Urteil vom Amtsgericht Bonn - 11 C 191/82
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger erwarb für die Aufführung der Bühnen der Stadt C vom 24.10.1981 zwei Eintrittskarten zum Preis von je 18,-- DM. Mit seiner Klage fordert er diesen Eintrittspreis zurück.
3Am 24.10.1981 wurde das Drama."Penthesilea, Trauerspiel von Heinrich von Kleist" gespielt.
4Der Kläger ist der· Ansicht, die Inszenierung des Stückes habe sich so stark vom Original unterschieden, daß es nicht wie oben wiedergegeben hätte angekündigt werden dürfen. Vielmehr hätte man einen Zusatz machen müssen, der auf die vom Original abweichende Bearbeitung hingewiesen hätte.
5Der Kläger beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36,-- DM zu zahlen. ·
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
10E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
11Die zulässige Klage ist unbegründet·.
12Der zwischen den Parteien abgeschlossene Theaterbesuchvertrag ist in seinen wesentlichen Elementen als Werkvertrag anzusehen (vgl. die Entscheidung des Reichsgerichts RG 133, 388). Daher könnte der Kläger gem. §§ 633, 634 BGB Rückzahlung des Eintrittspreises verlangen, wenn der Aufführung eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt hätte oder wenn die Aufführung mit Fehlern behaftet gewesen wäre, die den Wert der Aufführung aufgehoben hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall.
13Unstreitig ist in der vorliegenden Inszenierung der Penthesilea der Originaltext von Heinrich von Kleist rezitiert worden. Die vom Regisseur vorgenommenen Kürzungen und Regieanweisungen müssen dabei als zulässig angesehen werden.
14Nach dem heutigen Kunstverständnis ist nämlich die Regiearbeit als künstlerische Arbeit anzusehen. Hierbei muß dem Regisseur eine gewisse Gestaltungsfreiheit eingeräumt werden, die seiner künstlerischen Eigenart entspricht und es ihm erlaubt, in seinem Werk seine individuelle Schöpferkraft und sein Schöpfenwollen zum Ausdruck zu bringen (vgl. die Entscheidung des Bundesgerichtshof BGH 19, 382).
15Unverkennbar hat sich auf den deutschen Bühnen der Gegenwart eine starke Neigung zu einer aktualisierenden und kritischen Aufführungsweise von Stücken der Klassiker herausgestellt. Diese auch dem Kläger bekannte Tendenz bewirkt eine "Umfunktionierung" (B. Brecht) eines Textes, wobei unter neu zu bestimmenden ideologischen oder ästhetischen Gesichtspunkten neue Schwerpunkte gesetzt werden.
16Selbst wenn es sich bei der Aufführung der Penthesilea vom 24.10.981 um eine solche kritische Umfunktionierung gehandelt haben sollte -dies wird von der Beklagten bestritten- könnte hierin kein rechtlicher Mangel gesehen werden. Denn anders als bei Stücken moderner Autoren, die noch urheberrechtlich geschützt sind, deckt das heutige Regieverständnis für Klassiker selbst umfunktionierte Aufführungen.
17Diese vom erkennenden Gericht vertretene Auffassung verstößt auch nicht gegen den vom Kläger vorgetragenen Gedanken des Verbraucherschutzes. Der interessierte Theaterbesucher hat nämlich vielfältige Informationsmöglichkeiten, insbesondere durch die Tagespresse. Wenn er von diesen Möglichkeiten Gebrauch macht, wird er durch eine solche umfunktionierte Aufführung sicherlich nicht überrascht sein und notfalls, falls er mit solchen Aufführungen nicht einverstanden ist, diese auch nicht besuchen.
18Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.
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