Schlussurteil vom Amtsgericht Bielefeld - 414 C 55/13
Tenor
Die Beklagte wird über die im Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 11. September 2013 ausgeurteilten 386,70 € hinaus verurteilt, auf diese Summe Zinsen i.H.v. 9,89 % seit dem 03.02.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte S. aus C. i.H.v. 83,54 € freizustellen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet
1
Entscheidungsgründe:
2I.
3Die Parteien sind über Kreditverträge miteinander verbunden. Am 20. Dezember 2011 nahm die Klägerin bei der Beklagten einen Zusatzkredit i.H.v. 10.000,00 € auf. Die Beklagte berechnete hierfür eine Bearbeitungsgebühr i.H.v. 386,78 € und eine Fremdablösegebühr i.H.v. 30,00 € und zahlte der Klägerin nach Belastung dieser Gebühren das Darlehen aus.
4Am 03.02.2012 stockte die Klägerin den Kredit um weitere 10.480,50 € auf. Dieser Kredit wurde einheitlich mit dem vorausgegangenen Kredit behandelt. Der Nettokredit belief sich deshalb auf 21.822,43 €. Die Bearbeitungsgebühr i.H.v. 779,22 €, die sich auf die Gesamtsumme des Nettokredits bezog, wurde dem Konto der Klägerin belastet. Der Kredit wurde der Klägerin ausgezahlt.
5Die Klägerin verlangt mit der Klage von der Beklagten Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren i.H.v. 386,78 € sowie 779,22 €. Ferner beansprucht sie die Rückzahlung der Fremdablösegebühr i.H.v. 30,00 €. Sie sei zu Unrecht mit diesen Gebühren belastet worden. Die entsprechenden Passagen der Darlehensverträge seien wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Die Berechnung einer Bearbeitungsgebühr bzw. Fremdablösegebühr widerspreche nämlich dem gesetzlichen Leitbild nach § 488 BGB. Der Darlehensnehmer sei demnach nur verpflichtet, Zinsen zu zahlen, nicht aber weitere Gebühren. Zudem stünden diese Gebühren im Interesse der Beklagten und nicht in ihrem eigenen Interesse.
6Die Klägerin hat beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, dem Kreditkonto der Klägerin bei der Beklagten zu Kreditkontonummer X einen Betrag i.H.v. 1.196,00 € zzgl. Zinsen i.H.v. 9,89 % auf 416,78 € seit dem 20.12.2011 und auf weitere 779,22 € seit dem 03.02.2013 gutzuschreiben sowie vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 89,55 € an die Klägerin zu erstatten.
8Durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 11. September 2013 hat das Amtsgericht der Klage über 386,70 € entsprochen.Die Beklagte beantragt,
9soweit sie nicht im Rahmen des Teilanerkenntnisurteils verurteilt worden ist, die Klage abzuweisen.
10Sie hält die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr bzw. Fremdablösegebühr für zulässig und wirksam. Bei den in den Darlehensverträgen ausgewiesenen Gebühren handele es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie seien nämlich individuell ausgehandelt worden und fielen dementsprechend nicht unter § 307 BGB. Im Übrigen liege aber eine Preishauptabrede vor, die ebenfalls nicht an § 307 BGB zu messen sei. Denn die Gebühren seien Teil der vereinbarten Gegenleistung des Darlehensnehmers. Schließlich hält die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die Transparenz der Verträge auch nicht für schutzwürdig.
11II.
12Die Klage ist – soweit die Beklagte nicht im Teilanerkenntnis verurteilt worden ist – in der Hauptsache unbegründet. Die Klägerin kann keine Rückzahlung weiterer 779,22 € zzgl. der Fremdablösegebühr in Höhe von 30,00 € verlangen. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 erste Alternative BGB. Denn der Darlehensvertrag ist nach Auffassung des Gerichtes hinsichtlich der Gebühren wirksam.Es kann dahinstehen, ob es sich bei den vereinbarten Bearbeitungsgebühren bzw. der Fremdablösegebühr um individuell ausgehandelte Vereinbarungen handelt. Zudem kann dahinstehen, ob es sich hier um eine Preishaupt- oder Preisnebenabrede handelt. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin diese Rechtsfragen lösen wollte, wäre der Vertrag nach Auffassung des Gerichtes gleichwohl nicht gem. § 307 BGB hinsichtlich der Gebühren unwirksam.Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist von einer unangemessenen Benachteiligung im Zweifel auszugehen, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbarten ist. Allerdings ist hier von einer derartigen Abweichung vom gesetzlichen Leitbild auszugehen. Nach § 488 BGB schuldet der Darlehensnehmer für die Darlehensgewährung als einzige Gegenleistung Zinsen. Das Gesetz geht dabei davon aus, dass mit diesen Zinsen die Gegenleistung umfassend entgolten wird. Mit den hier vereinbarten Gebühren wird in dieses gesetzlich vorgegebene Austauschverhältnis negativ zu Lasten der Klägerin eingegriffen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht stets und automatisch zur Unwirksamkeit einer entsprechenden Vertragsklausel führt. Vielmehr ist eine Abwägung vorzunehmen, da § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB lediglich eine Zweifelsregelung aufstellt. Eine derartige Abwägung fällt hier aber zu Lasten der Klägerin aus. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Bearbeitungsgebühren von der Beklagten von Beginn an transparent dargestellt worden sind und auch gesondert in den Darlehensverträgen ausgewiesen wurden. Die Klägerin wusste also, welche Belastungen – neben den Zinsen – von ihr zu tragen waren. Diese Bearbeitungsgebühren sind auch mit in den Gesamtpreis eingerechnet worden, so dass sich die Rechtslage der einer Preisvereinbarung zumindest annähert. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Darlehensverträge auch den effektiven Jahreszins ausgewiesen haben. Im effektiven Jahreszins haben die Bearbeitungsgebühren Berücksichtigung gefunden. Der Klägerin war es deshalb über den effektiven Jahreszins möglich, auf einfache Art und Weise Vergleichsangebote anderer Mitbewerber der Beklagten einzuholen. Auf diese Weise konnte sie sich von der Wirtschaftlichkeit des Angebotes der Beklagten überzeugen. Bereits diese Transparenzgesichtspunkte sprechen in erheblicher Weise gegen die Anwendung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Es kommt jedoch ein weiterer wirtschaftlicher Gesichtspunkt hinzu. Bei den von der Beklagten erhobenen Gebühren handelt es sich letztendlich um eine Teiloffenlegung ihrer Kalkulation. Die Banken sind bereits im eigenen Interesse gehalten, die Bonität der Kunden zu überprüfen und das Risiko eines Ausfalls abzuschätzen. Diese Kosten müssen letztendlich von den Banken in der Preisbildung berücksichtigt werden. Dies könnte ohne weiteres über eine Einberechnung dieser Kosten in den Nominalzins gewährleistet werden. Das Gericht vermag aber in dem von der Beklagten gewählten Weg, die Gebühren gesondert auszuweisen, keine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin zu erkennen. Denn auf diese Weise werden die ansonsten im Nominalzinssatz zu berücksichtigenden Kosten heraus gerechnet und gesondert ausgewiesen. Der einzige Nachteil für die Klägerin gegenüber der Einberechnung in einen Nominalzinssatz besteht im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung. Im ersteren Fall fielen die Banken mit dem noch nicht fälligen Zinsanteil aus, während die Bearbeitungsgebühren unabhängig von der Laufzeit des Darlehensvertrages anfallen. Dieser Umstand ist aber von vornherein erkennbar. Im Übrigen würde aus Sicht des Gerichtes in das Vertragsverhältnis in für die Beklagte unzumutbarer Weise eingegriffen werden, wenn die Gebühren trotz Fortsetzung des Darlehensvertrages zurückzuzahlen wären. Denn in dem Fall erhielte sie keinen Ausgleich für in ihrem Betrieb anfallende Kosten, die sie ohne weiteres auch in den Nominalzins hätte einpreisen können. Die isolierte Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren könnte deshalb dazu führen, dass der Darlehensnehmer einen ungerechtfertigten Vorteil erhielte. Denn er wäre nur noch verpflichtet, die vereinbarten Nominalzinsen zu zahlen, so dass die beklagte Bank die gesamten Kosten zu tragen hätte, obwohl sie diese ohne weiteres über einen erhöhten Nominalzins auf die Klägerin übertragen könnte.Nach alledem sieht das Gericht zwar in der gewählten Vertragskonstruktion eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 488 BGB. Diese führt unter Abwägung aller Umstände aber trotz der Abweichung nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarungen über die Bearbeitungsgebühren bzw. die Fremdablösungsgebühr.Soweit die Beklagte die Klage i.H.v. 386,78 € anerkannt hat, war sie auch gem. §§ 280, 286 BGB zur anteiligen Zinszahlung zu verurteilen. Die Klage war insoweit begründet. Auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 13.08.2013 wird Bezug genommen.Als Rechtsfolge ergibt sich als Schadensersatzanspruch auch, dass die Beklagte die auf die Gebühren anteilig gezahlten Zinsen zurückbucht bzw. zurückzahlt. Dies wird ab dem 03.02.2013 zu Recht beansprucht.Die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten folgen aus §§ 280, 286 BGB. Im Hinblick auf die Komplexität der Rechtslage war die Einschaltung eines Anwaltes notwendig und auch die Gebühren sind mit 1,3 angemessen angesetzt. Jedoch hat die Beklagte bestritten, dass die Klägerin die Anwaltskosten beglichen hat. Es war dementsprechend auf einen Freistellungsanspruch zu erkennen.Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO.Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.Die Berufung der Klägerin war nicht gesondert zuzulassen, da das Urteil aus Sicht der Klägerin ohnehin im Hinblick auf den abgewiesenen Klageanteil der Berufung unterliegt.
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Referenzen
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