Interessen der Ticketerwerber an einer sofortigen Erstattung Berücksichtigung finden können (vgl. BT-Drs. 19/18697, S. 8).
Ebenso wenig greifen Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht durch. Die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter („Verbrauchsgüterkaufrichtlinie“) steht der „Gutscheinlösung“ nach Art. 240 § 5 EGBGB nicht entgegen. Der sachliche Regelungsbereich der Richtlinie 1999/44/EG ist bereits nicht eröffnet, da es sich bei dem Vertrag zwischen Kläger und Beklagter nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. „Verbrauchsgüter“ sind nach Art. 1 Abs. 2 lit. B) der Richtlinie 1999/44/EG nur körperliche Gegenstände. Gegenstand des Vertrages zwischen Kläger und Beklagter ist aber nicht die Übergabe und Übereignung des Konzerttickets als körperlicher Gegenstand (Kaufsache). Das Ticket verkörpert vielmehr als „kleines Inhaberpapier“ gem. § 807 BGB das Teilnahmerecht an der Veranstaltung (Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl. 2021, § 807 Rn. 3). Im Konzertvertrag selbst verpflichtet sich der Veranstalter, dem Teilnehmer Zugang zu einem Veranstaltungsgelände und einen Zuschauerplatz zu gewähren (mietvertragliches Element) und dort ein Konzert durchzuführen (werkvertragliches Element). Es handelt sich insoweit um einen typengemischten Vertrag (vgl. Palandt/Retzlaff, BGB, 80. Aufl. 2021, Einf. V. § 631 Rn. 28), ohne dass es um einen körperlichen Gegenstand ginge.
Entgegen der Ansicht des Klägers, kennt das deutsche Recht auch kein allgemeines „unabdingbares“ Recht der Verbraucher zur Vertragsauflösung, von dem die „Gutscheinlösung“ eine Abkehr bedeuten würde. Ein Recht zur Vertragsauflösung existiert vielmehr nur, soweit das geltende Recht, inklusive der anwendbaren europäischen Richtlinien, Verbrauchern solche Rechte verleiht. Auch in der Sache trägt diese Argumentation im Hinblick auf Art. 204 § 5 EGBGB nicht, da die Rückabwicklung des Konzertvertrags durch diese Regelung nicht verhindert wird, sondern lediglich für einen begrenzten Zeitraum eine Stundung des Rückzahlungsanspruchs erfolgt.
Die weiter geltend gemachte Zinsforderung besteht mangels Hauptforderung nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gem. § 511 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Berufungsgerichts.
Streitwert: § 3 ZPO