Urteil vom Amtsgericht Bonn - 105 C 49/13
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.356,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.178,10 EUR seit dem 16. Juli 2011 und aus weiteren 1.178,10 EUR seit dem 19.05.2012, vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 15,00 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 229,30 zu zahlen.
2.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin bietet verschiedene Leistungen im Zusammenhang mit der Eintragung in Branchenbücher an. Sie übersandte dem Beklagten an die Adresse der von diesem betriebenen Firma L ein „Eintragungsangebot zum Premiumeintrag 2011“. Auf der linken Seite sind dort unter der Überschrift „Korrekturabzug“ die Daten einer Druckerei“ bt druck“ aufgeführt. Rechts wird zu einem vorgedruckten angekreuzten Feld ausgeführt:
3„Premiumeintrag
4Wir haben einen kostenlosen Standardeintrag für Sie unter www.s-c.de geschaffen. Wenn Sie einen kostenpflichtigen Premiumeintrag wünschen, dann ist das übersandte Formular zu unterzeichnen und zurückzusenden.
5Der Premiumeintrag kostet 990 Euro zuzüglich der gesetzlichen MwSt. pro Jahr. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 2 Jahre und verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht 3 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird.
6Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass unser Verlag mit den Gelbe Seiten Verlagen und der DeTeMedien Gruppe in keiner geschäftlichen Beziehung steht…“
7Für den weiteren Inhalt und die optische Gestaltung des Schreibens wird auf Bl. 11 d. A. Bezug genommen. Der Beklagte änderte im „Korrekturabzug“ den Firmennamen handschriftlich in „L“. Weiterhin änderte er handschriftlich die e-mailAdresse und die Internetadresse. Handschriftlich ist das Datum 17.05.2011 eingetragen. Auf der vorgesehenen Linie befindet sich eine Unterschrift mit dem Zusatz „t1“ in Druckbuchstaben. Der Beklagte sandte das Schreiben per Fax an die Klägerin zurück.
8Die Klägerin übersandte dem Beklagten eine Auftragsbestätigung vom 09.06.2011. Unter dem 16.06.2011 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über 1.17810 EUR für den Zeitraum 17.05.2011 bis 17.05.2012. Für den Zeitraum vom 17.05.2012 bis zum 17.05.2013 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung vom 19.04.2012 über 1.178,10 EUR. Mit Schreiben vom 04.12.2012 teilten die klägerischen Prozessbevollmächtigten dem Beklagten mit, dass sie nach mehreren erfolglosen Mahnungen seitens der Klägerin mit der Geltendmachung der Forderung beauftragt worden seien.
9Die Klägerin behauptet:
10Aus der Formulierung ihres Angebots sei ohne weiteres ersichtlich, dass es sich um ein Angebot handele, dessen Annahme der freien Entscheidung des Adressaten unterliege. Bereits bei oberflächlicher Lektüre des Schreibens habe für den Empfänger kein Zweifel daran bestehen können, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrages handele. Der Beklagte habe sich intensiv mit dem Schreiben befasst. Dies werde durch die handschriftlichen Eintragungen deutlich. In der Entscheidung des BGH vom 30.06.2011 sei nur die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit beleuchtet worden. Zur Sittenwidrigkeit müsse neben einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, welches hier bestritten werde, auch die Ausnutzung einer Zwangslage oder von Unerfahrenheit hinzukommen.
11Die Klägerin beantragt,
121. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.356,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.178,10 EUR seit dem 16. Juli 2011 und aus weiteren 1.178,10 EUR seit dem 19.05.2012 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 15,00 EUR zu zahlen,
132. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 229,30 zu zahlen.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Der Beklagte behauptet:
17Er habe nur Änderungen am kostenlosen Standardeintrag mit blauem Kugelschreiber vorgenommen und diese Änderungen per Fax an die Klägerin übersandt. Der Premiumeintrag sei auf der Vereinbarung bereits drucktechnisch durch die Klägerin angekreuzt gewesen und dem Beklagten nicht zuzurechnen. Hinsichtlich der Masche der Klägerin werde auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2011, NJW 2012/ S. 1449 ff verwiesen.
18Ein Vertrag wäre auch wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sei, könnten gegenseitige Verträge als wucherähnliche Rechtsgeschäfte nichtig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis bestehe und außerdem ein weiterer Umstand hinzu komme, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lasse, wobei nach der Rechtsprechung zugunsten von Kaufleuten aus dem objektiv vorliegenden auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung keine Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Vertragspartners folge. Die Leistung der Klägerin sei nahezu wertlos. Bei einer Internetrecherche mit der Suchmaschine Google sei der sogenannte Premiumeintrag der Klägerin nicht unter den ersten 100 Einträgen zu finden. Internetnutzer würden jedoch nur bei größter Verzweiflung Suchergebnisse ab Seite 5, hier ab dem 50. Eintrag sichten. Man komme auch nicht viel weiter, wenn man versuche, den Beklagten mithilfe der Homepage der Klägerin www.s-c.de zu finden. Die Webseite der Klägerin sei über Google nicht leicht auffindbar. Die Suche zum Begriff „reginonales Branchenbuch Bonn“ führe auf Seiten, die über die angebliche Abzocke der Klägerin berichteten. Wenn man die Homepage der Klägerin manuell ansteuere, müsse man sich mühsam mit der Ortseingabe und der Gewerbeeingabe zur Adressenliste durcharbeiten. Der normale Internetnutzer werde diese Schritte nicht machen, denn er bekomme seine Angaben bereits geliefert, wenn er die Suchbegriffe „Druckerei Bonn“ z. B. bei Google eingebe. Der Eintrag bestehe aus der Anschrift des Beklagten und dessen Rufnummer. Ein Klick auf den Eintrag führe zu einer Unterseite, welche neben diesen Daten lediglich die Internetpräsenz und E-Mail Adresse wiedergebe. Die Klägerin biete kostenpflichtig eine Leistung an, die anderswo kostenfrei, einfacher und schneller verfügbar angeboten werde. Der Aufbau der Internetpräsenz der Klägerin sei lustlos und wahrscheinlich mit einem kostenlosen Softwarewerkzeug durch einen Schülerpraktikanten errichtet worden. Ein besonderer Werbeeffekt gehe vom Eintrag der Klägerin nicht aus.
19Weitere sittenwidrige Umstände lägen darin, dass die Klägerin bewusst und in Kenntnis des Irreführungs- und Täuschungspotentials ihres sogenannten Korrekturabzugs diesen hundert- bis tausendfach an potentielle Kunden versende, obgleich der Klägerin bekannt sei, dass mehrere Kunden im Verlauf der letzten Jahre ihr gegenüber geäußert hätten, durch den sogenannten Korrekturabzug getäuscht worden zu sein. Dies sei der Klägerin aus gegen sie geführten Abwehrverfahren auch bekannt, so z. B. der Entscheidung des Amtsgerichts Bonn vom 29.12.2010, Az: 116 C 84/09).
20Der Beklagte sei einige Jahre bei den Gelben Seiten gewesen. Er habe damals mit den Gelben Seiten Gespräche geführt. Er habe nur die Gelben Seiten im Kopf gehabt und das Fax zurückgeschickt. Er wisse nicht genau, was es bei den Gelben Seiten gekostet habe. Das sei irgendwie so in der Richtung wie das hier auch.
21Die Mehrwertsteuer könne nicht als Schadensposten in Ansatz gebracht werden. Es handele sich um einen durchgehenden Posten und einen Abwehranspruch an den Staat. Der Anfall der vorgerichtlichen Mahnkosten werde bestritten. Er sei in der Klageschrift nicht begründet worden. Die Tätigkeit des klägerischen Prozessbevollmächtigten beschränke sich auf ein einfaches Mahnschreiben, weshalb maximal eine 0,3 Gebühr in Anspruch gebracht werden könne. Zum Beweis bezieht sich der Beklagte auf die Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Köln. Es werde bestritten, dass die Klägerin die Vergütung an ihren Bevollmächtigten bereits gezahlt habe. Es komme allenfalls ein Freistellungsanspruch in Betracht.
22Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 2.356,20 EUR aus einem Werkvertrag gemäß § 631 BGB. Zwischen den Parteien ist durch Rücksendung des unterzeichneten Eintragungsangebots durch den Beklagten ein Werkvertrag zustande gekommen. Die Klägerin dürfte die Rücksendung ihres Angebots mit der Unterschrift und den handschriftlichen Änderungen zum Firmennamen, der E-Mail-Adresse und der Homepage als Annahme ihres Angebots auf Abschluss eines Vertrages über einen Premiumeintrag auf der Seite www.s-c.de verstehen. Sie durfte nach Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrssitte davon ausgehen, dass der Beklagte ihr Angebot verstanden hatte. Aus dem Text des Schreibens ergab sich eindeutig, dass es sich um ein Eintragungsangebot zu einem Premiumeintrag handelte. Über dem Korrekturabzug war in nur etwas kleinerer Schrift aufgeführt „Eintragungsangebot zum Premiumeintrag 2011“. Ein kleiner Pfeil weist nach rechts auf ein angekreuztes Feld und dem Zusatz „Premiumeintrag“. Darunter wird, wenn auch in kleinerer Schrift erläutert, dass das Formular zu unterzeichnen und zurückzusenden sei, wenn man einen kostenpflichtig hervorgehobenen Premiumeintrag wünsche. Dann wir ausgeführt, dass der Premiumeintrag 990 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer koste. Einzig der Korrekturabzug könnte auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass bereits ein Vertrag bestehe. Da sich über dem Korrekturabzug jedoch direkt die Formulierung „Eintragungsangebot zum Premiumeintrag“ befindet, kann dies allenfalls den Eindruck erzeugen, dass hier etwas widersprüchlich sein könnte. Dies führte dann auch nur dazu, dass man den ganzen Text genau liest. Dann würde man zusätzlich zu den Ausführungen unter dem angekreuzten Premiumeintrag auch noch auf das Kleingedruckte unter dem Korrekturabzug stoßen, wonach der Standardeintrag kostenlos online freigeschaltet sei und der Premiumeintrag kostenpflichtig sei und der Unterschrift bedürfe. Die Gestaltung des Angebots ist nicht vergleichbar mit derjenigen des Branchenbuchs C, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2011 zum Aktenzeichen I ZR 157/10 in einem Verfahren bezüglich wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche zugrunde lag. Dort ist unter der Überschrift „Eintragungsantrag“ optisch eine an eine Rechnung erinnernde Gestaltung gewählt worden. Hinzu kommt hier, dass der Beklagte als Firmeninhaber selbst handelte und nicht ein Mitarbeiter im hektischen Büroalltag. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, er habe an die Gelben Seiten gedacht, und dort einen Eintrag gewollt, ist dies in seiner Erklärung an die Klägerin nicht zum Ausdruck gekommen. Die Klägerin weist, wenn auch in kleinerem Druck, durchaus darauf hin, dass sie mit den Gelben Seiten nichts zu tun hat. Eine Bezugnahme auf die Gelben Seiten findet sich nicht.
25Der Vertrag ist auch nicht nichtig. Eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB liegt nicht vor, da weder auf Seiten des Beklagten weder eine Zwangslage noch geschäftliche Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche vorliegt. Der Vertrag ist auch nicht sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB.
26Gegenseitige Verträge können, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist, weil er etwa die wirtschaftlich schwächere Position des anderen Teils bewusst ausgenutzt oder sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der andere nur unter dem Zwang der Verhältnisse auf den für ihn ungünstigen Vertrag eingelassen hat. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, lässt dies gegenüber Verbrauchern den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BGH Urteil vom 29.06.2007, Az: V ZR 1/06, Fundstelle juris). Beim Vollkaufmann ist dagegen umgekehrt - widerleglich - zu vermuten, dass die persönlichen Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit beim Vertragspartner nicht erfüllt sind (BGH Urteil vom 11.01.1995, Az: VIII ZR 82/94, Fundstelle juris). Bei der Prüfung, ob ein Rechtsgeschäft nichtig ist, muss auf den Zeitpunkt seiner Vornahme abgestellt werden (BGH Urteil vom 15.04.1987, Az: VIII ZR 97/86, Fundstelle juris).
27Der Beklagte ist Kaufmann im Sinn des § 1 HGB. Er betreibt einen auf Dauer und zur Gewinnerzielung angelegten Gewerbetrieb, eine Druckerei. Dass Art und Umfang seines Betriebes keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordern würden, behauptet er nicht. Hier hat der Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass die Leistung der Klägerin bei Vertragsschluss im Mai bzw. Juni 2011 einen Wert von null hatte. Dies folgt nicht daraus, dass z. B. mit den Gelben Seiten auch andere Telefonverzeichnisse im Internet vorhanden sind. Auch daraus, dass das bei einer Suche mit Google der Premiumeintrag der Klägerin nicht bei den ersten 100 Einträgen erscheint, ergibt sich nicht die Wertlosigkeit der Leistung der Klägerin. Es existieren neben Google auch weitere, wenn auch sehr viel weniger populäre Suchmaschinen im Internet (z. B. Yahoo, Lycos, Bing). Dass Google bei dem Sucheintrag „regionales Branchenbuch Bonn“ nicht die Webseite der Klägerin aufführt, sondern unter anderem Seiten mit kritischen Berichten über die Klägerin, macht die Leistung deshalb nicht wertlos. Dies wäre höchstens dann der Fall, wenn auch andere Suchmaschinen auf den Begriff „regionales Branchenbuch“ hin auch nicht die Webseite der Klägerin auf den ersten Seiten anzeigen würden. Dazu trägt der Beklagte nichts vor. Darüber hinaus lässt eine heutige Recherche noch keine Rückschlüsse darauf zu, wie sich die Situation zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses dargestellt hätte. Es gab seitdem Presseveröffentlichungen über immer wieder erfolgende Umstellungen des Algorithmus für die Suche bei Google. Diese Umstellungen führen danach teilweise zu einem anderen Ranking der nach Anfragen aufgelisteten Webseiten, so dass der heutige Zustand nicht dem im Jahr 2011 entsprechen muss.
28Im Gegensatz zu dem vom Amtsgericht Bonn mit Urteil vom 29.12.2010 zum Aktenzeichen 116 C 84/09 entschiedenen Fall, in dem es um ein Markenverzeichnis ging, das einem kostenlosen behördlichen Verzeichnis entsprach, wird hier von der Klägerin bei den Eingaben Bonn und dann Druckerei Name und Adresse des Beklagten an zweiter Stelle der Liste der Druckereien aufgeführt. Klickt man den Eintrag an, öffnet sich ein Fenster mit Adressdaten und einem Abbild der Webseite des Beklagten. Klickt man letzteres an, wird man auf die Webseite des Beklagten weitergeleitet. Nach dem Vertrag besteht auch die Möglichkeit, Fotos hinzuzufügen. Damit liegt eine eigene, grundsätzlich werthaltige Leistung der Klägerin vor. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass für Einträge in die gelben Seiten ein in etwa vergleichbarer Betrag zu zahlen sei. Dann ergibt sich aus der geringeren Nachfrage nach dem Branchenbuch der Klägerin noch nicht zwingend ein grobes Missverhältnis von Preis und Leistung. Dies wäre erst der Fall, wenn die Leistung der Klägerin bei Vertragsschluss weniger als die Hälfte des vereinbarten Preises wert gewesen wäre. Dazu hätte konkret zu den wertbildenden Faktoren für Einträge in Online-Branchenbücher vorgetragen werden müssen.
29Es wird auch nicht der Eindruck erzeugt, dass es sich bei der Klägerin um eine Behörde oder bei dem von ihr betriebenen Verzeichnis um die Gelben Seite handele. Auch wenn das Original des Vertrages ein gelbes Logo aufgewiesen haben sollte, so ergibt sich aus dem Text ohne weiteres, dass es sich nicht um die Gelben Seiten handelt. Von einem Gewerbetreibenden kann durchaus erwartet werden, ein Schreiben vollständig zu lesen, bevor er es unterschrieben zurücksendet. Selbst wenn sich einzelne Kunden der Klägerin getäuscht gefühlt haben sollten, so genügt dies nicht für das subjektive Element der Sittenwidrigkeit. Es kommt vor, dass jemand ein Schreiben nicht richtig liest und sich dann getäuscht fühlt. Dies macht das Verhalten des Absenders noch nicht verwerflich. Hinzukommen muss ein täuschendes Verhalten.
30Es besteht auch ein Anspruch auf die Mehrwertsteuer. Hier geht es nicht um die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs, sondern um einen Anspruch auf Werklohn. Gemäß den §§ 13 a Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist der Unternehmer, hier also die Klägerin, Schuldnerin der Umsatzsteuer. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hat der Beklagte ihr diesen Betrag zu zahlen.
31Die Klägerin hat einen Anspruch auf die geltend gemachten Mahnkosten, die das Gericht auf 15,00 EUR schätzt, aus den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Die Klägerin hat in der Anspruchsbegründung auf das Mahnschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2012 Bezug genommen, in dem wiederum auf mehrfache erfolglose Mahnungen des Beklagten Bezug genommen wurde. Dass er keine Mahnungen erhalten habe, behauptet der Beklagte nicht.
32Weiterhin besteht ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 229,30 EUR (1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer nach einem Streitwert von 2.356,20 EUR) aus den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Der Beklagte war durch eigene Mahnungen der Klägerin in Verzug geraten. Dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin nur mit der Abfassung eines einfachen Mahnschreibens beauftragt gewesen wären und nicht mit der vollständigen vorprozessualen Prüfung und Geltendmachung des Anspruchs, ist nicht ersichtlich. Das Schreiben vom 04.12.2012 lässt nicht erkennen, dass einfach nur gemahnt werden sollte. Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer wird nicht eingeholt, weil keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen wurden, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten außer dem Mahnschreiben keine Tätigkeit entfaltet hätten. Die Beauftragung eines Anwalts nicht nur mit einem einfachen Mahnschreiben verstößt auch nicht gegen § 254 Abs. 2 BGB. Grundsätzlich darf bei Verzug des Vertragspartners ein umfassender Auftrag zur vorprozessualen Geltendmachung des Anspruchs erteilt werden, es sei denn, ein einfaches Mahnschreiben ist erkennbar ausreichend. Es besteht nicht nur ein Freistellungsanspruch gemäß § 257 BGB, sondern ein Zahlungsanspruch. Wenn die Inanspruchnahme durch den Dritten mit an Sicherheit bald zu erwarten ist, kann Zahlung und nicht nur Freistellung verlangt werden (OLG Schleswig Urteil vom 07.05.1998, Az: 13 U 4/97, Fundstelle juris). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten bereits bezahlt hat. Dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten jedenfalls in absehbarer Zeit eine Begleichung ihrer Rechnung von der Klägerin verlangen werden, ist naheliegend.
33Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 2 BGB. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 709 ZPO.
34Der Streitwert beträgt 2.356,20 EUR.
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