Beschluss vom Amtsgericht Blomberg - 3 F 89/02
Tenor
1.
Die Einwilligung des Antragsgegners in die Namensänderung des minderjährigen X, geboren am 29.11.1984, in den Familiennamen Q wird gemäß § 1618 Satz 4 BGB ersetzt.
2.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
1
G r ü n d e :
2Der minderjährige X ist aus der Ehe zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner hervorgegangen. Diese Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Q1 vom 18.10.1989 (9 F 281/89) geschieden. Insoweit wird auf die beigezogene Akte des Amtsgerichts Q1 Bezug genommen.
3Die Antragstellerin ist seit 1996 mit Q verheiratet. Die Antragstellerin , der Minderjährige und ihr jetziger Ehemann leben derzeit in T.
4Mit Antrag vom 07.03.2002 begehrt die Antragstellerin die Einwilligung des Herrn X zur Namensänderung des Kindes X nach § 1618 Satz 4 BGB zu ersetzen. Wegen der Begründung wird vollinhaltlich auf die genannte Antragsschrift (Blatt 1 bis 4 der Akten) Bezug genommen. Hervorzuheben ist, dass der Antragsgegner seit geraumer Zeit unbekannten Aufenthalts ist. Nach Angaben der Antragstellerin verließ der Antragsgegner am 01.06.1988 morgens das Haus und ist seitdem spurlos verschwunden. Sämtliche Nachforschungen über den Verbleib des Antragsgegners seien erfolglos geblieben.
5Die nach § 50 b FGG erforderliche persönliche Anhörung des Minderjährigen erfolgte am 27. Mai 2002, insoweit wird vollinhaltlich auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
6Die nach § 50 a FGG erforderliche persönliche Anhörung der Eltern erfolgte ebenfalls am 27. Mai 2002, insoweit wird vollinhaltlich auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
7Der Antragsgegner erschien zu diesem Termin nicht. Die Terminsladung ist ihm allerdings durch öffentliche Zustellung zugestellt worden.
8Die Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 50 FGG zur Wahrnehmung der Interessen des Minderjährigen ist unterblieben. Das zuständige Jugendamt ist am Verfahren beteiligt worden, insoweit wird vollinhaltlich auf den Bericht des Jugendamtes vom 07. Mai 2002 (Blatt 28 ff. der Akten) Bezug genommen. Das Familiengericht ist der Meinung, dass somit die Bestellung eines besonderen Verfahrenspflegers unterbleiben konnte, insbesondere deshalb, weil der Minderjährige X noch in diesem Kalenderjahr das 18. Lebensjahr vollendet, und somit schon so alt ist, dass er zu einer eigenen ernsthaften Willensbekundung in der Lage ist.
9Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils ersetzt werden, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Mit der Neufassung durch das Kindschaftsrechtreformgesetz zum 01. Juli 1998 hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Namensänderung nur unter strengen Voraussetzungen erfolgen darf.
10Zwei Kriterien sind maßgebend. Zum einen ist das Wohl des Kindes zu berücksichtigen, die Vorschrift ist sogar so formuliert, dass sich im Umkehrschluß hieraus ergibt, dass eine Zustimmungsersetzung nur in Betracht kommt, wenn das Kindeswohl beim Fortbestehen des bisherigen Namens gefährdet sein würde. Zum andern ist auch das Elternrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils zu berücksichtigen, da die Zustimmungsersetzung einen wesentlichen Eingriff in das Elternrecht des Antragsgegners darstellen würde.
11Die zu § 1618 Satz 4 BGB bislang ergangene obergerichtliche Rechtsprechung ist sehr restriktiv. Sie verlangt, dass die Erforderlichkeit positiv festgestellt werden muß. Sie besteht nur dann, wenn die Namensänderung für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht, dass ein sich um das Kind verständig sorgender Elternteil auf der Einhaltung des Namensbandes zu dem Kind nicht bestünde. Die für die Ersetzung sprechenden Gesichtspunkte müssen so bedeutsam sein, dass sich ein verständiger, um das Wohl seines Kindes besorgter Elternteil, dem nicht entziehen kann (vgl. OLG Hamm, Beschluß vom 03.12.2001, 6 UF 174/01).
12Der Antragsgegner hat im vorliegenden Verfahren überhaupt gar keine Erklärungen abgegeben. Dies resultiert aus der Tatsache, dass er derzeit unbekannten Aufenthaltes ist. Das Familiengericht hat sowohl die Antragsschrift als auch die Terminsladung zum Anhörungstermin öffentlich zustellen lassen. Weitere Ermittlungen über den Verbleib des Antragsgegners hat das Familiengericht nicht aufgenommen. Der von der Antragstellerin gemachte Sachvortrag ist insoweit glaubhaft und schlüssig. Insbesondere die Tatsache, dass er auch schon zum Zeitpunkt des Scheidungsverfahrens im Jahr 1989 unbekannten Aufenthalts war, läßt den Schluß zu, dass er auch keinerlei Interesse mehr an diesem Verfahren gehabt hätte. Es gab überhaupt keinerlei Anhaltspunkte für das Familiengericht Ermittlungen anzusetzen. Gleichwohl hatte das Familiengericht zu prüfen, ob diese Vorschrift (§ 1618 BGB) im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finden konnte. § 1618 Satz 4 BGB spricht nämlich davon, dass die Einwilligung des anderen Elternteils durch das Familiengericht ersetzt werden kann. Der Antragsgegner hat sich im vorliegenden Fall also gar nicht verweigert, deshalb spräche nach dem Wortlaut der Vorschrift vieles dafür, den § 1618 BGB überhaupt nicht anzuwenden. Bei dem Fall des unbekannten Aufenthalts liegt eine ähnlich gelagerte Problematik wie beim Tod des anderen Elternteils vor. In der Rechtsprechung ist es für den Fall des Todes eines Elternteils sehr umstritten, ob § 1618 BGB Anwendung findet (vgl. dazu: Klüsener in RPflg. 2002 Seite 233 ff.). Das Familiengericht ist jedoch der Ansicht, dass die Vorschrift des § 1618 Satz 4 BGB auch beim Tod eines Elternteils Anwendung finden muß. Insoweit wird Bezug genommen auf den Beschluß des OLG Zweibrücken, abgedruckt in FamRZ 1999, Seite 1372. Für den hier vorliegenden Fall des unbekannten Aufenthaltes eines Elternteils muß dann folgerichtig das Gleiche gelten (vgl. dazu: Klüsener, am angegebenen Orte). Die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung setzt eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraus (vgl. BGH, Beschluß vom 24.10.2001, FamRZ 2002 Seite 94 ff.).
13Trotz der in diesen Fällen so restriktiven Rechtsprechung konnte im vorliegenden Fall die Einwilligung des Antragsgegners ausnahmsweise ersetzt werden. Der Antragsgegner hat sich am 01. Juni 1988 im wahrsten Sinne des Wortes "aus dem Staube gemacht". Zu seinem Sohn hat er seit dieser Zeit niemals mehr Kontakt aufgenommen. Auch die anfangs versuchten Nachforschungen durch die Familie blieben ohne Erfolg. Der Minderjährige hat in seiner Anhörung vorgetragen, dass er auch mittlerweile keinerlei Interesse mehr daran habe, dass ein Kontakt mit seinem leiblichen Vater hergestellt werde. In seiner jetzigen Familie fühle er sich wohl. Das zwischen dem Antragsgegner und dem Minderjährigen noch bestehende Namensband ist inhaltsleer geworden. Da der Minderjährige seinen Vater überhaupt nicht kennt, und auch nicht zu erwarten ist, dass er ihn jemals wiedersieht, war die Zustimmung im vorliegenden Fall zu ersetzen. Es könnte ja auch sein, dass der Antragsgegner mittlerweile gar nicht mehr lebt.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.
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