Urteil vom Amtsgericht Coesfeld - 4 C 222/02
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 858,80 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.04.2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten de Rechtsstreits tragen der Kläger 71 % und der Beklagte 29 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung darf jeweils durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages
abgewendet werden, wenn nicht der jeweilige Gäubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger verlangt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.
3Am 09.03.2002 befuhr er gegen 19.55 Uhr bei Dunkelheit die K 12 aus Richtung B kommend in Richtung D. In Höhe G kollidierte der Kläger als Fahrer des Pkw Ford Mondeo mit dem Kennzeichen ###### mit einem Rind, dessen Halter der Beklagte ist. Dieses Rind war zusammen mit einem weiteren Rind des Beklagten aus einer Weide ausgebrochen und auf die Straße gelaufen. Der Kläger erkannte zunächst auf der rechten Seite aus einem Weg kommend ein Rind, welches noch nicht ganz die Fahrbahn erreicht hatte. Diesem Rind wich der Kläger aus, indem er bremste und auf die linke Fahrbahn lenkte. Nach dem Zurücklenken auf die rechte Fahrbahn kollidierte er sodann mit dem zweiten Rind. Dieses befand sich mittem auf der Straße, und zwar zu 2/3 auf der rechten Fahrbahn und zu einem Drittel auf der linken Fahrbahn. Der Kläger hat seinen Gesamtschaden auf 5.915,80 EUR beziffert. Vorgerichtlich hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten die Hälfte hiervon, nämlich 2.957,59 EUR gezahlt. Weitere Zahlungen hat sie abgelehnt.
4Der Kläger behauptet, er sei mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 km/h gefahren. Diese Geschwindigkeit sei seines Erachtens angemessen. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass sich auf der Fahrbahn eine Kuh befinde. Wegen des asymmetrischen Abblendlichtes sei der rechte Fahrbahnbereich rund 55 bis 60 m ausgeleuchtet gewesen, der vom linken Scheinwerfer angestrahlte Bereich dagegen nur 35 m weit. Obwohl er noch gebremst
5habe, habe er die Kollision nicht verhindern können.
6Nachdem der Kläger die Klageforderung in Höhe von 95,30 EUR zurückgenommen hat, beantragt er nunmehr,
7den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.862,69 EUR nebst 5 % Zinsen über dem
8jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.04.2002 zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er behauptet, der Kläger sei wesentlich schneller als 60 km/h gefahren. Selbst diese
12Geschwindigkeit sei überhöht gewesen, weil der Kläger nur auf Sicht hätte fahren dürfen. Da das zweite Rind auf der Fahrbahn gestanden habe, hätte es der Kläger auch erkennen müssen. Es sei auch fehlerhaft gewesen, an dem ersten Rind durch Ausweichen nach links vorbeizufahren. Vielmehr hätte der Kläger sofort bremsen müssen, weil möglicherweise weiteres Vieh auf der Straße gewesen sei. Im übrigen bestreitet der Beklagte die Schadenshöhe und vertritt insoweit die Auffassung, der Kläger hätte ein Mietfahrzeug
13einer geringeren Preisklasse anmieten müssen. Die An- und Abmeldekosten seien
14ebenso wie die Schadenspauschale übersetzt. Auch bestreitet der Beklagte, dass die
15Brille des Klägers zerstört worden sei. Zumindest hätte der Kläger die Kosten hierfür bei der Krankenkasse geltend machen müssen.
16Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechstelten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage ist teilweise begründet, im übrigen unbegründet.
19Der Beklagte ist gemäß § 833 BGB verpflichtet, den zuerkannten Betrag an den Kläger zu zahlen. Bei dem Unfall ist durch ein Rind, dessen Halter der Beklagte ist, ein Schaden an Sachen des Klägers entstanden. Den Entlastungsbeweis nach § 833 Satz 2 BGB hat der Beklagte nicht geführt.
20Der Kläger kann jedoch keinen vollen Schadensersatz verlangen. Er muss sich die durch sein Verschulden erhöhte Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeuges anrechnen lassen. Dies ergibt sich aus §§ 7, 17 StVG.
21Die Beklagte hat gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der überschaubaren Strecke gehalten werden kann. Dies hat der Kläger nicht beachtet. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Kläger mit seinem Kraftfahrzeug mit einer auf der Straße befindlichen Kuh zusammengestoßen ist. Dies lässt erkennen, dass er entweder zu schnell oder zu
22unaufmerksam gefahren ist. Jeder Kraftfahrer muss sich bei Dunkelheit auch auf
23unbeleuchtete Hindernisse einrichten. Er darf nur so schnell fahren, dass er sein
24Fahrzeug vor einem unbeleuchteten Hindernis noch rechtzeitig anhalten kann. Dabei darf die Fahrgeschwindigkeit keinen Anhalteweg bedingen, der länger als die Sichtweite des Fahrzeugführers ist (OLG Koblenz, NZV 1991, 471).
25Dies hat der Kläger offenbar nicht beachtet, was das Gericht aus seinem eigenen Sachvortrag schließt. Der Kläger hat im Termin nicht ausgeschlossen, dass das Rind, mit welchem er kollidiert ist, auf der Fahrbahn gestanden hat. Unter diesen Umständen hätte er es sehen müssen, wenn er mit der rechtlich gebotenen Geschwindigkeit gefahren wäre. Dass der Kläger zunächst die erste Kuh erkannt hat und dieser nach links hin ausgewichen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zur Kollision mit dem zweiten Rind ist es nämlich erst gekommen, als der Kläger bereits wieder nach rechts hin gefahren war. Unbeachtlich ist auch, dass der Kläger Anfang März noch nicht mit Weidevieh auf Straßen rechnen musste. Ein Kraftfahrer muss sich auf Hindernisse jeglicher Art einstellen und seine Fahrweise entsprechend einrichten.
26Die Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungsanteile ergibt, dass die vom Beklagten zu beantwortende Tiergefahr, die von einem Rind auf der Fahrbahn bei Dunkelheit ausgeht, bei weitem die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges überwiegt, auch wenn diese durch ein Verschulden des Fahrers erhöht wird. Dies entspricht nahezu einhelliger Rechtsprechung (OLG Koblenz, NZV 1991, 471; OLG München, OLGR München 1999, 217; OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1995, 232; OLG Frankfurt, Versicherungsrecht 1982, 908; OLG Hamm, Agrarrecht 1985, 234; OLG Köln, Versicherungsrecht 2001, 1396). Hier ist eine Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten des Beklagten sachgerecht. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers war durch sein schuldhaftes Verhalten erhöht. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die für ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten sprechen. Aus diesem Grunde kommt eine Haftung nur nach § 833 BGB in Betracht. Bei dieser Sachlage ist es insgesamt angemessen, nach einer Haftungsquote von einem Drittel zu Lasten des Klägers und zwei Dritteln zu Lasten des Beklagten abzurechnen.
27Einwendungen gegen die Schadenshöhe kann der Beklagte nicht mehr geltend machen. Er hat vorgerichtlich die Hälfte der Klageforderung gezahlt, ohne gegen einzelne Schadenspositionen Einwände zu erheben. Unter diesen Umständen ist das Bestreiten einzelner Positionen der Schadensaufstellung des Klägers unbeachtlich.
28Der Gesamtschaden des Klägers beträgt 5.724,58 EUR. Er hat im Termin angegeben, für die Brille anderweitig Ersatz bekommen zu haben, nämlich über die Beihilfestelle und die Krankenkasse. Daher kann er nicht nur für die halbe Brille keinen Schadensersatz verlangen, sondern für die gesamte Brille. Der Gesamtschaden ist daher um insgesamt
29190,60 EUR zu kürzen.
30Von dem danach verbleibenden Betrag in Höhe vom 5.724,58 EUR stehen dem Kläger 2/3 zu, mithin 3.816,39 EUR. Gezahlt hierauf hat der Beklagte 2.957,59 EUR, so dass die zuerkannten 858,80 EUR verbleiben.
31Die zuerkannten Zinsen kann der Kläger gemäß § 286 BGB in Verbindung mit § 288 BGB verlangen. Nach seinem unbestrittenen Vorbringen befand sich der Beklagte spätestens sei dem 18.04.2002 in Verzug. Die Zinshöhe ergibt sich aus dem Gesetz.
32Es war danach wie geschehen zu entscheiden.
33Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 269, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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