Urteil vom Amtsgericht Borken - 15 C 293/00
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.09.1999 zu zahlen.
Der Klägerin werden die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten auferlegt. Im übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand: Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, welches die Vermittlung von Finanzdienstleistungen und Versicherungsverträgen zum Gegenstand hat. Ihr Geschäftsführer, Herr P, ist gleichzeitig Geschäftsführer einer B. Letztere beabsichtigte, 1998 einen Beauty- und Wellness-Park zu errichten. Über den Ehemann der Beklagten, den Zeugen Q, kam sodann der Kontakt zwischen der Beklagten und Herrn P zustande. Es wurde vereinbart, dass die Beklagte, die zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Sonnenstudios betrieben hatte, den Aufbau und die Organisation des Beauty- und Wellness-Parks übernehmen sollte. Am 22.09.1998 unterschrieb die Beklagte ein als "Schuldanerkenntnis" bezeichnetes Schriftstück folgenden Inhalts: "Ich, der Unterzeichnende, erkenne an, der Gesellschaft für direkte Wirtschaftsberatung mbH, W, ##### C, 2.000,- DM, nebst / % Zinsen seit dem 22.09.98 zu schulden. Das vorstehende Schuldanerkenntnis erfolgt in der Weise, dass es meine Verpflichtung selbständig begründen soll. Alle bekannten wie unbekannten Einwendungen, die sich nicht aus dieser Vereinbarung selbst ergeben, insbesondere der Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung, sind ausgeschlossen." Zuvor hatte die Beklagte von Herrn P einen Betrag von 2.000,00 DM per Scheck erhalten. Am 03.02.1999 erhielt die Beklagte einen weiteren Betrag von 2.000,00 DM per Scheck ausgehändigt. Auch hier unterschrieb sie ein "Schuldanerkenntnis" gleichen Inhalts wie das erste Schuldanerkenntnis vom 22.09.1998. Am 22.03.1999 nahm die Beklagte einen Betrag von 1.750,00 DM aus der Kasse; im April 1999 erfolgte eine weitere Barentnahme in Höhe von 2.500,00 DM. Am 08.04.1999 endete die Tätigkeit der Beklagten für die B. Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin die ihr angeblich zustehenden Ansprüche aus den beiden Schuldanerkenntnissen vom 22.09.1998 sowie vom 03.02.1999. Sie behauptet, dass es sich bei den den Schuldanerkenntnissen zugrundeliegenden Forderungen um Darlehen gehandelt habe, die sie aufgrund eines finanziellen Engpasses der Beklagten gewährt habe. Die Beklagte sei lediglich für den Monat Dezember 1998 fest eingestellt worden. Im übrigen hätte die Beklagte nach den vertraglichen Vereinbarungen auf der Grundlage einer Gewinnbeteiligung die B freiberuflich unterstützen sollen. Anlässlich der Vertragsverhandlungen sei ein monatlicher Vorschuss in Höhe von 2.500,00 DM bereits während der Vorbereitungsphase, den Beauty- und Wellness-Park betreffend, vereinbart worden. Diese Vorschüsse hätten nach Eröffnung des Wellness-Parkes mit den Ansprüchen der Beklagten auf Gewinnbeteiligung verrechnet werden sollen. Die Beklagte habe indes eigenmächtig und ohne Zustimmung der Buchhaltung im Februar sowie im April 1999 die Beträge aus der Kasse des Beauty-Parks entnommen. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.09.1999 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie behauptet, dass die Schuldanerkenntnisse lediglich zum Schein vereinbart worden seien. Zwischen ihr und Herrn P als Geschäftsführer der Firma B sei ein Nettolohn in Höhe von 2.500,00 DM monatlich zuzüglich späterer Gewinnbeteiligung und einer Zahlung von 10,00 DM je Stunde als Thekenbedienung vereinbart worden. Sie sei vom 01.11.1998 an für die B tätig gewesen. Bereits vor der Eröffnung des Beauty-Parks am 31.10.1998 habe sie nicht unerhebliche Vorlaufkosten erbringen müssen. Sie habe daraufhin Herrn P gegenüber auf Zahlung eines Vorschusses bestanden. Dieser habe sich letztendlich hiermit einverstanden erklärt. Er habe indes darauf bestanden, dass die Klägerin ihr die 2.000,00 DM zahlen würde. Lediglich aus rein formalen Gründen sollte diese Zahlung als zinsloses Darlehen deklariert werden. Bei der Entgegennahme des Betrages habe sie, die Beklagte, daraufhin das Schuldanerkenntnis vom 22.09.1998 unterschreiben müssen. Sowohl sie als auch Herr P seien sich indes darüber einig gewesen, dass das Schuldanerkenntnis lediglich zum Schein erfolgen sollte, da es sich tatsächlich um den Lohn für die von der Beklagten erbrachte Arbeitsleistung gehandelt habe. Auch das Schuldanerkenntnis vom 03.02.1999 sei auf diese Weise zustande gekommen. Von einem Vorschuss sei nie die Rede gewesen. Vielmehr sei sämtlichen Beteiligten bewußt gewesen, dass die Zahlung der Beträge den Lohnanspruch der Beklagten befriedigen sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q und A. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2000 (Blatt 108 ff. der Akte) Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 4.000,00 DM aus den beiden Schuldanerkenntnissen vom 22.09.1998 sowie vom 03.02.1999 zu. Bei den zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen handelt es sich um formgültige, konstitutive Schuldanerkenntnisse im Sinne von § 781 BGB. Die Beklagte hat mit diesem Vertrag, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund, eine neue selbständige Verpflichtung geschaffen. Ob eine neue selbständige Verpflichtung im Sinne der §§ 780, 781 BGB geschaffen werden soll oder lediglich eine bereits bestehende Schuld bestätigt werden soll (kausales Schuldanerkenntnis), ist eine Auslegungsfrage. Entscheidend hierfür ist insbesondere der Wortlaut des Vertrages sowie der Anlass hierzu. Vorliegend ist die Vertragsurkunde bereits ausdrücklich als Schuldanerkenntnis bezeichnet worden. Weiterhin sollte dieses Schuldanerkenntnis gemäß dem Vertragstext in der Weise erfolgen, dass es die Verpflichtung selbständig begründen soll sowie alle bekannten und unbekannten Einwendungen ausgeschlossen sein sollten. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich hier, dass ein konstitutives Anerkenntnis seitens der Parteien gewollt war. Die den Schuldanerkenntnissen zugrundeliegenden Schuldverhältnisse sind in der Urkunde mit keinem Wort erwähnt. Weiterhin sollten sämtlichen Einwendungen ausgeschlossen sein. Die Parteien haben demnach eine vom Grundgeschäft losgelöste Forderung begründen wollen und dies getan. Die Schuldanerkenntnisse sind auch wirksam zustande gekommen. Insbesondere sind sie nicht gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Soweit die Beklagte behauptet hat, die Schuldanerkenntnisse seien lediglich zum Schein geschlossen worden, hat sie den ihr obliegenden Beweis nicht erbringen können. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Parteien einverständlich lediglich den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen wollten, die mit den Schuldanerkenntnissen verbundenen Rechtsfolgen indes nicht eintreten lassen wollten. Insbesondere ist die diesbezügliche Behauptung der Beklagten nicht durch die Aussage des Zeugen Q bewiesen. Der Zeuge Q hat bekundet, dass er zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Geldbeträge sowie der Unterzeichnung der Schuldanerkenntnisse durch die Beklagte nicht anwesend gewesen sei. Er wisse lediglich, dass Herr P auf entsprechendes Drängen der Beklagten nach Zahlung des Lohnes gesagt habe, die einzige Möglichkeit sei die, es über die Klägerin und nicht über die B laufen zu lassen. Zwar ist die Aussage des Zeugen insofern glaubhaft. Er hat detailliert und in sich geschlossen den Sachverhalt, wie er sich seiner Erinnerung nach abgespielt hat, geschildert. Er hat sich darüber hinaus auch nicht auf eine bloße Beantwortung der Beweisfrage beschränkt, sondern den Geschehensablauf in allein Einzelheiten geschildert. Letztendlich kommt es indes auf die Glaubhaftigkeit der Aussage nicht an. Die Bekundungen des Zeugen Q lassen sich ohne weiteres mit dem Vortrag der Klägerin in Einklang bringen. Die Klägerin hat behauptet, dass den hier in Rede stehenden Schuldanerkenntnissen Darlehen zugrunde gelegen hätten. Unstreitig hat die Beklagte auch anlässlich der Unterschreibung der Schuldanerkenntnisse Geldbeträge in der Höhe erhalten, über die sich die Schuldanerkenntnisse verhalten. Die von dem Zeugen Q bekundete Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin, man "müsse es dann über die Klägerin und nicht über die B laufen lassen", ist daher nicht geeignet, die Behauptung der Beklagten zu beweisen. Ein Scheingeschäft liegt nur dann vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Rechtsgeschäftes hervorrufen wollen, nicht hingegen die Rechtsfolgen eintreten lassen wollen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr hat der Geschäftsführer der Klägerin sich auf Drängen der Beklagten damit einverstanden erklärt, dieser Geldbeträge zukommen zu lassen. Ob diese Geldbeträge der Begleichung von festem Arbeitslohn, wie von der Beklagten behauptet, oder als Vorschuss gedacht waren, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Jedenfalls wollten die Parteien durch Abschluss der Schuldanerkenntnisverträge nicht lediglich den äußeren Schein eines Rechtsgeschäftes herbeiführen. Vielmehr wollte sich der Geschäftsführer der Klägerin, Herr P, durch die Schuldanerkenntnisse absichern. Sein Wille war ja daher gerade darauf gerichtet, dass die Schuldanerkenntnisse wirksam zustandekommen sollten. An einem Einvernehmen der Parteien, wie es § 117 S. 1 BGB voraussetzt, fehlt es daher. Die von dem Zeugen Q Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin deutet geradezu darauf hin, dass nicht nur formal ein Darlehen der Klägerin an die Beklagte erfolgen sollte. Etwaige Forderungen der Klägerin aus diesem Darlehen sollten letztendlich durch die Schuldanerkenntnisse abgesichert werden. Nach alledem stellen die Schuldanerkenntnisse keine Scheingeschäfte im Sinne des § 117 BGB dar. Soweit die Beklagte behauptet, ihr ständen die ausgezahlten Beträge als Arbeitslohn zu, berührt dies nicht die Wirksamkeit der Schuldanerkenntnisse, sondern lediglich die Berechtigung der Forderungen aus den Grundgeschäften. Auch der Aussage der Zeugin A kommt nicht der für ein positives Beweisergebnis erforderliche Beweiswert zu. Die Zeugin A hat im wesentlichen den Vortrag der Beklagten nicht bestätigen können. Vielmehr hat sie bekundet, dass es seitens der Klägerin üblich sei, solche Schuldanerkenntnisse unterschreiben zu lassen. Diese dienten dann der Durchsetzung von etwaigen Rückforderungen der Klägerin aufgrund gezahlter, indes unbegründeter Provisionsforderungen von Mitarbeitern der Klägerin. Die Zeugin A hat darüber hinaus bekundet, dass sie zum Zeitpunkt des Zustandekommens der Schuldanerkenntnisse nicht anwesend gewesen sei. Das Gericht verkennt insofern nicht, dass die Zeugin A einen äußerst nervösen und angespannten Eindruck machte. Ihr war deutlich anzumerken, dass sie über die Geschäftsgebahren der Klägerin mehr wußte, als sie bekundet hat. Gleichwohl kann hieraus nicht mit an grenzender Wahrscheinlichkeit der - gegenteilige - Schluss gezogen werden, die Behauptungen der Beklagten entsprächen insofern der Wahrheit. Auch die Aussage der Zeugin A bestätigt letztendlich nur die Tatsache, dass den - auch von anderen Mitarbeitern der Klägerin unterschriebenen - Schuldanerkenntnissen Forderungen zugrunde lagen, deren Rückforderung durch die Schuldanerkenntnisse gerade gesichert werden sollte. Die Beklagte kann den Schuldanerkenntnissen auch nicht die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 821, 812 Abs. 2 BGB, entgegenhalten. Dem steht bereits der wirksame Verzicht der Beklagten entgegen. Nach dem Wortlaut der Schuldanerkenntnisse wurde ausdrücklich der Einwand der ungerechtfertigen Bereicherung ausgeschlossen. Demnach kann die Beklagte nicht mit der Behauptung gehört werden, die Klägerin habe die Schuldanerkenntnisse zu Unrecht erlangt, da die den Schuldanerkenntnissen zugrundeliegende Forderung nicht bestanden habe. Darüber hinaus ist der Beklagten vorliegend die Berufung auf die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung auch deswegen ausgeschlossen, da sie das Schuldanerkenntnis gegenüber der Klägerin, und nicht gegenüber der B, abgegeben hat. Wird das Schuldversprechen indes gegenüber einem Dritten abgegeben, so kann der Versprechende seine Verpflichtung grundsätzlich nicht im Wege der Kondition rückgängig machen (vergl. hierzu Münchener Kommentar, § 780, Randnr. 45). Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass der Geschäftsführer der Klägerin gleichzeitig auch der Geschäftsführer der B ist. Zwar kann unter Umständen eine Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung mißbräuchlich sein. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Da nach dem Vortrag der Beklagten die B zum Zeitpunkt der Begebung der Schuldanerkenntnisse einen finanziellen Engpass hatte, sollte gerade aus diesem Grunde die Klägerin Vertragspartnerin hinsichtlich der Schuldanerkenntnisse werden.
2Eine mißbräuchliche Ausnutzung der formalen Rechtsposition kann hierin nicht gesehen werden, auch wenn der Geschäftsführer der Klägerin gleichzeitig der Geschäftsführer der B ist. Nach alledem war der Klage antragsgemäß statt zu geben. Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 alter Fassung BGB; die Beklagte hat sich aufgrund der Mahnung der Klägerin vom 15.09.1999 mit Ablauf des 22.09.1999 in Verzug befunden. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.