Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf - 101 Ls-20 Js 8275/15-19/16
Tenor
Die Angeklagte wird wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens sowie ihre notwendigen Auslagen trägt die Angeklagte.
Angewandte Vorschriften: §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 13 Abs. 2, 49 StGB
1
G r ü n d e :
2I.
3Die zum Schluss der Hauptverhandlung 66 Jahre alte Angeklagte ist verheiratet. Die Angeklagte ist pensionierte Lehrerin der Besoldungsgruppe A 14. Sie erhält monatlich 2.282,00 Euro Pension. Der Ehemann der Angeklagten erhält monatlich 3.210,00 Euro Pension. Die Angeklagte lebt mit ihrem Ehemann in einem in ihrem Eigentum stehenden Haus. Zudem verfügen die Eheleute über ein Ferienhaus in Schleswig-Holstein, welches mit einer Hypothek in Höhe von 50.000,00 Euro belastet ist.
4Strafrechtlich ist die Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.
5II.
6Die Angeklagte war in der Zeit vom 01.08.2009 bis zum 31.03.2015 als beamtete Lehrerin beim Land NRW beschäftigt. Ab dem 01.08.2009 wechselte sie in Altersteilzeit mit einer fiktiven rechnerischen Teilzeitbeschäftigung von 18,6 Stunden gegenüber der rechnerischen Vollzeitbeschäftigung von 41 Stunden. Aufgrund eines Fehlers beim LBV wurde ihre vermindere Tätigkeit nicht zutreffend in das Besoldungssystem eingepflegt. Die Angeklagte erhielt zu Beginn der Altersteilzeit die Bezüge einer Vollzeitkraft zuzüglich eines Altersteilzeitzuschlages. In der Folgezeit erhöhte sich die monatliche Überzahlung infolge von Systemumstellungen weiter. Die Angeklagte unterließ es, das LBV auf die von ihr bemerkten Überzahlungen hinzuweisen. Insgesamt erhielt die Angeklagte im Tatzeitraum 236.924,93 Euro zu viel ausgezahlt.
7III.
8Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie den Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugin M.
9Die Angeklagte hat eingeräumt, die Überzahlung im angeklagten Umfang erhalten zu haben. Sie hat sich jedoch dahingehend eingelassen, dass nicht bemerkt zu haben.
10Die Höhe der Überzahlungen wurde nochmals bestätigt durch die Angaben der Zeugin M, die dem Gericht auch im Einzelnen die einzelnen Bestandteile der Bezügemitteilung sowie die Berechnung des Altersteilzeitzuschlages erläutert hat.
11Soweit die Angeklagte sich dahingehend eingelassen hat, eine Überzahlung nicht festgestellt zu haben, ist dies nach Auffassung des Gerichts als unglaubhafte Schutzbehauptung zu werten. Selbst wenn zugunsten der Angeklagten unterstellt wird, dass sie sich um ihre finanzielle Verhältnisse nur äußerst unzureichend gekümmert und sie dies überwiegend ihrem Ehemann überlassen hat, erscheint es jedoch ausgeschlossen, dass sie eine Überzahlung in dem hier erfolgten Umfang nicht bemerkt haben könnte. Zum einen war infolge der von der Angeklagten beantragten und ihr auch bewilligten Altersteilzeit eine Reduzierung der zuvor zuletzt erhaltenen Bezüge zu erwarten. Demgegenüber erhielt die Angeklagte jedoch sogar um den Altersteilzeitzuschlag erhöhte Vergütung eines Vollzeitbeschäftigten. Die Vergütung der Angeklagten überstieg daher sogar ihre Einkünfte vor Beginn der Altersteilzeit. Zum anderen liegt es angesichts der von der Angeklagten selbst aktiv vorgenommenen Umstellung auf Altersteilzeit ohnehin fern, dass die Angeklagte über die Höhe ihrer Vergütung und die Auswirkungen der Altersteilzeit vollkommen im Unklaren war.
12IV.
13Die Angeklagte hat sich damit wegen Betruges durch Unterlassen gemäß der im Tenor bezeichneten Strafvorschriften strafbar gemacht.
14Von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise ist nach Auffassung des Gerichts in der hier anzutreffenden Konstellation der als einmaliges Unterlassen über einen längeren Zeitraum anzusehenden Nichtanzeige fehlerhafter Auszahlungen, auch wenn diese eine wiederkehrende Leistung zum Gegenstand haben, nicht auszugehen.
15Der Strafrahmen des § 263 StGB ist jedoch eröffnet, da die Angeklagte einen Vermögensschaden großen Ausmaßes verursacht hat (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB).
16Der Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB wurde vorliegend jedoch gemäß § 13 Abs. 2, 49 StGB gemindert, da die Angeklagte den Erfolg durch Unterlassen herbeigeführt hat.
17Zugunsten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Überzahlung primär durch einen hinsichtlich ihrer Ursachen unklaren Fehler bei der Vergütungsabrechnung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung entstanden ist. Die Angeklagte hat keinerlei falsche Angaben über die vergütungsrelevanten Umstände gemacht oder die Anzeige vergütungsrelevanter Umstände unterlassen oder sonst zur Entstehung der fehlerhaften Abrechnung beigetragen. Zugunsten der Angeklagten war auch zu berücksichtigen, dass sie sich weitgehend geständig gezeigt und insbesondere auch den errechneten Gesamtschaden nicht in Abrede gestellt hat. Die Angeklagte hat damit erheblich zur Verfahrensverkürzung beigetragen. Weiterhin war zugunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass sie bislang ein vollkommen straffreies Leben geführt hat. Sie ist auch durch das Strafverfahren und die erfolgte Presseberichterstattung erheblich beeindruckt worden. Weiterhin war zugunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass sie die Voraussetzungen für eine zügige und vollständige Schadenswiedergutmachung geschaffen hat, indem sie ihren Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid zurückgenommen und eine Darlehenszusage ihres Kreditinstituts erwirkt und vorgelegt hat, so dass nunmehr die notwendigen Mittel zu der von ihr beabsichtigten Schadenswiedergutmachung zur Verfügung stehen.
18Zu Lasten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Überzahlungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren erfolgten und der verursachte Gesamtschaden deutlich oberhalb der von der Rechtsprechung gezogenen Grenze des Vermögensschadens großen Ausmaßes von 50.000,00 Euro liegt.
19Insgesamt hat das Gericht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von neun Monaten für erforderlich, aber auch ausreichend gehalten.
20V.
21Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte der Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Sozialprognose ist zweifelsfrei positiv. Die nicht mehr junge Angeklagte ist erstmals straffrechtlich in Erscheinung getreten. Sie lebt in geordneten Verhältnissen und ist durch das gesamte Verfahren augenfällig deutlich beeindruckt worden. Für das Gericht steht außer Frage, dass die Angeklagte zukünftig strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung treten wird, ohne dass es des Vollzugs der Freiheitsstrafe bedarf.
22Auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Strafvollstreckung vorliegend nicht. Zwar ist der verursachte Gesamtschaden außerordentlich hoch. Die Angeklagte hat jedoch diesen Gesamtschaden nicht unter aktiver Vortäuschung falscher Tatsachen, sondern ausschließlich durch ein Unterlassen der Anzeige der von ihr erkannten Überzahlung herbeigeführt. Dass sich über den langen Tatzeitraum ein hoher Gesamtschaden ergeben hat, beruht in erster Linie auf dem Fehler des Landesamts für Besoldung und Versorgung sowie dem Unterlassen jeglicher Prüf- und Kontrollvorgänge im weiteren Verlauf. Das Gericht geht daher davon aus, dass angesichts der Gesamtumstände die Strafaussetzung zur Bewährung nicht schlechthin unverständlich für das allgemeine Rechtsempfinden erscheint oder durch sie das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttert wird.
23VI.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.
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Referenzen
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