Urteil vom Amtsgericht Erkelenz - 6 C 478/07
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 486,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 28% und die Beklagte zu 72%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
2Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Restanspruch auf Zahlung eines Schadenersatzbetrages in Höhe von 486,54 € aus den §§ 7, 18 StVG i.V. mit § 3 Nr. 1 PflVG wegen der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs. Die Haftungsvorschrift des § 3 Nr. 1 PflVG findet gemäß § 1 Abs. 1 EGVVG auch nach Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) Anwendung, da es sich vorliegend offensichtlich um Ansprüche aus einem vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Versicherungsverhältnis handelt.
3Der Haftungsgrund gemäß §§ 7, 18 StVG i.V. mit § 3 Nr. 1 PflVG ist gegeben, da der Unfall, bei welchem der Pkw Opel Corsa, Kennzeichen …, des Klägers beschädigt wurde unstreitig durch den Fahrer des bei der Beklagten versicherten Pkw mit dem Kennzeichen …, Herrn …., durch einen Vorfahrtsverstoß im Bereich der Anschlussstelle Erkelenz Ost beim Auffahren auf die Bundesautobahn A 46 alleinverschuldet wurde.
4Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat die Beklagte dem Kläger nach Teilregulierung in Höhe von 594,- € noch weiteren Schadenersatz in Höhe von 486,54 € für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs im Zeitraum vom 12.10.2007 bis zum 23.10.2007 zu leisten. Dies entspricht dem gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand.
5Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Der Geschädigte verstößt allerdings nicht stets gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist. Ein höherer Tarif kann gerechtfertigt sein, soweit dessen Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. BGH in std. Rspr., BGHZ 160, 377 , 383 f.; vom 26. Oktober 2004 - VI ZR 300/03 - NJW 2005, 135 , 137; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 160/04 - VersR 2005, 569 , 570 und - VI ZR 74/04 - VersR 2005, 568 ; vom 19. April 2005 - VI ZR 37/04 - VersR 2005, 850 und vom 5. Juli 2005 - VI ZR 173/04 - VersR 2005, 1256 , 1257).
6Bei der Schadensberechnung ist das Gericht zunächst davon ausgegangen, dass die Beschaffung eines Mietwagens für die Zeitdauer von 12 Tagen erforderlich war. Dieser Zeitraum umfasst nicht nur eine Reparaturdauer von 6 Werktagen, sondern auch eine sachverständige Begutachtung des Klägerfahrzeugs an einem Tag. Wie der Kläger unter Bezugnahme auf die polizeiliche Unfallmietteilung zutreffend dargelegt hat, ereignete sich der Unfall an einem Freitag, nämlich dem 12.10.2007. Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger wegen des dazwischenliegenden Wochenendes unter dem Gesichtspunkt seiner Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB nicht vorzuwerfen, wenn die Begutachtung durch den Sachverständigen der DEKRA erst am Montag, den 15.10.2007 erfolgte. Die Sicherung der Schäden zum Zweck einer erleichterten Beweisführung durfte der Kläger auch vor der Instandsetzung des Fahrzeugs vornehmen lassen. Mit der Reparatur wurde unmittelbar am 16.10.2007 begonnen, welche bis zum 23.10.2007 andauerte. Wegen des weiteren in die Reparaturzeit fallenden Wochenendes vom 20.10. bis 21.10.2007 dauerte die Reparatur letztlich 6 Werktage (ohne Einrechnung des Samstag). Die Überschreitung der in dem Sachverständigengutachten der DEKRA vom 17.10.2007 angegebenen Reparaturzeit von 5 Tagen um einen Werktag ist dabei nicht zu beanstanden. Zum Einen handelt es sich insoweit nur um eine gutachterliche Schätzung, welche – wie aus Bl. 6 des Gutachtens ersichtlich – etwa anfallende Wartezeiten wegen Werkstattauslastung oder Ersatzteilbeschaffung nicht einbezieht. Zum Zweiten hätte der seitens des Sachverständigen angegebenen Reparaturzeitraum von 5 Werktagen innerhalb der Werkstattgeschäftszeiten zumindest voll ausgeschöpft werden dürfen, was in der Regel eine Abholmöglichkeit des Pkw erst am Folgetag bedingt.
7Hinsichtlich der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten ist das Gericht von den gewichteten Mitteln der in dem Schwacke-Automietpreis-Spiegel von 2007 genannten Normaltarife für den Postleitzahlenbereich 418 ausgegangen. An der grundsätzlichen Tauglichkeit der Schwacke-Listen als Schätzgrundlage hat das Gericht, keine Zweifel, da diese ausdrücklich vom Bundesgerichtshof als geeignetes Hilfsmittel zur Schadensbezifferung gebilligt wird, sofern nicht konkrete fallbezogene Einwendungen hiergegen erhoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen VI ZR 164/07, zugänglich über www.bundesgerichtshof.de), was vorliegend nicht geschehen ist. Zur Frage der heranzuziehenden Tabellen hat der Kläger dargelegt, dass er das beschädigte Kfz nach dem Unfall für Fahrten innerhalb der Stadt Erkelenz benötigt habe, so dass ausnahmsweise nicht das Postleitzahlengebiet am Wohnsitz des Klägers heranzuziehen ist, sondern dasjenige des Ortes, an welchem der Bedarf für das Mietfahrzeug entstanden ist. Ausgehend hiervon sind die zu ersetzenden Kosten nach den sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach dem Schwacke-Automietpreis-Spiegel bei Wochen-, Dreitages- und Tagespauschalen zu berechnen. Denn der Geschädigte ist aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, immer den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen, wenn er – wie im Regelfall – die voraussichtliche Dauer der Reparatur absehen kann, was hier aufgrund des vorab eingeholten Gutachtens anzunehmen ist.
8Erstattungsfähig ist ferner der nach dem Mietpreisspiegel jeweils vorgesehene Aufschlag für eine Vollkaskoversicherung. Unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug ebenfalls voll- oder teilkaskoversichert war, besteht jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. BGH NJW 2005, 1041; LG Dortmund Schaden-Praxis 2007, 397). Da die Kaskoversicherung in der Mietwagenrechnung vom 25.10.2007 separat aufgeführt ist, ist der Einwand der Beklagten, dass eine Vollkaskoversicherung nicht abgeschlossen worden sei, unsubstanziiert. Für einen Tag ersatzfähig ist ferner ein Tarifzuschlag für einen Zweitfahrer. Insoweit hat der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass der Zeuge Steiner, welcher seinen Pkw zum Unfallzeitpunkt gelenkt habe, zum Wohnort des Klägers in Gunzenhausen habe zurückgelangen müssen. Dies rechtfertigt indes nur den Ersatz des Zweitfahrerzuschlags für einen Tag, nicht jedoch für die gesamte restliche Mietdauer.
9Auf die errechneten Beträge, welche bereits einen Umsatzsteueranteil von 19% enthalten, war sodann ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20% für unfallbedingte Mehrkosten zu machen. Der Kläger hat insofern substanziiert ausgeführt, dass die beauftragte Autovermietung in Vorleistung habe treten müssen und daher ein Ausfallrisiko übernommen habe, weil der Zeuge Steiner nicht über Barmittel oder eine Kreditkarte verfügt habe, um den Mietwagen im voraus zu zahlen. Ein höherer Aufschlag als 20% war nicht vorzunehmen, da das vom Kläger beauftragte Mietwagenunternehmen selbst einen pauschalen Aufschlag in Höhe von 20% auf die Normaltarife für ausreichend gehalten hat. Hingegen war ein Abschlag von 10% wegen ersparter Eigenaufwendungen des Klägers für die Unterhaltung seines eigenen Fahrzeugs während der Mietdauer vorzunehmen.
10Es ergibt sich danach folgende Rechnung:
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| Dauer | Tarifhöhe | Summe |
| 7 Tage | Wochenpauschale 412,- € | 412,50 € |
| 7 Tage | Vollkaskoversicherung Wochenpauschale 108,- € | 108,- € |
| 5 Tage | Tagestarif 75,- € | 375,- € |
| 5 Tage | Vollkaskoversicherung Tagestarif 18,- € | 90,- € |
| 1 Tag | Zweitfahrer 15,- € | 15,- € |
| Zwischensumme | 1000,50 € | |
| zuzüglich 20% für den unfallbedingten Mehraufwand | 200,10 € | |
| Zwischensumme | 1.200,60 € | |
| Abzüglich 10% ersparte Eigenaufwendungen | - 120,06 € | |
| Zwischensumme | 1080,54 € | |
| Abzüglich Zahlung 594,- € | - 594,- € | |
| ERGEBNIS | 486,54 € |
12
Ein über den Maßstab des objektiv Erforderlichen hinausgehender Schaden ist nicht zu ersetzen. Zwar gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung (vgl. BGHZ 132, 373 , 376) einen das objektiv erforderliche Maß übersteigenden Betrag ersetzt verlangen kann, wenn ihm ein günstigerer "Normaltarif" nicht ohne weiteres zugänglich war (vgl. BGH NJW 2007, 1124; Urteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 - und - VI ZR 160/04 - und vom 19. April 2005). Indes ist seitens des Klägers nicht vorgetragen worden, dass auf Nachfragen bei anderen Mietwagenfirmen in der Nähe des Unfallortes ein günstigerer Normaltarif nicht zu erlangen gewesen wäre. Sonstige Umstände, aufgrund derer ein günstigerer Tarif nicht zugänglich gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Ein Anlass zur Zulassung der Berufung ist nicht gegeben.
14Der Streitwert beträgt 672,70 €.
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