Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 29 C 1371/90
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 1990
durch die Richterin X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
DM 1.100,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in
der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht wer-
den.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger und die Zeugin X schlossen am 22.06.1989 über ein Reisebüro einen Reisevertrag mit der Beklagten über eine Reise nach XX in Sri Lanka für die Zeit vom 01.09. bis zum 23.09.1989. Die Unterbringung sollte im Hotel "XXX" erfolgen. Es handelte sich um ein Sonderangebot der Beklagten, im Rahmen dessen der Kläger und die Zeugin X für den dreiwöchigen Aufenthalt den Preis für 2 Wochen, nämlich DM 4.916,-- bezahlten.
3Gemäß Prospektbeschreibung bestanden folgende Sportmöglichkeiten: Sauna, Health-Club, Squash, Tauchen, Schnorcheln und Windsurfen. Darüber hinaus wurde als Unterhaltung angeboten: Barbecues, Tanz- und Folklore-Abende, Glasbodenbootfahren, Spielcasino.
4Der Kläger legte eine Erklärung der Zeugin X vom 31.01.90 vor (Bl. 77) gemäß derer die Zeugin ihre Ansprüche aus dem Reisevertrag an den Kläger abtrat.
5In der Reisezeit des Klägers bestanden jedenfalls für XX eine nächtliche Ausgangssperre ab 22.00 Uhr. Darüber hinaus fanden tagsüber Militärkontrollen statt.
6Das Hotel "XXX" war während der Anwesenheit des Klägers nicht ausgebucht. Statt der ca. 500 möglichen Gäste gab es lediglich 13 weitere Urlauber, von denen 11 italienischer Staatsangehörigkeit waren, die der englischen Sprache nicht mächtig waren.
7Wegen behaupteter angeblicher großer Reisebeeinträchtigungen traten der Kläger und die Zeugin X am 08.09.89 den Rückflug an.
8Vorprozessual erstattete die Beklagte dem Kläger einen Betrag von DM 1.108,-- DM.
9Der Kläger behauptet, dass die Zeugin D, die im Buchungs-Reisebüro XXXX Mitarbeiterin war, auf Nachfrage hin mitgeteilt habe, dass die allgemeine und insbesondere die politische Lage in Sri Lanka zur geplanten Urlaubszeit ruhig sei.
10Darüber hinaus habe sie überprüft und sodann bestätigt, dass das Hotel hinreichend ausgebucht sei.
11Auf der Fahrt zum Hotel seien der Kläger und seine Begleiterin von Militär kontrolliert worden, die ihnen schußbereite Maschinenpistolen entgegengehalten hätten. Auf dem Hotelgelände habe es weder die Möglichkeit zu sportlichen Aktivitäten gegeben, noch hätten Veranstaltungen unterhaltender Art stattgefunden.
12Die Klimaanlage sei abgeschaltet gewesen, so dass es in den Zimmern 30 Grad bis 40 Grad warm gewesen sei.
13Wegen bürgerkriegsähnlicher Zustände im Lande hätten der Kläger und seine Begleiterin Kultur und Zivilisation des Landes nicht kennenlernen können.
14Der behauptete bürgerkriegsähnliche Ausnahmezustand habe den Kläger derart erschüttert, dass seiner Ansicht ein Schmerzensgeldanspruch von mindestens DM 300,-- gerechtfertigt sei.
15Unstreitig unterzeichnete der örtliche Reiseleiter der Beklagten, Herr W, ein Schreiben des Klägers, in dem dieser die behaupteten Mängel der Reise niedergelegt hatte. (Bl. 83/84).
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn
181. DM 3.925,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.1989
19zu zahlen,
202. eine in das Ermessen des Gerichts zu stellendes
21Schmerzensgeld, mindestens jedoch DM 300,--, zu
22zahlen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie weist darauf hin, dass sie das gebuchte Hotel nicht insgesamt unter Vertrag hatte, ihr vielmehr nur ein geringes Zimmerkontingent zur Verfügung stand, so dass die Zeugin D zur Frage der Ausgebuchtheit des Hotels keine Angaben habe machen können; im übrigen sei sie zu derartigen Auskünften nicht bevollmächtigt.
26Für die Sprachkenntnisse der übrigen Gäste könne sie schon gar nicht einstehen.
27Die Beklagte behauptet, dass im Hotel Squash und Tennis habe gespielt werden können.
28Zwar sei die Klimaanlage zunächst tagsüber abgeschaltet gewesen, auf Beschwerden von Gästen hin dann jedoch später ganztägig betrieben worden.
29Die Beklagte behauptet, dass sie dem Kläger und seiner Begleiterin die Unterbringung in einem anderen Hotel an der gleichen Küste Sri Lankas und alternativ hierzu eine Unterbringung auf den Malediven anbot.
30Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
31Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.10.90 verwiesen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33Die Klage ist unbegründet.
34Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung des klageweise geltend gemachten Betrages zu, da durch die von der Beklagten vorprozessual vorgenommene Überweisung von DM 1.108,-- alle Ansprüche aus der Reise vom 01. bis 23.09.89 ausgeglichen sind.
35Dem Kläger stand kein Anspruch auf vollständige Rückzahlung des Reisepreises infolge Kündigung des Reisevertrages zu.
36Denn der Kläger, der die Reise durch die Umbuchung des Rückfluges auf den 08.09.89 konkludent gekündigt hatte, standen Kündigungsgründe von Gesetzes wegen nicht zur Seite.
37Die Voraussetzungen des § 651 j BGB lagen nicht vor. Höhere Gewalt im Sinne der Vorschrift ist nicht dargetan. Der Kläger sprach zwar von einem bürgerkriegsähnlichen Ausnahmezustand im Lande, es bestand jedoch lediglich während seiner Urlaubszeit eine Ausgangssperre für die Zeit nach 22.00 Uhr; an Beeinträchtigungen hat der Kläger darüber hinaus nur den Vorfall am Tage seiner Anreise vorgetragen, ein substantiierter Vortrag weitere Beeinträchtigungen fehlt.
38Auch war die Kündigung nicht gemäß § 651 e BGB berechtigt. Nach dieser Vorschrift setzt eine Kündigung voraus, dass die Reise als ganze beeinträchtigt ist. Dies wird bejaht, wenn der Zweck der Reise um mehr als 50 % vereitelt ist. Daran fehlte es im vorliegenden Fall. Dem Kläger und seiner Begleiterin stand lediglich ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 22,5 % zu, wie sich aus den Ausführungen zur Minderung des Reisepreises (§ 651 c BGB) ergibt.
39Zu einem Schadensersatzanspruch aus § 651 f BGB, insbesondere zu einer nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit, ist nichts vorgetragen.
40Dem Kläger und seiner Begleiterin steht zwar aus § 651 c BGB ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 22,5 % zu (DM 1.106,10), dieser ist jedoch durch die vorprozessuale Zahlung von DM 1.108,-- von Seiten der Beklagten ausgeglichen worden. Darüber hinausgehende Minderungsansprüche des Klägers und seiner Begleiterin bestehen nicht.
41Hinsichtlich der Militärkontrollen und des angeblichen bürgerkriegsähnlichen Ausnahmezustandes in Sri Lanka zur Reisezeit des Klägers ist folgendes festzustellen:
42Das Militär des Landes Sri Lanka gehört nicht zu den Leistungsträgern der Beklagten, so dass dessen Handlungen der Beklagten nicht zugerechnet werden können. Die Beklagte verletzte insoweit auch keine Informationspflicht. Aufgrund des Klägervortrags stand schon nicht fest, dass überhaupt bürgerkriegsähnliche Zustände im Urlaubsgebiet des Klägers herrschten. Wenn dieser einen Zeitungsausschnitt über die Zustände in Sri Lanka während seiner Reisezeit vorlegte, so ersetzt dies einen konkreten Tatsachenvortrag zu eigenen Beeinträchtigungen nicht. Inwieweit er gehindert sein sollte, Land und Leute kennenzulernen, ist nicht ersichtlich. Außerdem war dies auch nicht Leistungsinhalt, da der Kläger und seine Begleiterin eine Komfort-Hotel mit erheblichen Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten buchten.
43Die fehlende Ausgebuchtheit des Hotels führte zu einer Minderung des Reisepreises von insgesamt 7,5 %.
44Das Reisebüro XXXX, über das der Kläger bei der Beklagten buchte, wurde als Agentin der Beklagten tätig. Die Beklagte hat sich deren Auskünfte und Zusagen zurechnen zu lassen (vgl. BGH NJW 1982, 377 f).
45Die Beklagte übernimmt jedoch keine Haftung dafür, dass anwesende Gäste sich in derartigen Sprachen mit dem Kläger und seiner Begleiterin unterhalten konnten, derer diese ihrerseits mächtig waren.
46Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die Mitarbeiterin des Reisebüros XXXX, die Zeugin D, dem Kläger und seiner Begleiterin gegenüber zusicherte, dass das Hotel " XXX" während der Urlaubszeit beider - zumindest teilweise - ausgebucht war. Aufgrund der Aussage der Zeugin, dass das Hotel im Hinblick auf das der Firma XXXX zur Verfügung stehende Zimmerkontingent ausgebucht war und sich beide um eine baldige Buchung bemühen sollten, war der Anschein erweckt, dass sich in dem recht großen Hotel eine Vielzahl von Leuten während der Urlaubszeit des Klägers und seiner Begleiterin aufhalten würden.
47Für die tatsächlich fehlende Kommunikationsmöglichkeit (lediglich 13 Gäste warenanwesend) war ein Minderungsanspruch in der zuerkannten Höhe als angemessen und ausreichend zu berücksichtigen.
48Da Sport und Unterhaltung während der Anwesenheit des Klägers und seiner Begleiterin überhaupt nicht angeboten wurden, war insoweit ein weiterer Minderungsanspruch von 15 % zuzuerkennen. Das Gericht ist nämlich aufgrund der Aussage der Zeugin W zu der Überzeugung gelangt, dass tatsächlich im Hotel keine der im Prospekt angebotenen Sport- oder Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten wurden. Bei der Festsetzung des Minderungsbetrages hat das Gericht in Rechnung gestellt, dass der Kläger ein Sonderangebot der Beklagten nutzte. Zahlen die Reisenden für einen dreiwöchigen Urlaub lediglich den Preis einer zweiwöchigen Reise, so müssen sie grundsätzlich davon ausgehen, dass sämtliche vertragliche Leistungen - der Situation der Nachsaison entsprechend - gemindert sind.
49Allerdings darf diese Minderung nicht so weit gehen, dass angekündigte Leistungen überhaupt nicht mehr zur Verfügung gestellt werden; mit einer derartigen Leistungsreduzierung hat der Reisende nicht zu rechnen. Da bei der gewählten Urlaubs- und Hotelart Sport und Unterhaltung im Vordergrund standen, war trotz des Sonderpreises ein Minderungsanspruch in der erwähnten Höhe gegeben.
50Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass die Klimaanlage nicht funktioniert habe. Nachdem die Beklagte jedoch konkret vortrug, dass die Klimaanlage auf entsprechende Rüge hin ganztägig betrieben wurde, war der Vortrag des Klägers, das Vorbringen der Beklagten sei "im wesentlichen unzutreffend" nicht mehr substantiiert und insoweit unbeachtlich.
51Taxikosten hätte der Kläger nur dann ersetzt verlangen können, wenn ein Grund für einen Rücktritt von Anbeginn der Reise an vorhanden gewesen wäre; daran fehlte es jedoch im vorliegenden Fall.
52Die Beklagte hat ein Abhilfeangebot nicht konkret vorgetragen. Ihr Vorbringen, dem Kläger und seiner Begleiterin sei ein Umzug in ein anderes Hotel auf Sri Lanka bzw. auf die Malediven angeboten worden, hat sie nicht weiter substantiiert, obwohl sie diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet war.
53Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld (§§ 847, 823 BGB) zu. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Beklagte oder einer ihrer Verrichtungsgehilfen gegenüber dem Kläger eine unerlaubte Handlung beging. Das Militär von Sri Lanka gehört nicht zu den Verrichtungsgehilfen der Beklagten.
54Der Ausspruch zu den prozessualen Nebenentscheidungen ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.
55Streitwert: DM 4.225,--.
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