Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 44 C 19319/93
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 1994
durch die Richterin am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Es wird festgestellt, dass die Abtretungserklärung vom
19. Oktober 1990 zur Sicherung des Kredits vom 22. Oktober
1990 seit Juni 1993 insoweit unwirksam ist, als sie Beträge
unterhalb der pfändungsfreien Grenze des § 850 f ZPO betrifft.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von
500,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger hat bei der Kundenkreditbank am 22. Oktober 1990 einen Kredit aufgenommen und dafür eine Abtretungserklärung unterschrieben. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Kundenkreditbank.
3Der Kläger ist der Ansicht, die Abtretungserklärung sei unwirksam, weil sie keine Höchstbegrenzung der Sicherung vorsieht und damit zu einer Übersicherung führen kann. Außerdem komme ihm ein Abtretungsschutz in analoger Anwendung des § 850 f ZPO zu, da sich der Sozialhilfebedarf für ihn und seine 5-köpfige Familie auf insgesamt 5.700,62 DM beläuft.
4Der Kläger beantragt,
5festzustellen, dass die Abtretungserklärung vom 19.Oktober 1990
6zur Sicherung des Kredits vom 22. Oktober 1990 seit Juni 1993
7in Höhe von 5.700,00 DM monatlich unwirksam ist,
8hilfsweise,
9den Rechtsstreit an das zuständige Vollstreckungsgericht zu
10verweisen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte rügt die Unzuständigkeit des Gerichts. Sie ist der Ansicht, das Vollstreckungsgericht sei zuständig. Sie habe bereits vorprozessual nicht bestritten, dass sie die Anwendbarkeit des § 850 Abs. 1 f ZPO auf die Lohnabtretung bestreiten wolle. Sie wolle nochmals darauf hinweisen, dass die Ermessensentscheidung des zuständigen Vollsteckungsgerichts nach § 850 f ZPO nach wie vor nicht in Abrede gestellt werde.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die Klage ist zulässig. Der Feststellungsklage fehlt nicht das Rechtsschutzinteresse. Das Feststellungsinteresse für Klagen im Erkenntnisverfahren ist weit zu fassen. Es ist nur dann nicht gegeben, wenn der Klageanspruch auch im Wege der Leistungsklage verfolgt werden kann oder wenn es sich nur um die Feststellung von Rechtsfragen handelt. Dagegen ist das Interesse gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
16Dieses Interesse ist bei dem Kläger gegeben. Es gehört zur Lebensplanung des Klägers, dass er genau weiß, mit welchen "unpfändbaren" Beträgen er für sich und seine Familie beim Lebensunterhalt rechnen kann. Ihm kann nicht zugemutet werden abzuwarten, ob die Beklagte sich bei einer eventuellen Zwangsvollstreckung an die in § 850 f ZPO gezogenen Grenzen hält oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagten schon ein Vollstreckungstitel vorliegt oder nicht. Der Klageantrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass es ihm darauf ankommt, dass die jeweils gültigen Pfändungsgrenzen nach dem Bundessozialhilfegesetz eingehalten werden, also hier zur Zeit die 5.700,00 DM. Deshalb ist auf die Sätze des Bundessozialhilfegesetzes abzustellen. Dem Kläger ist es ein Leichtes, den jeweiligen Bewilligungsbescheid im Hinblick auf die Abtretung vorzulegen. Im übrigen ist für Feststellungsklagen generell das Erkenntnisverfahren vorgesehen, do dass es nicht darauf ankommt, welche Rechtsbehelfe der Kläger bei einer eventuellen Zwangsvollstreckung noch haben könnte. Weil das Prozessgericht zur Entscheidung über Feststellungsklagen berufen ist, ist das Amtsgericht Düsseldorf auch hier zuständig.
17Der Klageantrag ist begründet. Nach § 400 BGB können unpfändbare Forderungen nicht abgetreten werden. Dies gilt auch für Vorausabtretungen. Unpfändbar ist eine Gehaltsforderung, die die in § 850 f ZPO in der Fassung vom 1. April 1992 gezogenen Grenzen nicht beachtet. Die Pfändungsgrenze ist nach der neuen Fassung des Gesetzes immer unter Berücksichtigung des Bundessozialhilfegesetzes zu ziehen. Nach diesem Gesetz beträgt der derzeitige unpfändbare Teil des Unterhalts 5.700,62 DM für den Kläger. Dass der Kläger nicht die Beachtung der Pfändungsgrenze für die Vergangenheit verlangt, sondern erst vom Juni 1993 an, macht seinen Feststellungsantrag nicht unbegründet.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
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