Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 42 C 569/15
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2016
durch den Richter am Amtsgericht I
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.900,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. April 2014 sowie außergerichtliche Rechtsanwalts-kosten von 413,64 € nebst Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 8. Mai 2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beklagte ist ein Venture-Capital-Unternehmen, das eingesammeltes Kapital in künftige Investitionsvorhaben, nämlich in Zielgesellschaften zu investieren beabsichtigt.
Am 9. Januar 2014 kontaktierte ein Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens, welches von der Beklagten mit dem Vertrieb beauftragt wurde, den Kläger telefonisch. Gegenstand des Telefonats war der Abschluss eines Spar- und Reservierungsvertrages zwischen den Parteien über 1.000 Stück zu reservierende, auf den Inhaber lautende nennwertlose Stammaktien mit einer Bezugsfrist bis zum 15. Februar 2017 bei einem gesamten Aktienwert von 6.000,- € und einer monatlich zu leistenden Reservierungsprämie von 65,- € unter Anrechnung eines Garantieguthabens von 2.100,- €.
Einen Tag nach dem Telefonat übersandte die Beklagte an den Kläger ein Schreiben vom 10. Januar 2014. In dem Schreiben heißt es:„… mit Ihrer Reservierung „S“ kann sich ihre Welt ein ganzes Stück verändern.Mit einem Schlag können sie Millionengewinne erzielen!Mit der Reservierung der Gold Aktie setzen wir über alle Hoffnung hinaus auf geballte Gewinnkraft des brandneuen Venture-Kapital-Portofolios, computeroptimierten Analysen, ausgeklügelten Geschäftsideen mit Chancenreichsten Methoden gezielt in Wachstumsmärkte.
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Mit Schreiben vom 17. Februar, 17. März und 3. April 2014 forderte die Beklagte den Kläger auf, jeweils 65,- € an die Beklagte zu zahlen.
Der Kläger überwies an die Beklagte am 8. März 2014 einen Betrag von 2.950,- € sowie am 8. April 2014 einen Betrag von 950,- € an die Beklagte.
Mit Anwaltsschreiben vom 17. April und 19. Mai 2014 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Beträge auf. Hilfsweise erklärte er die Anfechtung eines etwaigen mit der Beklagten geschlossenen Vertrages wegen arglistiger Täuschung sowie den Widerruf.
Der Kläger behauptet:Der Kläger sei im Rahmen des Telefonates davon ausgegangen, dass die Beklagte im Bereich des Goldhandels tätig sei und hat der Kläger aufgrund der bekannt hohen Goldpreise hohe Gewinne machen könne. Der Kläger steht habe die Überweisungen in der irrtümlichen Annahme vorgenommen, dass ein Vertragsschluss bereits erfolgt sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.900,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. April 2014 sowie außergerichtliche Rechtsanwalts-kosten von 413,64 € nebst Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 8. Mai 2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet:Der Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens habe dem Kläger mitgeteilt, dass diesem 1.000 Aktien für einen späteren Erwerb zu einem bereits jetzt festgelegten Preis von 6,- € pro Aktie und einem Gesamtwert von 6.000,- € zur Reservierung angeboten werden. Der Kläger erhalte die Möglichkeit, den Gesamtbetrag von6.000,- €, reduziert durch einen anrechenbaren Betrag von 2.100,- € als Garantieguthaben aus M, also den verbleibenden Differenzbetrag in Höhe von 3.900,- € durch monatliche Reservierungsprämien von 65,- € anzusparen und das Bezugsrecht bis zum 15. Februar 2017 auszuüben, wobei der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt den Differenzbetrag zwischen dem Gesamtwert von 3.900,- € und den bis dahin geleisteten Reservierungsprämien zu entrichten habe. Außerdem sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass der voraussichtliche Starttermin vom Zeitpunkt des Telefonats an gerechnet in mehr als 30 Tagen, also am 15. Februar 2014 liege, sofern der Kläger das Ganze nicht reklamieren würde. Außerdem sei er darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den angebotenen Aktien der Beklagten um Wagniskapital handele. Der Kläger habe sich telefonisch mit dem Abschluss des Spar-und Reservierungsvertrages auf den Bezug der vorbezeichneten Anzahl an Aktien einverstanden erklärt und auf die Verlesung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verzichtet.
1
Entscheidungsgründe:
2Die Klage ist begründet.
3Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.900 € aus § 280 Abs. 1 BGB zu.Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nach § 138 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 UWG unwirksam ist.Selbst wenn man von einer Wirksamkeit des Vertrages ausgeht, besteht jedenfallsSchadensersatzanspruch des Klägers wegen einer von der Beklagten begangenenVerletzung der Aufklärungspflicht.Beim Vertrieb von Aktien besteht eine Verpflichtung, den Anleger über die Konstruktion sowie über mit der Anlage verbundene Risiken aufzuklären (§ 31 Abs. 3 WpHG).An einer solchen Aufklärung fehlt es vorliegend.Dem Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 10. Januar 2014 geriert, auf einen Schlag Millionengewinne erzielen zu können.Eine Erläuterung, welche Gewinn- und Verlustmöglichkeiten für den Anleger unter welchen Voraussetzungen bestehen, ist weder dem Vertrag selbst noch den beigefügten „Informationen“ in einer für einen mit der Materie nicht vertrauten Kunden verständlichen Weise zu entnehmen.Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger sei in dem Telefonat vom 9. Januar 2014 darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den angebotenen Aktien um Wagniskapital handele. Die Beklagte hat nämlich nicht ansatzweise vorgetragen, über welches Wagnis der Kläger im einzelnen aufgeklärt worden sein soll.
4Eine weitere Pflichtverletzung der Beklagten bestand darin, dass sie entgegen § 3 Abs. 1 WpPG keinen Prospekt für die hier in Rede stehenden Aktien veröffentlicht hat und dementsprechend diese überhaupt nicht hätte anbieten dürfen.Dies hatte auch zur Folge, dass die C der Beklagten am 7. Februar 2014 das Angebot der B untersagt hat.
5Diese Pflichtverletzungen lösen nach § 280 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzan-spruch aus, der auf eine Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auf Rückzahlung der geleisteten Beträge gerichtet ist. Es besteht dabei eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Kläger bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung das für ihn undurchsichtige Geschäft mit der Beklagten nicht abgeschlossen hätte.
6Die zuerkannten Nebenansprüche beruhen auf den §§ 280 I, II, 286, 288 BGB.
7Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
8Streitwert: 3.900,- €
9Rechtsbehelfsbelehrung:
10Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
111. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
122. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
13Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
14Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
15Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
16Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
17I
18Richter am Amtsgericht
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Referenzen
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