Beschluss vom Amtsgericht Coesfeld - 9 XVII 214/06
Tenor
wird festgestellt, dass die Ausstattung des Betroffenen mit einem Signalsender einer gerichtlichen Genehmigung nicht bedarf.
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Gründe:
2Nach den Feststellungen anlässlich der Anhörung vom 17.8.2007 ist der Betroffene mit einem Sender ausgestattet, der an einer Hosenschlaufe befestigt ist. Erst wenn der Betroffene das Tor der Geländeeinfriedigung öffnet und den gesicherten Bereich verlässt, erscheint ein Signal auf den Displays der Diensthandys des Heimpersonals. Durch dieses Personal wird der Betroffene unter "Validation" (Beruhigung, Wertschätzung, Ernstnehmen seines Anliegens) zur Umkehr veranlasst. Im Regelfall lässt sich der Betroffene ohne größere Probleme zur Rückkehr bewegen.
3Einer gerichtlichen Genehmigung bedürfen nach § 1906 BGB nur solche Maßnahmen, die als Freiheitsbeschränkung anzusehen sind. Eine genehmigungspflichtige Freiheitsbeschränkung im Sinne dieser Vorschrift erfolgt durch die Ausstattung mit dem Sender noch nicht.
4Ob Personenortungsanlagen bzw. Sendesysteme bei Heimbewohnern einer gerichtlichen Genehmigung nach § 1906 BGB bedürfen, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu liegen bislang nicht vor. Nach dem Eindruck des erkennenden Gerichtes zeichnet sich allerdings ein Trend ab, dass derartige Anlagen zunehmend als nicht genehmigungsbedürftig angesehen werden (zuletzt offensichtlich AG N, BtPrax 2007 S. 187 m.w.Nachw.).
5Die körperliche Bewegungs- und Entschließungsfreiheit wird durch die Ausstattung mit dem Sender vorliegend noch nicht beeinträchtigt, so dass es einer gerichtlichen Genehmigung nicht bedarf. Der Sender dient nämlich zunächst nur der Information des Heimpersonals, dass der nicht mehr orientierte und zum Weglaufen neigende Betroffene den geschützten Geländebereich gerade verlässt und deshalb Anlass zu der Prüfung bestehen dürfte, ob zum Schutz des Betroffenen vor Gefährdungen gesonderte Maßnahmen (z.B. Ansprechen, Abstellen von Begleitpersonal, Rückführung) notwendig sind. Diese Information könnte auch durch andere nicht genehmigungspflichtige Mittel erlangt werden, etwa durch ständige unmittelbare Beobachtung des Eingangsbereich, durch mittelbare Beobachtung dieses Bereichs über eine Videoanlage, eventuell gekoppelt mit anderen Hilfsmitteln, z.B. mit Bewegungsmeldern, Lichtschranken oder einfachen akustische Signalgebern. Auch derartige, vielleicht durch die anderen Hilfsmittel erst ausgelöste unmittelbare oder mittelbare Beobachtungen beschränken nicht bereits die körperliche Bewegungs- und Entschließungsfreiheit. Auch sie dienen wie der Sender lediglich der Information darüber, dass durch die derzeit gerade ausgeübte Freiheit Gefahren entstehen könnten und deshalb gesonderte Maßnahmen notwendig werden könnten. Erst wenn der Betroffene nicht durch Bitten und notfalls längeres Zureden zur freiwilligen Umkehr veranlasst werden kann und kein Begleitpersonal abgestellt werden kann, könnten gesonderte Maßnahmen geboten sein, durch welche erstmals die Freiheit beschränkt würde.
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