Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 44 C 764/88
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 1989
durch die Richterin am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die
Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung von 550,-- DM abwen-
den, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit
in gleicher Höhe leisten.
1
T a t b e s t a n d
2Die Kläger sind Eigentümer und Vermieter der in der X-straße
313 in Y gelegenen Mietwohnung, die der
4Beklagte seit 1973 zu einem Mietpreis von monatlich 312,--
5DM plus 50,-- DM Nebenkosten bewohnt. Mit der vorliegenden
6Klage machen die Kläger einen Räumungsanspruch aus § 564 b
7Abs. 2 Ziffer 3 BGB geltend.
8Mit Schreiben vom 22. Juni 1988 kündigten die Kläger das
9Mietverhältnis mit Wirkung zum 30. Oktober 1988. In dem
10Kündigungsschreiben wird ausgeführt, daß die Vermieter
11durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer
12angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks
13verhindert seien. Die Vermieter würden beabsichtigen,
14das sich auf dem lediglich teilweise bebauten Grundstück
15befindliche verfallene Gebäude abzureißen. Nach dem Ab-
16bruch bestehe die Absicht, das Grundstück wieder zu ver-
17kaufen. Der Abbruch sei erforderlich, um eine Rentabili-
18tät des Grundstücks zu erreichen und den Verkauf zu er-
19möglichen.
20Die Kläger tragen vor, das Miethaus X-straße 13
21schließe an die Baulücke X-straße 11 an. Es sei
22geplant, beide Gründstücke zusammenhängend zu verkaufen,
23um sodann ein Mehrfamilienhaus zu errichten, das zu einer
24Wohnwert- und Wohnumfeldverbesserung beitrage. In dem
25derzeitigen Mietshaus bestehe keine Warmwasserversorgung,
26die Toiletten würden im Treppenhaus jeweils eine Treppe
27tiefer liegen. Alle Versorgungsleitungen im Haus würden
28aus dem Baujahr ca. 1905 stammen. Es sei also nicht nur
29erforderlich, die Baulücke zu schließen, worauf die
30Stadt Y dränge, sondern auch die gesamte Straßen-
31ansicht zu erneuern unter Einbeziehung des abzureißenden
32Gebäudes.
33Die Kläger behaupten, für das Objekt X-straße 13
34könnte ein um mindest 15 % höherer Kaufpreis für den Fall
35erzielt werden, daß keine Mieter übernommen werden müssen.
36Ein Minderpreis von 15 % sei als wesentlicher Nachteil
37im Sinne des § 564 b BGB für den Verkauf mit dem Mieter
38anzusehen.
39Die Kläger beantragen,
40der Beklagte wird verurteilt, die
41von ihm im 1. OG innegehabten Räum-
42lichkeiten im Objekt X-straße
4313 in Y, bestehend aus
443 Zimmern sowie Küche zu räumen und
45geräumt herauszugeben.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Der Beklagte bestreitet, daß die Kläger beabsichtigen,
49das Gebäude abzureißen, bzw. das Grundstück zu verkaufen,
50bzw. neu bebauen zu lassen. Unzutreffend sei, daß das Ge-
51bäude verfallen sei. Die für den Abriß des Gebäudes er-
52forderliche Abbruchgenehmigung wie auch die Zweckentfrem-
53dungsgenehmigung der Stadt Y liege bis zum heu-
54tigen Zeitpunkt nicht vor. Die Erteilung der Zweckent-
55fremdungsgenehmigung habe die Stadt Y mit Schrei-
56ben vom 23.09.1988 erst "in Aussicht gestellt". Bisher
57hätten die Kläger nicht substantiiert dargelegt, daß
58Neubaupläne entsprechend der von der Stadt Y
59angekündigten Auflage vorhanden seien. Im übrigen reiche
60die Möglichkeit, durch den Verkauf eines geräumten Hauses
61einen höhreren Kaufpreis zu erzielen, nicht aus, um ein
62Mietverhältnis zu kündigen. Schließlich hätten die Kläger
63auch nicht substantiiert vorgetragen, wie die angemessene
64wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks aussehen
65soll.
66Der Beklagte behauptet, wegen der Wohnungsknappheit auf
67dem Y-er Wohnungsmarkt seien für ihn als aus-
68ländischer Mitbürger Mietwohnungen in der Preislage von
69500,-- DM pro Monat nicht erhältlich.
70E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
71Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
72Die Klage ist nicht aus § 564 Abs. 2 Nr. 3 BGB gerecht-
73fertigt. Ein berechtigter Kündigungsgrund steht den Klägern
74nicht zur Seite. Nach der genannten Vorschrift ist die
75Kündigung nur möglich, wenn der Vermieter durch die Fort-
76setzung des Mietverhältnisses an der angemessenen Ver-
77wertung des Grundstücks gehindert wird und dadurch erheb-
78liche Nachteile erleiden würde. Eine anderweitige Ver-
79wertung des Grundstücks kann auch in dem Abbruch des
80Hauses bestehen. Derartige Maßnahmen des Vermieters recht-
81fertigen die Kündigung jedoch nicht generell sondern nur
82bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen. Solche Voraus-
83setzungen sind gegeben, wenn das Mietshaus baufällig oder
84so veraltet ist, daß es den heutigen Wohnbedürfnissen
85nicht mehr entspricht, keine angemessene Rendite abwirft
86und ein Neubau für den Vermieter eine günstige wirtschaft-
87liche Verwertung sein würde. Dazu bedarf es eines sub-
88stantiierten Sachvortrages, die Kalkulation muß zumindest
89überschlägig offengelegt werden (vgl. dazu AG Darmstadt
90in WM 1987, 321 und LG Düsseldorf in WM 1987, 321). Es
91kommt mithin auf die Wirtschaftlichkeit des Mietgrund-
92stückes im gegenwärtigen Zeitpunkt an, die anhand einer
93Wirtschaftlichkeitsberechnung entsprechend der 2. Berech-
94nungsverordnung aufzustellen ist (vgl. dazu Sternel IV
95Anmerkung 150). Daran fehlt es hier. Als weitere Voraus-
96setzung einer angemessenen Verwertung bei Abbruch des
97Hauses ist die Vorlage der Abbruchs- und Zweckentfrem-
98dungsgenehmigung zu nennen (vgl. dazu OLG Hamburg in NJW
991981, 2308 und Beuermann in ZMR 1979, Seite 97). Die
100Abriß- und Zweckentfremdungsgenehmigungen sind den Klä-
101gern bislang nicht erteilt worden. Auch bei dem Abriß
102mit geplantem Wiederaufbau handelt es sich um eine Zweck-
103entfremdung im Sinne der entsprechenden Länderverordnungen.
104Die Vorlage beider Genehmigungen ist bereits deshalb
105notwendig, weil eine wirtschaftliche Verwertung, die
106öffentlich-rechtlich nicht erlaubt ist, nicht angemessen
107ist (vgl. dazu Beuermann a.a.O.).
108Der behauptete Mindererlös von 15 % beim Verkauf des
109Grundstücks mit den bestehenden Mietverhältnissen ist
110ebenfalls kein Kündigungsgrund im Sinne des § 564 b Abs.
1112 Ziffer 3 BGB. Zwar ist anerkannt, daß ein solcher Minder-
112erlös die angemessene Verwertung des Grundstücks in Frage
113stellt. Auch wenn die Vermutung eines geringern Kaufpreises
114naheliegt, muß der Vermieter im Streitfall dartun, daß
115und welche Verkaufsbemühungen er unternommen hat und welche
116Mißerfolge oder Erschwerungen dabei aufgetreten sind, weil
117das streitbefangene Objekt vermietet gewesen ist (vgl. dazu
118Sternel IV Anmerkung 152).
119Der Streitfall ist hier gegeben, der Beklagte hat möglichen
120Mindererlös bestritten, ein entsprechender Sachvortrag
121der Kläger fehlt aber. Damit läßt sich auch dieser
122Kündigungsgrund nicht feststellen.
123Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung
124über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer
12511, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.