Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 122 Cs-70 Js 5141/07-344/07
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
1
G r ü n d e :
2Die Staatsanwaltschaft X legt dem Angeklagten zur Last, in X am 31.1.2007 "in fünf Fällen" eine üble Nachrede gemäß § 186 StGB zum Nachteil der Mitglieder des X. Strafsenats des OLG X durch die Verlesung der von ihm verfassten Erklärung vom 30.1.2007 begangen zu haben.
3Das Verfahren war, ohne dass über die Strafbarkeit gemäß § 186 StGB zu entscheiden war, wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen. Der für die Verfolgung einer Straftat der üblen Nachrede gemäß § 194 StGB erforderliche Strafantrag lag nicht vor.
4Nach den in der Hauptverhandlung durch Verlesung getroffenen Feststellungen ist am 7.4.2007 das folgende Schreiben beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe eingegangen:
5"Die Präsidentin des Oberlandesgerichts
6Strafantrag gemäß § 194 Abs. 3 Satz 1 StGB
7Schreiben vom 16.02.2007 (2 ARP 26/07-3)
8Hiermit stelle ich gegen Rechtsanwalt X
9S t r a f a n t r a g
10wegen übler Nachrede sowie aller übrigen gegebenenfalls in Betracht kommenden Delikte zu Lasten der Mitglieder des X. Strafsenats meines Hauses im Hinblick auf den in dem mir mit dem Bezugsschreiben zugeleiteten Vermerk des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 16.02.2007 dargestellten Sachverhalt.
11XXX
12- maschinell erstellt, ohne Unterschrift gültig -"
13Dieses Schreiben entspricht jedoch nicht der für einen Strafantrag erforderlichen Form. Ein Strafantrag kann bei einer Behörde des Polizeidienstes nur schriftlich, bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden (§ 158 Abs. 2 StPO). Der Zweck dieses Formerfordernisses ist es, Klarheit über die Identität des Antragstellers sowie über das Vorhandensein und den Umfang des wirklichen Verfolgungswillens zu schaffen (Wache im KK § 158, 44 m.w.M.).
14Für die Wirksamkeit eines schriftlichen Strafantrags ist daher in aller Regel die Unterzeichnung des Antragstellers erforderlich. Ein nur mündlicher gestellter Antrag genügt demnach nicht.
15Die Schriftform ist aber auch nicht bereits dann gewahrt, wenn der Antrag schriftlich gestellt wird, aber die Unterschrift des Antragstellers fehlt. Insoweit ist beispielsweise bei einer Email zwar ein entsprechender Antrag schriftlich gestellt, eine Unterschrift fehlt jedoch, so dass nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, von wem der Antrag gestellt wurde und ob er mit Wissen und Wollen des Email-Absenders an die Strafverfolgungsbehörde geschickt wurde.
16Durch das Erfordernis der Unterschrift wird nicht nur die Klarstellungs- und Beweisfunktion gewährleistet, vielmehr besteht auch die Möglichkeit der Überprüfung der Identität des Ausstellers. Durch die Verbindung zwischen Erklärung und Unterschrift wird gewährleistet, dass die Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt (siehe auch zum Schriftformerfordernis im Zivilrecht statt vieler Heinrichs BGB, § 125, 2 a).
17Nur in Ausnahmefällen kann von der Erforderlichkeit der Unterschrift abgesehen werden. Liegt ein zweifelsfrei vom Antragsteller stammendes, über einen bloßen Entwurf hinausgehendes Schriftstück vor, so muss die Unterschrift von ihm nicht handschriftlich vollzogen sein, er kann sich dabei auch eines seine Unterschrift in der von ihm gebräuchlichen Schriftform wiedergebenden, sogenannten Faksimilestempels, bedienen (RGSt 62, 53 f; 63, 246, 248; Riesz LRRn 31). Insofern mag auch beim Einsatz von EDV-erzeugten Schriftstücken eine entsprechend eingescannte Unterschrift ausreichen.
18Dem Gebrauch eines Faksimilestempels können sonstige mechanische Vervielfältigungen, wie zum Beispiel Schreibmaschinenabdrucke (so RGSt 62, 53, 54 ) oder ein bloßer Firmenstempel ohne Unterschrift nicht ohne Weiteres gleichgestellt werden (OLG Celle GA 1971, 378). Insoweit ist es nicht ausreichend, wenn in einem Strafantrag jede Unterschriftsleistung fehlt und lediglich angegeben wird, dieses Schreiben sei maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig.
19Entscheidend ist, dass sich die Strafverfolgungsbehörden bzw. das Strafgericht später darüber Klarheit verschaffen müssen, dass das als Strafantrag bezeichnete Schreiben vom Antragsteller stammt und innerhalb der Strafantragsfrist bei der zuständigen Behörde eingegangen ist.
20Insofern ist es nicht ausreichend, dass gegebenenfalls im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass sich das Original des Strafantrags bei den Behördenakten befindet. Es ist nicht ausreichend, wenn nur eine Abschrift an die zuständige Stelle weitergeleitet wird (RGSt 48, 274, 276; Wache KK § 158, 42 m.w.N.).
21Eine Ausnahme kann insoweit nur gelten, wenn die Behörde ihren eigenen Strafantrag in beglaubigter Abschrift an die nach § 158 Abs. 2 StPO zustände Behörde übersendet. Insoweit ersetzt der Beglaubigungsvermerk die Unterschrift, so dass der Urheber der Erklärung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist. Dasselbe gilt auch bei der Weitergabe einer beglaubigten Ablichtung, die darüber hinaus ein genaues Abbild der Unterschrift vermittelt. Auch insoweit sind die notwendigen Überprüfungsmöglichkeiten gewährleistet.
22Vorliegend ist aber nur eine maschinell erfolgte Benennung der Urheberin erfolgt, ohne dass individuelle Unterschriftsmerkmale vorliegen. Vielmehr enthält der Strafantrag ausdrücklich die Ausführung, das Schreiben bedürfe keiner Unterschrift. Es kann dahinstehen, ob das Original von der OLG-Präsidentin unterzeichnet worden ist, entscheidend ist, dass dies aus der Urkunde selbst nicht hervorgeht. Es gibt auch keinen durch einen individuellen Schriftzug angebrachten Beglaubigungsvermerk. Demnach ist die – wenn auch fernliegende – Möglichkeit, dass irgendeine Person ohne die entsprechende Berechtigung und ohne Kenntnis und Wissen und Wollen der OLG-Präsidentin dieses Schreiben abgeschickt hat, nicht auszuschließen.
23Der Notwendigkeit einer eigenhändigen Unterschrift steht auch nicht entgegen, dass in Ausnahmefällen von einer Unterschrift völlig abgesehen worden ist. In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall (2 Ws 414/82 = NJW 1982, 2566; s.a. Meyer-Goßner, § 158, 11 m.w.N.) war der Strafantrag in dem von einem Polizeibeamten allein unterzeichneten Vermerk enthalten, den dieser auf die mündliche Anzeige des Verletzten gefertigt hat. Insoweit ist allein darauf abzustellen, ob die von dem Polizeibeamten unterzeichnete Niederschrift ausreichend deutlich erkennen lässt, dass der Zeuge einen Strafantrag gestellt hat und die Nichtunterzeichnung nicht auf einen bloßen Fehler oder Versehen beruht (siehe auch BayObLG MDR 1995, 190). Insoweit ist die durch einen Beamten unterschriebene Niederschrift gegebenenfalls ausreichend nachprüfbar, dass der Verletzte einen entsprechenden Strafverfolgungswillen rechtzeitig gegenüber der zuständigen Behörde geäußert hat. Hier ist die schriftliche Zeugenvernehmung, die von dem Beamten handschriftlich unterzeichnet wurde, einer späteren gerichtlichen Überprüfung über das Vorhandensein und den Umfang des Verfolgungswillens sowie der rechtzeitigen Antragstellung zugänglich.
24Dies ist bei den gerichtsbekannten Manipulationsmöglichkeiten bei EDV-erstellten Schreiben jedoch nicht möglich, wenn eine individuelle Unterschriftsleistung fehlt. Dies muss grundsätzlich für alle nur maschinell erstellten Schreiben gelten, gleichgültig ob sie von Privatpersonen oder Behörden – unabhängig davon, ob es sich um Justizbehörden, Strafverfolgungsbehörden oder sonstige Behörden handelt – gelten. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, dass bei bestimmten Behörden eine Missbrauchsmöglichkeit von vornherein ausgeschlossen ist.
25Die dem Gericht zur Verfügung stehenden Überprüfungsmöglichkeiten (im Wege des Freibeweises) beziehen sich aber nur auf die Urkunde selbst und nicht auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände.
26Da von der Wirksamkeit des Strafantrags die Durchführung des Strafverfahrens abhängt, können die in der Rechtsprechung für die Schriftform von Rechtsmitteln meist zu Gunsten des Angeklagten zugelassenen Ausnahmen von der strengen Einhaltung der Schriftform nicht auf die Auslegung des § 158 Abs. 2 StPO übertragen werden (KG Berlin NStZ 1990, 144).
27Das Verfahren war daher einzustellen, da ein nicht behebbares Prozesshindernis vorlag.
28Da der Angeklagte den Eintritt des Verfahrenshindernisses nicht zu vertreten hat und es bereits bei Beantragung des Strafbefehls vorlag, muss die Staatskasse nicht nur die Verfahrenskosten, sondern auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten tragen (§ 467 Abs. 1 StPO).
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