Urteil vom Amtsgericht Düren - 41 C 521/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 102,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Entscheidungsgründe:
2Die zulässige Klage ist begründet.I. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten aus abgetretenem Recht in Höhe von insgesamt 102,35 € gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 VVG, 249, 257, 398 BGB zu.1. Der Geschädigte war unfallbedingt auf die Anmietung des Ersatzfahrzeuges angewiesen. Als erforderlichen Herstellungsaufwand kann der jeweilige Geschädigte nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des Zumutbaren, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2006 – VI ZR 117/05, juris, Rn.6).a. Der Höhe nach schätzt das Gericht den Anspruch des Klägers auf der Grundlage des ortsüblichen Normaltarifes in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO anhand einer Ermittlung des arithmetischen Mittels der sich aus der „Schwacke-Liste“ und der „Fraunhofer-Liste“ im maßgebenden Postleitzahlengebiet ergebenden Normaltarife. Eine Schätzung auf dieser Grundlage ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand am ehesten geeignet, die beiden Listen innewohnenden Mängel auszugleichen und so zu einem verlässlichen, den tatsächlichen Gegebenheiten vergleichbaren Ergebnis zu kommen.Das Gericht schließt sich dabei der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln und des Landgerichts Aachen an; zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die eingehende Begründung der entsprechenden Grundsatzentscheidung Bezug genommen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn. 35 ff.).b. Die konkrete Berechnung erfolgt unter Anwendung der für den Anmietungszeitpunkt aktuellen beziehungsweise zeitnächsten Tabelle, die nunmehr auch jährlich herausgegeben werden, da es für die ortsüblichen Mietkosten auf die zu diesem Zeitpunkt geltenden Mietpreise ankommt. Ferner ist – unabhängig von der bei Mietbeginn absehbaren oder geplanten Mietdauer – die jeweils tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer maßgebend. Dieser wird der davon umfasste größte Zeitabschnitt entsprechend den Tabellenwerken entnommen und daraus ein entsprechender 1-Tageswert errechnet, der sodann mit der Anzahl der tatsächlichen Gesamtmiettage multipliziert wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn. 42 ff.).Aus dem Grundpreis der Schwacke-Liste für den entsprechenden Anmietzeitraum in Höhe von 356,12 € sowie dem Grundpreis der Fraunhofer Liste in Höhe von 175,85 € für den streitgegenständlichen Anmietzeitraum ergibt sich entsprechend der insofern durch die Beklagte nicht angegriffenen Berechnung der Klägerin ein Mittelwert von 265,99 €.c. Die Klägerin muss sich dabei nicht auf die von dem Beklagten vorgelegten Internetangebote des örtlichen Marktes verweisen lassen, da diese keine geeignete Schätzgrundlage für die Festlegung des erstattungsfähigen Schadens bilden.Denn eine Vergleichbarkeit der vorgelegten Internetangebote mit dem auf der Grundlage der dargestellten Grundsätze ermittelten Normalpreis ist nicht gewährleistet. Die vorgetragenen Mietpreise der Firmen I und U beziehen sich nicht einmal auf konkrete Fahrzeuge (siehe z.B. das Angebot von U: „VW Polo oder ähnlich“; das Angebot von I: „VW Polo Benziner oder ähnlich“), so dass nicht hinreichend deutlich ist, dass den Angeboten ein dem geschädigten Fahrzeug entsprechendes Fahrzeug tatsächlich zugrunde liegt. Aus den Angeboten geht zudem nicht hervor, dass diese auch in den jeweils streitgegenständlichen Zeiträumen der Anmietung durch den Geschädigten verfügbar waren. Die entsprechende Behauptung hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt.Es ist anhand der vorgelegten Angebote zudem nicht ersichtlich, inwieweit die marktpreisbildende Ungewissheit über tatsächliche Mietdauer in diesen abgebildet wurde. Denn die nachrecherchierten Internetpreise wurden mit einer fest vereinbarten Anmietdauer abgefragt, während in dem Schadensfall keine feste Mietdauer vereinbart werden konnte. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 18.12.2012 (Urt. v. 18.12.2012 - VI ZR 316/11, zitiert nach Juris) dort vorgelegten Internetangebote als grundsätzlich geeignete Schätzgrundlage erachtet hat.2. Ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleich der Kosten für die in Rechnung gestellten Zusatzleistungen besteht in vollem Umfang.Gesondert in Rechnung gestellte weiter Nebenleistungen sind dem arithmetischen Mittel aus den Tabellen von Fraunhofer und Schwacke zuzuschlagen, sofern sie im Rahmen der streitgegenständlichen Mietverhältnisse tatsächlich angefallen und erstattungsfähig sind, da diese Leistungen in den Grundtarifen beider Erhebungen nicht enthalten sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn.48).a. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reduzierung der Vollkaskobeteiligung unter 500,00 € in Höhe von insgesamt 68,36 € zu. Kosten für eine Reduzierung des Selbstbehaltes unter 500,00 € können jedenfalls anfallen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn.53 f.). Aus dem vorgelegten Mietvertrag vom 18.12.2012 ergibt sich, dass dies der Fall war.b. Ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Zusatzpositionen Zustellung und Abholung in Höhe von jeweils 23,00 € besteht ebenfalls.Kosten für Zustellung und Abholung sind erstattungsfähig, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Geschädigte auf das Bringen und Holen der Fahrzeuge angewiesen war (vgl. OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn.55 f.).Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Fahrzeuge den Geschädigten zur Werkstatt zugestellt und dort wieder abgeholt wurden. Die Klägerin hat jedoch konkret dargelegt, dass das Mietfahrzeug an der Anschrift der Reparaturwerkstatt, Ö + I1 GmbH & Co.KG, zugestellt und nach Mietende abgeholt worden. Auch auf dem Mietvertragsformular sind diese Positionen aufgeführt. Es ist nicht erkennbar, dass die Kosten in Rechnung gestellt und auf dem Mietvertrag aufgeführt wurden, ohne dass diese tatsächlich angefallen sind. Das bloße Bestreiten mit Nichtwissen genügt nicht, um dem Klägervortrag hinreichend entgegenzutreten. Der Vortrag ist angesichts dessen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu werten.c. Weiterhin hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Winterbereifung in Höhe von insgesamt 40,00 €.Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Winterreifen ist dabei stets, dass diese ihrerseits erforderlich gewesen sind, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kfz auszugleichen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn das verunfallte Kfz mit Winterreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat (vgl. OLG Köln Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12, juris, Rn.52).Ausweislich des Mietvertrages sind Winterreifen als Zusatzleistung vermerkt; auch erfolgte die Anmietung im Dezember. Anhaltspunkte dafür, dass der Vermerk auf dem Vertrag erfolgte, obwohl tatsächlich eine entsprechende Ausstattung des Mietfahrzeuges nicht vorlag, bestehen nicht. Das Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen ist unerheblich.3. Unter Berücksichtigung des außergerichtlich bereits regulierten Betrages von 318,00 € ergibt sich der tenorierte Zahlbetrag.II. Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf die Zahlung von Zinsen nach §§ 288, 286 BGB.III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.IV. Streitwert: 102,35 €
3Rechtsbehelfsbelehrung:Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.A
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