Beschluss vom Amtsgericht Dortmund - 108 F 5798/11
Tenor
Die Erinnerung vom 14.01.2015 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
1
Gründe:
2I.
3Der Erinnerungsführerin wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 16.12.2014 im Sorgerechtsverfahren 108 F 5798/11.
4Mit Schriftsatz ihres Rechtsanwalts vom 2.11.2011 beantragte die Kindesmutter, ihr das alleinige Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder zu übertragen. Mit Schriftsatz vom 31.10.2011 im Parallelverfahren 108 F 5799/11 beantragte die Kindesmutter ferner, den Umgang des Kindesvaters zu den Kindern auszuschließen. Beide Schriftsätze gingen bei Gericht am 3.11.2011 ein. In beiden Verfahren wurde der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W bewilligt. Über beide Anträge wurde gemeinsam verhandelt. Eine Verbindung der Verfahren erfolgte nicht. Beide Verfahren wurden jeweils mit Beschluss vom 16.10.2014 beendet. In diesen Beschlüssen wurde der Verfahrenswert jeweils auf 5.000 € festgesetzt.
5Mit den zum jeweiligen Aktenzeichen gestellten getrennten Kostenerstattungsanträgen vom 4.12.2014 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter beantragt, Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen festzusetzen und auf sein Konto zu erstatten, die er anhand eines Verfahrenswertes von jeweils 5.000 € in jedem Verfahren mit 675,33 € bezifferte. Im Verfahren 108 F 5799/11 hatte die Kindesmutter zuvor bereits einen Kostenvorschuss auf die Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 586,08 € erhalten. Die Rechtspflegerin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Verfahrens- sowie Terminsgebühr im Hinblick auf eine Verpflichtung zur kostensparenden Prozessführung anhand eines Gesamtverfahrenswertes i.H.v. 10.000 € bemessen. Ihrer Auffassung nach hätten die Anträge zur Kostenersparnis innerhalb eines Verfahrens gestellt werden müssen. In Anbetracht des bereits geleisteten Vorschusses errechnet sie auf der Grundlage dieses Verfahrenswertes einen zu zahlenden Restbetrag i.H.v. 157,67 €, der im Verfahren 108 F 5798/11 mit Beschluss vom 16.12.2014 zur Abgeltung der Gebührenansprüche aus beiden Verfahren gemeinsam festgesetzt worden ist.
6Hiergegen wendet sich die Erinnerung. Die Erinnerungsführerin ist der Auffassung, über den Grundsatz der kostensparenden Prozessführung könne nicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entscheiden. Es sei eine richterliche Entscheidung gewesen, in den Verfahren jeweils einzeln Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und einen Anwalt beizuordnen. Es sei Aufgabe des Richters, im Sinne der Interessen der Landeskasse im Rahmen der Prüfung der Mutwilligkeit des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe zu prüfen, ob die Anträge nur innerhalb eines einzelnen Verfahrens gestellt werden dürften. Käme der Richter zu diesem Ergebnis, müsste gegebenenfalls das Verfahrenskostenhilfegesuch wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen werden. Zudem seien die Verfahrensziele des Umgangs- und Sorgerechtsverfahrens völlig unterschiedlich. Dies zeige sich auch daran, dass das Sorgerechtsverfahren, anders als das Umgangsverfahren, gemäß § 155 FamFG nicht zwingend dem Beschleunigungsgebot unterliege. Schließlich sei es jedenfalls bei Antragstellung und Verfahrenskostenhilfebewilligung noch nicht absehbar gewesen, dass letztlich die Verfahren insgesamt gemeinsam geführt werden würden, insbesondere im Hinblick auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend beide Anträge.
7Der Bezirksrevisor ist der Auffassung, es handle sich gebührenrechtlich nur um eine Angelegenheit. Dies entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des OLG Hamm, die dem Rechtspfleger als Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine Prüfungsbefugnis im Hinblick auf die kostensparende Prozessführung zubillige. Ausnahmen könnten nur gemacht werden, wenn vernünftige, nachvollziehbare Gründe eine getrennte Verfolgung der Interessen notwendig machten. Dies sei hier nicht ersichtlich. Daher hat er die Erinnerung der zuständigen richterlichen Dezernentin zur Entscheidung vorgelegt.
8II.
9Die Erinnerung ist zulässig aber unbegründet.
10Nach der ständigen Rechtsprechung des 6. Senats des OLG Hamm sind die Beteiligten, denen Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, und auch der ihnen beigeordnete Rechtsanwalt, grundsätzlich dazu verpflichtet, die Verfahrensgestaltung zu wählen, bei welcher die geringsten Kosten anfallen, wenn nicht vernünftige Gründe für eine andere Verfahrensgestaltung vorliegen (OLG Hamm, 6 WF 199/07). Dabei kann der Grundsatz der kostensparenden Prozessführung nicht nur dadurch verletzt werden, dass gesonderte Verfahren eingeleitet werden, sondern auch dadurch, dass nicht auf eine Verbindung gesonderter und in einem engen rechtlichen Zusammenhang stehender Verfahren hingewirkt wird (OLG Hamm, 6 WF 84/09). Ein Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Prozessführung kann dabei auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn eine Verfahrenskostenhilfebewilligung für getrennte Verfahren erfolgt ist (OLG Hamm, 6 WF 199/07 und 6 WF 113/13).
11Das Gericht schließt sich diesen Grundsätzen für den vorliegenden Fall an. Der Umgangs- und Sorgerechtsantrag hätten von vornherein in einem einzigen Verfahren verfolgt werden können. Nach Auffassung des Gerichts spricht eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass die rechtlichen und tatsächlichen Aspekte eines Umgangs- und Sorgeantrags sinnvoll in einem Verfahren gemeinsam verfolgt werden können, als dafür, dass eine getrennte Verfahrensbehandlung sachdienlich ist. Diese Prognose gilt auch bereits für den Zeitpunkt der (gemeinsamen) Antragstellung. Zwar sieht § 155 FamFG nur für das Umgangsverfahren (und bestimmte sorgerechtliche Regelungen) ein besonderes Beschleunigungsgebot vor. Die gemeinsame Antragstellung würde dem Antragsteller in dieser Hinsicht jedoch lediglich zum Vorteil gereichen, da dann auch betreffend das Sorgerecht frühzeitig in einem Termin verhandelt werden würde. In Einzelfällen kann diese Prognose anders ausfallen. Sachliche Gründe für eine getrennte Antragstellung sind hier jedoch nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Im vorliegenden Fall spricht auch die Retrospektive letztlich dafür, dass eine gemeinsame Antragstellung sachdienlich und kostensparend gewesen wäre, da alle Termine beide Anträge behandelten, ein gemeinsames Sachverständigengutachten eingeholt wurde und beide Verfahren am selben Tag entschieden wurden.
12Gegen die Anwendung des Grundsatzes der kostensparenden Prozessführung spricht nach Auffassung des Gerichts jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht, dass die Frage der Kostenvermeidung vom Gericht bereits bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (für getrennte oder nur für ein gemeinsames Verfahren) zu prüfen ist. In der Tat erscheint das Argument, dass durch die Anwendung des Grundsatzes der kostensparenden Prozessführung die richterliche Entscheidung zur Verfahrenskostenhilfebewilligung bzw. zur unterbliebenen Verbindung der Verfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in Frage gestellt und dadurch eine Art nachträglicher retrospektiver Rechtsbehelf zugunsten der Staatskasse geschaffen wird, bedenkenswert. Andererseits hat im vorliegenden Fall die Einlegung der Erinnerung dazu geführt, dass die Angelegenheit letztlich erneut in die Entscheidungsgewalt des Richters gelangt ist, welcher selbst zur Entscheidung darüber berufen ist, wie das Verfahren zu Beginn kostensparend hätte geführt werden müssen. Sofern aus der Akte für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle deutlich ersichtlich ist, dass eine Verbindung der Verfahren nicht bewusst unterblieben ist und das Gericht im Erinnerungsverfahren zu dem Ergebnis kommt, dass diese Einschätzung auch zutreffend ist, erscheint ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Prinzipien durch die Anwendung des Grundsatzes der kostensparenden Prozessführung nicht gegeben. Diese Konstellation sieht das Gericht im vorliegenden Fall als gegeben an. Eine Verbindung der beiden Verfahren bereits vor Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wäre im vorliegenden Fall sachdienlich gewesen. In diesem Fall schließt sich das Gericht der Auffassung des 6. Senats des OLG Hamm an, dass die Staatskasse nicht schlechter gestellt werden darf, als ein selbstzahlender Beteiligter, der gegenüber dem Anwalt in Anwendung der Grundsätze der pvV auch nur die Gebühren einer gemeinsamen Verfahrensführung schulden würde.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 57 Abs. 8 FamGKG.
14Rechtsbehelfsbelehrung:
15Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Dortmund, H-Straße, 44135 Dortmund schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
16Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
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Referenzen
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