Beschluss vom Amtsgericht Bielefeld - 90 XIV(B) 1157/16
Tenor
In dem Freiheitsentziehungsverfahren betreffend X.
wegen vollziehbarer Ausreisepflicht aus der Bundesrepublik Deutschland
wird auf Antrag des Ausländeramts Bielefeld gemäß §§ 415, 427 FamFG, 62 Abs. 2 AufenthG Abschiebungshaft bis zum 07.10.2016 angeordnet.
Die Anordnung ergeht mit sofortiger Wirkung (§ 422 Abs. 2 FamFG).
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene ist asebaidschanischer Staatsangehöriger.
4Sein Asylantrag wurde mit Verfügung vom 13.04.2016 als unzulässig abgelehnt. Gleichzeitig wurde seine Abschiebung in die Tschechische Republik angeordnet. Die Entscheidung ist bestandskräftig seit dem 26.04.2016. Seither ist der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig. Die Tschechische Republik stimmte der Rücküberstellung des Betroffenen auf dem Luftweg nach Prag zu.
5Am 24.05.2016 teilte das Sozialamt der Stadt Bielefeld mit, dass der Betroffene sich nicht in der Unterkunft aufhält, in die er eingewiesen wurde. Nach dortigen Informationen sei er nach Detmold verzogen. Im Rahmen einer Vorsprache am 25.05.2016 erklärte der Betroffene im Beisein eines Dolmetschers, dass er bereits seit zwei Monaten bei einem Freund in Detmold lebe. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Wohnsitzauflage für Bielefeld existiert und er sich in der ihm zugewiesenen Unterkunft in Bielefeld aufhalten muss. Am selben Tag wurde der Betroffenen in eine städtische Unterkunft in Bielefeld eingewiesen.
6Ein Flug für die Rücküberstellung des Betroffenen wurde für den 01.07.2016 gebucht. Er wurde jedoch am 01.07.2016 nicht in seiner Wohnung angetroffen, sodass eine Abschiebung nicht stattfinden konnte. Eine erneute Abschiebung wurde für den 05.08.2016 terminiert. Der Betroffene hielt sich nach Mitteilung des Sozialamts weiterhin nicht in seiner Unterkunft auf. Bei einer Vorsprache am 25.07.2016 wurde mit dem Betroffenen im Beisein eines Dolmetschers eine Verhandlungsniederschrift aufgenommen, in der er darüber belehrt wurde, dass er sich bis zum 05.08.2016 in seiner Unterkunft aufhalten und dort auch übernachten soll. Der Betroffene weigerte sich, die Verhandlungsniederschrift zu unterschreiben. Ihm wurde eine Kopie ausgehändigt. Auf die Möglichkeit einer Sicherungshaft bei erneutem Fernbleiben wurde der Betroffen über seinen Bevollmächtigten Herrn S. (AK Asyl e.V.) mit Schreiben vom 25.07.2016 ebenfalls hingewiesen.
7Der Abschiebungstermin wurde dem Betroffenen mit Schreiben vom 26.07.2016 unter Nennung der genauen Uhrzeit angekündigt. Er wurde aufgefordert, sich zu dem entsprechenden Zeitpunkt abflugbereit mit seinem Gepäck an der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld einzufinden. Dieser Aufforderung kam er nicht nach, sodass die Abschiebung erneut scheiterte.
8Am 05.08.2016 teilte der Bevollmächtigte des Betroffenen mit, dass dieser sich seit dem 04.08.2016 stationär im Ev. Krankenhaus Bielefeld aufgehalten habe. Als Nachweis legte er einen Arztbericht vor. Der Betroffene wurde am 09.08.2016 aus dem stationären Krankenhausaufenthalt entlassen. Im Anschluss legte der Betroffene einen vorläufigen Entlassungsbericht vor, aus dem eine leichte Sehstörung, Schwindel und Kopfschmerzen hervorgingen. Eine Reiseunfähigkeit wurde nicht geltend gemacht.
9Am 12.09.2016 wurde der Betroffene vom Gesundheitsamt der Stadt Bielefeld amtsärztlich zur Frage der Reisefähigkeit begutachtet. Aus dem Gutachten geht hervor, dass neben leicht erhöhten Blutdruckwerten keine wesentlichen körperlichen oder psychischen Erkrankungen bestehen und eine Reisefähigkeit somit gegeben ist.
10Eine erneute Rücküberstellung wurde für den 20.09.2016 terminiert. Am 14.09.2016 teilte das Sozialamt mit, dass der Betroffene sich nach wie vor nicht in seiner Unterkunft aufhalte. Der Betroffene übernachtete ausweislich der Belegungskontrolle des Sozialamtes nicht in der Unterkunft.
11Mit Schreiben vom 16.09.2016, gerichtet an den AK Asyl e.V., wurde der Betroffene gem. § 50 Abs. 4 AufenthG darüber belehrt, dass er als Ausreisepflichtiger der Ausländerbehörde anzuzeigen hat, wenn er seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will. Er wurde zudem zur persönlichen Vorsprache am 19.09.2016 aufgefordert. Der Bevollmächtigte des Betroffenen teilte mit Schreiben vom 19.09.2016 mit, dass ein Auszug aus der Unterkunft nicht erfolgt sei und der Betroffene weiterhin unter der Anschrift erreichbar sei. Gleichzeitig wurde die persönliche Vorsprache für den 20.09.2016 angekündigt. Dieser Aufforderung kam der Betroffene entgegen eigener Ankündigung nicht nach. Seine Aufenthaltsgestattung ist bereits seit dem 12.09.2016 abgelaufen.
12Ausweislich einer Belegungskontrolle durch städtische Sozialarbeiter konnte festgestellt werden, dass der Betroffene sich weder am 19.09.2016 noch am 20.09.2016 in der städtischen Unterkunft aufgehalten hat. Der gewöhnliche Aufenthaltsort des Betroffenen ist nicht bekannt. Aus diesem Grund wurde die für den 20.09.2016 terminierte Abschiebung storniert.
13Die Stadt Bielefeld hat am 22.09.2016 beantragt, den Betroffenen zur Sicherung der Abschiebung bis längstens zum 07.10.2016 in Haft zu nehmen.
14Zu diesem Antrag wurde der Betroffene persönlich gehört.
15II.
16Dem Antrag war gemäß §§ 62 AufenthG iVm 415ff FamFG stattzugeben.
17Der Betroffene ist vollziehbar ausreisepflichtig nach § 58 Abs. 2 Nr. 2, 3 AufenthG. Seine Aufenthaltsgestattung ist bereits seit dem 12.09.2016 abgelaufen. Zudem ist er bestandskräftig vollziehbar ausreisepflichtig seit dem 13.04.2016 und die Tschechische Republik hat der Rücküberstellung nach Prag bereits zugestimmt.
18Die Ausreise bedarf nach § 58 Abs. 3 Nr. 4, 7 AufenthG der Überwachung. Der Betroffene ist mittellos. Zudem hat der Betroffene zu erkennen gegeben, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.
19Die Abschiebung scheiterte bereits einmal, da der Betroffene nicht in seiner Unterkunft angetroffen werden konnte. Der zweite Abschiebungstermin scheiterte aufgrund des stationären Krankenhausaufenthaltes des Betroffenen. Auch danach hatte er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der ihm zugewiesenen städtischen Unterkunft. Seiner Meldepflicht ist er nicht nachgekommen, obwohl er schriftlich belehrt worden war. Der Betroffene hat sich somit bereits in der Vergangenheit einem behördlichen Zugriff entzogen hat, indem er seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht nicht nur vorübergehend gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist. Er wurde mehrfach darüber belehrt, dass er sich in der ihm zugewiesenen Unterkunft der Stadt Bielefeld aufzuhalten hat. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen. Auch der Aufforderung zur persönlichen Vorsprache ist der Betroffene nicht gefolgt. Sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Somit sind die Voraussetzung des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
20Mit seinem Verhalten hat der Betroffene dokumentiert, dass er nicht gewillt ist, sich an die bestehende Rechtsordnung zu halten. Es besteht daher der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen würde, wenn keine Abschiebehaft angeordnet wird. Ein milderes gleichermaßen geeignetes Mittel zur Durchsetzung der Ausreisepflicht ist nicht erkennbar.
21Die Abschiebehaft ist verhältnismäßig.
22Die Maßnahme ist geeignet, da durch die Inhaftierung sichergestellt wird, dass der Betroffene an der Abschiebung teilnehmen wird.
23Die Maßnahme ist auch erforderlich, da kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Der Betroffene hat durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt ist, sich an die Rechtsordnung zu halten. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass allein eine Meldeauflage oder eine Kautionshinterlegung ausreichend sein wird, damit er freiwillig an einer Abschiebung teilnehmen wird. Obwohl er schriftlich aufgefordert wurde, der Ausländerbehörde jeden Wohnungswechsel anzuzeigen, hat er nicht mitgeteilt, wo er sich derzeit tatsächlich aufhält. Die Hinterlegung einer Kaution scheitert auch an seiner Mittellosigkeit.
24Die Maßnahme ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da Betroffene dadurch nicht unverhältnismäßig belastet wird. Die Haftdauer bis zum 07.10.2016 stellt einen eher geringen Eingriff in seine Rechte dar. Der Betroffene verfügt in Deutschland weder über wirtschaftliche noch über enge familiäre Bindungen, die durch die Verhängung der Abschiebehaft verletzt werden.
25Auch die angeordnete Dauer erscheint angemessen und erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass bis zum 07.10.2016 ein Flugticket nach Prag beschafft werden kann.
26Die Abschiebehaft wird in der UfA Büren erfolgen. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Einrichtung für Abschiebehäftlinge iSd § 62a Abs.1 S.1 AufenthG. Die Einrichtung ist daher geeignet, dort die Abschiebehaft zu vollstrecken.
27Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 415, 427, 80, 81 FamFG.
28Rechtsmittelbelehrung:
29Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Diese ist innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht Bielefeld, 33595 Bielefeld, Abteilung 90, einzulegen. Für die Wahrung der Frist ist der Eingang bei Gericht entscheidend.
30Bielefeld, 22.09.2016 Amtsgericht |
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Referenzen
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