Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 232 C 1120/98
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 17.Juni 1998
durch die Richterin am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 635,80 DM zuzüglich 4%
Zinsen seit 24.12.97 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 90 %, der Kläger
10%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger verlangt von dem Beklagten, der bei ihm in der Zeit vom 13.05. bis 10.07.97 als Privatpatient in zahnärztlicher Behandlung war, restliches Honorar. Die Parteien streiten (unterstützt von der hinter dem Beklagten stehenden "Krankenversicherung") um zwei Streitpunkte:
31.
4Kürzung der Aufwendung für Material- und Laborkosten auf das Maß der
5in dem BEL II (Bundeseinheitlichem Leistungsverzeichnis) bestimmten
6Preise.
7Dies betrifft den Kürzungsbetrag aus der Rechnung vom 13.06.97,
8(Anlage B 2 = Bl. 30 GA.) in Höhe von 25,15 DM und aus der Rechnung
9vom 09.07.97, (Anlage B 3 = Bl. 31 GA.) um 42,26 DM.
102.
11Parallele Abrechnung der GOZ-Ziffern 904 und 905 der Gebührenordnung
12für Zahnärzte.
13Der Kläger (ebenfalls gestützt von der Zahnärztekammer Nordrhein) ist der Auffassung, dass die Positionen 904 und 905 bei dem bei dem Beklagten eingebrachten zweiphasigen Implantat parallel abgerechnet werden dürften.
14Dieses betrifft die Position aus der Rechnung vom 18.07.97 (Bl. 4) vom 17.06., 24.06.,
1526.06.97 jeweils betreffend die Zähne 43, 32, 33 die der Kläger mit 2,0-fachem Satz jeweils in Höhe von 211,20 DM also insgesamt 633,60 DM berechnet hat.
16Diese Positionen sowie Portokosten für die 2. und 3. Mahnung verlangt der Kläger und beantragt daher,
17den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 703,21 nebst 4%
18Zinsen seit dem 24.12.1997 zu zahlen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er ist der Auffassung, dass der Kläger nicht die Laborkosten, die 90 % der Bevölkerung (der gesetzlich Krankenversicherten) zahlen müssten, überschreiten dürfe.
22Wegen des in § 4 Abs. 2 Gebührenordnung für Zahnärzte nomierten "Zielleistungsprinzips" hätte er die Positionen 904 und 905 nicht parallel abrechnen dürfen. Dies ergebe sich bereits aus der grammatikalischen Auslegung des Wortes "Auswechseln eines Sekundärteils". Da der Kläger nicht ein neues Sekundärteil eingesetzt habe, sei die Gebührenziffer nicht erfüllt.
23Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage ist teilweise begründet im übrigen ist sie abzuweisen.
261.
27Dem Kläger stehen nicht die restlichen geltend gemachten Positionen aus der Rechnung vom 13.06.97 (Anlage B 2 Bl. 30) und 09.07.97 (Anlage B 3 Bl. 31) zu, soweit es die Aufwendungen für Material- und Laborkosten betrifft, die das Maß der in dem BER II Bundeseinheitlichem Leistungsverzeichnis bestimmten Preise überschreitet. Unstreitig betragen diese 25,15 DM bzw. 42,26 DM.
28Da der Kläger nicht vorgetragen hat, dass zwischen ihm und dem beklagten Patienten insofern besondere Gebührenvereinbarungen getroffen wurden, kann er nur die "angemessenen Aufwendungen" für zahntechnische Leistungen gemäß § 9 GOZ in Rechnung stellen. Dies entspricht der Angemessenheit bzw. Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB. Der Begriff der maßgeblichen Üblichkeit stellt darauf, welche Vergütung am gleichen Ort in den gleichen Berufen für entsprechende Arbeit und unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Dienstleistenden bezahlt zu werden pflegen (ausgehend von dem zwischen Zahnarzt und Labor bestehenden Werk- bzw. Werklieferungsvertrag).
29Da 90% der gesetzlich Versicherten nach Bundeseinheitlichem Leistungsverhältnis abgerechnet werden, sind diese Vergütungssätze als "regelmäßig angemessen" anzusehen, so dass auch für Privatpatienten die für gewerbliche Labors und Praxislabors unterschiedlich vereinbarten Höchstpreise für zahntechnische Leistungen nicht überschritten werdend dürfen, da dies nicht mehr angemessen wäre. Diese Sätze sind der maßgebliche Anhaltspunkt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die für einen Privatpatienten erbrachte Leistung insofern qualitativ höher zu bewerten sei als die für einen Kassenpatienten erbrachten, zumal das Zahnarztlabor häufig gar nicht weiß, für wen es arbeitet. Wenn der Kläger im Einzelfall für den Beklagten höherwertige Leistungen erbringen wollte oder durch das Labor erbringen lassen wollte, hätte er eine entsprechend höhere Vergütung vorab mit dem beklagten Patienten vereinbaren müssen. Dies hat er hier nicht vorgetragen. Ebenso wenig hat er vorgetragen, dass er für den Beklagten mehr Aufwand erbracht hat, als üblich für gesetzlich versicherte Patienten.
30Demgegenüber ist die Klage zuzusprechen, soweit der Beklagte (bzw. seine Krankenversicherung) dem Kläger 633,60 DM für dreimalige Behandlung, nämlich Auswechseln eines Implantteils für die Zähne 43, 32, 33 am 17.06., 24.06. und 26.06.97 in Höhe von je 211,20 DM (2,0-fache Satz) nicht erstattet hat. Entgegen seiner Auffassung steht dem Kläger diese Gebühr allerdings nicht nach Ziffer 905 zu, sondern ebenfalls nach GOZ Ziffer 904. Während Ziffer 904 die Gebühr entstehen lässt
31für Freilegen
32eines Implantats
33und Einfügen
34von Sekundärteilen bei einem "2-phasigen Implantationssystem", entsteht die Gebühr 905 bei "Auswechseln eines Sekundärteils bei einem zusammengesetzten Implantat."
35Allein der Wortlaut der Ziffer 905, nämlich "Auswechseln" setzt begrifflich voraus, dass ein anderes Sekundärteil, als das vorher vorhandene eingesetzt wird.
36Da im vorliegenden Fall aber unstreitig ist, dass das Sekundärteil an diesen Daten vom Primärteil getrennt wurde, ist damit zwangsläufig das Freilegen des Implantats verbunden und Herausnahme des Sekundärteils und Wiedereinsetzten: "Einfügen". Diese Auslegung entspricht auch dem von dem Thiemann, Anlage K 2 (bzw. Kläger selbst vorgelegten Kommentar von Frau Prof. Thiemann, Anlage K 2 (bzw. Schriftsatz 15.07.98, Bl. 110 GA.). Nach dem von dem Kläger selbst vorgelegten Kommentar Anlage K 2 zu GOZ Ziffer 904, kann die Abrechnung auch wiederholt werden, wenn in einer späteren Sitzung das Implantat erneut von Schleimhaut überdeckt ist. Dies entspricht auch dem Kommentar zur Gebührenordnung für Zahnärzte von Thiemann- Grosse, Deutscher Ärzte-Verlag 1988: "Es ist bei einem 2-phasigen Implantat eine Freilegung des Implantats nach einer Einheilphase notwendig, wird Nr. 904 berücksichtigt." Entgegen der Auffassung des Klägers kann er nicht nach 905 abrechnen auch nach der von ihm vorgelegten Kommentarstelle K 3 = Bl. 94 von Thiemann, wonach es heißt: "Das Auswechseln von Sekundärteilen kommt sowohl bei Abformung und Einproben während der Herstellung des Implantat getragenen Zahnersatzes als auch später im Rahmen des Recall in Betracht. Begrifflich setzt dies ein Auswechseln von Sekundärteilen voraus, genauso wie man eine Zündkerze oder Glühbirne auswechselt. Wenn diese funktionsfähig wären und man nur die alte Zündkerze oder Glühbirne überprüft und wieder einschraubt, käme niemand auf die Idee begrifflich von "Auswechseln" zu sprechen.
37Entgegen der Auffassung der Beklagten steht diese zweimalige Berechnung der Gebühr 904 nicht § 4 Abs. 2 GOZ entgegen, wonach für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, der Zahnarzt seine Gebühr nicht berechnen kann, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Der Kläger hat am 10.06.1997 das Freilegen eines Implantats an den streitbefangenen Zähnen berechnet und kann nach Auffassung des Gerichts die erneute Behandlung hieran vom 17., 24. und 26.06.97, von ihm als "Auswechseln" bezeichnet erneut nach GOZ Ziffer 904 berechnen, auch wenn dies in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der ersten Behandlung steht. Dem steht nicht entgegen, dass beide Gebührenziffern, nämlich 904 und 905 jeweils mit dem gleichen Gebührensatz von 35,20 DM berechnet werden. Die Zielrichtung der Vergütung für Ziffer 904 ist in erster Linie das Freilegen und Einfügen, z.B. eben auch nach Einheilphase, die des 905, das durch Auswechseln des Sekundärteils von dem behandelten Zahnarzt gerichtete Augenmerk darauf, ob das ausgewechselte, also neue Sekundärteil z.B. "passt".
38Die unter den genannten Daten unstreitig durchgeführte Behandlung war Bestandteil der gesamten Behandlung und dementsprechend ebenfalls abrechenbar. Es handelt sich um zeitlich unterschiedliche Behandlungsdaten, wenn auch an den jeweils selben Zähnen, so dass aber insgesamt nicht von einer parallelen Abrechnung gesprochen werden kann. Im Gegensatz zu einer Reparatur im technischen Bereich etwa Autoreparatur ist bei zahnärztlicher und ärztlicher Behandlung jeweils der Heilungsprozess während der Behandlungsdauer mit zu berücksichtigen und zu kontrollieren, so dass dies jeweils die weiteren Gebühren und deren Erstattungspflicht auslöst.
39Dem Kläger steht damit zu die Gebühr nach 904 in Höhe von 35,20 DM x Gebührensatz von 2,0, also 70,40 DM für Zahn 43, 32, 33, also 3 x 70,40 DM 211,20 DM
40und dies für die Behandlung am 17.06.,
4124.06. und 26.06.97 also: 633,60 DM
42Des weiteren stehen ihm zu wegen zweimaliger vergeblicher Mahnung nach Verzug,
43zweimal Portokosten á 1,10 DM 2,20 DM
44Die dem Kläger zustehende Forderung beläuft sich
45daher auf 635,80 DM
46Außerdem stehen ihm 4% Zinsen aus Verzug gemäß §§ 284, 286 seit 24.12.97 zu.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die übrigen Nebenentscheidungen aus §§ 708 Ziffer 11 und 713 ZPO.
48Streitwert: 703,21 DM.
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