Urteil vom Amtsgericht Borken - 12 C 162/08
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 746,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Zahlungsanspüche aus einem Gaslieferungsvertrag. Dem liegt nachfolgender Sachverhalt zugrunde:
3Die Klägerin versorgt Endverbraucher im Bereich der Stadt C mit Erdgas. Der Beklagte ist Tarifkunde der Klägerin. Seit dem 26.03.2003 besteht zwischen den Parteien ein Gasversorgungsvertrag. Das Vertragsverhältnis ist derart ausgestaltet, dass die Klägerin die Beklagte mit Gas belieferte und die Beklagte monatliche Abschlagszahlungen an die Klägerin erbringt. Mit dem Ablauf eines jeden Jahres stellt die Klägerin dem Beklagten die Summe, die nicht von den Abschlagszahlungen gedeckt war, in Rechnung bzw. schreibt ihm zu viel gezahlte Beträge gut.
4Zum 01.01.2005 gab die Klägerin der Beklagten eine Erhöhung der Gastarife von 3,53 ct/kWh netto auf 3,88 ct/kWh netto bekannt. Dem widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2004.
5Zum 01.04.2005 erhöhte die Klägerin die Gastarife auf 4,03 ct/KWh netto. Ferner erhöhte die Klägerin ihre Preise für Gas zum 01.10.2005 auf 4,43 ct/kWh netto. Der Beklagte widersprach dem mit Schreiben vom 04.10.2005. Der Beklagte beanstandete die Endabrechnung für das Jahr 2005 mit Schreiben vom 16.01.2006.
6Weitere Preiserhöhungen nahm die Klägerin vor zum 01.01.2006 auf 4,93 ct/kWh netto sowie zum 01.04.2006 auf 5,22 ct/kWh netto. Der letzten Preiserhöhung zum 01.01.2008 widersprach der Beklagte mir Schreiben vom 21.11.2007.
7Zuletzt beanstandete der Beklagte die Jahresendabrechnung 2007 mit Schreiben vom 18.01.2008.
8Die Klägerin erinnerte den Beklagten mit Schreiben vom 12.07.2007 an die Zahlung eines offenen Betrages zuzüglich einer Mahngebühr. Der Beklagte wies das Zahlungsverlangen der Klägerin mit Schreiben vom 22.07.2007 zurück.
9Mit der Endabrechnung für das Jahr 2007 forderte die Klägerin den Beklagten nochmals zur Nachzahlung der offenen Forderungen aus den Jahren 2006 und 2007 zuzüglich der Mahngebühr auf. Dies lehnte der Beklagte mir Schreiben vom 18.01.2008 ab.
10Die Klägerin behauptet, in der Sparte Gas hätten keine Kostensenkungen stattgefunden, die durch Bezugskostensteigerungen hätten ausgeglichen werden können. Die Abgabepreise der Klägerin würden außerdem noch unter dem Bundesdurchschnitt liegen.
11Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagten habe kein Recht, die Nachzahlungen zu verweigern. Der Beklagte kürze unzulässigerweise seit 2005 die Abschlagszahlungen.
12Die Preiserhöhungen aus dem Jahre 2006 seien bereits keiner Billigkeitsprüfung zugänglich, weil der Beklagte nicht beziehungsweise nicht in angemessener Zeit widersprochen habe.
13Ferner entsprechen die Preiserhöhungen aus dem Jahre 2007 der Billigkeit. Die Preiserhöhungen seien darauf zurückzuführen, dass die Gaslieferanten der Klägerin die Bezugspreise erhöht hätten. Die von der Klägerin zu zahlenden Bezugspreise für Gas seien dabei noch stärker gestiegen als die Abgabepreise, die der Beklagte zu zahlen hat. Die Klägerin habe die vorgenommenen Preiserhöhungen von der X AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: C1.) im Hinblick auf die Ursachen begutachten lassen mit dem Ergebnis, dass die Preiserhöhungen darauf zurückzuführen seien, dass Erhöhungen der Gasbezugspreise durch die Gaslieferanten ganz oder nur teilweise an die Gaskunden weitergegeben wurden.
14Die Klägerin begehrt die Zahlung offener Forderungen in Höhe von 384,44 € aus der Jahresabrechnung 2006 und 357,67 € aus der Jahresabrechnung 2007 zuzüglich einer Mahngebühr in Höhe von 4,50 €.
15Die Klägerin beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 746,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2008 zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Der Beklagte hält eine einmalige Erhöhung des Bruttopreises zum 01.01.2003 um 2 % auf 4,17 ct/kWh – seit der Umsatzsteuererhöhung 2007 auf 4,28 ct/kWh – für angemessen. Weitere Preiserhöhungen entsprechen nach Ansicht des Beklagten nicht der Billigkeit.
20Er ist der Ansicht die von der Klägerin vorgelegten Schreiben der C1. seien nicht geeignet, einen Nachweis darüber zu führen, ob die vorgenommenen Preiserhöhungen der Billigkeit entsprechen. Es sei nicht sichergestellt, dass der C1. tatsächlich vollständige Unterlagen, Daten und Informationen vorlagen. Zum Nachweis über die Billigkeit der Preiserhöhungen sei ein Sachverständigengutachten erforderlich.
21Ferner meint der Beklagte, auch die Preiserhöhung aus dem Jahr 2006 sei einer Billigkeitsprüfung zugänglich, weil sich ein Widerspruch gegen diese Preiserhöhungen konkludent aus dem Umstand ergebe, dass er seinen Widerspruch aus dem Jahr auch hinsichtlich weiterer Preiserhöhungen aufrechterhält. Insofern wirke der Widerspruch aus dem Jahr 2005 noch fort, wobei allein maßgeblich sei, dass die Klägerin Kenntnis darüber hatte, dass der Beklagte nicht mit einer Preiserhöhung einverstanden war.
22Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Herren T. T.und K. E als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.06.2009 (Blatt 232 der Gerichtsakte) verwiesen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Klage ist begründet.
26I.
27Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 433 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 746,61 €.
281.
29Der zwischen den Parteien geschlossene Gaslieferungsvertrag stellt nach ganz herrschender Meinung einen Kaufvertrag dar (vgl. BGH 59, 303; Palandt/Weidenkaff 68. Aufl., § 433, Rdn. 8, § 453 Rdn. 6).
302.
31Die Bestimmung der Leistung durch die Klägerin war im vorliegenden Fall dem Grunde nach zulässig. Der Klägerin ist gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV ein Bestimmungsrecht eingeräumt. Die GasGVV wurde nach Außerkrafttreten der AVBGasV gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 EnWG Vertragsbestandteil.
323.
33Die Leistungsbestimmung der Klägerin war für den Beklagten auch der Höhe nach verbindlich im Sinne von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Der Beklagte hat kein Recht die Zahlung zu verweigern.
34a)
35Haben Vertragsparteien vereinbart, dass eine Partei die Vertragsleistung bestimmen soll, so hat diese die Bestimmung im Zweifel nach billigem Ermessen vorzunehmen. Der Vertragspartner, der sich der Bestimmung des anderen unterworfen hat, soll hierdurch gegen eine willkürliche Vertragsgestaltung durch den anderen geschützt werden. Er kann der Bestimmung widersprechen. Ein wirksamer Widerspruch hat zur Folge, dass die Preiserhöhung unverbindlich ist, wenn sie nicht der Billigkeit entspricht. Eine Billigkeitskontrolle bezüglich unbeanstandet hingenommener Preiserhöhungen findet nicht statt (BGH Urteil vom 13.06.2007 VIII ZR 36/06).
36Der Überprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt allein die in Frage stehende Preiserhöhung. Der Preissockel wird nicht in die Prüfung miteinbezogen, weil es sich dabei um einen vereinbarten Preis handelt.
37b)
38Im vorliegenden Fall ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte der Preiserhöhung zum 01.01.2006. wirksam widersprochen.
39Das Gericht geht nach dem beklagtenseits unbestrittenen Vortrag der Klägerin davon aus, dass der Beklagte den Preiserhöhungen zum 01.01.2005, zum 01.10.2005 und zum 01.01.2008 widersprach. Der Beklagte widersprach zudem den Endabrechnungen aus den Jahren 2005 und 2007.
40Ein Widerspruch gegen die Preiserhöhung zum 01.01.2006 erfolgte nicht ausdrücklich. Ob ein Widerspruch gegen die Preiserhöhungen zum 01.01.2006 darin besteht, dass der Widerspruch gegen die Preiserhöhung zum 01.10.2005 noch fortwirkte, weil die Klägerin wusste, dass der Beklagte nicht mit der Preiserhöhung einverstanden war, oder ob ein noch rechtzeitiger Widerspruch gegen die Preiserhöhung in dem Schreiben des Beklagten vom 18.01.2008 zu sehen ist, kann dahinstehen, denn die Preiserhöhung hält einer Billigkeitsprüfung stand:
41c)
42Nach § 315 Abs. 3 BGB ist im Rahmen der Billigkeitsprüfung lediglich zu prüfen, ob die Leistungsbestimmung unter Berücksichtigung eines dem Berechtigten zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums vertretbar ist. In diesem Zusammenhang gibt es einen Entscheidungsrahmen, d.h. eine Bandbreite möglicher Entscheidungen, die alle im Rahmen des billigen Ermessens liegen, d.h. dem zur Leistungsbestimmung Berechtigten steht ein gestaltender Ermessensspielraum zu (vgl. BGH NJW 2006, 684).
43Nach Würdigung aller Umstände des streitgegenständlichen Falles, kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Preisbestimmung der Klägerin noch in diesem Rahmen des billigen Ermessens liegt.
44Zunächst ist festzustellen, dass die Möglichkeit einer Preiserhöhung in der GasGVV, die Bestandteil des Gaslieferungsvertrages ist, vorgesehen ist. Preiserhöhungen waren somit nach der Vereinbarung unter den Parteien nicht per se ausgeschlossen.
45Nach der Rechtsprechung des BGH entspricht eine Tariferhöhung, mit der lediglich gestiegene Bezugskosten des Gasversorgers an die Tarifkunden weitergegeben werden, grundsätzlich der Billigkeit. Durch Preiserhöhungen nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben (BGH Urteil vom 13.06.2007 VIII ZR 36/06).
46Die Klägerin, die die Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen hat, trägt diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast.
47Die Klägerin hat mit ihrem Sachvortrag in der Klageschrift und dem Schriftsatz vom 25.09.2008 den Anforderungen an eine schlüssige Darlegung einer Bezugskostensteigerung als Grundlage einer im Sinne von § 315 BGB billigem Ermessen entsprechenden Preiserhöhung genügt. Die Klägerin trägt vor, die Preiserhöhung sei auf eine Erhöhung der Gasbezugskosten zurückzuführen. Die Bezugskostensteigerung betrug nach ihren Angaben im Zeitraum vom 01.10.2004 bis zum 01.01.2007 1,7546 ct/kWh. Dem stand im gleichen Zeitraum eine Abgabepreiserhöhung von 1,69 ct/kWh gegenüber, wobei hier zugunsten des Beklagten von der Differenz zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Arbeitspreis ausgegangen wurde. Demzufolge hat die Klägerin die gestiegenen Bezugskosten nicht einmal in voller Höhe an die Tarifkunden weitergegeben.
48Zur Substantiierung ihres Vortrags hat die Klägerin ein ihren Vortrag bestätigendes Testat der C1. vorgelegt. Dabei handelt es sich um ein Privatgutachten, das kein Sachverständigenbeweis, sondern Teil des Parteivortrags ist, mit dem bezweckt wird, über die allgemeine Substantiierungspflicht hinaus die zur Beurteilung von Sachverhaltsfragen erforderliche Sachkunde in den Prozess einzuführen, um ein Unstreitigstellen, einen Vergleich, die Einholung eines Gerichtsgutachtens oder die Überprüfung eines bereits vorliegenden zu erreichen (Greger in: Zöller § 402 Rn 2).
49Auf die absolute Höhe der von dem Energieversorgungsunternehmen mit seinem Vorlieferanten vereinbarten und von ihm gezahlten Bezugspreise kommt es für das Vorliegen einer Bezugskostensteigerung in einem bestimmten Zeitraum und für die sich daran anknüpfende Beurteilung der Billigkeit einer Preiserhöhung gegenüber dem Abnehmer nach § 315 BGB nicht unmittelbar an. Ob die Preisänderungsklausel im Vorlieferantenverhältnis richtig angewandt, das heißt, die Bezugskostensteigerung danach zutreffend berechnet worden ist, ist keine Rechtsfrage, für deren Beantwortung der Tatrichter die Ausgangspreise kennen und die Preisänderungsklausel selbst auslegen und anwenden müsste, sondern eine tatsächliche Frage, die er im Wege der Beweisaufnahme klären kann (BGH Urteil vom 19.11.2008 VIII ZR 138/07).
50Der Gasversorger muss, soweit er sich zum Nachweis der Billigkeit auf eine Bezugskostensteigerung beruft, für einen hinreichend substantiierten Vortrag und ein geeignetes Beweisangebot nicht notwendig die absolute Höhe seiner Bezugspreise angeben und die Bezugsverträge mit seinen Lieferanten vorlegen.
51Der Zeuge E hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2009 erklärt, dass die Bezugspreise für Gas , die an den Ölpreis gekoppelt seien, in den Jahren 2004 bis 2006 aufgrund des Anstieges des Ölpreises gestiegen seien. Darüber hinaus ist es auch allgemein bekannt, dass die Gasbezugspreise an den Ölpreis gekoppelt ist und dass der Ölpreis und der daran gekoppelte Gaspreis in den Jahren 2004 bis 2007 gestiegen sind. Deshalb ist das Gericht hinreichend davon überzeugt, dass die Bezugskosten der Klägerin in ähnlichem Maße gestiegen sind.
52Eine beklagtenseits beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens, in dem geprüft werden soll, ob die Preissteigerungen allein auf Bezugskostensteigerungen beruhen, kommt hier nicht in Betracht. Die Klägerin müsste zur Erstellung eines derartigen Gutachtens Daten offen legen müsste, an denen sie ein verfassungsrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse hat. Mithin bedarf es einer Abwägung zwischen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes und dem verfassungsrechtlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gemäß Art. 12 GG. Dabei muss die Abwägung auf einen weitestgehenden Ausgleich zwischen den betroffenen Verfassungsgütern gerichtet sein.
53Auf Seiten des Gebotes effektiven Rechtsschutzes ist anzuführen, dass die Klägerin den Anstieg der Bezugskosten durch ein Wirtschaftsprüfergutachten der C1. nachgewiesen hat. Das Gericht übersieht dabei nicht, dass es sich bei dem Gutachten der C1. um ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Gutachten handelt. Der Beweiswert dieses Gutachtens ist jedoch unter Beachtung von § 43 Wirtschaftsprüferordnung nicht eingeschränkt.
54Zu berücksichtigen ist auf Seiten des Gebotes effektiven Rechtsschutzes auch, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen bereits konkrete Angaben über die Bezugskostensteigerung gemacht hat und diese durch benanntes Wirtschaftprüfergutachten belegt hat. Insofern liegt bereits eine freiwillige teilweise Entledigung ihres Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses vor, was für sich genommen gegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens spricht, weil der effektive Rechtsschutz gefördert wurde.
55Darüber hinaus geht das Gericht davon aus, dass die von der Klägerin angegebene Anstieg der Bezugskosten zutrifft, da der Anstieg des Gaspreises dem Anstieg der Ölpreises, an den der Gaspreis gekoppelt ist, entspricht.
56Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin besonders hohe Geheimhaltungsinteressen hat. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass die Klägerin eine Vielzahl von Endverbrauchern mit Gas beliefert und somit über eine große Menge an Kundendaten verfügt. Zum anderen befindet sich die Klägerin in einem Wettbewerb mit konkurrierenden Gasanbietern, denen gegenüber ein besonderes Interesse an Geheimhaltung von Unternehmensdaten besteht. Wenig gefährdeter effektiver Rechtsschutz steht demzufolge einem hohen Geheimhaltungsinteresse gegenüber.
57Zusammenfassend ergibt die Abwägung, dass ein effektiver Rechtsschutz auch ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens gewährleistet ist. Gegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens spricht das besonders hohe Interesse der Klägerin an Geheimhaltung ihrer Unternehmensdaten, so dass ein Sachverständigengutachten nicht einzuholen war.
58d)
59Von dem oben genannten Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Ausnahme zu machen, wenn und soweit der Anstieg der Bezugskosten durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. Dann kann eine Preiserhöhung unbillig sein (BGH Urteil vom 13.06.2007 VIII ZR 36/06). Das gilt jedoch nicht für zurückgehende Kosten in anderen Unternehmensbereichen außerhalb der Gassparte (BGH Urteil vom 19.11.2008 VIII ZR 138/07).
60Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Mehrkosten, die auf die Erhöhung der Gasbezugskosten zurückzuführen waren, nicht ausgeglichen werden konnten. Die Zeugen T2 und E haben diesbezüglich übereinstimmend erklärt, dass es in wenigen Bereichen eine Kostenreduzierung gab; insgesamt seien die Kosten gestiegen. Die von der Klägerin eingereichten Unterlagen, die von 2004 bis 2005 einen Kostenanstieg um 180.000,- € und von 2005 bis 2006 einen Anstieg um 178.000,- € ausweisen, seien im Vier-Augen-System geprüft worden. Die Aussagen der Zeugen sind glaubhaft und überzeugen das Gericht.
61e)
62Offen bleiben kann an dieser Stelle, ob die Billigkeitskontrolle einer einseitigen Preiserhöhung nach § 315 BGB auf der Basis eines Vergleichs mit den Gaspreisen anderer Versorgungsunternehmen erfolgen kann (offen gelassen auch in BGHZ 172, 315).
63Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an geeigneten Vergleichspreisen. Es müsste jedenfalls der Raum, in dem das Vergleichsunternehmen tätig ist, ebenso strukturiert sein wie das Gebiet, in dem die Klägerin ihre Leistungen erbringt. Andernfalls müsste die Vergleichbarkeit der Preise für unterschiedlich strukturierte Gebiete durch Zu- und Abschläge auf die Referenzpreise hergestellt werden. Zu ermitteln wäre der Preis, den das zum Vergleich herangezogene Unternehmen in Rechnung stellen müsste, wenn es an Stelle des betroffenen Energieversorgungsunternehmens tätig würde (BGHZ aaO, 292 f.).
64Dazu lässt sich dem Vortrag der Klägerin, die im Rahmen von § 315 BGB - wie ausgeführt - die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit ihrer Preiserhöhung trägt, nichts entnehmen. Sie hat lediglich anhand eines vom Bundeskartellamt gezogenen bundesweiten Vergleichs dargelegt, dass sie im bundesweiten Preisvergleich eine günstige Stellung einnehme. Bundesweit gehöre sie zu den günstigeren Anbietern. Dabei hat die Klägerin die von ihr zum Vergleich herangezogenen anderen Gasversorger zwar namentlich bezeichnet. Es fehlt jedoch jeglicher Vortrag dazu, inwiefern diese Versorgungsunternehmen mit der Klägerin und insbesondere die Räume, in denen diese ihre Leistungen anbieten, mit dem von der Klägerin versorgten Gebiet vergleichbar sind.
65Auch eine Beurteilung der Billigkeit der Preiserhöhung der Beklagten unter Heranziehung des Vergleichsmarktkonzeptes im Sinne von § 19 IV Nr. 2 Halbs. 2 GWB (vgl. dazu Dreher, ZNER 2007, 103, 110) kommt nach dem Vorbringen der Beklagten nicht in Betracht. Zum Vergleich herangezogen werden können nach § 19 IV Nr. 2 Halbs. 2 GWB grundsätzlich nur die Preise von Gasversorgungsunternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb. Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen. (so auch BGH Z VIII 138/07)
664.
67Der Anspruch besteht in Höhe des geltend gemachten Betrages. Aus der nachvollziehbaren Berechnung der Klägerin in der Klageschrift (Anklagen K 2 und K 16) ergibt sich, dass der Beklagte einen Betrag in Höhe von 746,61 € aus den Jahren 2006 und 2007 schuldet.
68II.
69Die Mahngebühr kann die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 17 II GasGVV verlangen, weil die Klägerin den Beklagten, da dieser sich im Zahlungsverzug befand, erneut zur Zahlung aufgefordert hat.
70III.
71Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.
72IV.
73Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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