Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 266 F 2282/92
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 1995
durch den Richter am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
je 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch in Form einer
Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland
zugelassenen Großbank oder Sparkasse erbracht
werden.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige. Seit 1969 besitzt sie auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Beklagte ist Deutscher.
3Am 17. Mai 1967 schlossen die Parteien im mexikanischen Bundesstaat Morelos vor dem zuständigen Richter nach den Vorschriften des dort gültigen Rechts die Ehe.
4Beide Parteien lebten zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland und hatten ansonsten keinerlei persönliche Verbindungen zum Ort der Eheschließung. Dieser war ausschließlich auf Anraten eines italienischen Anwaltes der Klägerin gewählt worden, um Kollisionen mit einer zuvor nach mexikanischem Recht geschiedenen ersten Ehe der Klägerin zu umgehen, die diese nach italienischem Recht eingegangen war.
5Die durch den zuständigen Richter handschriftlich ausgefertigte Eheschließungsurkunde weist neben den Feststellungen zu den Personen der Parteien u. a. die Bemerkung auf, "dass die Eheschließenden im gemeinsamen Einverständnis die Ehe unter der Regelung der Gütertrennung schließen. Wörtlich heißt es im Original:
6"Los dos conyuges de común acuerdo manifiestan que
7su matrimonio lo verifican bajo el régimen de Sepa-
8ración de Bienes."
9Die Heiratsurkunde wurden den bei der Eheschließung anwesenden Personen vorgelesen und von diesen unterschrieben.
10Mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 1992 wurde die Ehe unter Anwendung deutschen Rechtes wegen Unwirksamkeit der nach mexikanischen Recht durchgeführten Scheidung der ersten Ehe der Klägerin für nichtig erklärt (Verbot der Doppelehe).
11Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zu, weil die güterrechtlichen Regelungen der nichtigen Ehe der Parteien nach deutschem Recht zu beurteilen seien.
12Sie behauptet hierzu, die Parteien hätten sich zu keiner Zeit über eine Güterstandsvereinbarung unterhalten; insbesondere sei von ihnen keine Vereinbarung über eine Gütertrennung angestrebt worden.
13Sie seien lediglich entschlossen gewesen, alles zu tun, um sich in einer Ehe miteinander zu verbinden und infolgedessen bemüht gewesen, jeder Förmlichkeit nach mexikanischem Recht zu genügen. Der Inhalt der Heiratsurkunde sei von den Rechtsanwälten gestaltet worden, die ihnen als Trauzeugen gedient hätten, nicht aber von ihnen selbst. Sie habe von der Bemerkung über den Güterstand nichts gewusst und diese beim Vorlesen der Eheschließungsurkunde auch nicht verstanden. Es sei ihr insoweit bei der Eheschließung auch nicht auf die Einzelheiten des Inhalts der mexikanischen Heiratsurkunde angekommen.
14Die Klägerin beantragt,
15I.
16der Beklagte wird verurteilt,
171.
18der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen am
1923. Oktober 1990, mit Ausnahme von gemeinsamen ehelichen
20Hausrats- und persönlichen Gebrauchsgegenständen, durch
21Vorlage eines vollständigen, systematischen Bestandsverzeichnisses
22über seine zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktivposten und Schuld-
23posten mit Wertangaben;
242.
25die Auskünfte gemäß Ziffer 1. zu belegen durch
262.1
27Kontoauszüge über den Bestand der am 23. Oktober 1990 vorhandenen
28Haben- und Sollsalden bei allen in Betracht kommenden Banken,
29Sparkassen und Postgiroämtern;
302.2
31Bescheinigungen der Lebensversicherungsunternehmen über die am
3223. Oktober 1990 vorhandenen Rückkaufwerte der von dem Beklagten
33abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge;
342.3
35Vorlage der Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre
361986, 1987, 1988 und 1989 der XXX Internationale Modemesse
37XX KG und der XXXX GmbH;
383.
39der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle unentgeltlichen Zuwendungen,
40die er Dritten in der Zeit seit dem 1. Januar 1980 gemacht hat, und durch
41die er nicht lediglich einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
42nehmenden Rücksicht entsprochen hat.
43II.
44Für den Fall, dass Grund zu der Annahme bestehen sollte, dass der
45Beklagte die von ihm geschuldete Auskunft nicht mit der erforderlichen
46Sorgfalt erteilt hat:
47Der Beklagte wird verurteilt, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern,
48dass die Auskunft über sein Endvermögen am 23. Oktober 1990 und
49über alle unentgeltlichen Zuwendungen an Dritte in der Zeit seit dem
501. Januar 1980 nach bestem Wissen so vollständig erteilt hat, als er
51hierzu imstande ist.
52III.
53Der Beklagte wird verurteilt, die Hälfte des Zugewinns, der sich aus
54seiner gemäß Ziffer I. zu erteilenden Auskunft ergibt, an die Klägerin
55zu bezahlen.
56Der Beklagte beantragt,
57die Klage abzuweisen.
58Er ist der Ansicht, dass die güterrechtlichen Folgen der nichtigen Ehe der Parteien allein nach mexikanischem Recht zu beurteilen seien. Hiernach sei kein Anspruch auf Zugewinnausgleich gegeben.
59Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens in Bezug auf das zum Zeitpunkt der Eheschließung gültige mexikanische Recht. Für den Inhalt dieses Gutachtens wird ebenso wie für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
60E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
61Die zulässige Stufenklage ist nicht begründet.
62Die Klägerin hat keinen Anspruch weder in Bezug auf das geltend gemachte Auskunftsbegehren noch auf die Zahlung eines Zugewinnausgleiches gemäß § 1378 BGB.
63Dabei geht das Gericht davon aus, dass sich die Folgen der Ehenichtigkeit der zwischen den Parteien in Mexiko geschlossenen Ehe nach deutschem Recht beurteilen.
64Die Folgewirkungen einer Ehebeseitigung müssen nach derselben Rechtsordnung beurteilt werden, die im konkreten Fall für die Beurteilung der Nichtigkeit herangezogen worden ist. Dies ergibt sich allgemein aus Artikel 13 Abs. 1 EGBGB, der nicht nur die sachlichen Voraussetzungen einer Eheschließung sondern auch die Folgen ihren Nichtvorliegens regelt.
65Die Nichtigkeit der Ehe der Parteien ist im Vorprozess unter Anwendung des deutschen Rechtes festgestellt worden.
66Damit richten sich gemäß § 26 Ehegesetz die vermögensrechtlichen Folgen der Nichtigkeit der Ehe nach den Vorschriften über die Folgen der Ehescheidung. Danach ist ein Anspruch auf Zugewinnausgleich für die Klägerin nicht gegeben, denn das Gericht geht bei seiner Entscheidung davon aus, dass die Parteien in der Zeit vor Feststellung der Nichtigkeit ihrer Ehe nicht im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.
67Dabei mag der Streit der Parteien darüber dahinstehen, ob die Frage des Güterstandes der vermeintlichen Ehe der Parteien überhaupt nach deutschem Recht zu beurteilen ist, denn auch wenn man davon ausgeht, dass die güterrechtlichen Wirkungen der nichtigen Ehe der Parteien nach deutschem Recht zu beurteilen sind, ist im Ergebnis festzustellen, dass die Parteien nicht im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.
68Das Gericht geht bei dieser Entscheidung davon aus, dass das für die Beurteilung dieser Rechtsfrage zugrunde zu legende Güterrechtsstatut das deutsche Eherecht ist.
69Der vom Gericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. X hat im Rahmen des Gutachtens vom 27. Mai 1995 zum Güterrechtsstatut nachvollziehbar dargelegt, dass nach Artikel 220 Absatz 3 Satz 1 bis 4 EGBGB davon auszugehen ist, dass sich die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteien allein nach deutschem Recht richten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Darlegungen des Gutachters zu Ziffer II. 2. seines Gutachtens verwiesen, denen sich das Gericht vollinhaltlich anschließt.
70Dies bedeutet aber, dass die Parteien nur dann gemäß § 1363 Abs. 1 BGB im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, wenn sie nicht wirksam eine Vereinbarung getroffen haben, in der sie den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ersetzt haben, hier in der Weise, dass Gütertrennung eingetreten ist.
71Dies ist hier der Fall.
72Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Parteien eine formgültige Vereinbarung im Sinn des § 1408 Abs. 1 BGB getroffen haben, die bewirkt hat, dass für ihre nichtige Ehe der Güterstand der Gütertrennung gilt.
73Gemäß Artikel 220 Abs. 1 EGBGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 EGBGB (alte Fassung) konnten die Parteien bei Eheschließung den Güterstand der Gütertrennung wirksam vereinbaren, indem sie den Formvorschriften des Ortsrechtes genügt haben, dass am Ort der Eheschließung in Mexiko zum damaligen Zeitpunkt gegolten hat. Diese Formvorschriften sind von den Parteien eingehalten worden, indem sie die Eheschließungsurkunde unterzeichnet haben, die die Feststellung beinhaltet, dass die Eheschließenden im gemeinsamen Einverständnis die Ehe unter der Regelung der Gütertrennung schließen.
74Der Sachverständige Prof. Dr. X hat zwar in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass das am Ort der Eheschließung im Jahre 1967 geltende mexikanische Ortsrecht davon ausging, dass die Eheschließenden einen gesonderten zumindest privatschriftlichen Vertrag über die Wahl des Güterrechtes schließen, ebenso überzeugend hat der Sachverständige dann aber dargelegt, dass die sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebende Rechtslage nicht mit der Gesetzesanwendung übereinstimmt, wie sie in Mexiko damals von der Rechtsprechung und der Verwaltung gehandhabt worden ist.
75Im Ergebnis seiner nachvollziehbaren Darlegungen ist der Sachverständige zu der Ansicht gelangt, dass die von den Parteien durch ihre Unterschrift unter die Eheschließungsurkunde abgegebene Erklärung nach dem mexikanischen Recht zu einer formgültigen Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung geführt hat.
76Das Gericht folgt dieser Ansicht, denn nach Ansicht des Unterzeichners ist dies zwingend in Anbetracht der Tatsache, dass das damals in Mexiko geltende Erbrecht keinen gesetzlichen Güterstand im Sinne der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsordnung vorsah, mit der folge, dass dort zum damaligen Zeitpunkt nicht feststand, welcher Güterstand eintritt, wenn die Eheschließenden keine wirksame Vereinbarung über den Güterstand treffen. Eine Ehe ohne die Regelung des Güterstandes ist aber nicht denkbar, so dass es schon aus diesem Grunde nachvollziehbar ist, wenn in der rechtlichen Praxis des mexikanischen Rechts es als ausreichend angesehen wird, wenn die Parteien damals ihre Wahl dadurch getroffen haben, dass sie bei Eheschließung einen bestimmten Güterstand angegeben haben.
77Danach kommt es für Entscheidung nicht mehr darauf an, ob sich die Parteien vor der vermeintlichen Eheschließung über die Frage des Güterstandes unterhalten haben oder eine Vereinbarung über den Güterstand der Gütertrennung angestrebt haben.
78Die Klägerin hat dies zwar bestritten, doch hat sie selbst vorgetragen, dass sie damals gewillt war, sich mit dem Beklagten ehelich zu verbinden und daher bemüht gewesen sei, jeder Förmlichkeit für die Eheschließung nach mexikanischem Recht zu genügen.
79Dies beinhaltet, dass sie bereit war, auch eine wirksame Vereinbarung über den Güterstand einzugehen, denn dies war nach dem Ortsrecht notwendige Voraussetzung für eine wirksame Eheschließung.
80Das Gericht kann bei seiner Entscheidung nicht davon ausgehen, dass die Klägerin bei der Eheschließungszeremonie von der Bemerkung in der Urkunde über den Güterstand nichts gewusst hat und den Text nicht verstanden hat. Dies hat die Klägerin zwar behauptet, doch steht dem der Inhalt der Eheschließungsurkunde entgegen.
81Dort ist ausdrücklich beurkundet, dass der Text der Urkunde den Anwesenden vorgelesen wurde, diese ihr Einverständnis dazu gegeben haben und die Urkunde unterzeichnet haben.
82Das Gericht sieht es aufgrund der Eheschließungsurkunde als bewiesen an, dass die Klägerin den äußeren Erklärungstatbestand bezüglich eines auf die Eheschließung gerichteten Willens nach Maßgabe der Eheschließungsurkunde geschaffen hat. Sollte die Klägerin die Erklärung in dem Bewusstsein abgegeben haben, den Inhalt ihrer Erklärung nicht vollständig zu verstehen, so ist sie nicht schutzwürdiger als eine Vertragspartei, die ungelesen einen schriftlichen Vertrag unterzeichnet.
83Letztlich ist auch nicht davon auszugehen, dass die Güterstandsvereinbarung, die formwirksam im Rahmen der Eheschließung getroffen worden ist, nach § 139 BGB nichtig ist.
84Es handelt sich zwar bei der Eheschließung und der Vereinbarung eines Güterstandes um ein einheitliches Geschäfts, das zwei ansonsten teilbare Geschäfte beinhaltet. Dies ist die Eheschließung als familienrechtlicher Vertrag einerseits und der güterrechtliche Ehevertrag andererseits, wobei nicht anzunehmen ist, dass eine Güterstandsvereinbarung in Ansehung der Nichtigkeit der Eheschließung getroffen worden wäre.
85Es kann sich jedoch aus dem Zweck des Gesetzes, gegen das verstoßen wurde, ergeben, dass der von der Nichtigkeit nicht unmittelbar betroffene Teil eines Rechtsgeschäftes wirksam bleibt, auch wenn sich nicht annehmen lässt, dass die Parteien dieses bei Kenntnis der Teilnichtigkeit beschlossen hätten. Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach § 26 Abs. 1 Ehegesetz bestimmen sich die vermögensrechtlichen Folgen einer Ehe nach den Vorschriften über die Folgen der Scheidung. Mit dieser Verweisung wird klargestellt, dass die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten grundsätzlich so angesehen werden, als hätten sie in der Zeit von der Eheschließung bis zur Nichtigerklärung in einer gütigen Ehe gelebt. Dies hat wiederum notwendig zur Folge, dass die in der Vergangenheit abgeschlossenen Eheverträge von der Nichtigkeit der Ehe unberührt beleiben.
86Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 ZPO.
87Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den Bestimmungen der §§ 708 ff. ZPO.
88Streitwert: 400.000,-- DM.
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Referenzen
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