Urteil vom Amtsgericht Dortmund - 425 C 9513/16
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.172,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
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T a t b e s t a n d :
2Der Beklagte hat mit Mietvertrag vom 14.08.2001 von den Rechtsvorgängern der Kläger eine Wohnung im Hause H gemietet. Es handelt sich um ein Gebäude, für das die Preisvorschriften des sozialen Wohnungsbaus gelten. Die Kläger haben das Eigentum an dem Grundstück durch Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren am 02.10.2012 erworben.
3Unter dem 27.12.2014 haben die Kläger gegenüber dem Beklagten über die Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 sowie über die Heizkosten vom 01.04.2013 bis 31.12.2013 abgerechnet. Die Abrechnung über die kalten Betriebskosten schloss mit einem Nachzahlungsbetrag von 1.247,07 €, die Abrechnung über die Heizkosten mit einem Nachzahlungsbetrag von 652,40 €. Die Kläger haben mit einem Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2012 in Höhe von 380,14 € die Aufrechnung erklärt.
4In die Abrechnung wurden auf den Beklagten umlegbare Kosten für den Hauswart in Höhe von 256,32 € aufgenommen. Diese betrugen im Vorjahr noch 107,52 €. Bei den Kosten für die Gebäudereinigung erhöhten sich die auf den Beklagten umzulegenden Beträge von 388,56 € auf 183,97 €.
5Die Kläger haben Kaltwasserzähler in die Wohnung einbauen lassen und die Abrechnung der Kaltwasserkosten entsprechend dem gemessenen Verbrauch vorgenommen.
6Die Kläger behaupten, dass die Reinigung der Innenflure deshalb erforderlich wurde, weil die Mieter diese Arbeit in der Vergangenheit nicht ordentlich gemacht hätten. Sie sind auch der Auffassung, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vorliegend nicht vorläge, da nur Kosten in Rechnung gestellt würden, die tatsächlich entstanden seien.
7Die Kläger beantragen,
8den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.519,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2015 zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er behauptet, dass Heizkosten für 12 Monate in Höhe von 1.764,00 € gezahlt worden seien. Die Wasser- und Schmutzwasserkosten seien abweichend zu vorherigen Abrechnungen nicht nach einem Quadratmeterschlüssel sondern nach Kubikmetern erfolgt.
12Der Beklagte hat diese Einwendungen gegenüber den Klägern mit Schriftsatz vom 23.12.2015, bei Gericht eingegangen am 28.12.2015 und den Klägern zugestellt nach dem 05.01.2016 erhoben.
13Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
14Das Gericht hat die Akte 425 C #####/#### beigezogen und den Inhalt mit den Parteien erörtert.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16Die Klage ist teilweise begründet.
17Die Kläger können von dem Beklagten gem. § 556 BGB i.V.m. den Vereinbarungen aus dem Mietvertrag noch die Zahlung von 1.172,03 € nebst Zinsen verlangen.
18Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
19Die Kläger haben gegenüber dem Beklagten formgerecht innerhalb der Abrechnungsfrist über die Betriebs- und Heizkosten für das Jahr 2013 abgerechnet.
20Hinsichtlich der Heizkostenabrechnung haben die Kläger auch die auf den Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen in die Abrechnung eingestellt. Soweit der Beklagte behauptet, für 3 weitere Monate Vorauszahlungen geleistet zu haben, ist dieser Einwand unerheblich. Diese Vorauszahlungen bezogen sich auf die Monate Januar bis März 2013 und sind bereits in die Abrechnung für das Vorjahr mit eingeflossen. Weitergehende Einwände gegen die Heizkostenabrechnung erfolgte nicht, so dass ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 652,40 € zu titulieren war.
21Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 ist zunächst festzustellen, dass die Abrechnung der Wasser- und Schmutzwasserkosten nach dem Kubikmeterschlüssel nach Einbau der Wasserzähler formell und materiell richtig ist. Nach Einbau der Kaltwasserzähler war entsprechend abzurechnen.
22Gegenüber dem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.247,07 € steht dem Kläger gegenüber den Beklagten jedoch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB i.V.m. § 556 Abs. 2 BGB in Höhe von 347,73 € wegen überhöhter Hauswartkosten in Höhe von 136,32 € und wegen überhöhter Kosten für die Gebäudereinigung in Höhe von 204,59 € zu.
23Insofern haben die Kläger schuldhaft gegen die ihnen obliegende Pflicht zur Einhaltung des Gebots der Wirtschaftlichkeit verstoßen.
24Bei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit handelt es sich um eine Nebenpflicht, die den Vermieter trifft (BGH NZM 2011, 705). Diese Pflicht besagt, dass nur solche Kosten umgelegt werden dürfen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgeblich ist dabei der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (BGH NJW 2010, 3647; WuM 2008, 39). Dabei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass der Grundsatz für den Vermieter durchaus einen Ermessensspielraum enthält, den er einzelfallorientiert unter Berücksichtigung eines zumutbaren Zeit- und Organisationsaufwandes ausüben muss (Milger NZM 2012, 664). Letztendlich beinhaltet der Begriff der Wirtschaftlichkeit das Gebot der Sparsamkeit (Milger a.a.O.) Hierzu gehört zunächst die Angemessenheit der Leistung. Also die Frage, ob eine bestimmte Dienst- oder Werkleistung überhaupt erforderlich und sinnvoll ist. Dies wiederum bedeutet, dass bei einer Änderung der Bewirtschaftungsform durch den Vermieter diese zwar grundsätzlich nicht unzulässig ist, damit verbundene Kostensteigerungen aber nur dann umlegbar sind, wenn die Änderung nicht willkürlich erfolgt, sondern aus nachvollziehbaren Gründen (BGH NZM 2004, 417; Schmid WuM 2009, 487).
25Bereits an dieser Stelle bestehen erhebliche Zweifel an der Höhe der geltend gemachten Kosten. Die Bewirtschaftung erfolgte mehr oder weniger im gleichen Umfange wie in der Vergangenheit durch die Voreigentümer bzw. die eingeschaltete Zwangsverwalterin. Erst nachdem die Kläger Eigentümer und damit Vermieter gem. § 566 BGB geworden waren, haben sie die Bewirtschaftung durch „eine Eigenfirma“ durchführen lassen. Vor allem hierdurch ist eine immense Steigerung der Kosten erfolgt.
26Betriebskostensteigerungen können auf ganz unterschiedlichen Gründen beruhen (s. Milger NZM 2012, 660; kritisch hierzu Langenberg/Zehelein NZM 2013, 170). Nicht auf alle dieser Faktoren hatte der Vermieter tatsächlich auch Einfluss wie z.B. die Höhe öffentlicher Gebühren, das Heizverhalten oder Witterungsbedingungen. Doch hat der Vermieter erheblichen Einfluss auf die Höhe der Kosten bei von ihm zu vergebenden Aufträgen. Diesbezüglich hatte der Vermieter eine Preisermittlungspflicht. Der Vermieter muss sich bemühen, einen günstigen Vertrag abzuschließen. So muss er sich zunächst einen Marktüberblick verschaffen und Vergleiche anstellen (KG NZM 2011, 487). Er darf sich bereits im Normalfall nicht auf die Einholung eines einzelnen Angebots beschränken. Gerade bei größeren Verwaltern und Vermietern ihrer Wohnungen sind die Anforderungen durchaus strenger (Milger NZM 2008, 10). Dies gilt erst Recht, wenn der Vermieter die Arbeiten durch einen Eigenbetrieb ausführen lassen will und deshalb eine am Markt sich orientierende Preisbildung durch eine Ausschreibung oder eine Konkurrenzsituation überhaupt nicht stattfindet.
27Folge einer solchen unzureichenden Preisermittlung ist, dass der Vermieter allenfalls die Kosten verlangen kann, die objektiv erforderlich waren, hinsichtlich der darüber hinausgehenden Beträge steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch zu.
28Vorliegend hat das erkennende Gericht die in Ansatz zu bringenden Kosten gem. § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Abrechnungen aus dem Vorjahr unter Berücksichtigung einer angemessenen Kostensteigerung geschätzt. Es hat dabei Hauswartkosten in Höhe von 120,00 € in Ansatz gebracht und Kosten der Gebäudereinigung unter Berücksichtigung der Ausweitung des Reinigungsumfanges von 230,00 €. Insofern hat sich das erkennende Gericht an seinen Ausführungen im Verfahren 425 C #####/#### orientiert. Zu berücksichtigen war die erheblich kleinere Wohnungsgröße. Diese Beträge liegen bei den Hauswartkosten (0,20 €/qm) unterhalb unter den Kosten der Gebäudereinigung (0,21 €/qm) oberhalb den Werten des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes für NRW für das Jahr 2013.
29Das erkennende Gericht hatte den Einwand des Beklagten hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit im vorliegenden Verfahren auch zu berücksichtigen. Zwar hat der Beklagte im vorliegenden Verfahren lediglich vorgetragen, erstmals mit Schriftsatz vom 21.12.2015, der den Klägern erst nach dem 05.01.2016 zugegangen war, diese Einwendungen erhoben zu haben, die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB findet auf vorliegenden Einwendungen jedoch aus zwei Gründen keine Anwendung. Die Ausschlussfrist gilt zunächst nicht für preisgebundenen Wohnraum, weil § 20 Abs. 3 NMV keine entsprechende Bestimmung enthält (BGH NZM 2005, 737 = MietPrax-AK, § 556 BGB Nr. 12 mit Anmerkung von Eisenschmid; Lützenkirchen MietRB 2006, 30, 31, 32; Dickersbach NZM 2006, 281; Zehelein in Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl. 2016, H 254). Außerdem findet die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB auf Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach überwiegender Auffassung überhaupt keine Anwendung (Zehelein in Langenberg/Zehelein Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl. 2016, J 75; derselbe NZM 2014, 269; Derckx NZM 2014, 372; a.A. Streyl NZM 2013, 97, 100; Flatow WuM 2012, 235, 237).
30Der Schadensersatzanspruch in Höhe von 340,91 € war um ein 2prozentiges Betriebskostenausfallwagnis zu erhöhen, da es sich um sozialen Wohnungsbau handelt. Demgemäß war ein Betrag in Höhe von 347,73 € aus den Nachforderungsbeträgen herauszurechnen. Unter Berücksichtigung der von den Klägern erfolgten Aufrechnung über 380,14 € war wie geschehen zu titulieren.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
32Rechtsbehelfsbelehrung:
33Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
34a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
35b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
36Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L-Straße, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
37Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
38Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
39Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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