Urteil vom Amtsgericht Dortmund - 425 C 1223/15
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 132,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 80 % und die Beklagten zu 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause H-Straße. Sie haben die Wohnung von der Zwangsverwalterin ab 01.02.2011 angemietet. Die Kläger haben im Zwangsversteigerungstermin am 02.10.2012 durch Zuschlagsbeschluss das Eigentum an dem Grundstück erworben. Es handelt sich bei dem Gebäude um ein Gebäude für das die Preisvorschriften des sozialen Wohnungsbaus gelten.
3Unter dem 27.12.2014 haben die Kläger gegenüber den Beklagten über die Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 abgerechnet. Wegen der Einzelheiten der Abrechnung wird auf die bei den Gerichtsakten befindliche Kopie der Abrechnung Bezug genommen.
4Die Abrechnung erfolgte, wie auch die vorangegangene Abrechnung durch die Fa. b Immobilienmanagement.
5In die Abrechnung wurden auf die Beklagten umlegbare Kosten für den Hauswart in Höhe von 422,73 € ausgewiesen. Diese betrugen im Jahre 2012 noch 142,93 €. Bei den Kosten für die Gebäudereinigung erhöhten sich die auf die Beklagten umzulegenden Beträge von 244,56 € für das Jahr 2012 auf 569,86 € im Jahre 2013.
6Die Beklagten haben mit Schreiben vom 08.01.2015 Einwendungen gegen die Abrechnung erhoben und Belegeinsicht gefordert.
7Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren diverse Belege überreicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Kopien Bezug genommen.
8Daraus ergibt sich, dass die Kläger die Hauswartarbeiten an die Fa. „L Immobilien“ übertragen haben, deren Geschäftsführer der Kläger zu 1.) ist. Die Treppenhausreinigung wurde ebenfalls an diese Firma vergeben ebenso wie die Reinigungsarbeiten der Innenflure.
9Die Kläger haben Kaltwasserzähler in die Wohnung einbauen lassen und die Abrechnung der Kaltwasserkosten entsprechend dem gemessenen Verbrauch vorgenommen.
10Die Kläger behaupten, dass die Reinigung der Innenflure deshalb erforderlich wurde, weil die Mieter diese Arbeit in der Vergangenheit nicht ordentlich gemacht hätten. Sie sind auch der Auffassung, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vorliegend nicht vorläge, da nur Kosten in Rechnung gestellt wurden, die tatsächlich entstanden seien. Außerdem hätten sich die Kosten auch deshalb erhöht, weil der damalige Hausmeister nicht übernommen worden sei und die Fa. L GmbH beauftragt worden sei.
11Die Kläger beantragen,
12die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 673,75 € nebst
13Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
1421.02.2015 zu zahlen.
15Die Beklagten beantragen,
16die Klage abzuweisen.
17Sie berufen sich zunächst auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Belegeinsicht. Ferner rügen sie die Höhe der Abrechnung und sind der Ansicht, dass insofern ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz durch die Kläger vorliege. Die Arbeiten seien in der Vergangenheit unstreitig zu ganz erheblich niedrigeren Beträgen durchgeführt worden. Die Erhöhung sei in keinster Weise nachvollziehbar.
18Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19Vergleichsverhandlungen blieben erfolglos.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Klage ist teilweise begründet. Die Kläger können von den Beklagten gemäß § 556 BGB i.V.m. den Vereinbarungen aus dem Mietvertrag noch die Zahlung von 132,34 € verlangen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
22Die Kläger haben gegenüber den Beklagten formgerecht innerhalb der Abrechnungsfrist über die Betriebskosten für das Jahr 2013 abgerechnet.
23Diese Abrechnung ist zunächst materiell fehlerhaft hinsichtlich der Pflege der Außenanlagen in Höhe von 75,76 €. Insofern haben die Kläger nicht dargelegt, wofür hier Kosten über insgesamt 6.372,82 € tatsächlich entstanden sind. Die Vorlage eines Kontoblattes aus dem sich auf einer DIN-A-4-Seite zahlreiche Ausgaben ergeben genügt einem ordnungsgemäßen Nachweis der tatsächlichen Betriebskosten nicht. Aus dem Kontoblatt ergeben sich diverse Tankrechnungen aber auch diverse Blumeneinkäufe. Wofür die einzelnen Ausgaben tatsächlich erforderlich waren, haben die Kläger nicht mit einem Wort dargelegt, insbesondere auch nicht, inwieweit ein Bezug zum Gebäude in dem sich die Wohnung der Beklagten befindet besteht.
24Insofern sind aus der Abrechnung 75,76 € herauszurechnen.
25Des Weiteren steht den Beklagten gegenüber den Klägern ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB in Höhe von 190,74 € wegen überhöhter Hauswartkosten und in Höhe von 264,39 € wegen überhöhter Kosten für die Gebäudereinigung zu.
26Bei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit handelt es sich um eine Nebenpflicht die den Vermieter trifft (BGH NZM 2011, 705). Diese Pflicht besagt, dass nur solche Kosten umgelegt werden dürfen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgeblich ist dabei der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (BGH NJW 2010, 3647; WuM 2008, 39). Dabei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass der Grundsatz für den Vermieter durchaus einen Ermessensspielraum enthält, den er einzelfallorientiert unter Berücksichtigung eines zumutbaren Zeit- und Organisationsaufwandes ausüben muss (Milger NZM 2012, 664). Letztendlich beinhaltet der Begriff der Wirtschaftlichkeit das Gebot der Sparsamkeit (Milger a.a.O.). Hierzu gehört zunächst die Angemessenheit der Leistung. Also die Frage, ob eine bestimmte Dienst- oder Werkleistung überhaupt erforderlich und sinnvoll ist. Dies wiederum bedeutet, dass bei einer Änderung der Bewirtschaftungsform durch den Vermieter diese zwar grundsätzlich nicht unzulässig ist, damit verbundene Kostensteigerungen aber nur dann umlegbar sind, wenn die Änderung nicht willkürlich erfolgt, sondern aus nachvollziehbaren Gründen (BGH NZM 2004, 417; Schmid WuM 2009, 487).
27Bereits an dieser Stelle bestehen erhebliche Zweifel an der Höhe der geltend gemachten Kosten. Die Bewirtschaftung erfolgte mehr oder weniger in gleichem Umfange bereits in der Vergangenheit aufgrund durch die Zwangsverwalterin abgeschlossenen Verträgen. Erst nachdem die Kläger Eigentümer und damit Vermieter gemäß § 566 BGB geworden waren, haben sie die Bewirtschaftung durch „eine Eigenfirma“ durchführen lassen. Vor allem hierdurch ist eine immense Steigerung der Kosten erfolgt.
28Betriebskostensteigerungen können auf ganz unterschiedlichen Gründen beruhen (siehe Milger NZM 2012, 660; kritisch hierzu Langenberg/Zehelein NZM 2013, 170). Nicht auf alle diese Faktoren hatte der Vermieter tatsächlich auch Einfluss, wie zum Beispiel die Höhe öffentlicher Gebühren, das Heizverhalten oder die Witterungsbedingungen. Doch hat der Vermieter erheblichen Einfluss auf die Höhe der Kosten bei von ihm zu vergebenden Aufträgen. Diesbezüglich hat der Vermieter eine Preisermittlungspflicht. Der Vermieter muss sich bemühen, einen günstigen Vertrag abzuschließen. So muss er sich zunächst einen Marktüberblick verschaffen und Vergleiche anstellen (KG NZM 2011, 487). Er darf sich bereits im Normalfall nicht auf die Einholung des einzelnen Angebots beschränken. Gerade bei größeren Verwaltern und Vermietern ihrer Wohnungen sind die Anforderungen durchaus strenger (Milger NZM 2008, 10). Dies gilt erst recht, wenn der Vermieter die Arbeiten durch einen Eigenbetrieb ausführen lassen will und deshalb eine am Markt sich orientierende Preisbildung durch eine Ausschreibung und eine Konkurrenzsituation überhaupt nicht stattfindet.
29Folge einer solchen unzureichenden Preisermittlung ist, dass der Vermieter allenfalls die Kosten verlangen kann die objektiv erforderlich waren, hinsichtlich der darüber hinausgehenden Beträge steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch zu.
30Vorliegend hat das erkennende Gericht die in Ansatz zu bringenden Kosten gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Abrechnungen aus dem Vorjahr unter Berücksichtigung einer angemessenen Kostensteigerung geschätzt. Es hat dabei Hauswartkosten in Höhe von 150,00 € in Ansatz gebracht und Kosten der Gebäudereinigung unter Berücksichtigung der Ausweitung des Reinigungsumfanges von 300,00 €. Diese Beträge liegen bei den Hauswartkosten (0,20 €/m2) unterhalb und bei den Kosten der Gebäudereinigung (0,21 €/m2) oberhalb den Werten des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes für NRW für das Jahr 2013.
31Das bedeutet, dass insgesamt Kosten in Höhe von 1.717,88 € aktuell aus der Betriebskostenabrechnung berechtigt sind. Hinzuzusetzen ist ein 2-prozentiges Betriebskostenausfallwagnis, da es sich um sozialen Wohnungsbau handelt. Dies steht aufgrund des Schreibens der Stadt Dortmund fest. Es ergibt sich also ein Zahlbetrag in Höhe von 1.752,24 €. Hierauf haben die Beklagten 1.620,00 € gezahlt, sodass noch wie geschehen zu titulieren war.
32Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten besteht nicht mehr, da die Kläger im vorliegenden Verfahren die Belege vorgelegt haben, soweit das Gericht die Positionen anerkannt hat.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
34Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache hinsichtlich der Bedeutung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei Auftragsvergabe ohne Ausschreibung an Eigenunternehmen grundsätzliche Bedeutung hat. Dies gilt ebenfalls hinsichtlich der Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes und den Anforderungen an den Inhalt und den Umfang des Schadensersatzanspruches durch den Mieter.
35Rechtsbehelfsbelehrung:
36Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
371. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
382. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L-Straße, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
41Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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