Urteil vom Amtsgericht Bergheim - 21 C 227/10
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
an den Kläger 573,11 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 00.00.0000 zu zahlen sowie
den Kläger von außergerichtlich angefallenen, nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 41,77 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis vom 00.00.0000 geltend, das von der Fahrerin eines bei der Beklagten versicherten Kfz verursacht worden ist.
3An diesem Tag fuhr der Kläger gegen 7:20 Uhr als Beifahrer eines unfallbeteiligten Kfz, gesteuert vom Sohn der Halterin L, auf die Kreuzung Q-Weg zu und hinaus der Q-Gasse in Richtung L Straße geradeaus folgend. Das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug, welches von G. C. gesteuert wurde, kam von rechts aus dem untergeordneten G-Weg. Der G-Weg ist eine Spielstraße.
4Die Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Kfz fuhr aus dem G-Weg hinaus und es kam zum Zusammenstoß der Fahrzeuge, bei dem der bei der Beklagte versicherte Pkw dem Fahrzeug, in dem sich der Kläger befand, kurz vor dem Hinterrad in die rechte Seite fuhr. Dabei wurde dieser zuerst nach links geschleudert und ist danach durch das Gegenlenken des Fahrers mit dem Kopf an den verlängerten Holm der A-Säule geprallt.
5Am Folgetag suchte der Kläger das Krankenhaus in C auf. Dort wurde eine Brustbeinprellung diagnostiziert. Für einen ärztlichen Bericht stellte dieses dem Kläger eine Betrag in Höhe von 48,11 € in Rechnung.
6Der Kläger machte gegenüber der Beklagten einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldbetrag in Höhe von insgesamt 1.323,11 € mit Schreiben vom 00.00.0000 unter Fristsetzung auf den 00.00.0000 geltend. Eine Zahlung erfolgte jedoch nicht.
7Der Kläger behauptet, er habe zunächst am Unfallort keine Verletzungsfolgen bemerkt, jedoch habe sich im Laufe des Tages ein Bewegungsschmerz eingestellt, der sodann durchgängig bis zum frühen Abend des Folgetages vorhanden gewesen sei. Die Schmerzen seien am Folgetag heftiger geworden und hätten auch zu Atembeschwerden geführt. Ursache dessen sei eine unfallbedingte Brustbeinprellung, verursacht durch den angelegten Sicherheitsgurt, sowie ein ebenfalls auf den Unfall zurückzuführendes Schleudertrauma gewesen. Demzufolge sei er gut 2 Wochen arbeitsunfähig gewesen.
8Er ist der Ansicht, ihm stehe ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindesten 1.250,00 € und eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 € zu.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.323,11 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 00.00.0000 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie bestreitet, dass der Verkehrsunfall vom 00.00.0000 überhaupt geeignet war, die klägerseits angeführten Verletzungen zu verursachen. Jedenfalls sei er nicht verletzt worden.
14Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines interdisziplinären Sachverständigengutachtens der Sachverständigen C. und Dr. M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 00.00.0000, Bl. 83 ff GA, verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zudem auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
17I.
18Der Kläger hat zunächst dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 11 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 VVG. Die Beklagte haftet insoweit als Versicherer für den von der Fahrerin des versicherten Kfz begangenen Verstoß gegen die Rücksichtnahme- und Vorfahrtsgewährungspflicht aus § 10 StVO.
19Jedoch besteht der klägerische Anspruch nur in der zuerkannten Höhe.
20Das Gericht geht anhand der vorgelegten ärztlichen Befunde sowie unter Berücksichtigung der gerichtlichen Sachverständigengutachten davon aus, dass der Kläger unfallbedingt eine Brustbeinprellung und eine HWS-Distorsion erlitten hat. Insoweit ist nach den nachvollziehbaren gerichtlichen Sachverständigengutachten außerdem davon auszugehen, dass die unfallnahen Verletzungen in üblichen Zeiträumen ausgeheilt sind.
21Dass die Kollision zwischen den unfallbeteiligten Kfz nur mit einer geringen Geschwindigkeit erfolgte, vermag insoweit für sich gesehen noch nicht eine unfallbedingte Verletzung der Halswirbelsäule und des Brustkorbs des Klägers auszuschließen. Allein der Umstand, dass sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung ("Harmlosigkeitsgrenze") ereignet hat, schließt die tatrichterliche Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von seiner Ursächlichkeit für eine HWS-Verletzung nicht aus (vgl. BGH VersR 2003, 474-476).
22Nach den vorgelegten Unterlagen und insbesondere dem medizinischen Sachverständigengutachten ist das Gericht hingegen im erforderlichen Maße davon überzeugt, dass die dargelegten Verletzungen beim Kläger eingetreten und durch den Unfall verursacht worden sind. Die insoweit maßgeblich als Entscheidungsgrundlage für das Gericht dienenden Sachverständigengutachten sind nachvollziehbar, detailliert und auf Grundlage naturwissenschaftlicher Erkenntnisse erstellt. Soweit eine Nachvollziehbarkeit der Verletzungen vom medizinischen Sachverständigen dargelegt wird, war sie vorliegend auch für das Gericht nachvollziehbar. An der Sach- und Fachkunde der Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Einwendungen gegen die jeweilige Person der Sachverständigen sind auch von den Parteien nicht erhoben worden.
23Soweit hiernach die bereits dargelegten unfallnahen Verletzungen festgestellt werden konnten, geht das Gericht für diese jedoch nicht von einem über einen Betrag von 500,00 € hinausgehenden Schmerzensgeldanspruch aus.
24Mit der Zubilligung eines Schmerzensgeldes sind alle nachteiligen Folgen für die körperliche und seelische Fassung des Verletzten, wie Schmerzen, Unbehagen, Bedrückung, Schmälerung der Lebensfreude, nervliche Belastung etc. auszugleichen. Die Entschädigung ist dabei nach Billigkeitskriterien festzusetzen. Als Bemessungsgrundlagen kommen je nach den Umständen des Falles in Betracht: Ausmaß und Schwere der psychischen und physischen Störung, Alter, persönliche Verhältnisse, Maß der Lebensbeeinträchtigung, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Dauer einer stationären Behandlung und auch der Arbeitsunfähigkeit, um nur einige Kriterien zu nennen (vgl. auch Palandt, BGB, 70. Auflage, § 253 Rn. 16).
25Unter Beachtung dieser Grundsätze hält das Gericht vorliegend ein Schmerzensgeld von insgesamt 500,00 € für ausreichend, aber auch erforderlich. Der Kläger erlitt durch den Unfall eine Brustbeinprellung sowie eine HWS-Distorsion, welche den Kläger in den nachfolgenden Wochen nicht unerheblich beeinträchtigen. Weiterhin konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der Kläger darüber hinaus unfallbedingt in seinem Alltagsleben in erheblicher Weise beeinträchtigt worden ist. Die mit einer Schmälerung der Lebensfreude verbundenen gesundheitlichen Einschränkungen für die unfallbedingten Verletzungen bzw. den Behandlungszeitraum lassen eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 500,00 € angemessen erscheinen.
26Darüber hat der Kläger einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den erstellten ärztlichen Bericht sowie eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €.
27Hingegen kann er Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten nur in dem Umfang begehren, in dem diese bei Zugrundelegung des zutreffenden Gegenstandswertes entstanden wären. Die insofern an einem Gegenstandswert von 573,11 € zu bemessenden – lediglich geltend gemachten – nicht anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren belaufen sich demnach auf 41,77 € (45,00 € x 0,65 + 5,85 € Telekommunikationspauschale + 6,67 € MwSt.)
28Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1, 288 BGB.
29II.
30Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
31Streitwert: bis 1.500,00 €
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Referenzen
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