Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 50 C 9254/08
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 11.12.2008
durch den Richter am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.282,40 € nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.10.2008 zu
zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Treuhänder über das Vermögen des JH (nachfolgend Schuldner) und der RH (nachfolgend Schuldnerin) aufgrund zweier Insolvenz-Eröffnungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vom 26.03.2007 (Bl. 80 f. GA).
3Die Schuldner nahmen mit Vertrag vom 17.02.2003 (Siehe Bl. 82 GA) bei der Beklagen zu privaten Zwecken einen Kredit auf. Das Vertragsformular weist als Antragssumme 41.510,95 € auf, die sich aus einem Nettokredit von 39.228,55 € und einem Versicherungsbeitrag von 2.282,40 € zusammensetzt. Das Kreditvertragsformular enthält einen als "Widerrufbelehrung" überschriebenen Hinweis über das Widerrufsrecht des Kreditnehmers und bestimmte Widerrufsfolgen. Nach einer ebenfalls formularmäßigen "Besondere Vereinbarung" gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerruffs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt.
4Ebenfalls am 17.02.2003 schloss die Schuldnerin als Versicherungsnehmerin mit der X Lebensversicherung AG, die mit der Beklagten konzernrechtlich verschwistert ist, einen sog. "Versicherungsvertrag für Ratenkredite" (Bl. 83 GA), welcher gegen Zahlung eines Einmalbeitrags von 2282,40 € für den Fall des Todes einer der versicherten Personen – der Schuldner und die Schuldnerin - innerhalb des für den Kredit vorgesehenen Rückzahlungszeitraums die Zahlung einer bestimmte, von der jeweils noch ausstehenden Kreditrückzahlung abhängigen Summe vorsieht. In dem Versicherungsvertag ist vermerkt: "Dieser Vertrag gilt nur in Verbindung mit dem gleichzeitig bei der Xbank Privatkunden AG X (Xbank) aufgenommenen Kredit (versichertes Kreditkonto)." Außerdem enthält der Versicherungsvertrag folgende formularmäßige Erklärung der Schuldner: "Ich bevollmächtige die Xbank, Erklärungen im Zusammenhang mit der Erbringung der Versicherungsleistung für mich an X Leben bzw. X Versicherung abzugeben, von dieser entgegenzunehmen und den Beitrag zu Lasten des versicherten Kreditkontos an X Leben bzw. X Versicherung abzuführen." Der Versicherungsbeitrag von 2282,40 € wurde derart durch den Kreditvertrag finanziert, dass die Beklagte ihn nicht an die Schuldner, sondern unmittelbar an die X Lebensversicherung AG zahlte.
5Mit Schreiben vom 22.10.2007 (Bl. 87 GA) widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten den Kreditvertrag für den Schuldner und forderte die Beklagte auf, den Versicherungsbeitrag in Höhe von 2282,40 € bis zum 09.11.2007 an die Insolvenzmasse auszukehren. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 23.11.2007 (Bl. 89 GA) mit, dass sie eine Zahlung des Betrages an die Insolvenzmasse verweigere und bat den Kläger, bis zum 14.12.2008 Bescheid zu geben, dass dieser bis zum Abschluss des von der Beklagten geführten Verfahrens vor dem OLG Hamburg in der Rechtssache 11 U 179/07 auf jede Form von Einreden, insbesondere auf die Einrede der Verjährung verzichte. Mit Schreiben vom 29.02.2008 wiesen die Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 06.02.2008 (Geschäftszeichen 11 U 179/07) vorliege, das Urteil des LG Hamburg vom 07.07.2007 (Geschäftszeichen 320 O 43/07) rechtskräftig sei und der Beklagten aufgrund des Widerrufs kein Recht an dem Versicherungsbeitrag zustehe. Außerdem wurde der Beklagten in dem Schreiben für die Zahlung des Versicherungsbeitrages und den Ersatz des Verzugsschadens in Höhe der entstandenen Rechtsanwaltskosten eine Frist bis zum 14.03.2008 gesetzt. Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 06.03.2008 (Bl. 91 GA) an, lediglich den Rückkaufswert der Versicherung in Höhe von 161,70 € zu zahlen, verweigerte aber die Zahlung im Übrigen (Bl. 91 GA). Im Folgenden ging jedoch selbst der Betrag von 161,70 € nicht auf das von dem Kläger für das Treuhandverfahren eingerichtete Anderkonto ein. Mit Schreiben vom 08.04.2008 (Bl. 92 GA) widerrief der Kläger schließlich auch den Kreditvertrag auch für die Schuldnerin.
6Der Kläger behauptet, die Beklagte wär nur unter der Bedingung, dass die Schuldner auch den Versicherungsvertrag abschließen, zum Abschluss des Kreditvertrags bereit gewesen. Er ist der Ansicht, der Versicherungsvertrag habe sich infolge des Widerrufs des Kreditvertrags gem. § 358 Abs. 2 S. 1 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, da er ein mit dem Kreditvertrag verbundener Vertrag im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB sei. Der Widerruf des Kreditvertrags sei auch rechtzeitig erfolgt, da dieser mangels Belehrung über die Auswirkungen eines Widerrufs des Kreditvertrags auch auf den Versicherungsvertrag an keine Frist gebunden sei. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Versicherungsbeitrag an ihn zu erstatten.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.282,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
9Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.11.2008 (richtig
1010.11.2007) zu zahlen, und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den
11Verzugsschaden in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent-
12punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.03.2008 zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt;
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist insbesondere der Ansicht, es handele sich bei dem Kreditvertrag und dem Versicherungsvertrag nicht um verbundene Verträge im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB; zum einen diene der Kreditvertrag nicht der Finanzierung des Versicherungsvertrags, da Zweck der Kreditaufnahme nicht der Abschluss des Versicherungsvertrags, sondern der allgemeine Finanzierungsbedarf der Schuldner gewesen sei, zum anderen bildeten die beiden Verträge auch keine wirtschaftliche Einheit, da die Schuldner frei über die Darlehensvaluta hätte verfügen können und die Kreditvergabe, wie sie behauptet, unabhängig von dem Abschluss des Versicherungsvertrags erfolgt sei.
16Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das Vorbringen der Parteien in deren wechselseitigen Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Klage ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Nebenforderungen begründet.
19Der Kläger kann als Treuhänder über das Vermögen der Schuldner von der Beklagten Rückzahlung des Versicherungsbeitrags von 2.282,40 € nach §§ 346, 357, 358, 355, 495 BGB verlangen. Denn der vom Kläger mit Schreiben vom 22.10.2007 für den Schuldner und mit Schreiben vom 08.04.2008 für die Schuldnerin erklärte Widerruf des mit der Beklagten geschlossenen Kreditvertrags erfasst gem. § 358 Abs. 2 S. 1 BGB auch den Versicherungsvertag, da es sich bei den beiden Verträgen um verbundene Verträge im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB handelt.
20Die Frage, ob ein Verbraucherdarlehensvertrag und ein zu dessen Absicherung geschlossener und mit dem aufgenommenen Kredit mitfinanzierter Versicherungsvertrag verbundene Geschäfte im Sinne der genannten Vorschrift sind, wird in der Literatur überwiegend bejaht (so etwa MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 12; Staudinger/Kessal-Wulf, § 358, Rn. 40; Palandt/Grüneberg, § 358, Rn. 7; a.A. etwa Scholz, Verbraucherkreditverträge, 2. Aufl., Rn. 245) und von der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet: Die Beklagte beruft sich in erster Linie auf zwei dieser Frage verneinende (nicht vorgelegte!) Beschlüsse des OLG Celle (Beschluss vom 03.05.2005 – 3 W 79/05) und des LG Essen (Beschluss vom 03.05.2007 – 6 O 108/07). Das OLG Celle habe das Vorliegen verbundener Verträge mit der Begründung verneint, dass der Kreditvertrag nicht hauptsächlich der Finanzeirung der Versicherungsprämie diene. Darüber hinaus habe das Gericht darauf hingewiesen, dass bei einem klassischen Verbraucherkredit zunächst die Entscheidung des Kunden stehe, von sich aus bei der Bank einen Kredit zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse aufzunehmen; die Restschuldversicherung sei dann eine Folge der eigenen Entscheidung des Kreditnehmers, den Kredit durch eine solche Versicherung abzusichern, so dass die Restschuldversicherung nur eine Folge des Kreditvertrags sei. Das LG Essen habe die Voraussetzung des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB mit der Begründung verneint, der Darlehensvertag werde "gerade nicht abgeschlossen, um den Restschuldversicherungsvertrag zu ermöglichen. Vielmehr kam es zum Abschluss des Darlehensvertrags allein aufgrund des allgemeinen Finanzierungsbedarfs für nicht näher spezifizierte Geschäfte. Der Versicherungsvertrag diente also keinem weitergehenden Zweck, als der Absicherung des allgemeinen Darlehensbetrages und stellt mithin keine andere Leistung im Sinne der Norm, sondern einen Teil der Gesamtfinanzeirung dar." Mit ähnlichen Begründungen hätten das LG Bremen (ebenfalls nicht vorgelegter Beschluss vom 18.06.2008 – 2 O 2019/06: Versicherungsvertrag diene allein der Absicherung des Darlehns) und das LG Köln (Urteil vom 22.04.2008 – 15 O 494/07: Restschuldversicherung sei bloßes Nebengeschäft zu der Kreditvereinbarung) das Vorliegen der Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB verneint. Dagegen hatten aber das OLG Rostock (Beschluss vom 23.03.2005 – 1 W 63/03, NJW-RR 2005, S. 1416 f.) und da OLG Schleswig (Urteil vom 26.04.2007 – 5 U 162/06, NJW-RR, S. 1347 ff.) bereits für die Vorgängernorm des § 358 Abs. 3 BGB entschieden, dass eine für einen Verbraucherkredit abgeschlossene Restschuldversicherung ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG darstellt, wenn der Versicherungsbeitrag über den Kredit mitfinanziert wird. In demselben Sinne gehen das LG Hamburg (Urteil vom 11.07.2007 – 322 O 43/07, Bl. 97 GA) und das AG Lübeck (Urteil vom 08.08.2008 – 25 C 1545/08, Bl. 68 GA) vom Vorliegend er Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB aus.
21Nach der Ansicht des erkennenden Gerichts ist jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden von einer Verbindung der beiden Verträge im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB auszugehen. Beide für das Vorliegen verbundener Verträge im Sinne dieser Vorschrift erforderlichen Voraussetzungen – nämlich, dass erstens das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und zweitens beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden – sind gegeben.
22Die erste Voraussetzung ist zu bejahen, da ein Kreditvertrag nicht nur dann "ganz oder teilweise" der Finanzeirung eines Vertrages über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung dient, wenn der Käufer bzw. Leistungsempfänger den anderen Vertrag im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB ganz, d.h. allein durch das Darlehen, oder teilweise, d.h. unter teilweiser Verwendung bereits vorhandener Mittel, durch das Darlehen finanziert, sondern auch dann, wenn das Darlehen im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB nicht ganz, sondern nur teilweise zur Finanzierung des anderen Vertrags verwendet wird (vgl. in diesem Sinne AG Lübeck, a.a.O., sowie bereits in Hinblick auf § 9 Abs. 4 VerbrKrG, OLG Rostock, a.a.O., Rn. 8). Zwar mag die Hypothese der bloß teilweisen Finanzierung des anderen Vertrags durch das Darlehen den in der Praxis häufiger auftretenden Fall bilden; doch ist die Hypothese, dass lediglich ein Teil des Darlehens der (vollständigen) Finanzierung des anderen Vertrags dient, gleichfalls vom Wortlaut der Vorschrift erfasst. Ebenso ist es unter teleologischen Gesichtspunkten geboten, auch die zweite Hypothese – zumindest in der Konstellation des hier zu entscheidenden Falles – als von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB erfasst anzusehen. Der Grund dafür, dass sich der Widerruf des finanzierten Geschäfts auch auf den Bestand des Darlehensvertrags (§ 358 Abs. 1 BGB) bzw. der Widerruf des Darlehensvertrags auf den Bestand des finanzierten Geschäfts (§ 358 Abs. 2 BGB) auswirkt, ist die Überlegung, "dass dem Verbraucher nicht gedient wäre, wenn er zwar einen der von ihm geschlossenen Verträge widerrufen könnte, dies aber die Bindung an den zweiten, mit dem widerrufenen Vertrag eine wirtschaftliche Einheit bildenden Vertag nicht beseitigen würde" (MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 1). Der Verbraucher soll also nicht an einem isoliert für ihn sinnlosen Vertag festgehalten werden, sondern über die Ausübung seines Widerrufsrechts in der Gewissheit entscheiden könne, dass er im Falle eines Widerrufs an keines der Geschäfte mehr gebunden ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Verbraucher selbst oder, infolge von dessen Insolvenz, ein Treuhänder über die Ausübung des Widerrufs entscheidet (vgl. AG Lübeck, a.a.O.). Dieser Gedanke greift auch dann, wenn das Darlehen neben der Finanzierung des mit ihm eine wirtschaftliche Einheit bildenden Versicherungsvertrags noch zur Finanzierung weiterer Geschäfte verwendet wird. Denn die Restschuldlebensversicherung ist für den Verbraucher, unabhängig von der Verwendung des Darlehensbetrags im Übrigen, ohne den Kreditvertrag wirtschaftlich sinnlos. Dass der Darlehensvertrag neben der Finanzierung des Versicherungsvertrags noch zur Finanzeirung weiterer, mit dem Kredit nicht verbundener Geschäfte dient, darf dem Verbraucher insofern nicht zum Nachteil gereichen.
23Ebenso wenig kann § 358 BGB vor dem Hintergrund des Wortlauts sowie Sinn und Zweck der Vorschrift Anhaltspunkte für eine Beschränkung des "anderen Vertrags" auf bestimmte Geschäfte, insbesondere mit einer eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung für den Verbraucher, entnommen werden. Die weite Formulierung "Erbringung einer anderen Leistung" erfasst auch Restschuldlebensversicherungen, die allein dazu bestimmt sind, das eigentlich vom Verbraucher angestrebte Geschäft, den Kreditvertrag, abzusichern. Ebenso würde es wiederrum dem gebotenen Verbraucherschutz zuwiderlaufen, wenn man § 358 Abs. 3 S. 1 BGB mit der Begründung verneinte, dass die Restschuldversicherung allein der Absicherung der Darlehensrückzahlung diene bzw. dass es sich bei dem Versicherungsvertrag allein um ein bloßes Nebengeschäft zu der Kreditvereinbarung handele (so aber das LG Bremen, a.a.O., bzw. das LG Köln, a.a.O.). Vielmehr darf unter teleologischen Gesichtspunkten gerade nicht Voraussetzung sein, dass die Lieferung der Ware bzw. der Erhalt einer Leistung, d.h. hier die Gewährung des Versicherungsschutzes, das wirtschaftliche Primärziel des Verbrauchers darstellt; das in erster Linie vom Verbraucher angestrebte wirtschaftliche Ziel kann daher ohne weiteres in der Nettokreditgewährung, d.h. soweit sie nicht die Finanzierung der Versicherung, sondern dem allgemeinen Finanzbedarf dient, liegen. Aus den gleichen Gründen ist § 358 Abs. 3 S. 1 BGB nicht die Voraussetzung zu entnehmen, dass der Entschluss des Verbrauchers über den Abschluss des anderen Vertrags, d.h. über den Erwerb der Ware bzw., wie hier, die Erlangung der Leistung in zeitlicher Hinsicht vor dem Entschluss über die Finanzeirung durch ein Darlehen liegen muss (vgl. Palandt-Grüneberg, § 358, Rn. 11, unter Hinweis auf BGH NJW-RR 2006, S. 1715, wonach die zeitliche Reihenfolge der beiden Verträge unerheblich ist).
24Vor diesem Hintergrund kann es hier auch dahingestellt bleiben, ob das Wort "dient" in § 358 Abs. 3 S. 1 BGB ein finales Element in dem Sinne voraussetzt, dass das Darlehen gerade (auch) zu dem Zweck aufgenommen wurde, den anderen Vertrag zu finanzieren, oder ob es ausreicht, dass das Darlehen bloß tatsächlich für die Finanzierung des anderen Vertrags verwendet wurde; denn die Tatsache, dass sich die beantragte Darlehenssumme von 41.510,95 € ausweislich des Kreditvertrags aus dem Nettokredit von 39.228,55 € und dem Versicherungsbeitrag von 2.282,40 € zusammensetzt, bringt zum Ausdruck, dass der Kreditvertrag zumindest teilweise den eindeutigen Zweck hatte, den Versicherungsbeitrag zu finanzieren.
25Auch die zweite Voraussetzung des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB, das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Kredit- und Versicherungsvertrag, ist gegeben. Erforderlich ist dafür, dass Kauf- und Darlehensvertrag eine so enge Verbindung aufweisen, dass sich beide als Teilstücke einer rechtlichen oder zumindest wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit ergänzen (MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 36, m.w.N.). Maßgeblich ist insofern nicht die Frage, ob Unternehmer und Darlehensgeber aus der Sicht des konkreten bzw. typischen Verbrauchers gemeinsam wie eine Vertragspartei auftreten (so noch Palandt-Grüneberg, § 358, Rn. 12, m.w.N.), sondern eine objektive Betrachtungsweise (zu diesem Perspektivenwechsel vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 24, m.w.N.). Entscheidend ist hier, dass die Beklagte als Kreditgeberin mit dem weiteren Vertragspartner, der X Lebensversicherung AG, objektiv eng zusammenarbeitet und ein wechselseitiger Bezug zwischen dem Kredit- und dem Versicherungsvertrag besteht. Denn zum einen ist auf dem Versicherungsvertrag vermerkt, dass dieser "nur in Verbindung mit dem gleichzeitig bei der Xbank Privatkunden AG XX (Xbank) aufgenommenen Kredit (versichertes Kreditkonto)" gilt, zum anderen haben die Schuldner die Beklagte mit Abschluss des Versicherungsvertrags bevollmächtigt, "Erklärungen im Zusammenhang mit der Erbringung der Versicherungsleistung für sie an X Leben bzw. X Versicherung abzugeben, von dieser entgegenzunehmen und den Beitrag zu Lasten des versicherten Kreditkontos an X Leben bzw. X Versicherung abzuführen." Zudem bilden die beiden Geschäfte dadurch eine Einheit, dass der Abschluss der mitfinanzierten Restschuldversicherung nicht nur dem Interesse der Kreditnehmer, d.h. der Schuldner, Versicherungsschutz zu erlangen, sondern mittelbar auch dem des Kreditgebers dient, da für den Fall des Todes eines der Kreditnehmer die Darlehensrückzahlung zumindest weitgehend sichergestellt gewesen wäre (ebenso AG Lübeck, a.a.O.). Auch wenn man die oben beschriebene rechtliche bzw. wirtschaftlich-tatsächliche Einheit so versteht, dass die beiden Geschäfte derart miteinander verbunden sein müssen, dass "keines ohne das andere geschlossen worden wäre oder jeder der Verträge seinen Sinn erst durch den anderen erhält" (Nachweise aus der BGH-Rechtsprechung bei MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 36, Fn. 114), ist diese Voraussetzung hier gegeben. Denn die Schuldner hätten möglicherweise aufgrund ihres allgemeinen Finanzbedarfs auch ohne den Abschluss einer Restschuldversicherung ein Darlehen aufgenommen, dies allerdings nicht in der konkreten – und maßgeblichen – Form, d.h. inklusive eines zusätzlich aufgenommenen und gesondert ausgewiesenen Kreditbetrags für den Versicherungsbeitrag. Da die genannten Kriterien für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ausreichen, kommt es nicht auf die streitige Frage an, ob die Beklagte auf die Schuldner Druck ausgeübt hatte, den Versicherungsvertag zusätzlich zu dem Kreditvertrag abzuschließen bzw. ob der Abschluss des Versicherungsvertrags Bedingung für die Gewährung des Kredits war.
26Der Rechtsfolge, dass ein Widerruf des Kreditvertrag gem. § 358 Abs. 2 S. 1 BGB auch den mit ihm im Sinne von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB verbundenen Versicherungsvertag erfasst, steht nicht entgegen, dass das in § 8 Abs. 4 VVG grundsätzlich für Versicherungsverträge mit einer Laufzeit von einem Jahr vorgesehene 14-tägige Widerrufsrecht nach Satz 5 dieser Vorschrift ausnahmsweise nicht besteht, wenn und soweit der Versicherer – wie bei Restschuldversicherungen typischerweise der Fall – auf Wunsch des Versicherungsnehmers sofortigen Versicherungsschutz gewährt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dieser Ausnahmeregelung auch die Möglichkeit einer Rückabwicklung des Versicherungsvertrags infolge des Widerrufs eines mit ihm verbundenen Darlehensvertrags ausschließen wollte und die Regelungen des VVG für den Widerruf von Versicherungsverträgen abschließend sein sollen. Vielmehr bezieht sich die in § 8 Abs. 4 S. 5 VVG geregelte Ausnahme ihrer systematischen Stellung nach allein auf das in § 8 Abs. 4 S. 1 VVG vorgesehene Widerrufsrecht. Da mit der Wirkung des Widerrufs des Kreditvertrags auf den Versicherungsvertrag der besonderen Interessenlage bei verbundenen Geschäften Rechnung getragen wird, darf ohne eine entsprechende ausdrücklichen Regelung (wie sie etwa mit § 312a BGB in Hinblick das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften nach § 312 BGB besteht) nicht von einer Einschränkung des § 358 Abs. 2 S. 1 BGB ausgegangen werden; ebenso wenig wie § 8 Abs. 4 S. 5 VVG der Ausübung eines anderen (als dem in § 8 Abs. 4 S. 1 VVG statuierten) Widerrufsrechts unmittelbar in Hinblick auf den Versicherungsvertrag, etwa aufgrund einer Haustürsituation, entgegenstehen darf, darf die Vorschrift keine Auswirkungen auf die Rechtsfolge des § 358 Abs. 2 S. 1 BGB haben (im Ergebnis ebenso AG Lübeck, a.a.O.).
27Das Widerrufsrecht hinsichtlich des Kreditvertrags, welcher aufgrund der Verbrauchereigenschaft der Schuldner (§ 13 BGB) und der Unternehmereigenschaft der Beklagten (§ 14 BGB) einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 491 Abs. 1 BGB darstellt, ergibt sich aus § 495 Abs. 1 BGB. Weder die Ausnahmetatbestände des § 491 Abs. 2, 3 BGB noch die des § 495 Abs. 2 BGB sind einschlägig. Das Widerrufsrecht ist auch nicht nach § 358 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen, wonach das Widerrufsrecht aus § 495 Abs. 1 BGB nicht besteht, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach §§ 355 ff. BGB hinsichtlich des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Geschäfts zukommt; denn hinsichtlich des Versicherungsvertrags bestand zu keinem Zeitpunkt ein Widerrufsrecht im Sinne der §§ 355 ff. BGB.
28Der Widerruf des Kreditvertrags wurde mit den Schreiben des Klägers vom 22.10.2007 für den Schuldner und vom 04.08.2008 für die Schuldnerin den inhaltlichen und formellen Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB entsprechend und unter Berücksichtigung von § 425 Abs. 1 BGB erklärt. Die "Besondere Vereinbarung" des Kreditvertrags, nach welcher der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt, ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Regelung des § 355 Abs. 1 BGB unwirksam.
29Der Einhaltung der in § 355 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehenen Frist von zwei Wochen bedurfte es nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Schuldner über ihr Widerrufsrecht nicht. Denn die Schuldner sind nicht der Vorgabe des § 358 Abs. 5 BGB entsprechend darüber belehrt worden, dass im Falle eines Widerrufs des Kreditvertrags auch keine Bindung an den Versicherungsvertrag mehr besteht. Der Hinweis in dem Versicherungsvertrag, dass das Versicherungsverhältnis seinerseits ohnehin kündbar ist, reicht für eine solche Belehrung nicht aus (LG Hamburg, a.a.O.). Der Kläger hat den Anspruch auch nicht gemäß § 242 BGB durch sein Schweigen auf das Schreiben der Beklagten vom 23.11.2007 verwirkt, da diese ihrerseits nach Treu und Glauben im Anschluss an das Schreiben des Klägers vom 22.10.2007, mit dem er den Kreditvertag für den Schuldner widerrufen hatte, keine weitere ihrem Verlangen aus dem Schreiben vom 23.11.2007 widersprechende Äußerung erwarten durften.
30Die Beklagte ist nach § 358 Abs. 4 S. 3 BGB, wonach der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist, die richtige Anspruchsgegnerin. Denn das Darlehen ist, soweit es die Finanzierung des mit ihm verbundenen Versicherungsvertrags betrifft, der X Lebensversicherung AG, d.h. dem Unternehmer im Sinne der genannten Vorschrift, vor Wirksamwerden des Widerrufs zugeflossen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten bedeutet das Eintreten des Darlehensgebers in die Rechte und Pflichten des Unternehmers nicht etwa, dass der mitfinanzierte Versicherungsbeitrag, statt von dem Kläger, durch die Beklagte zurückgefordert werden könnte. Der Versicherungsbeitrag ist trotz der direkten Zahlung von der Beklagten als Darlehensgeberin an die X Lebensversicherung AG als Unternehmerin von den Schuldnern an die Versicherung geleistet worden. Folge des § 357 Abs. 4 S. 3 BGB ist allein, dass es statt zu einer Rückabwicklung "übers Dreieck" zu einer bilateralen Rückabwicklung allein zwischen dem Darlehensgeber und dem Verbraucher kommt. Dadurch soll es dem Verbraucher erspart werden, zunächst dem Darlehensgeber den Darlehensbetrag erstatten zu müssen und sich sodann seinerseits an den Unternehmer wegen der Rückzahlung des für das finanzierte Geschäft gezahlten Betrages halten zu müssen (HK-BGB/Schulze, § 358, Rn. 11). Bei der Rückabwicklung im Einzelnen (siehe dazu etwa MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 84) kommt dem Darlehensgeber daher eine Doppelrolle zu, aufgrund welcher er einerseits (in der Rolle des Unternehmers, in die er nach § 357 Abs. 4 S. 3 BGB eingetreten ist) an den Verbraucher den für das finanzierte Geschäft erhaltenen Betrag, d.h. hier den Versicherungsbeitrag in Höhe von 2.282,40 €, zurückerstatten muss, andererseits hat der Darlehensgeber (in ebendieser Rolle) einen Anspruch gegen den Verbraucher auf Rückerstattung des dem Verbraucher zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts gewährten Darlehensbetrags, ebenfalls in Höhe von 2.282,40 € (wobei eine Darlehensgewährung an den Verbraucher auch dann anzunehmen ist, wenn der Darlehensgeber den Darlehensbetrag, wie hier, unmittelbar an den Unternehmer zahlt). Die genannten sich gegenüberstehenden Ansprüche werden grundsätzlich kraft Gesetzes saldiert (MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 84, m.w.N. in Fn. 247). Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn, wie hier, über das Vermögen des Verbrauchers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In diesem Fall steht einer Saldierung entgegen, dass der Anspruch des Verbrauchers der Masse zufällt, während der Darlehensgeber, d.h. hier die Beklagte, hinsichtlich ihres Anspruchs kein Aussonderungsrecht hat. Die Folge, dass die Beklagte dadurch etwas an den Kläger "zurückgewähren" muss, das sich – zumindest wirtschaftlich – nie im Vermögen der Schuldner befand, lässt sich jedenfalls für die Fälle des § 358 Abs. 2 BGB, d.h. in denen Gegenstand des Widerrufs der Verbraucherdarlehensvertrag ist, damit begründen, dass es dem Darlehensgeber, d.h. hier der Beklagten, oblegen hätte, für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sorgen (vgl. MüKo-BGB/Habersack, § 358, Rn. 82).
31Ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens in Höhe der entstandenen vorprozessualen Rechtsanwaltskosten von 272,87 € gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Verbindung mit den Regelungen des RVG ist indes nicht gegeben. Zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten des Klägers befand sich die Beklagte noch nicht in Verzug, sondern sie ist erst durch die Klagezustellung in Verzug geraten. Die der Beklagten gesetzten Zahlungsfristen bis zum 09.11.2007 bzw. 14.03.2008 konnte nicht deren Verzug auslösen, da der Rückforderungsanspruch zu diesem Zeitpunkt mangels Widerruf des Kreditvertrags auch für die Schuldnerin noch nicht fällig war.
32Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 286 BGB. Der Kläger kann Zinsen allerdings erst ab – wie ausgeführt – Verzugsbeginn zum Zeitpunkt der Klagezustellung verlangen und nicht bereits wie – sinngemäß – beantragt ab dem 10.11.2007.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
34Der Streitwert wird auf 2.282,40 € festgesetzt.
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